Norwegen - die letzten Imperialisten?

ja,das war die faktische Lage, aber zwischen Realität und völkerrechtlicher Fiktion der Realität bestehen z.T.erhebliche Unterschiede.
De facto war Norwegen und seine exterritorialen Gebiete natürlich damals ´schlicht ein Teil von Dänemark , de jure allerdings ein selbständiges Königreich und nur in Personalunion über das Königshaus mit Dänemark verbunden.
Non, das stimmt einfach nicht.
Am 15.10.1536 trat die Reichsversammlung in Kopenhagen zusammen. Deren Verfassungs- und Gesetzgebungsarbeit mündete in 3 Dokumente:1) der Rezess "en menige rigens constitution, sæt, skikkelse og ordinans", in dem die bereits vorher erfolgte Absetzung der katholischen Bischöfe bestätigt wurde, einem Wahlbrief, in dem der 2-jährige Prinz Friedrich zum Thronfolger bestimmt wurde (der erste Schritt zur Erbmonarchie), und eine Wahlkapitulation. Diese drei Dokumente und die Kirchenordnung Christians III., die die weltliche Herrschaft der Bischöfe beseitigte, können als neue Verfassung Dänemarks gesehen werden.

In der Wahlkapitulation Christian III. von 1536 heißt es: "Och efftherthij att Norgis riige nw saa forringet er bode aff magtt och formwæ, och Norgis riigis Jndbiggere Jcke aldene Formwæ att vnder holde thennom ænn herre och konnyng, och samme riige er dog forbundet att bliffue hoes Danmarcks krone til ewiig tiidt, ... hoch her effther jcke weere eller hede jngtet koninge riige for seg, menn eth ledemodt aff Danmarcks riige och vnder Danmarcks krone till ewiige tiidt." = "Nachdem das Reich Norwegen so sehr an Macht und Vermögen verringert worden ist und die Einwohner des Reiches Norwegen alleine einen Herrn und König nicht zu unterhalten vermögen und da nun dieses Reich mit Dänemarks Krone auf ewige Zeiten verbunden ist .... soll es von jetzt an als Königreich nicht mehr bezeichnet werden, sondern als (Körper)glied des Reiches Dänemark auf ewige Zeiten."
Diese Wahlkapitulation hatte für seinen Herrschaftsbereich Gesetzeskraft und war Verfassungsbestandteil.
Es gibt allerdings wenige Autoren, die bestreiten wollen, dass Norwegen dadurch zur dänischen Provinz geworden ist.

Und de jure hätten bei Auflösung dieser Personalunion auch die einzelnen Gebiete wieder an Norwegen zurückfallen müssen. Mit diesem Ansatz wurde der Anspruch auf Grönland zumindest begründet. Der IGH verwarf diese Anspruchsgrundlage nicht vom Grundsatz her ,sondern löste diese Frage m.W. dahingehend auf,daß die Kontinuität der Zugehörigkeit durch den Übergang Norwegens an Schweden ohne diese Gebiete unterbrochen worden und daher Dänemark letzter Eigentümer der Gebiete sei..
Nö, damals galt der rein gebietsbezogene Ansatz: Der IGH sah in der langjährigen Präsenz Dänemarks in Ostgrönland einen hinreichenden Beleg für die beständige und friedliche Ausübung dänischer Hoheitsgewalt über das umstrittene Gebiet. Die daraus folgende Souveränität Dänemarks über Ostgrönland müsse sich Norwegen sowohl hinsichtlich seiner eigenen Bemühungen, Souveränität über das Gebiet zu begründen, als auch hinsichtlich seiner Einlassung, Ostgrönland sei okkupationsfähige terra nullius entgegenhalten lassen.
"Gebietsbezogen" nennt man diesen Ansatz deshalb, weil er - im Gegensatz zum späteren personenbezogenen Ansatz (Westsahara-Gutachten) nicht auf die Herrschaftsbeziehungen zu den Bewohnern zur Souveränitätsbegründung abhebt.
 
Nun ja,die Wahlkapitulation von Christian III kenne ich natürlich,aber gerade diese bestätigt ja zunächst mal die Persaonalunion zweier selbständiger Königreiche
da nun dieses Reich mit Dänemarks Krone auf ewige Zeiten verbunden ist ....

Die darauf folgende Passage
soll es von jetzt an als Königreich nicht mehr bezeichnet werden, sondern als (Körper)glied des Reiches Dänemark auf ewige Zeiten
ist eine einseitige Erklärung, die zwar dem de-facto-Zustand Rechnung trägt , aber den völkerrechtlichen Status nicht unbedingt geändert hat.

....für die beständige und friedliche Ausübung dänischer Hoheitsgewalt über das umstrittene Gebiet.
Ja,da sind wir uns ja einig , was anderes habe ich ja auch nicht behauptet.Der IGH löste die Grönland-Frage dahingehend auf,daß er den älteren ,übrigens auch gebietsbezogenen norwegischen Anspruch zugunsten des jüngeren dänischen Anspruches verwarf und damit der Tatsache ,daß Dänemark letzter Eigentümer der Gebiete war Rechnung trug.
Dies war auch in so fern logisch, als die Gemeinschaft der Grönlandwikinger , auf die sich Norwegen ja beruft, zwar als eigenständiges Völkerrechtssubjekt angesehen wird, dieses aber längst untergegangen und deren "Staatsgebiet" quasi aufgegeben und dann von anderen Gemeinschaften,die nicht als Nachfolgestaat angesehen werden können, neu besiedelt worden war.
 
Nun ja,die Wahlkapitulation von Christian III kenne ich natürlich,aber gerade diese bestätigt ja zunächst mal die Persaonalunion zweier selbständiger Königreiche

Die darauf folgende Passage ist eine einseitige Erklärung, die zwar dem de-facto-Zustand Rechnung trägt , aber den völkerrechtlichen Status nicht unbedingt geändert hat.
Wieso nicht? Es gab keinen norwegischen Staat mehr. Außerdem: Welches Völkerrecht legst du zu Grunde? Das zur Zeit Christians III. oder das heutige? Diese Aussage machte Christian III. als Herrscher von den bis dahin beiden Reichen. Damit hatte diese Erklärung Verfassungsrang für beide Reiche, womit das norwegische Reich aufhörte zu bestehen.
Nimm mal die Teilungen Polens. Sie wurden von den jeweiligen Siegermächten vorgenommen und führten nicht nur de facto, sondern auch de jure zu den Gebietsveränderungen, so z.B. der Teilungsvertrag v. 5. August 1772.
 
Der Walfang ist doch nicht das imperialistische, er folgte ja auch nicht der Landnahme. Vielmehr war es umgekehrt, die Flagge folgte dem Walfang.

"Imperialistisch" mag etwas weit gefaßt sein, trotzdem sucht das Beispiel Norwegen seinesgleichen in Bezug auf die Ausdehnung seines Territoriums.
Zumindestens eine gewisse Sonderrolle sehe ich bei diesem Land schon.

[MOD: wegen Tagespolitik gemäß Forenregeln gelöscht/MOD]
 
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Außerdem: Welches Völkerrecht legst du zu Grunde? Das zur Zeit Christians III. oder das heutige?
Ich bezog mich auf die völkerrechtliche Auslegung des IGH zur Grönland-Frage.Und der IGH hat die jeweils geltenden völkerrechtlichen Maxime in seine Überlegungen mit einbezogen. Und danach war die Personalunion zweier selbständiger Königreiche eben gerade nicht durch eine einseitige Erklärung des Herrschers ohne Beteiligung der lokalen Reichsstände veränderbar. Nicht umsonst nannten sich selbst die absolutistischsten aller absolutistischen Herrscher, die französischen Könige bis zum Schluss "rois de France et Navarre " und die spanischen Könige haben eine Titelliste wie das madrilenische Telefonbuch,obwohl die dort aufgeführten Königreiche seit Jahrhunderten de facto spanische Provinzen sind.
Und ähnlich verhält es sich mit Norwegen/Schweden bzw. Norwegen/Dänemark.
 
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