Brahmenauer
Mitglied
Alexandros
schrieb obiges Thema am 07.06.04
Da keine Beiträge kamen, wurde dieses Thema geschlossen. Ich finde, es hätte mehr Aufmerksamkeit verdient und versuche eine Wiederbelebung. Deshalb habe ich ein Teilstück ausgewählt:
[Zitat Alexandros] Sumer und Akkad
Mit dem Volk der Sumerer, die dem südlichen Mesopotamien den Namen Sumer gaben, ist die erste dieser Einwanderungswellen historisch fassbar. Zu welchem Zeitpunkt dieses Volk aus Zentralasien einwanderte, ist nicht ganz geklärt. Doch gilt als sicher, dass sie mit den Ureinwohnern dieses Raumes zu einem Volk verschmolzen und um die Wende vom 4.zum 3.Jahrtausend mit ihren Fähigkeiten die früheste nachweisbare Hochkultur der Menschheit schufen. Die ersten Städte entstanden. Die Schrift wurde erfunden; religiöse Riten geschaffen und ein Nachrichtenwesen organisiert. Die frühdynastische Zeit Sumers (um 2750 v. Chr.) ist nur sehr spärlich durch Quellen belegt und in ihrer zeitlichen Abfolge (Chronologie) bis etwa 2350/30 v. Chr. nicht gesichert. Archäologische Funde bezeugen eine Anzahl von Stadtstaaten geringer räumlicher Ausdehnung mit monumentaler Sakralarchitektur wie Ur, Uruk, Lagasch, Kisch, Umma und Mari, die nebeneinander existierten. Das Gilgamesch-Epos (entstanden nach 2750 v. Chr.) ist beredtes Zeugnis ihrer frühen Kämpfe untereinander. Die sumerischen, unvollständig erhaltenen Königslisten nennen als bedeutende Herrscher Mesilim von Kisch (um 2750), Gilgamesch von Uruk (nach 2750), Eannatum von Lagasch (um 2430), den Reformgesetzgeber Urukagina von Lagasch (bis etwa 2340) und Lugalsaggesi von Umma (um 2340), der erste Herrscher, der ganz Sumer unterwarf (Lagasch, Ur, Uruk, Larsa, Kisch, Nippur). Diese Könige regierten als absolute Priesterfürsten über befestigten Stadtanlagen, deren augenfälligen Mittelpunkt die monumentale Tempelanlage mit Zikkurat (Stufenturm) bildete. Um 2330 v. Chr. beendete der semitische König Sargon I. (um 2350-2295) von Norden her die Vorherrschaft Sumers und gründete im mittleren Mesopotamien eine Residenz mit Nanach welcher der gesamte Nordteil Mesopotamiem wurde. Sargon I. von Akkad unternahm mit einem wohlausgerüsteten Heer Kriegszüge bis an die Mittelmeerküste und setzte sogar nach Zypern über. Seinem Weltherrschaftsanspruch verlieh der Titel »König der vier Weltgegenden« unmissverständlich Ausdruck. Doch schon knapp zwei Jahrhunderte später überrannten die Gutäer, ein kriegerisches Volk aus Iran, vom Sargosgebirge her das sich vom Persischen Golf bis Kleinasien erstreckende akkadische Großreich. Erst nach 2070 gelang es Utuchengal Herrscher von Uruk, die Eindringlinge zu vertreiben. Die letzte Blütezeit Sumers brach an. Ihr bekanntester Herrscher war Gudea von Lagasch (um 2080). Er legte schon, während der Gutäerherrschaft die Grundlagen für den Wiederaufstieg Sumers. Bedeutende Herrscher wie Urnammu (2064-2046) und Schulgi (2045-2000) aus der sog. 3. Dynastie von Ur (2064) dehnten die Herrschaft Sumers fast auf die Größe des einstigen Großreiches von Akkad aus. Gegen 2000 v. Chr. griffen aus dem 0sten die Elamiter an und zerstörten Ur, bald darauf drangen aus Syrien nomadisierende Amoriter ein, vertrieben die Elamiter und erhoben Babylon am Euphrat zur neuen Hauptstadt. So endete nach 1500 Jahren das sumerische Zeitalter, doch sein kulturelles Erbe lebte weiter und beeinflusste die Geschichte weit über die Grenzen Mesopotamiens hinaus.
Alternativ dazu zitiere ich folgendes:
[Zitat Heinsohn, "Die Sumerer gab es nicht" ab S.10
...Die antiken Autoren berichten, daß die Chaldäer gegen -600 zusammen mit den Medern und Skythen das Joch der frühen Großmachtsassyrer unter so berühmten Königen wie Ninus (oder Ninos) und Scharakos abgeworfen hatten und dann eine Hochblüte ihrer Kultur erlebten. Noch Strabo (-63 bis +26) berichtet: " Das Land jenseits des Euphrat, und zwar über seiner Mündung bewohnen die Babylonier und das Volk der Chaldäer. / Einige heißen Orchener [aus Uruk], andere Borsippener [aus Borsippa]" (Erdbeschreibung, 16:6,1).
Gleichwohl denkt die Forschung heute, daß die vielen hundert Ausgrabungen im Südirak niemals auch nur einen Ziegel oder eine Scherbe der Chäldäer ans Tageslicht befördert hätten. Die Forschungsberichte und gelehrten Nachschlagewerke äußern manchmal sogar Erstaunen über diese Ergebnisse: Denn selbst nach keilschriftlichen Aussagen lebten die Chaldäer/Kaldu in " 88 starken, ummauerten und in 820 kleinen Stätden / [in] bis zu zwei Dritteln Babyloniens. / [Dennoch] ist kein Material über die Sprache der K[aldu] bekannt. / Über die Religion der K[aldu] haben wir keinerlei Vorstellung" (Edzard 1976 ff., 293,291, 294)....
Die Altorientalisten wollten heraus aus dem Schatten der Hebräisten, vor allem der Lateiner und Gräzisten. Dafür brauchten sie nicht weiniger als den Nachweis, daß sämtliche intellektuellen Erstlinge die man bis dahin dem Judentum oder dem europäischen Altertum zugeschlagen hatte, schon 1.500 bis 2.000 Jahre früher in Mesopotamien erdacht worden seien.
Die Geschichte beginnt mit Sumer: Neununddreißig Erstlinge in der quellengesicherten Menschheitsgeschichte (Kramer 1981), so nennt Samuel Noah Kramer (1897-1990) Doyen der Sumerologen, seine Herausforderung aller vorherigen Kulturgeschichte, im Original veröffentlicht schon 1956. Von den ersten Schulen über das erste Zweikammerparlament bis hin zu Moses - so führt uns dieser Gigant der Sumerologie durch seine Betrachtungen... Noch in seiner Autobiographie, die er als knapp Neunzigjähriger vorlegt, schwelgt Kramer in der Freude eines Entdeckers nie zuvor geschauter Geisteshorizonte: "Vor der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts war die Existenz eines sumerischen Volkes und einer sumerischen Sprache gänzlich unbekannt. [...] In den verfügbaren biblischen, klassischen und spätklassischen Texten gab es keine erkennbare Spur des Landes der Sumerer.[...] Nach bloßem Ankratzen der Oberfläche aber wurden in mehreren südmesopotamischen Ausgrabungsstätten Ziegel und Tafeln entdeckt, die in Keilschrift, aber in einer nicht semitischen Sprache beschrieben waren.[...] Praktisch das gesamte Quellenmaterial für das Studium und die Entzifferung der so genannten sumerischen Sprache stammt aus assyrischen Fundstätten des ersten vorchristlichen Jahrtausends. [...] Dann aber, im Jahre 1877, begannen die Franzosen mit größeren Ausgrabungen in Telloh (das alte Lagasch) und fanden bald passende sumerische Monumente, Statuen, Stelen, und Plaketten der Lagaschherrscher, die ins dritte vorchristliche Jahrtausend datiert wurden" (Kramer 1986, 43 f.).
Der hier auf S. 11 abgebildete Gudea-Kopf aus Lagasch ist ein schönes Beispiel eines solchen Fundes. [Bildunterschrift S. 11:
...Die Griechen loben die Chaldäer als Lehrmeister der Wissenschaften. und die Juden jener Zeit halten es nicht anders. "Von den Chaldäern schreiben griechische Mathematiker ab", weiß FlaviusJosephus im +1. Jh. aus einem Text des Beossos aus dem -3.. Jh. (nach Georgius Syncellos, Chrono-graphia, 207). Die moderne Assyrologie kann über soviel Unsinn nur lachen. Ja es gibt großartige Pionierleistungen der Mathematik in Mesopotamien. Aber sie habe doch mit Chaldäern von -600 oder -500 nichts zu tun. Schließlich laute nicht nur für dieses Volk der Befund auf Null. Ganz Mesopotamien falle doch zwischen -1750 und -330 in sein wohlbekanntes mathematisches Schweigen...
Während Samuel Kramer sein Publikum mit weiteren "sumerischen" Großtaten immer wieder in Staunen versetzt, unterläßt er erstaunlicherweise zwei entscheidende Dinge.- Er klärt erstens nicht darüber auf, warum die neu entdeckte Kulturwiege unbedingt "Sumer", nie und nimmer aber Chaldäa heißen soll. Und er schweigt zweitens auch über Stratigraphien, die Schichtenfolge nach dem Befund der Archäologen. Wie können in Lagasch die archäologischen Schichten der "Sumer", die -2000 ihren Höhepunkt überschritten haben sollen, direkt an der Oberfläche liegen, obwohl dann noch zwei Jahrtausende Altertum bis zur Zeiten-wende folgen?
Ia. Kalam und des verschämte Übergehen des Eigennamens der "Sumerer" durch die Sumerologie
Samuel Kramer verschweigt, dass Jules Oppert (1825 - 1905) das Wort "Sumer" erst im Jahre 1869 erfindet. Er verbirgt damit zugleich, dass diese Neuschöpfung keineswegs beim Entziffern eines Keilschrifttextes gewonnen wird, sondern bei der Lektüre der Heiligen Schrift und ihrem Land "Schinar": "Der Anfang seines[Nimrods] Königreiches war Babel und Erech und Akkad und Kalne im Land Schinar" (1. Mose 10;10).
"Schinar" hatte Oppert also in blindem Vertrauen auf die Bibel als passend für ein mesopotamisches Volk empfunden, dessen Sprache offensichtlich nicht zu den semitischen gehörte: "Ich habe diesen Namen [sumer] seit 1869 verwendet" (Oppert 1875, 551).
Wäre es für Kramer wirklich so schwer gewesen, diese kleine, aber ungemein wichtige Mitteilung weiterzugeben? Stattdessen wird dem Publikum auch noch vorenthalten, daß Oppert sein "Sumer" gegen -2100 über "die Zeit Abrahams" (ibid., 277), also bibelfundamentalistisch datiert. Denn die Bibel bringt Nimrod, Schinar und Abraham nahe zusammen. Dass die Abraham-Sagen frühestens in der Perserzeit - also 1.500 Jahre später (ab -550) - entstehen (Thompson 1974, van Seters 1975, Köckert 1988), erfahren Kramers Leser ebenfalls nicht. Dabei ist man dann genau in der Zeitstellung der Chaldäer.
Die am meisten verstörende Unterlassung durch Samuel Kramer aber liegt im Verschweigen des Namens, den das Land "Sumer" sich selber gibt. Wie nennt es sich in seiner "sumerischen" Keilschrift? Keineswegs "Sumer", sondern KALam. Das ist nun sehr nah am KALdu der semitischen Keilschrifttexte. Die aber bezeichnen mit Kal das Volk, das die Griechen als Chaldäer kennen.
Es gibt also gar keine "sumerische" Keilschrift, sondern nur die Keilschrift des Landes Kalam...[Ende des Zitates]
Von einer Einwanderungswelle der Sumerer vor -3000 muß also nicht notwendigerweise ausgegangen werden. Die Geschichte einer Wissenschaft ist manchmal genau so spannend wie die Wissenschaft selber.
schrieb obiges Thema am 07.06.04
Da keine Beiträge kamen, wurde dieses Thema geschlossen. Ich finde, es hätte mehr Aufmerksamkeit verdient und versuche eine Wiederbelebung. Deshalb habe ich ein Teilstück ausgewählt:
[Zitat Alexandros] Sumer und Akkad
Mit dem Volk der Sumerer, die dem südlichen Mesopotamien den Namen Sumer gaben, ist die erste dieser Einwanderungswellen historisch fassbar. Zu welchem Zeitpunkt dieses Volk aus Zentralasien einwanderte, ist nicht ganz geklärt. Doch gilt als sicher, dass sie mit den Ureinwohnern dieses Raumes zu einem Volk verschmolzen und um die Wende vom 4.zum 3.Jahrtausend mit ihren Fähigkeiten die früheste nachweisbare Hochkultur der Menschheit schufen. Die ersten Städte entstanden. Die Schrift wurde erfunden; religiöse Riten geschaffen und ein Nachrichtenwesen organisiert. Die frühdynastische Zeit Sumers (um 2750 v. Chr.) ist nur sehr spärlich durch Quellen belegt und in ihrer zeitlichen Abfolge (Chronologie) bis etwa 2350/30 v. Chr. nicht gesichert. Archäologische Funde bezeugen eine Anzahl von Stadtstaaten geringer räumlicher Ausdehnung mit monumentaler Sakralarchitektur wie Ur, Uruk, Lagasch, Kisch, Umma und Mari, die nebeneinander existierten. Das Gilgamesch-Epos (entstanden nach 2750 v. Chr.) ist beredtes Zeugnis ihrer frühen Kämpfe untereinander. Die sumerischen, unvollständig erhaltenen Königslisten nennen als bedeutende Herrscher Mesilim von Kisch (um 2750), Gilgamesch von Uruk (nach 2750), Eannatum von Lagasch (um 2430), den Reformgesetzgeber Urukagina von Lagasch (bis etwa 2340) und Lugalsaggesi von Umma (um 2340), der erste Herrscher, der ganz Sumer unterwarf (Lagasch, Ur, Uruk, Larsa, Kisch, Nippur). Diese Könige regierten als absolute Priesterfürsten über befestigten Stadtanlagen, deren augenfälligen Mittelpunkt die monumentale Tempelanlage mit Zikkurat (Stufenturm) bildete. Um 2330 v. Chr. beendete der semitische König Sargon I. (um 2350-2295) von Norden her die Vorherrschaft Sumers und gründete im mittleren Mesopotamien eine Residenz mit Nanach welcher der gesamte Nordteil Mesopotamiem wurde. Sargon I. von Akkad unternahm mit einem wohlausgerüsteten Heer Kriegszüge bis an die Mittelmeerküste und setzte sogar nach Zypern über. Seinem Weltherrschaftsanspruch verlieh der Titel »König der vier Weltgegenden« unmissverständlich Ausdruck. Doch schon knapp zwei Jahrhunderte später überrannten die Gutäer, ein kriegerisches Volk aus Iran, vom Sargosgebirge her das sich vom Persischen Golf bis Kleinasien erstreckende akkadische Großreich. Erst nach 2070 gelang es Utuchengal Herrscher von Uruk, die Eindringlinge zu vertreiben. Die letzte Blütezeit Sumers brach an. Ihr bekanntester Herrscher war Gudea von Lagasch (um 2080). Er legte schon, während der Gutäerherrschaft die Grundlagen für den Wiederaufstieg Sumers. Bedeutende Herrscher wie Urnammu (2064-2046) und Schulgi (2045-2000) aus der sog. 3. Dynastie von Ur (2064) dehnten die Herrschaft Sumers fast auf die Größe des einstigen Großreiches von Akkad aus. Gegen 2000 v. Chr. griffen aus dem 0sten die Elamiter an und zerstörten Ur, bald darauf drangen aus Syrien nomadisierende Amoriter ein, vertrieben die Elamiter und erhoben Babylon am Euphrat zur neuen Hauptstadt. So endete nach 1500 Jahren das sumerische Zeitalter, doch sein kulturelles Erbe lebte weiter und beeinflusste die Geschichte weit über die Grenzen Mesopotamiens hinaus.
Alternativ dazu zitiere ich folgendes:
[Zitat Heinsohn, "Die Sumerer gab es nicht" ab S.10
...Die antiken Autoren berichten, daß die Chaldäer gegen -600 zusammen mit den Medern und Skythen das Joch der frühen Großmachtsassyrer unter so berühmten Königen wie Ninus (oder Ninos) und Scharakos abgeworfen hatten und dann eine Hochblüte ihrer Kultur erlebten. Noch Strabo (-63 bis +26) berichtet: " Das Land jenseits des Euphrat, und zwar über seiner Mündung bewohnen die Babylonier und das Volk der Chaldäer. / Einige heißen Orchener [aus Uruk], andere Borsippener [aus Borsippa]" (Erdbeschreibung, 16:6,1).
Gleichwohl denkt die Forschung heute, daß die vielen hundert Ausgrabungen im Südirak niemals auch nur einen Ziegel oder eine Scherbe der Chäldäer ans Tageslicht befördert hätten. Die Forschungsberichte und gelehrten Nachschlagewerke äußern manchmal sogar Erstaunen über diese Ergebnisse: Denn selbst nach keilschriftlichen Aussagen lebten die Chaldäer/Kaldu in " 88 starken, ummauerten und in 820 kleinen Stätden / [in] bis zu zwei Dritteln Babyloniens. / [Dennoch] ist kein Material über die Sprache der K[aldu] bekannt. / Über die Religion der K[aldu] haben wir keinerlei Vorstellung" (Edzard 1976 ff., 293,291, 294)....
Die Altorientalisten wollten heraus aus dem Schatten der Hebräisten, vor allem der Lateiner und Gräzisten. Dafür brauchten sie nicht weiniger als den Nachweis, daß sämtliche intellektuellen Erstlinge die man bis dahin dem Judentum oder dem europäischen Altertum zugeschlagen hatte, schon 1.500 bis 2.000 Jahre früher in Mesopotamien erdacht worden seien.
Die Geschichte beginnt mit Sumer: Neununddreißig Erstlinge in der quellengesicherten Menschheitsgeschichte (Kramer 1981), so nennt Samuel Noah Kramer (1897-1990) Doyen der Sumerologen, seine Herausforderung aller vorherigen Kulturgeschichte, im Original veröffentlicht schon 1956. Von den ersten Schulen über das erste Zweikammerparlament bis hin zu Moses - so führt uns dieser Gigant der Sumerologie durch seine Betrachtungen... Noch in seiner Autobiographie, die er als knapp Neunzigjähriger vorlegt, schwelgt Kramer in der Freude eines Entdeckers nie zuvor geschauter Geisteshorizonte: "Vor der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts war die Existenz eines sumerischen Volkes und einer sumerischen Sprache gänzlich unbekannt. [...] In den verfügbaren biblischen, klassischen und spätklassischen Texten gab es keine erkennbare Spur des Landes der Sumerer.[...] Nach bloßem Ankratzen der Oberfläche aber wurden in mehreren südmesopotamischen Ausgrabungsstätten Ziegel und Tafeln entdeckt, die in Keilschrift, aber in einer nicht semitischen Sprache beschrieben waren.[...] Praktisch das gesamte Quellenmaterial für das Studium und die Entzifferung der so genannten sumerischen Sprache stammt aus assyrischen Fundstätten des ersten vorchristlichen Jahrtausends. [...] Dann aber, im Jahre 1877, begannen die Franzosen mit größeren Ausgrabungen in Telloh (das alte Lagasch) und fanden bald passende sumerische Monumente, Statuen, Stelen, und Plaketten der Lagaschherrscher, die ins dritte vorchristliche Jahrtausend datiert wurden" (Kramer 1986, 43 f.).
Der hier auf S. 11 abgebildete Gudea-Kopf aus Lagasch ist ein schönes Beispiel eines solchen Fundes. [Bildunterschrift S. 11:
- Nur mit Stahlwerkzeugen ritzbarer Dioritkopf eines Mannes aus Lagasch (Telloh), der noch bis ins 20. Jhd. als Chaldäer von -600 bezeichnet wird (Ragozin 1896,101).
- Glättende Umzeichnung des selben Kopfers aus Lagasch, dessen Träger jetzt als der "Sumerer" Gudea aus dem -3. Jtsd., also lange vor der Eisenzeit ist(Amiet et al. 1988,130)]
...Die Griechen loben die Chaldäer als Lehrmeister der Wissenschaften. und die Juden jener Zeit halten es nicht anders. "Von den Chaldäern schreiben griechische Mathematiker ab", weiß FlaviusJosephus im +1. Jh. aus einem Text des Beossos aus dem -3.. Jh. (nach Georgius Syncellos, Chrono-graphia, 207). Die moderne Assyrologie kann über soviel Unsinn nur lachen. Ja es gibt großartige Pionierleistungen der Mathematik in Mesopotamien. Aber sie habe doch mit Chaldäern von -600 oder -500 nichts zu tun. Schließlich laute nicht nur für dieses Volk der Befund auf Null. Ganz Mesopotamien falle doch zwischen -1750 und -330 in sein wohlbekanntes mathematisches Schweigen...
Während Samuel Kramer sein Publikum mit weiteren "sumerischen" Großtaten immer wieder in Staunen versetzt, unterläßt er erstaunlicherweise zwei entscheidende Dinge.- Er klärt erstens nicht darüber auf, warum die neu entdeckte Kulturwiege unbedingt "Sumer", nie und nimmer aber Chaldäa heißen soll. Und er schweigt zweitens auch über Stratigraphien, die Schichtenfolge nach dem Befund der Archäologen. Wie können in Lagasch die archäologischen Schichten der "Sumer", die -2000 ihren Höhepunkt überschritten haben sollen, direkt an der Oberfläche liegen, obwohl dann noch zwei Jahrtausende Altertum bis zur Zeiten-wende folgen?
Ia. Kalam und des verschämte Übergehen des Eigennamens der "Sumerer" durch die Sumerologie
Samuel Kramer verschweigt, dass Jules Oppert (1825 - 1905) das Wort "Sumer" erst im Jahre 1869 erfindet. Er verbirgt damit zugleich, dass diese Neuschöpfung keineswegs beim Entziffern eines Keilschrifttextes gewonnen wird, sondern bei der Lektüre der Heiligen Schrift und ihrem Land "Schinar": "Der Anfang seines[Nimrods] Königreiches war Babel und Erech und Akkad und Kalne im Land Schinar" (1. Mose 10;10).
"Schinar" hatte Oppert also in blindem Vertrauen auf die Bibel als passend für ein mesopotamisches Volk empfunden, dessen Sprache offensichtlich nicht zu den semitischen gehörte: "Ich habe diesen Namen [sumer] seit 1869 verwendet" (Oppert 1875, 551).
Wäre es für Kramer wirklich so schwer gewesen, diese kleine, aber ungemein wichtige Mitteilung weiterzugeben? Stattdessen wird dem Publikum auch noch vorenthalten, daß Oppert sein "Sumer" gegen -2100 über "die Zeit Abrahams" (ibid., 277), also bibelfundamentalistisch datiert. Denn die Bibel bringt Nimrod, Schinar und Abraham nahe zusammen. Dass die Abraham-Sagen frühestens in der Perserzeit - also 1.500 Jahre später (ab -550) - entstehen (Thompson 1974, van Seters 1975, Köckert 1988), erfahren Kramers Leser ebenfalls nicht. Dabei ist man dann genau in der Zeitstellung der Chaldäer.
Die am meisten verstörende Unterlassung durch Samuel Kramer aber liegt im Verschweigen des Namens, den das Land "Sumer" sich selber gibt. Wie nennt es sich in seiner "sumerischen" Keilschrift? Keineswegs "Sumer", sondern KALam. Das ist nun sehr nah am KALdu der semitischen Keilschrifttexte. Die aber bezeichnen mit Kal das Volk, das die Griechen als Chaldäer kennen.
Es gibt also gar keine "sumerische" Keilschrift, sondern nur die Keilschrift des Landes Kalam...[Ende des Zitates]
Von einer Einwanderungswelle der Sumerer vor -3000 muß also nicht notwendigerweise ausgegangen werden. Die Geschichte einer Wissenschaft ist manchmal genau so spannend wie die Wissenschaft selber.