Wie effektiv war die Balliste?

Wasserhand

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Wie schätzt ihr die effektivität einer Balliste ein? In der Schlacht? Bei einer Belagerung? Und in welcher Zahl wurden diese Torsionsgeschütze in einer "Armee" eingesetzt?

Lg Wasserhand
 
Ineiner Schlacht wurde so was nicht eingesetzt. Eine "Feldartillerie" wie beim Film Gladiator ist also pure Fiktion.
 
Naja, nicht ganz. Es gibt die sog. carroballistae, also auf Wagen transportierte und / oder aufgebaute Geschütze. Dargestellt sind diese z.B. auf der Trajanssäule.
Außerdem kennen wir den Bericht der Schlacht am Angrivarierwall, bei dem ebenfalls Artillerie eingesetzt wurde, allerdings, wie der Name verrät, als man den Wall nicht einfach erstürmen konnte um diesen "sturmreif" zu schießen.

Zur Effektivität: moverne Nachbauten kranken daran, nur mit modernen Seilen halbwegs an die berichteten Ergebnisse zu kommen.

Ein gutes Beispiel aber bildet Masada. Hier sieht man zum einen die Stellungen der Römer, zum anderen aber findet man unterhalb der Mauern und auch tief in der Festung selbst die Geschosse der ballistae.
Die Geschütze waren also so effektiv, dass sie auch festes Mauerwerk zumindest so weit beschädigen konnten, dass diese von einer Ramme zum Einsturz gebracht werden konnten.

Lehmmauerwerk konnte dagegen gar nichts gegen die Geschütze ausrichten.
 
Geschütze wurden meist hinter den eigenen Linien postiert um die Truppen zu decken und sie nicht beim vorrücken zu behindern. Auch damals gab es schon so etwas wie „friendly fire“. Auch zur Bewachung von Lagern bzw. Festungen setzte man Geschütze ein. Was die Treffsicherheit angeht gibt es, soweit ich weiß, keine expliziten Quellen (verbessert mich bitte wenn ich mich irre). Erwin Schramm vermutete jedoch: „Die Treffsicherheit der Geschütze war so gering, dass man bei größeren Entfernungen auf einzelne Menschen nur selten schoss, die Regel war, nur auf dicht gedrängte Haufen zu schießen.
Auch bei Cäsars „ der gallische Krieg“ findet man eine Stelle in der beschrieben wird ein Gallier nach dem anderen von einem „Skorpionenpfeil“ durchbohrt wird (Cäsar, Gall. 7,24).
Was die Effektivität gegenüber Bogenschützen angeht ist es ein Vorteil, dass sie auf einem Stativ ruhen und die beim spannen auftretenden Kräfte nicht durch den menschlichen Körper laufen. Kurz gesagt, sie zittern nicht. Bei richtiger Bedienung waren die Geschütze den Bogenschützen in etwa gleichwertig bzw. leicht überlegen.
Bei der Einschätzung der Effektivität sollte man beachten, dass die maximale Reichweite keine eine Rolle spielte, da die Treffsicherheit bei Entfernungen über 100 m gravierend abnahm. Effektive Schussweiten werden bei etwa 500 – 100 m gelegen haben.


LG
 
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Damit jetzt keiner verwirrt ist:
Bis etwa zum Jahre 200 bezeichnete Balliste die ihrer schrägen Spannung wegen von den Griechen Palintona genannte Art der Katapulte, also ein zweiarmiges Torsionsgeschütz, dessen Schleuderkraft auf der starken Verdrehung zweier Sehnenbündel beruhte, und mit welchem vorzugsweise Steine, große Bleikugeln und balkenähnliche Pfeile in einem Winkel von 45° geschleudert wurden.

Im 4. Jahrhundert war bei den Römern die Ballista ein eisernes Bogengeschütz, das einer heutigen Armbrust ähnelt, dessen Kraft auf der Rückstellkraft der beiden eisernen Bügel beruhte.
 
@Korinther:Was die Effektivität gegenüber Bogenschützen angeht ist es ein Vorteil, dass sie auf einem Stativ ruhen und die beim spannen auftretenden Kräfte nicht durch den menschlichen Körper laufen. Kurz gesagt, sie zittern nicht. Bei richtiger Bedienung waren die Geschütze den Bogenschützen in etwa gleichwertig bzw. leicht überlegen.Bei der Einschätzung der Effektivität sollte man beachten, dass die maximale Reichweite keine eine Rolle spielte, da die Treffsicherheit bei Entfernungen über 100 m gravierend abnahm.
Die Reichweite MUSS es gewesen sein. Sonst ist ihr Vorteil gleich Null, weil ein Bogenschütze mindestens ein Dutzend Pfeile abschießt, bevor so ein Ungetüm gespannt ist.
 
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@Wasserhand: Und in welcher Zahl wurden diese Torsionsgeschütze in einer "Armee" eingesetzt?
Römische Legion – Wikipedia
Schwere Waffen wie Katapulte, Ballistae und Onager oder Belagerungstürme wurden auf Feldzügen in der Regel vor Ort hergestellt. Inwieweit dafür Bestandteile (Beschläge, Winden usw.) mitgeführt wurden, ist nicht bekannt, jedoch anzunehmen. Die Legionen zur Kaiserzeit führten 55 leichte Geschütze, sogenannte Karrenballisten (Carroballistae), sowie 10 Onager mit.
War vorhin zu faul, das zu suchen... Also doch in der Feldschlacht wie im "Gladiator".
 
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@bb. Ich habe auch maximale Reichweite geschrieben. ;)
Bei Weitschüssen wurde die kinetische Energie der Geschosse durch den Luftwiderstand merklich gemindert. Der für die Maximalweite nötige Steigungs- bzw. Abschusswinkel von ca. 45° verschlechterte die Treffsicherheit und selbst wenn man noch getroffen hätte, wird z. B. Mauerwerk von Steilschüssen kaum beschädigt. Wenn man einen Steilschuss in eine Menschenmenge abfeuert ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass der Schuss daneben geht oder eventuell nur eine Person trifft. Mit einem Flachschuss hingegen kann man in einer Menschenmenge wesentlich größeren Schaden anrichten.
Der Leopard-Panzer, welcher auch Wuchtgeschosse verwendet, hat eine Schussweite von rund 60 km. Seine maximale Gefechtsentfernung beträgt aber nur 3 km, also 1/20.
Anhang anzeigen 5897
Ich hoffe man kann auf diesem Bildchen was erkennen. Es handelt sich hierbei zwar um einen Steinwerfer aber das Prinzip bleibt gleich.

LG
 
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So das vor dem Kampf möglich war, wird man die Dinger auf größere Reichweiten eingestellt haben (Einschießen auf bestimmte Punkte im Vorfeld oder der belagerten Festung).
 
Die großen Reichweiten waren sinnvoll, wenn man z. B. die Besatzung von Stadtmauern beschäftigen wollte:angsthab:, während man mit Schildkröten oder anderen Belagerungsmaschinen vorrückte. Ansonsten war der Effekt eher psychologisch.
Die Variationen von Geschoßgewichten, aerodynamische Unterschiede sowie die Wetterverhältnisse beeinflussten die Flugbahn ziemlich stark. Außerdem hatten die Geschosse bei einer Entfernung von 300m eine Laufzeit von ca. 5 Sekunden, weswegen man ihnen noch ausweichen bzw. Deckung suchen konnte. Ein Einschießen war also nur bedingt möglich, auch wegen dem schon angesprochenen Wirkungsverlust bei größeren Distanzen.
Man konnte sie allerdings auch zur Verteidigung einsetzen, wobei hier die Größen u. U. durch bauliche Eigenschaften der Stadtmauern begrenzt waren.

LG
 
Was die carrobalistae angeht: manchmal fühle ich mich ungelesen...

Ich muß mich mal seler verbessern. Die Effektive Schußweite lag bei 50 - 150 m. Sorry. :autsch:

Ich hoffe ich darf auch:
Um auf mein Beispiel von Masada zurück zu kommen: Masada liegt um einiges erhöht auf einem Plateau, der römische Wall liegt heute noch sichtbar an der engsten Stelle zwischen 200 und 300 m vom Fuß der Mauer entfernt.
Die römischen Geschosse beschädigten die Mauer, dass sie sich leicht mit einer Ramme einstürzen ließ. Andere flogen bis tief ins Innere der Festung und beschädigten dort Häuser.

Hauptwaffe der Zeloten, davon geht man aus, waren Bögen. Unter diesem Aspekt wäre eine Annäherung unter die Festung unterhalb von 200 m eine mehr als schlechte Idee für die Geschützmannschaften.

Flavius Iosephus beschreibt uns, wie bei der Belagerung von Jotapata und Jerusalem Artillerie eingesetzt wurde. Zum einen psychologisch, indem die Geschosse über die Mauern einfach blindlings in die Wohngebiete geschossen wurden (eine grauenvolle Episode berichtet er dabei, als er beschreibt wie eine schwangere Frau von einem Geschoss im Bauch durchschlagen wurde), zum anderen aber gezielt auf die Mauerkronen um die Besatzungen zu töten. Nachdem diese erkannt hatten, dass man am Geräusch und der Sichtbarkeit der Steine voraussehen kann, wohin die Geschosse gehen würden und sich rechtzeitig in Sicherheit brachten, malte man die Geschosse an, auf das sie nicht gesehen wurden.

Daneben werden vor allem vor Jerusalem immer wieder Ausfälle unternommen, mit dem Ziel die Belagerer zu schädigen. Dabei erreichen die Belagerten auch die Belagerungswaffen, allerdings geben die Forumlierungen eher nicht her, das diese so nahe standen, dass es leicht gewesen wäre.

Die Berechnungen zur effektiven Distanz hier sind somit sehr nett, widersprechen aber den Quellen, den literarischen wie den archäologischen.

Die testudo im übrigen taucht in den meisten Fällen, wenn nicht in allen, nur im Zusammenhang mit dem Einmarsch in eine Geschossene oder geschlagene oder gegrabene Bresche im Feindeswall auf, nicht etwa als Transportmittel von Sturmgerät.
 
Ich hoffe ich darf auch
aber sicher doch! ;-)

Hauptwaffe der Zeloten, davon geht man aus, waren Bögen. Unter diesem Aspekt wäre eine Annäherung unter die Festung unterhalb von 200 m eine mehr als schlechte Idee für die Geschützmannschaften.

Eine Entfernung von unter 200 m stellt, auch wenn die Truppen mit Pfeilen beschossen wurden, kein erhebliches Problem dar. Einfache Schutzmaßnahmen, wie mit nassen Leinen oder Leder bespannte Gestelle, reichten zum Schutz gegen Bogenschützen oft aus. Fells die Verteidiger über Torsionsgeschütze oder ähnliche verfügte konnte man Geschütze auch in Heleopen in eine gute reichweite bringen,) was aber eigentlich nicht der Hauptzweck dieser Türme war).

Die Berechnungen zur effektiven Distanz hier sind somit sehr nett, widersprechen aber den Quellen, den literarischen wie den archäologischen.

Die Weiten beruhen nicht auf theoretische Berechnungen sondern auf praktischen Versuchen, nachzulesen in:


E. Schramm: Die antiken Geschütze der Saalburg, Berlin 1918 bzw.

Dietwulf Baatz: Bauten und Katapulte des römischen Heeres (Mavors Roman Army Researches, Band 11), Stuttgart, 1994


Die testudo im übrigen taucht in den meisten Fällen, wenn nicht in allen, nur im Zusammenhang mit dem Einmarsch in eine Geschossene oder geschlagene oder gegrabene Bresche im Feindeswall auf, nicht etwa als Transportmittel von Sturmgerät.

Es hat auch niemand behauptet sie würde als Transportmittel von Sturmgeräten oder etwas anderem dienen.

LG
 
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Hallo Forumsfreunde

Ich könnte mir so eine Ballista auf einen Belagerungsturm vorstellen .
Wobei die Reichweite ja stark zunehmen müße. (klugscheiß)
*gg
Für Masada wäre das ja ideal. So haben die Römer die Verteidiger von den Mauern vertrieben um in Ruhe ihre Rampe zu bauen.

Wie immer freue ich mich auf eure Meinung

Henricus

PS. Wo sind denn die Sternchen abgeblieben????
 
Alexander ließ bei der Eroberung von Tyros Wandeltürme mit einer Höhe von über 50 Metern bauen.
Diodor beschreibt auch eine Heliope die von Epimachos gebaut wurde und eine Hohe von ca. 30 Meter erreichte.
 
Ich zitiere mich selbst:
Zur Effektivität: moverne Nachbauten kranken daran, nur mit modernen Seilen halbwegs an die berichteten Ergebnisse zu kommen.

Mir sind beide Büche bekannt, ebenso wie die Versuche 2002 eine Großballista zu bauen und zu nutzen (was zum Bruch beim zweiten Schuß führte).
Die Rekonstruktionen kranken vor allen an den Bespannungen. Moderne Bespannungen erreichen bspw. eine massive Effektivitätserhöhung, die schon eher in die genannten Bereiche kommt.

Gerade Masada zeigt wie gesagt archäologische Befunde, die den Ergebnissen der Rekonstruktionen genauso entgegenhalten wie die literarischen Behauptungen.
Selbst wenn sich die Bedienungen mit Schutzschilden vor den gegnerischen Pfeilen verbogen hätten, wäre der Schußwinkel bei einer Annäherung unter 200 m kaum so einzurichten gewesen, dass Geschosse auch tief in der Festung vorzufinden gewesen wären.

Es darf also weiter bezweifelt werden, ob die modernen Nachbauten und Versuche wirklich ein korrektes Bild wiedergeben.
 
Das ist nicht die Frage, sondern der Winkel ist ein Problem. Masada steht wie gesagt auf einem Plateau, und dieses weist einen Höhenunterschied von bis zu 400 m (an der Ostflanke zum Toten Meer) auf.

Die Rampe, die besagten Turm trug zu der beschossenen Stelle trug war wenigstens 175 m lang und ebenso breit (an der Breitesten Stelle) mit einem Gefälle von 1:3.
Heute fehlen die Steinblöcke und natürlich eines an Material, so dass weder Gefälle noch die Schlußhöhe genau übereinstimmen und wohl um die 20 Meter fehlen (etwas weniger).
Der weiße Fels, von dem aus sie begonnen wurde liegt in 250 Meter Entfernung zum Mauerwerk.
Diese etwas erhöhte Stelle liegt immerhin 77 Meter tiefer.

Vormals ging man aufgrund einiger kleinerer Befunde davon aus, dass sich hinter der Weißen Klippe der Standort der Geschütze befand. Auf der Zeichnung ist das Gebiet markiert.

Würden die Geschütze also näher als der Rampenbeginn stehen, wäre der Winkel extrem steil. Das Plateau ist nicht besonders breit, von der Länge her wären Treffer auf die Mauer schon schwierig, dahinter extrem komplex und einige Meter weiter nahezu unmöglich, vor allem wenn man den Unterschied von 77 m mit einberechnet.
 

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