Beginn und Ende des Mittelalters?

Deprofundis

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Hallo!

Ich schreibe morgen eine Klausur :fs: über das gesamte Mittelalter und würde gerne noch einmal zu einer wichtigen Frage ein Brainstorming machen! Also?
Wann begann das Mittelalter?
Wann endete es?

Wer ganz weit gehen will, könnte noch die Unterteilung in Früh / Hoch /Spätmittelalter machen. Bei den Zwischenepochen habe ich nämlich keine große Ahnung leider und finde sie auch quatsch.

Also mal meine Meinung:
Ende der Antike: 375-565 Hunnen bis Einfall der Langobarden.
Dann "Merowingerzeit"
Mittelalter würde ich erst ab Karl dem Großen beginnen lassen, da erstmals wieder eine Großmacht unterwegs war. 565-800 würde ich als Übergang betrachten.

Frühmittelalter: Karolinger
Hochmittelalter: Ottonen, Salier, Staufer
Spätmittelalter: Habsburger, Luxemburger, Wittelsbacher

Ende des Mittelalters: 1492 (Amerika und Reconquista), 1789 oder 1830er (Bauernbefreiung)

So! Ich hoffe, ich habe mich jetzt nicht allzu sehr blamiert. Was sagt ihr dazu? Mein schlaues Skript zählt die Völkerwanderung und Merowinger zum Frühmittelalter, aber ich finde die Zeit weder antik noch mittelalterlich. :confused:
Was ist eure Meinung? Eure Einteilung?
 
Ende des Mittelalters: 1492 (Amerika und Reconquista), 1789 oder 1830er (Bauernbefreiung)
Du willst uns wohl veräppeln. Was hat denn 1789 mit dem Ende des Mittelalters zu tun? Das liegt ganz eindeutig in der Neuzeit. Vielleicht kann man noch 1789 die Frühe Neuzeit enden lassen und das Datum stellt sicherlich DIE Zäsur in der Europäischen Geschichte der Neuzeit dar, aber mit Mittelalter hat das nichts zu tun. Bauernbefreiung, d.h. Aufhebung der Leibeigenschaft gab es schon vor 1789 in Österreich und dann vor 1830 im Zuge der Reformen Steins in Preußen, die nach der preußischen Niederlage von 1806/07 einsetzten.

1492 wird bisweilen als Ende des Mittelalters gesehen, irgendwann muss man eben zwischen Früher Neuzeit u. Mittelalter trennen, auch wenn die Übergänge fließend sind, auch das Reformationszeitalter bietet sich an. Herrscher wie Karl V. waren noch sehr mittelalterlich von ihrem Weltbild her geprägt, auch wenn Zeitgenossen schon ganz Menschen der Frühen Neuzeit auch im Denken waren.
 
Du willst uns wohl veräppeln. Was hat denn 1789 mit dem Ende des Mittelalters zu tun?
Ok, das war jetzt wirklich hoch gegriffen. Ist ja auch nicht direkt meine Meinung. Aber wenn ich darüber schreiben muss, dann MUSS man auch einige "abgefahrene" Thesen bringen. Es kam bisher in jedem Aufsatz, welchen ich gelesen habe, so vor: "Einige behaupten sogar...1789"
Ok, dann vielleicht noch 1648? Man könnte es auch schon mit der Magna Charta enden lassen oder mit Friedrich II... :winke:
Ich bin auch der Meinung, dass 1500 eine gute Zahl ist. Aber man sollte auch Alternativen angeben. Oder nicht?
 
Knefelkamp 2003: "Sogar 1648 [...] und 1789 französische Revolution wurden genannt." - Allerdings ohne Quellenangabe, auch nicht von wem. ;-)
Wahrscheinlich kennt man die Namen der Historiker nicht, weil sie nach diesem Statement gesteinigt, und alle Bücher verbrannt wurden. :D
 
Knefelkamp 2003: "Sogar 1648 [...] und 1789 französische Revolution wurden genannt." - Allerdings ohne Quellenangabe, auch nicht von wem.
Ohne Quellenangabe solltest du das dann aber doch besser vernachlässigen. Diese Thesen höre ich hier auch zum ersten Mal. Und wer ist Knefelkamp? :confused:
 
S. 14 Ulrich Knefelkamp: Das Mittelalter. 2. durchgesehene Auflage 2003

geb. 1951. Professor für mittelalterliche Geschichte Mitteleuropas an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt oder.
Also aber man kann doch zumindest ein bisschen was pro 1648 oder 1789 finden, oder? Dann gibt es eben keine frühe Neuzeit :D.
Man hört immer, ein Epochenbegriff sei nur ein Konstrukt. Wenn man dann aber mal was sagt, dann ist es doch starr 1500 ;)
 
Also aber man kann doch zumindest ein bisschen was pro 1648 oder 1789 finden, oder?
Also pro 1648 kann man noch was finden:
Damit läuft die stark auf Religion fixierte mittelalterliche Weltsicht aus und der klassische Lehns-Feudalismus wird durch fast schon moderne Staatlichkeit ersetzt.
Könnte man zumindestens mal als provokante These in den Raum werfen - es wäre so m. E. übertrieben, hat aber einen seriösen Kern.

Bei 1789 aber hört der Spaß auf. Wer so etwas ernsthaft als Ende des Mittelalters verkaufen will, muß sich anderswo Partner suchen - bei Illig vielleicht ;-)
 
Ok und der Beginn? Toleranzedikt von Mailand oder Karl der Große? Ich würde sagen, dass das die Fixpunkte sind, oder? Bewege ich mich da noch im Seriösen? ^^
 
... und der Beginn? Toleranzedikt von Mailand oder Karl der Große? Ich würde sagen, dass das die Fixpunkte sind, oder? Bewege ich mich da noch im Seriösen?

Oben wurde von mir ein Thread verlinkt; so Du diesen nicht weiterhin mit Nichtachtung bedenkst, wäre es möglich, daß Du dort auch einige Antworten findest... :pfeif:
 
Ich suche keine Antworten ;). Nur Möglichkeiten. Und in dem Thread steht nicht eure Meinung zu 313, den habe ich vorher bereits gelesen.
 
Ok, das war jetzt wirklich hoch gegriffen. Ist ja auch nicht direkt meine Meinung. Aber wenn ich darüber schreiben muss, dann MUSS man auch einige "abgefahrene" Thesen bringen. Es kam bisher in jedem Aufsatz, welchen ich gelesen habe, so vor: "Einige behaupten sogar...1789"
Ok, dann vielleicht noch 1648? Man könnte es auch schon mit der Magna Charta enden lassen oder mit Friedrich II... :winke:
Ich bin auch der Meinung, dass 1500 eine gute Zahl ist. Aber man sollte auch Alternativen angeben. Oder nicht?

Zu der These, dass das Mittelalter bis zur Französischen Revolution dauerte, bitte sehr:

http://www.geschichtsforum.de/244801-post6.html

Vielleicht findest du da auch ein paar Anregungen, was du sonst noch schreiben könntest.
 
...und der Beginn?
Der ist viel schwieriger!

Das Problem ist, daß man mit Antike und Mittelalter zwei durchaus gut zu fassende Begriffe hat.

Und die "richtige" Antike geht auf jeden Fall bis Diokletian und Konstantin, wir haben noch die klassischen römischen Strukturen incl. fast das komplette Reich und die alte Religion. Und das kann man noch etwas spätantik verlängern bis z. B. zum Untergang Westroms.

Umgekehrt haben wir spätestens mit Otto dem Großen das "richtige" Mittelalter, die feudale und christliche Staatenwelt hat sich herausgebildet. Und da kann man dann frühmittelalterlich vornedran bis Karl den Großen gehen.

Dazwischen liegt aber die Übergangsepoche "Völkerwanderungszeit" - oder wie man sie halt nennen will.
Und die kann man eigentlich zu keiner der beiden Epochen zurechnen.
Da werden kontinuierlich Elemente der Antike gegen solche des Mittelalters ausgetauscht und man kann kaum seriös sagen: Und hier gerade haben die neuen Elemente die Mehrheit und nun ist es eine neue Epoche.
Dazu kommt, daß es (im Gegensatz zum Übergang Mittelalter - Neuzeit) auch sonst ziemlich durcheinander geht, mit Dark Ages in England, Arabersturm im Mittelmehr und den Wikingerzügen.

Wenn man wirklich darauf besteht, Antike und Mittelalter direkt aneinandergrenzen zu lassen, dann wäre mein schwacher Favorit für die Grenze ungefähr das Jahr 600.
Da waren im Westen die Franken und das Christentum etabliert - und kurz danach kommt der Islam und schafft im Osten die wesentlichen Strukturen des Mittelalters.
 
Ähm. Die Vorstellung von 1789 als finaler Zäsur des Mittelalters ist nicht so exotisch und wird in Frankreich von vielen Historikern vertreten. Wer mir nicht glauben will, möge mal nach dem "langen Mittelalter" googlen. Als Lektüre zur Epochenabgrenzung empfehle ich folgenden Essay: Franz J. Bauer: Das lange 19. Jahrhundert. Profil einer Epoche, Ditzingen 2004.
 
Hallo, :winke:
Ich habe mal in irgend einem Buch gelesen, daß es von einigen Leuten/Historikern an zwei Eckpunkten der Geschichte des Römischen Reiches festgemacht wird, also:

- Ende der Antike und Beginn des Mittelalters = Teilung des Römischen Reiches im Jahre 395 - also ca. 400;

- Ende des Mittelalters und Beginn der Neuzeit = Untergang des Byzantinischen Reiches im Jahre 1453 - also ca. 1450

Diese Einteilung fand ich irgendwie plausibel.
- Kam in Timos Link ja auch vor.
:)
 
Zuletzt bearbeitet:
je nach Interesse/Forschungsgebiet/Lehrer oder auch einfach persönlicher Neigung wird die Epochengrenze für den Anfang bzw das Ende des Mittelalters ausfallen. Mir fallen zu jeder der genannten Jahreszahlen Pro/Contra-Argumente ein, insofern hab ich mich recht früh entschieden keine Gewichtung zu treffen, sondern einfach die nächst feinere Untergliederung zu nutzen.
 
Es gibt ja auch keine eindeutige Zahl für den Beginn oder das Ende einer Epoche, weil es an jeder Epochengrenze Aspekte gibt, die sich ändern (und damit die Argumentation zugunsten einer Epochengrenze stützen) und Elemente, die gleichbleiben.
Für ein Tutorat habe ich das mal mit Hilfe diverser Lehrbücher so formuliert:

[FONT=&quot]"Bei der Periodisierung werden größere geschichtliche Abschnitte gegenüber dem gleichförmigen Fortschreiten der Zeit so mit Sinn aufgeladen, dass unter einem individuell gewählten Aspekt jeweils eine Einheit bilden; einzelne Ereignisse werden damit in den Rang von Epochenzäsuren erhoben. Unterschiedliche Kriterien können also leicht zu unterschiedlichen Epochengrenzen führen. Grundsätzlich kann man fast jedes Datum zur Epochengrenze erheben – man muss es nur gut begründen können."

Für das Ende der Antike und damit dem Beginn des Mittelalters kannst du sicher fast jedes Datum zwischen 300 und 600 nehmen. Begründungen lassen sich da auf jeden Fall immer finden.

Persönlich würde ich den Beginn der Langobardenherrschaft in Italien favorisieren, weil damit die Bemühungen von Byzanz die Reichseinheit noch einmal herzustellen, endgültig gescheitert waren. Außerdem haben wir recht kurze Zeit später dann auch den Aufstieg des Islam, was dann endgültig zu einer Umformung der antiken Welt führte.

Das Ende würde ich um 1500 ansetzen mit Buchdruck, Entdeckungen und Reformation.
[/FONT]
 
Ich stimme Dir im Wesentlichen zu, @Tela, möchte aber für das Ende der Antike noch ein weiteres Datum anführen: Die Schließung der Platonischen Akademie in Athen 528 durch Justinian nach über 800 jährigem Bestehen.
 
Zu der These, dass das Mittelalter bis zur Französischen Revolution dauerte, bitte sehr:
Interessant, dass es noch mehr Historiker gibt, welche so eine Meinung vertreten, die aber auch zu kurz greifen. Wenn sie die Intensität der Religion für das Leben der Menschen für so wichtig halten, dann stellt die Reformation eine noch wichtigere Zäsur dar. Außerdem änderten sich strukturell auch schon im 15. und 16.Jh. maßgeblich die Herrschaftssysteme, neben dem Aufbruch in eine neue Zeit, welcher durch bahnbrechende Erfindungen erfolgte. Im HRR wurden bspw. die Reichskreise geschaffen, in Frankreich und anderen Staaten wurde im Zuge der Reformation eine schwere Krise überwunden, welche zur Selbstdefinition als gemeinsame Nation noch entschiedener hinführte.

Wer das Mittelalter bis ins 18.Jh. ausdehnen möchte, erreicht aber auch etwas anderes, er schiebt die Zeit noch viel weiter von uns weg und ignoriert damit die Errungenschaften, wissenschaftlicher, politischer oder philosophischer Art: Da Vinci, Kepler, Leibniz oder Machiavelli, Hobbes, Hume. (Bis ins 18.Jh. existierte noch die Sonderform des Universalgelehrten wie Leibniz, der Philosoph und Wissenschaftler zugleich war.) Eine Neigung der heutigen Menschen die Vergangenheit noch weiter wegzuschieben ist ja vorhanden. Deswegen sind Historiker ja heute bemüht, die Verwandschaft des Hightech der antiken Griechen, Italiener der Renaissance oder der Franzosen des 18.Jh. mit unserer technischen Gegenwart zu vergleichen. Wer also die Frühe Neuzeit dem Mittelalter zuschalgen möchte, wird gerade in Technischen Dingen (v.a. Mechanik) erstaunt sein, wenn man mit den damaligen Fortschritten in Museen oder Büchern vertraut wird.
 
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