Lustknaben und Mädchen in der Antike

SRuehlow

Mitglied
Catull hat sie in seinen Gedichten erwähnt und es gibt sie Kontinent übergreifend - die Lustknaben der Reichen und Mächtigen in der Antike.
Mir fällt der antike Erfinder und Denker Ikarus ein, der einen Lustknaben hatte und ihn umbrachte und deshalb in die Verbannung gehen musste.

Wer waren diese armen Kinder und Jugendlichen? Sicher werden sich die meisten von Ihnen nicht freiwillig ihrem "Dominus" hingegeben haben, vielleicht eher aus Angst und Zwang. Mit Sicherheit spielte die Gewaltanwendung eine entscheidende Rolle bei der Gefügigmachung der jungen Sklaven.
Meist waren es Knaben, die von ihren Eltern aus Geldmangel in die Sklaverei verkauft wurden. Oder junge Männer und Knaben, die auf Kriegszügen in die Hände der Eroberer fielen und sich durch besondere Schönheit [Feminines Erscheinungsbild] auffielen. Kennt jemand Knaben, die namendlich erwähnt werden, die Kariere machten oder von denen sonst etwas bekannt wurde?
Wer hatte alles Lustknaben, außer diversen römischen Kaisern? [Natürlich die, die es sich leisten konnten!]

Die Knaben dienten nicht nur der sexuellen Befriedigung, sondern auch als "Muse" für ihre Halter. Sie wurden in mancherlei Kunstfertigkeit wie Singen und Musizieren ausgebildet, oder man lies sie tanzen.

Doch wie steht es mit "Lustmädchen"? Ich kenne keinen antiken Text, indem von jungen Mädchen berichtet wird, die von mächtigen Politikern oder Königen wie Lustknaben gehalten wurden - doch ist das wirklich so? Habe ich eine Lücke in der historischen Forschung entdeckt? Wohl kaum!
Ich glaube, dass diese Form weiter verbreitet war, als die Haltung von Knaben. Junge Sklavinnen waren noch weniger wert, als ihr männliches Pandon. Daher nehme ich an, dass es regelmäßig in unzähligen antiken Haushalten zu regelrechten Dramen kam. Die Perversität zeigt bis heute ihr abscheuliches Gesicht, wenn man sich mal vor Augen hält, dass in Deutschland jede zweite bis dritte Frau in ihrem Leben mindestens einmal sexuell belästigt worden ist. Doch warum berichten keine antiken Quellen darüber? Oder habe ich bis jetzt die falschen studiert?

In allen Zeiten gab es Pädophilie, Perversitäten und abscheuliche Grausamkeiten - wo sind heute die Lustknaben und Mädchen versteckt? Mir fällt da der Fall Dutrux in Belgien ein und viele andere entführte Mädchen, die in Kellern zur sexuellen Befriedigung gehalten werden. Was ist mit den anderen Kontinenten? Andere Kontinente/Völker - andere Sitten? Wo findet man Quellen zum Tabu?
 
Interessant - im Zusammenhang dieser interessanten Fragestellung - finde ich, dass die Paidophilia in der griechischen Kultur "erfunden" wurde, und zwar parallel zu einer ausgesprochen rigiden und gewalttätigen "Frauenhaltung" (zumindest im ehelichen Leben, das aber für den überwiegenden Teil der weiblichen Bevölkerung Schicksal war). Hat hier eine Gesellschaftsordnung ein Überdruckventil legitimiert, das durch die eigenen Restriktionen erst notwendig wurde?

Fest steht aber auch, dass Kindheit = Kind sein dürfen eine Erfindung erst des 19., eine Errungenschaft erst des 20. Jahrhunderts (und das längst nicht überall) ist. Zuvor und auch jetzt sind Kinder Arbeiter, Soldaten, Ware und konsequenterweise auch Lustobjekte, genau wie andere schutzlose Teilgruppen der Bevölkerung (z. B. Arme oder ethnische Minderheiten). Ich weiss gar nicht, ob zu dieser "Gefügigmachung" so häufig wirklich Gewalt vonnöten war; in einer Gesellschaft, in der diese Form der Gewalt gang und gäbe war, muss sie nicht unbedingt als solche erschienen sein (man muss sich auch vor Augen führen, dass z. B. Römer häufig genug das Schreien ausgesetzter, verhungernder Kinder vom nächsten Misthaufen mitbekommen haben müssen …)

Ein (literarisches, aber aus der zeitgenössischen Literatur) stammendes Beispiel für einen "Karrierelustknaben" ist der Trimalchio des Petronius. Dieser wird in der Umgebung seiner eigenen Lustknaben dargestellt. Ein berühmter "echter" Lustknabe soll Julius Caesar gewesen sein, der dem König Nikomedes von Bithynien als "Praktikant" geschickt wurde (offenbar war das schon damals verrufen).

Die heterosexuelle Prüderie der republikanischen Römer und verheirateten Griechen stehen in der Antike allerdings relativ isoliert da, auch wenn sie kulturgeschichtlich bis in die 1970er Jahre hinein die Oberhand gewinnen sollten. Im phönikischen Kulturkreis, so munkelt es (eindeutige archäologische Beweise stehen noch aus), habe es Tempelprostitution gegeben; junge Mädchen hätten ihre Jungfernschaft gegen ein Opfer an den Tempel feilgeboten - diese Sitte scheint über die griechisch-phönikische Insel Zypern auch ins kleinasiatische Griechenland vorgedrungen zu sein, m. E. ist das eine gute Erklärung für die vielen Göttersöhne und -töchter der griechischen Mythologie.

Ganymed als "Mundschenk des Zeus" ist m. E. ein trauriges Trostpflaster für Eltern, deren Kind früh starb – die von den Göttern geliebt werden, Junge oder Mädchen, überleben das in der Mythologie nicht lange.


Den Bogen in die Jetztzeit spannen mag ich nicht und will ich nicht, denn das ist mir zuwider. Die Erkenntnis (nicht Erfindung) der Menschenrechte halte ich für wichtiger als Schrift, Handel, Landwirtschaft und Atheismus; der Umstand, dass dieses Licht der Menschheit erst seit so kurzem und seitdem so unzuverlässig brennt bedeutet nicht, dass es wieder gedimmt oder gelöscht werden darf - oder irgendwelche Kerle in Sexualnot sich unter Berufung auf alte Sitten an Kinder ranmachen.
 
Nicht zu vergessen der realexistierende Ganymed, Lustknabe Hadrians. Der im Nil ertrank. Unfall? Selbstmord? Mord? Hadrian jedenfalls vergöttlichte ihn (nachträglich).

Ich denke über Frauen findet man so wenig, einmal, weil ihnen kein oder wenig gesellschaftlicher Wert zugerechnet wurde, zum anderen, weil Frauenliebe wohl auch damals das 'normalere' Sexualverhalten war.
 
„Weder wurde eine extrem frühe Verheiratung der Töchter sowie der Vollzug der Ehe vor Eintritt der Geschlechtsreife der Mädchen als abnorm beurteilt, noch erotische Kontakte mit kleinen Sklavenkindern. Pädophile Neigungen wurden als eine von vielen Spielarten sexueller Betätigung betrachtet, nicht als Pädophilie im Verständnis der psychoanalytischen Theorie des 20. Jahrhunderts. Ohne Auswüchse beschönigen zu wollen, muss an dieser Stelle auch daran erinnert werden, dass die radikale Trennung von Kinderliebe und Erotik eine Frage der gesellschaftlichen Definition und des kulturellen erotischen Leitbildes ist und dass das Prolongieren der sexuellen Neutralität des Kindes bis über die Pubertät hinaus einen relativ jungen historischen Prozess widerspiegelt.“
(Bettina Eva Stumpp: „Prostitution in der römischen Antike“, Akademie Verlag, S.62; ISBN 3-05-003459-9)
Ich kann das Buch in diesem Zusammenhang nur empfehlen, es vermittelt viele Informationen über Prostitution und Zwangsprostitution, über soziale Herkunft der Prostituierten, gesellschaftliche und familiäre Normen etc.
Sklaven hatten ihren Herren generell zu Willen zu sein.
Im Buch findet sich – unter anderen Quellenbeispielen - ein Zitat des älteren Seneca:
„Unzüchtigkeit ist für den Freigeborenen ein Verbrechen, für den Sklaven ein Zwang und eine Dienstpflicht für den Freigelassenen.“ (Contr. 4,10)
Ich meine auch, dass sexuelle Verpflichtungen von Sklaven oder Freigelassenen kaum in Frage gestellt wurden. Es waren größtenteils Mädchen, die ausgesetzt, zu Sklavinnen oder Prostituierten wurden, wie es in erster Linie Frauen waren, die sich aus finanzieller Not prostituieren mussten. Mädchen kosteten mehr Geld, da sie eine Mitgift erhalten mussten, außerdem gab es weniger Möglichkeiten für Frauen und Mädchen, ihren Lebensunterhalt zu erarbeiten. Das „Lustmädchen“ war die Regel, die kaum erwähnt wurde.
Während im antiken Griechenland die Knabenliebe eher akzeptiert wurde, galt sie in Rom als anstößig, wurde aber dennoch praktiziert, besonders von der Oberschicht, die sich an der griechischen Lebensart orientierte. Die Überlieferung berichtet einiges über das Sexualleben der römischen Kaiser. Man muss aber bedenken, dass sexuelle Ausschweifungen und Entgleisungen Bestandteil des Tyrannenklischees waren, das von den Geschichtsschreibern vornehmer Herkunft gern bedient wurde, um der Oberschicht unliebsame Herrscher zu diskreditieren – ich will hier nur Sueton anführen, der in den Biografien von Tiberius, Caligula und Nero Entsprechendes zu berichten hat.
Von Vespasian wird erzählt, dass er beim Mittagsschlaf immer ein Mädchen bei sich hatte.
Hadrians Liebling Antinous hatte wohl einen höheren Stellenwert bei Hofe als gewöhnliche Lustknaben oder Mädchen. Man kann sich die Häme einiger Senatoren, die dem Kaiser weniger wohlwollend gesinnt waren (und die im Umgang mit ihren eigenen Sklaven sicher nicht zimperlich waren) in Bezug auf die Liebschaft des Kaisers, die vielleicht inniger war als ein übliches Verhältnis zwischen Herrscher und Untergebenem, einigermaßen vorstellen.
Cassius Dio erwähnt zwar Traians Vorliebe für Knaben (der Kaiser soll in einen Pantomimen namens Pylades verliebt gewesen sein), sieht sich aber veranlasst, die negativen Eigenschaften des „optimus princeps“ großzügig zu bemänteln. Und ob Augustus mit den Sklavenkindern, mit denen er sich gern umgab, nur mit Würfeln oder Nüssen spielte, wie Sueton schreibt, ist auch eine Frage der Auslegung.
 
War es nicht Xenophon, der die tolle Geschichte von zwei Brüdern schrieb, die eine Schatzkammer für einen orientalischen König bauen sollten und in die Wand einen losen Quader einsetzten? (Ich habe hier in Reykjavik meine Bücher nicht zur Hand). Aber die Geschichte ging so, dass sie später immer wieder den Quader herausnahmen und sich in der Schatzkammer bedienten, bis das doch auffiel. Darauf wurde in die Schatzkammer eine Falle eingesetzt. Einer der Brüder verfing sich darin, während der andere draußen Schmiere stand. Als der drinnen sich nicht befreien konnte, forderte er seinen Bruder auf, ihm den Kopf und die Arme abzuschlagen, damit man ihn nicht identifizieren könne. Und jetzt kommt, warum ich das erzähle: Die Tochter des Königs wurde aufgefordert, sich im Tempel der Tempelprostitution hinzugeben und jeden Freier zu fragen, was seine listigste und was seine schändlichste Tat gewesen sei. Der Bruder erfuhr davon, nahm den Arm seines toten Bruders mit zu dieser Prostituierten. Er beantwortete beide Fragen wahrheitsgemäß, die erste mit dem losen Quader, die zweite mit der Tötung seines Bruders. Als das Mädchen ihn daraufhin ergreifen wollte, hielt er ihr den abgeschlagenen Arm hin und entwischte. Die Geschichte geht noch weiter. Entweder davor oder danach wurde die Leiche öffentlich unter Bewachung den Vögeln zum Fraß aufgehängt. Die Mutter übte Druck auf ihren Sohn aus, die Leiche zu beschaffen und zu beerdigen. Der verkleidet sich als Weinhändler, täuscht am Ort der Leiche einen Unfall mit einem Weinschlauch vor, macht so den Wächter betrunken und stiehlt die Leiche. So ganz kriege ich die Reihenfolge nicht mehr zusammen.
Hier ist immerhin (unabhängig von der Historizität des Schwanks) folgendes zu erkennen: 1. Die Leser nahmen keinen Anstoß daran, dass eine Königstochter sich der Tempelprostitution hingab. Man sah das offenbar als eine voreheliche Einübung des Sexualverhaltens an. 2. Die Tempel hatten offenbar dunkle Chambre separées, denn sonst hätte das Mädchen nicht mit dem abgeschlagenen Arm eines Toten getäuscht werden können, bzw. die Leser hätten diesen Teil der Story für unglaubhaft gehalten.
 
Eine wahre Fundgrube was sehr bizarre pädophile Neigungen angeht, ist zweifellos Suetons Tiberiusbiographie. Er beschreibt, wie Tiberius sich mit seinen "Elritzen" vergnügte, kleinen Jungs, die ihm zwischen den Beinen durchschwammen. Seine "spintriae" ließ er sich, laut Sueton aus allen Provinzen des Imperiums schicken. Wie glaubwürdig die Berichte von Tiberius Eskapaden auf Capri waren, ist allerdings eine ganz andere Frage. Domitian ging energisch gegen Kinderprostitution vor, und Hadrian verbot, daß Sklavinnen gegen ihren Willen an ein Bordell verkauft werden durften.
 
Heute im Seminar wurde uns erklärt, dass die griechische Knabenliebe (Pädarestie) einwenig differenzierter gesehen werden sollte. So soll es nicht so gewesen sein, dass die Pädarestie eine weitverbreitete sexuelle Richtung im antiken Griechenland war, sondern die Pädarestie habe vor allem eine soziale Funktion gehabt und war ein Spezifikum des archaischen Adels. Der ältere Liebhaber, dessen Alter meist um die 30 Jahre gelegen haben soll, war sozusagen der Mentor seines Geliebten (14 - 25 Jahre alt) und neben dem sexuellen Aspekt war ein Geliebter, der einer guten Familie entstammt und auch gut aussah, ein Plus in der Gesamtheit vom Ansehen/Ehre des älteren Liebhabers, ebenso wie ein Adliger sein Ansehen dadurch steigern konnte, dass er eine besonders 'angesehene' Hetäre in den Kreis der Liebhaberinnen zählen konnte.
Hat der Liebhaber dann geheiratet, so wurde dann im entsprechenden Alter der vorige Lustknabe zum Liebhaber.
In klassischer Zeit soll dann auch in Griechenland die Knabenliebe schon verpönt gewesen sein, auch wenn es sie noch gab.

Die Päderestie ( wenn wir von der des antiken Griechenlands sprechen) sei damit viel stärker als ein Spezifikum des griechischen Adels der archaischen Zeit zu sehen, der beim Jünglinge dazu diente ihn gesellschaftlich zu lehren und dem Mentor neben der Sexualität vor der Ehe vor allem mehr Ansehen verschaffen konnte, im stetigen Wettstreit des archaischen Adels.

Ich hoffe, dass ich jetzt die Ergebnisse dieses Seminars gut zusammengefasst habe. Da ich selbst mich damit wenig beschäftigt habe, vermag ich nicht zu sagen, inwiefern es so stimmt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das, was du schreibst, ist durchaus korrekt. Manche Strategen machten sich das zunutze, indem sie Geliebte nebeneinander in der Phalanx aufstellte, die Heilige Schar von Theben ist in dieser Hinsicht sehr berühmt geworden. Sehr viel zum Thema Homoerotik liefert, in ironischer Form Petronius Satyricon und die Liason des Protagonisten Encolpius und des jungen Strichers Giton.
 
Was ist mit den anderen Kontinenten? Andere Kontinente/Völker - andere Sitten?
Die Kinderprostitution ist heute noch weit verbreitet, tritt jedoch verstärkt in den sog. Entwicklungsländern auf. Dies hängt damit zusammen, dass die Eltern, die in Armut leben sich ihren Lebensunterhalt nicht selbst verdienen können und deshalb ihre Kinder "verkaufen". Hier in Europa geht Kinderprostitution jedoch meist mit Entführung und später Vergewaltigung einher.
 
Die Päderestie ( wenn wir von der des antiken Griechenlands sprechen) sei damit viel stärker als ein Spezifikum des griechischen Adels der archaischen Zeit zu sehen, der beim Jünglinge dazu diente ihn gesellschaftlich zu lehren und dem Mentor neben der Sexualität vor der Ehe vor allem mehr Ansehen verschaffen konnte, im stetigen Wettstreit des archaischen Adels..


Man muss sehen, dass hinter solchen edlen und hehren Motiven zuweilen auch Heuchelei steckte, wenn eine andere sexuelle Prägung - die in Teilen der Gesellschaft verpönt war - auf diese Weise verbrämt wurde. In dieser Hinsicht hat sich vieles bis zum heutigen Tage nicht geändert!
 
Ich hoffe doch mal, dass man heute sexuelle Neigungen, durch deren Ausübung man einem anderen Menschen Gewalt antut, nicht mehr hinter "edlen und hehren Motiven" verstecken kann - es stimmt aber, dass es die verständlicherweise verpönten Neigungen auch am heutigen Tage viel zu oft gibt!
Und ich wage zu bezweifeln, dass man die Motive, die ich aufgeführt habe unbedingt als "edel" bezeichnen kann, denn wenn man im Wettstreit um das Ansehen, der beim archaischen Adel heftig war, einfach 'Pluspunkte' sammeln konnte, dann war es mehr egoistisch, wenn man einen jungen Geliebten suchte. Auch die sexuelle Seite wollte ich nicht ausblenden, sondern wohl in der Hinsicht dieses Adels bedeutendere Aspekte aufzeigen. Natürlich ist das Mentordasein positiv, doch nur weil man bei dieser Art der Knabenliebe wohl nicht von Kinderprostitution sprechen kann, so wollte ich die Pädarestie nicht als eine positive Sache darstellen, sondern aufzeigen, dass hier die Knaben anscheinend nicht gezwungen wurden und das die Motive hauptsächlich wohl andere waren als das Ausleben von pädophilen Neigungen.

(Damit ich bei einem solch sensiblen Thema nicht falsch verstanden werde. Ich weiß aber durchaus, was du meinst. Denke ich...)...
 
Natürlich ist das Mentordasein positiv, doch nur weil man bei dieser Art der Knabenliebe wohl nicht von Kinderprostitution sprechen kann, so wollte ich die Pädarestie nicht als eine positive Sache darstellen, sondern aufzeigen, dass hier die Knaben anscheinend nicht gezwungen wurden und das die Motive hauptsächlich wohl andere waren als das Ausleben von pädophilen Neigungen..


Es gibt überhaupt keinen Dissens in unserer Auffassung, Rafael !!!

Knabenliebe war damals ein anerkannter Teil der antiken Gesellschaft und es wäre völlig unhistorisch, das Institut der "Knabenliebe" vom heutigen Standpunkt aus zu betrachten und es nach heutigen moralischen Maßstäben zu bewerten.

Auch im Hinblick auf die "Freiwilligkeit" sind wir einer Meinung. Es kann als gesichert angesehen werden, dass eine solche Verbindung nicht nur auf freiwilliger Basis beruhte, sondern zudem dem "Knaben" häufig soziales Prestige einbrachte, was auch die Eltern des jungen Mannes zu akklamieren wussten.

Dass sich die positive Bewertung der griechischen Knabenliebe - ich spreche hier nicht von käuflichen Lustknaben - im Lauf der Zeit und später besonders durch die Einwirkung der Kirche negativ veränderte, steht auf einem anderen Blatt.
 
Dann ist gut! Ich hatte nur die Befürchtung, dass ich falsch verstanden wurde. Liegt aber wahrscheinlich schon in der Tatsache, dass das Thema so heikel ist und man nicht falsch verstanden werden will.
 
Knabenliebe ist sicherlich ein heikles Thema, gerade in heutigen Zeiten, in denen seit den 90ern eine regelrechte Hysterie darüber ausgebrochen ist.
Es hat in diesem Bereich wohl gerade so viel Zwang (oder sogar weniger) gegeben wie in anderen Bereichen, zB dem militärischen, der Steuereinziehung, der Verheiratung der Mädchen usw. Ein anderes Thema ist natürlich die Behandlung der Sklaven als Sexobjekte - hier war beinahe jedes Verbrechen erlaubt, obwohl auch die Vergewaltigung von Sklaven verboten war (s. Artikel im Pauly). Die gr. Päderastie handelte aber von der Liebe zwischen Freien, der Jüngere zwischen 12 und 18, der Ältere meist zwischen 20 und 30.
In Kreta bspw gab es das Ritual des "Knabenraubs" (wovon Ephoros bei Strabo erzählt). Das klingt nach grausamem Kidnapping, war aber vorher mit den Eltern abgesprochen und alles Show. Wenn der Ältere (meist ein Mann um 25 Jahren, der philetor genannt wurde) dem Jüngeren (dem kleinos) nicht zusagte, wurde der Philetor sozial geächtet, der Kleinos konnte deswegen sogar vor Gericht ziehen. Auch in Athen waren die Jungen, um die sich die Älteren bewarben, sehr wohl behütet und geschützt. Die Eröffnungsszene des Dialogs Lysis von Platon bildet dazu ein schönes Beispiel, wenn Hippothales in Liebe zum Lysis entbrannt ist, aber zu schüchtern, um sie ihm zu gestehen.
Auch im Symposion von Platon erfährt man vieles über die Werberituale, in denen deutlich wird, dass die Jüngeren eher mehr als weniger Macht hatten als die Älteren:
...was Liebhaber ihren Lieblingen tun, mit demütig flehenden Stellungen und Gebärden bitten, Eide schwören, sich vor die Türe lagern und freiwillig Dienstleistungen verrichten, wie sie nicht einmal ein Knecht verrichtet,...
(Plat.Symp. 183a)

Wie man die griechische Knabenliebe auch einschätzen kann, zeigt Nietzsche (Menschliches / Allzumenschliches, §259):
Die erotische Beziehung der Männer zu den Jünglingen war in einem unserem Verständnis unzugänglichen Grade die notwendige, einzige Voraussetzung aller männlichen Erziehung [...]; aller Idealismus der Kraft der griechischen Natur warf sich auf jenes Verhältnis, und wahrscheinlich sind junge Leute niemals wieder so aufmerksam, so liebevoll, so durchaus in Hinsicht auf ihr Bestes (virtus) behandelt worden wie im sechsten und fünften Jahrhundert - also gemäß dem schönen Spruche Hölderlins »denn liebend gibt der Sterbliche vom Besten«.
 
Ich befasse mich seit einiger Zeit intensiv mit der griechischen Antike, vom Bauwesen bis hin zu den vielen, vielen Kriegen...

Allerdings bereitet mir das Thema Lustknaben immer ein wenig Probleme. Ich habe alle Einträge hier und auch auf anderen Seiten sehr intensiv gelesen, doch einige Fragen werfen sich mir dennoch auf (vielleicht weil ich zu dämlich bin es zu kapieren...):

Waren Lustknaben hauptsächliche Söhne von freien Eltern, oder auch Kriegssklaven? Wo bestand der Unterschied zwischen den beiden?

Ich habe mehrfach gelesen, dass Lustknaben und deren Familien ein gewisses Ansehen genoßen und, wie Eumolp schrieb, teilweise mehr Macht über den "Philetor" ausübten als andersherum. Dies galt aber sicherlich doch nicht für Sklaven, oder sehe ich das falsch?

Außerdem, was wurde aus den Lustknaben, wenn sie aus einem gewissen Alter herauswuchsen? Ich nehme an, die Freien hatten später irgendwelche hohen politischen Positionen oder etwaiges inne, aber was war mit den Sklaven? Ich hoffe doch, dass Ertränken da nicht gang und gebe war. Wurden sie dann zu anderen Arbeiten eingeteilt wie die restlichen Sklaven? Irgendwie scheine ich eine profunde Lücke in diesem Thema zu haben.

Würd mich über eine Antwort freuen, auch wenn hier schon lange nichts mehr geschrieben wurde.
 
Man muss unterscheiden zwischen dem, was weiter oben als eine Art Mentorschaft bezeichnet wurde, und der Knabenliebe zum bloßen Lustgewinn. So ein Mentorverhältnis war für keine Seite anrüchig, im Gegenteil, die Jünglinge rühmten sich sogar damit, wenn ein angesehener Mann an ihnen Gefallen fand. Anders war es bei Lustknaben, die also nur zur sexuellen Befriedigung dienten: Sie war nur für den aktiven Part, also den Penetrierenden, gesellschaftlich akzeptabel. Der passive Teil hingegen galt als schändlich.

War es nicht Xenophon, der die tolle Geschichte von zwei Brüdern schrieb, die eine Schatzkammer für einen orientalischen König bauen sollten und in die Wand einen losen Quader einsetzten?
Nein Herodot. Der orientalische König war der Pharao Rhampsinit.
 
Danke für die schnelle Antwort Ravenik! Soetwas in der Art hab ich mir auch schon fast gedacht. Alles andere hätte ich als etwas befremdlich empfunden, da, auch wenn sie in der griechischen mehr Rechte als in der römischen Antike besaßen, sie dennoch Menschen niederer Klasse waren - sogesehen.

Ich arbeite mich gerade durch "The Sayricon of Pentronius Arbiter", aber da handelt es sich wohl eher um die oben besprochene Knabenliebe u.a.. Mal sehen, was ich sonst noch so finde, oben wurden ja einige interessante Werke aufgeführt.

Übrigens, passt so überhaupt nicht zum Thema, aber weißt du, wo ich etwas über Süßigkeiten der Antike finden kann? Google spuckt da irgendwie auch nichts aus. -.-
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben