Römisch-Deutsche Herrscher

Etwa um 1100 tauchen Umschreibungen wie "in diutischem lande, "diutisches lant" u.ä. auf, etwa ab 1500 spricht z.B. Ulrich Hutten von den "deutschen Landen". Singular "Deutschland" ist also noch nicht vertreten, wohl aber die "deutsche Nation". Sie tritt als "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation" (Nationis Germanicae) im 15. Jh. auf und bezeichnete einschränkend die deutschen Teile des Reichsgebiets.im Unterschied zu Italien und Burgund.

Vom "Deutschen Reich" schließlich ist erst seit der wilhelminischen Reichsgründung 1871 die Rede, während das Gebilde nach dem Wiener Kongress 1815 den Namen "Deutscher Bund" führte.
Ja, diese Wikipedia Zitate kenne ich zu Genüge... Diese Punkte habe ich aber bereits im letzten Post widerlegt.
Sowohl "Deutschland" als auch "Deutsches Reich" ist vor 1500 im Gebrauch.

Im übrigen war das Heilige Römische Reich selbstverständlich ein Vielvölker"staat", wobei der Begriff "Staat" in Anführungszeichen zu setzen ist. Wie anders sollte man ein vormodernes Gebilde auch nennen, das Tschechen, Italiener, Polen, Slowenen, Franzosen und andere Nationalitäten bzw. Sprachgruppen umfasste?
Einen vornationalen Staat, von mir aus. "Nationalstaat" greift in dem Zusammenhang nicht, weil Staaten zur Zeit des HRR nicht auf Nationalität ausgerichtet waren. Der Begriff "Vielvölkerstaat" verkennt aber die überdeutliche, deutsche Bevölkerungsmehrheit und Hegemonie im Reich, besonders in seiner Spätphase, und geht für mich am Sachverhalt vorbei. Auch in vielen heutigen sogenannten Nationalstaaten gibt es mal mehr oder weniger große ethnische Minderheiten.
 
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Gesiegelt und geurkundet wurde von der Reichskanzlei mit Sacrum Romanum Imperium, seit dem späten Mittelalter mit dem Zusatz Nationis Germanicae. Das war die offizielle Bezeichnung des Reichs bis 1806 - und nichts anderes.

Und was ist dann der Reichsdeputationshauptschluss oder die Erklärung Franz' II. zur Niederlegung der Reichskrone?
Waren das etwa keine offiziellen Texte?

Bei ersterem ist bezeichnenderweise nicht einmal vom "Heiligen Römischen Reich" die Rede, bei letzterem nur als Abschluss

Gegeben in Unserer Haupt- und Residenzstadt Wien, den 6. August, im eintausend achthundert und sechsten, Unserer Reiche des Römischen, und der Erbländischen im fünfzehnten Jahre.

Ansonsten spricht er ausschließlich vom "deutschen Reich".
 
Ja, diese Wikipedia Zitate kenne ich zu Genüge...

Meine Ausführungen haben mit Wikipedia nicht das mindeste zu schaffen.

Diese Punkte habe ich aber bereits im letzten Post widerlegt.Sowohl "Deutschland" als auch "Deutsches Reich" ist vor 1500 im Gebrauch.

Ein Beispiel aus der frühen Neuzeit beweist keinen üblichen Gebrauch. Es lassen sich sämtliche von der Reichskanzlei ausgestellten Urkunden anführen, die allesamt nur ein sacrum romanum imperium kennen. Nirgendwo ist in den Urkunden der Reichskanzlei ein "Deutsches Reich" zu finden. Dass dieses Bewusstsein sich in der Neuzeit sich veränderte, wurde hier ausgiebig erörtert. Die Zeit des Reichsdeputationshauptschlusses kann einen entsprechenden mittelalterlichen und spätmittelalterlichen Namensgebrauch nict begründen.

Einen vornationalen Staat, von mir aus. "Nationalstaat" greift in dem Zusammenhang nicht, weil Staaten zur Zeit des HRR nicht auf Nationalität ausgerichtet waren. Der Begriff "Vielvölkerstaat" verkennt aber die überdeutliche, deutsche Bevölkerungsmehrheit und Hegemonie im Reich,

Es gibt keinen treffenden Begriff, mit dem man die Staatsform des Reichs benennen könnte. Am ehesten dürfte noch die Bezeichnung "Konföderation" zutreffen, die einen vertraglichen Zusammenschluss selbstständiger Einheiten bezeichnet, die nach außen hin gemeinsam auftreten, ihre Souveränität aber beibehalten. Letztlich ist die verfassungsmäßige Konstruktion des Gebildes "Reich" erklärungsbedürftig und entzieht sich einer monokausalen modernen Begrifflichkeit.
 
Und was ist dann der Reichsdeputationshauptschluss oder die Erklärung Franz' II. zur Niederlegung der Reichskrone?
Waren das etwa keine offiziellen Texte?

Bei ersterem ist bezeichnenderweise nicht einmal vom "Heiligen Römischen Reich" die Rede, bei letzterem nur als Abschluss



Ansonsten spricht er ausschließlich vom "deutschen Reich".

Eben aus dem Grunde bat ich um eine zeitliche Einschränkung der Fragen. Man muss die Erklärung Franz II. vor dem Hintergrund der ihn umgebenden Ereignisse sehen - Reichsdeputationshauptschluss und Austritt von Reichsfürsten aus dem HRR. Gerade um 1800 haben wir ja schon eine Nationalismusdebatte, welche selbst den Blick auf das HRR in mehr als doppelter Hinsicht betraf. Zum einen wurde dem HRR die Zeitmäßigkeit inmitten einer veränderten Welt von Nationalstaaten abgesprochen, zum anderen wurde das HRR auf Deutschland zusehends begrenzt gesehen.

1.
Ein Beispiel aus der frühen Neuzeit beweist keinen üblichen Gebrauch.

2.
Es lassen sich sämtliche von der Reichskanzlei ausgestellten Urkunden anführen, die allesamt nur ein sacrum romanum imperium kennen. Nirgendwo ist in den Urkunden der Reichskanzlei ein "Deutsches Reich" zu finden. Dass dieses Bewusstsein sich in der Neuzeit sich veränderte, wurde hier ausgiebig erörtert. Die Zeit des Reichsdeputationshauptschlusses kann einen entsprechenden mittelalterlichen und spätmittelalterlichen Namensgebrauch nict begründen.


3.
Es gibt keinen treffenden Begriff, mit dem man die Staatsform des Reichs benennen könnte. Am ehesten dürfte noch die Bezeichnung "Konföderation" zutreffen, die einen vertraglichen Zusammenschluss selbstständiger Einheiten bezeichnet, die nach außen hin gemeinsam auftreten, ihre Souveränität aber beibehalten. Letztlich ist die verfassungsmäßige Konstruktion des Gebildes "Reich" erklärungsbedürftig und entzieht sich einer monokausalen modernen Begrifflichkeit.
1.
Sehr richtig.:yes:

2.
Das sehe ich genauso. Teilweise ist auch um 1800 noch in anderer als offizieller Literatur vom Römischen Reich bezogen auf das HRR die Rede. Den Rest führte ich schon an.

3.
Wie schon andernorts aufgeführt (vielleicht schaue ich mal wo), ist die Historikerdebatte, was nun das HRR war bis jetzt nicht halbwegs beendet. Der föderative Charakter wird von manchen bejaht und von anderen verworfen. Gerade wenn man ins ausgehende Mittelalter und in die Frühe Neuzeit geht, scheint zwar der föderative Aspekt zuzunehmen, aber manchmal schwappte das auch wiederum in die andere Richtung. Das hing natürlich immer wieder auch von den persönlichen Ansichten der Reichsfürsten ab und in wie weit sie aktiv Reichspolitik praktizierten.
 
Die Zeit des Reichsdeputationshauptschlusses kann einen entsprechenden mittelalterlichen und spätmittelalterlichen Namensgebrauch nict begründen.
Ich bezog mich auch gar nicht so sehr auf das Mittelalter, sondern auf die gesamte Dauer des Bestehens.

"Ein Beispiel aus der frühen Neuzeit beweist keinen üblichen Gebrauch. "

Genau genommen habe ich 2 Beispiele aus dem 17. Jhd gebracht: "Achterklärung über Friedrich von der Pfalz" und "Wahl Capitulation Kaysers Leopoldi" und 2 aus dem frühen 19. Jhd. "Reichsdeputationshauptschluss", Niederlegung der Reichskrone (Annahme der österreichischen Kaiserkrone wäre hier auch zu nennen), die alle im Namen regierender Kaiser (Reichskanzlei?) unterzeichnet sind. Es ließen sich mit ein wenig Recherche sicher noch mehr Beispiele finden.
Allerdings sind diese für mich Grund genug auch "Deutsches Reich", neben anderen Formeln, als offizielles Synonym für das HRR in der Frühen Neuzeit anzuerkennen.
 
Ich bezog mich auch gar nicht so sehr auf das Mittelalter, sondern auf die gesamte Dauer des Bestehens.

Es ging hier aber stets um das Mittelalter, wie ja auch die Themen dieser Forenrubrik mit Mittelalter übertitelt sind. Um 1800 haben wir längst eine Nationalismusdiskussion in Deutschland und nur 48 Jahre später bereits eine Deutsche Nationalversammlung in Frankfurt am Main.

Genau genommen habe ich 2 Beispiele aus dem 17. Jhd gebracht: "Achterklärung über Friedrich von der Pfalz" und "Wahl Capitulation Kaysers Leopoldi" und 2 aus dem frühen 19. Jhd. "Reichsdeputationshauptschluss", Niederlegung der Reichskrone

Wie bereits oben erwähnt, sind Formulierungen nach 1800 nicht beweiskräftig, denn hier geht um die offizielle Bezeichnung des Heiligen Römischen Reichs im Mittelalter und im offiziellen Gebrauch der Reichskanzlei. Und die war, wie mehrfach betont, sacrum romanum imperium. Da beißt keine Maus den Faden ab!
 
Es ging hier aber stets um das Mittelalter, wie ja auch die Themen dieser Forenrubrik mit Mittelalter übertitelt sind.

Ich kann nichts dafür, dass das Unterforum "Heiliges Römisches Reich" hier nur im Bereich Mittelalter zu finden ist...

Außerdem war deine Aussage:

Gesiegelt und geurkundet wurde von der Reichskanzlei mit Sacrum Romanum Imperium, seit dem späten Mittelalter mit dem Zusatz Nationis Germanicae. Das war die offizielle Bezeichnung des Reichs bis 1806 - und nichts anderes.

Mit dem "Nichts anderes" bin ich so nicht einverstanden.
 
Etwas ganz anderes ist die umgangssprachliche Bezeichnung, wo in der Tat bereits im 16. Jh. (vielleicht auch schon früher) die Rede von den "teutschen lanten" ist, bezeichnenderweise aber stets im Plural, was auf die Vielfältigkeit deutscher Länder und Stämme auch im Bewusstsein der Bevölkerung hinweist.
[...]
Etwa um 1100 tauchen Umschreibungen wie "in diutischem lande, "diutisches lant" u.ä. auf, etwa ab 1500 spricht z.B. Ulrich Hutten von den "deutschen Landen". Singular "Deutschland" ist also noch nicht vertreten, wohl aber die "deutsche Nation".

Es ging hier aber stets um das Mittelalter? Na, anscheinend geht's hier nicht die ganze Zeit drum, denn Luther und Hutten würde ich nicht ins Mittelalter stecken. Du betrachtest hier das 16. Jh., und in diesem Jahrhundert sprach man sehr wohl von "Teutschland". Der von Dir genannte Ulrich von Hutten bspw. tat das. Er sprach auch von einem "teutschen Reich" und auch von "teutschen Kaysern". Dass ein Reichsritter die Begriffe verwendet, ist zwar kein Anzeichen für offiziellen Gebrauch, zeigt aber wohl, dass die Begriffe im 16. Jh. sehr wohl existieren, obwohl Du das bestreitest, indem Du sagt, der Singular "Deutschland" sei noch nicht vertreten gewesen.

Wie MacX gezeigt hat, gibt es auch Dokumente, in denen die Kaiser vom "deutschen Reich" sprechen. Wenn Dir das nicht offiziell genug ist, mag Dir das zugestanden sein, aber dass die Begriffe schon damals existierten und verwendet wurden, kannst Du nicht abstreiten.

Das mag ja sein, fest steht aber auch, daß das Reich bis 1806 kein wirklicher Nationalstaat war, sondern ein Vielvölkerstaat. Und nach dem 30-jährigen Krieg gab es "das Reich" eigentlich nur noch auf dem Papier.

Das hat aber nichts mit seinem Namen zu tun. Österreich-Ungarn war auch ein Vielvölkerstaat, ebenso die Sowjetunion. Was genau hat das also die Tatsache, dass das Reich ein Vielvölkerstaat war, mit seinem Namen zu tun?
 
Der von Dir genannte Ulrich von Hutten bspw. tat das. Er sprach auch von einem "teutschen Reich" und auch von "teutschen Kaysern".

Das ist doch Haarspalterei. Seit Beginn der Neuzeit fand der Begriff "teutsche lande" u.ä. mehr und mehr Eingang im umgangsprachlichen Bereich. Die Bezeichnung "Deutschland" im Singular hingegen ist erst seit Mitte des 17. Jh. (!) belegt. Alle anderen Behauptungen sind falsch.

Die alte Tante Wiki sagt völlig korrekt:

Der Begriff Deutschland wird in dieser Form erst seit der Frühen Neuzeit verwendet, beispielsweise in Samuel von Pufendorfs Die Verfassung des deutschen Reiches von 1667.Davor sind nur nicht zusammengesetzte Verbindungen des Attributs deutsch mit Land belegt, beispielsweise in der unbestimmten Singularform ein deutsches Land oderder bestimmten Pluralform die deutschen Länder, nicht aber in der bestimmten Singularform das deutsche Land.

Gemeint waren möglicherweise Länder mit einer Führungsschicht, die sich auf den politischen Herrschaftsanspruch bezog, der durch das (Ost-)Fränkische, später Heilige Römische Reich, als begründet angesehen worden war.
Deutschland ? Wikipedia

Darüber hinaus zum xten Mal: Für die Reichskanzlei existierte im offiziellen Sprachgebrauch bis 1800 kein "Deutschland", sondern - wie unzählige Urkunden und auch Münzen beweisen - allein das Heilige Römische Reich - Sacrum Romanum Imperium.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Zitieren von Wikipediaartikeln macht aber meine Primärquellen nicht weniger glaubwürdig...

Die Bezeichnung "Deutschland" im Singular hingegen ist erst seit Mitte des 17. Jh. (!) belegt. Alle anderen Behauptungen sind falsch.
Habe ich widerlegt.

Goldene Bulle (Frankfurter_Übersetzung) 1365

...„Ich irtzbischof von Mentze des heiligin richis irtz-kantzelir durch Dutschelant und ein kurfurste...
http://de.wikisource.org/wiki/Goldene_Bulle_(Frankfurter_%C3%9Cbersetzung)

Felix Fabri 1480
"Bruder Felix Fabers Gereimtes Pilgerbüchlein"


"die sich von Tîtschland schwinget vnd bsuocht das holig grab."
Felix Fabri Pilgerbüchlein:Blatt 2 ? Wikisource

Ulrich von Hutten
"Kurtzer auszug wie böslich die Bepste gegen den Deudschen Keysern jemals gehandelt" 1535

"Sobald der Keyser in Deudschland komen"
WDB - Wolfenbtteler Digitale Bibliothek


_________

Darüber hinaus zum xten Mal: Für die Reichskanzlei existierte im offiziellen Sprachgebrauch bis 1800 kein "Deutschland", sondern - wie unzählige Urkunden und auch Münzen beweisen - allein das Heilige Römische Reich - Sacrum Romanum Imperium.
Ich habe dir offizielle Schreiben von Kaisern vor 1800 geliefert, in denen vom "Teutschen Reich" und "Teutschland" die Rede ist. Auch wenn ich nicht weiß, ob die "Reichskanzlei" dafür verantwortlich ist, hat für mich ein regierender Kaiser genug Authorität, dass ich seine Worte als offiziell (d.h. das Reich vertretend) ansehe.
 
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Mein Samstäglicher Spaziergang durch die Wiener Innenstadt führte mich heute zur Kirche der 9 Chöre der Engel auf dem Platz Am Hof. Auf der Altane dieser Kirche verkündete 1806 ein kaiserlicher Herold das Ende des Reichs. Ich war schon lange nicht mehr da gewesen und so ging ich auch in die Kirche rein. Diese wurde Mitte des 17. Jhdts von Kaiserin Eleonere Gonzaga, Witwe Ferdinand III., großzügig umgebaut. So findet sich überall ihr Name und Titel - und sie verwendete ausschließlich die Bezeichnung "AUGUSTA" ohne Bezeichnung einer Nationalität.
Auch sonst sind die Spuren der Kaiser noch überall präsent - in ganz Wien findet man ROM IMP AUG aber nur ein einziges Mal GERMAN(orum) und zwar am Schweizertor der Hofburg das an König (später Kaiser) Ferdinand I. erinnert, den Bruder und Nachfolger Karls V.
 
Bist Du sicher, daß da von angelsächsisch - und bspw. nicht etwa von (alt-)sächsisch - die Rede ist?
Ja, es handelt sich tatsächlich um einen Bericht aus England. Tatsächlich sind aber die Unterschiede zwischen Altsächsisch und Altenglisch geringfügig und vernachlässigbar. Die Unterschiede zwischen Altniederdeutsch und Althochdeutsch sind größer. Tatsächlich bildete aber das Niederdeutsche und das Altenglischen im 8. Jahrhundert ein Dialektkontinuum.
Der päpstliche Nuntius Georg von Ostia berichtete Papst Hadrian über zwei Synoden in Eingland. Die Beschlüsse wurden auf der Synode sowohl in latein als auch in "deutsch" verlesen.
"tam latine quam theodisce, quo omnes intelleger possunt"
Eine Überlieferung einer Sprachbezeichnung "Deutsch" findet sich also zuerst in England. Dass es sich um die Sprache der Angelsachsen handelt, ergibt sich aus dem Kontext.
Einen Bezug zum Reich oder dem heutigen Deutschland gibt es nicht. Das passt aber wunderbar mit der Benutzung des Wortes "theodisca" als reine Sprachbezeichnung im Karolingerreich des 9. Jahrhunderts zusammen.

Hier noch die deutschen Worte des Annoliedes (ca 1100 n. Chr.) in Originalschreibweise: diutsche sprechin; diutsche man; diutsche luidi; diutsche land; in diutschemi lande; zi duitschimo lande
Kaiserchronik um 1150 n. Chr.: in Diutisk lant
Wer hier nicht das Wort Deutschland erkennt, ist auf beiden Augen blind.

Zum Deuschen Reich:
Erstmals taucht der Begriff völlig isoliert zu Zeiten des Wechsel der konradinischen und ottonischen Dynastie.
Und zwar bezieht sich es auf die Erhebung Arnulfs des "Bösen" im Jare 920.
Die Salzburger Annalen: Baiuarii sponte se reddiderunt Arnolfo duci et regnare ei fecerunt in regno teutonicorum
Arnulf wird zum dux in einem regnum teutonicum. Ob Arnulf aber zum Herzog von Bayern oder zum König des Deutschen Reiches ausgerufen wurde ist umstritten. Das Problem ist wie so oft die Unklar der lateinischen Begriffe. Auch ein Herzogtum kann "regnum" werden, genauso gut kann "dux" auch schlicht wörtlich Führer heißen.
Ich selbst schließe mich der neueren Forschung, die behauptet Arnulf sei 920 aus den "undeutschen" slawisch besiedelten Teilen des Bayrischen Herzogtumes zurückkehrt und habe sich im deutschsprachigen Teil des Herzogtumes zum Herzog ausrufen lassen. Hier ist anzumerken, dass Teile Kärnten zu jener Zeit in mittellateinische Sprache Pannonia genannt werden.

Zu t, d und th:
Zurecht bemerkten einige von euch, dass es sich um unterschiedliche Buchstaben handelt.
Ein Zusammenhang der Begriffe Teutonen und Deutsche/Teutsche besteht durchaus.
Dass die antiken Teutonen eine germanische Sprache sprachen, ist durchaus umstritten. Einige meinen es handele sich um die keltisierte Form eines germanischen Stammesnamen der auf das gemeingermanische *theudo (Volk)zurückgehen solle. Das gleiche Element ist ja im gallischen Götternamen Teutates ethalten. Andere wiederum sehen den Stammesnamen Teutonen als rein keltisch, gehen aber davon aus das keltische teuto und das germanische theudo würden auf eine gemeinsame, indogermanische Wurzel zurückgehen.
In althochdeutscher Zeit wurde aus dem Reibelaut th ein d. Die Verschiebung ging aber in Teilen des deutschen Sprachraum noch weiter. Im nieder- und mitteldeutschen Raum blieb es beim d, im hochdeutschen Raum (hochalemannisch, südbbairisch) wurde das d schließlich noch zum t verschoben.
So wurden aus theodiscus zwei regionale Formen diutiscus und tiutiscus, später deutsch und teutsch.
Gewitze wie gebildete Menschen muss die Ähnlichkeit des volkssprachlichen teutsch mit dem antiken teutonicus ins Auge gefallen sein. Deutsch/teutsch wurde antikisiert zu teutonisch.

Zu den drei Teilreichen:
MacX hat richtigerweise auch die drei Reichsteile und die zugehörigen Kanzlein verwiesen. Das Römische Reich bestand aus den Königreichen Burgund, Italien und eben einem Deutschen Königreich. Auf Latein wurden sie in Anlehnung an das antike Römische Imperium Gallia, Italia und Germania genannt. Sehr schon sieht man, dass bei den Erzkanzlern des Römischen Reiches. Jedem der drei rheinische Erzbischöfe war als Kanzler ein Teilreich zugeordnet.
Es gab also ein schon ein Deutschen Reichs, dieses war aber mit dem Römoschen Reich nur teilidentisch. Die Ausdehnung der Teilreiche entsprach allerdings nicht in Gänze den Sprachgrenzen. Allerdings war Reichsitalien doch mehrheitlich von italienischen Sprechern bewohnt, in Bugurd gab es auch Sprecher des Französischen. Dass im deutschen Teilreich ebenfalls eine Gemengelage unterschiedlicher Sprachgebiete gab, ist nicht verwunderlich.

Tatsächlich gab es aber schon im hohen Mittelalter eine Art von deutschem Nationalismus. Die Deutschen wurden als das Reichsvolk angesehen.
Interessant ist hier vor allem der Sachsenspiegel.
Eike von Repkow sagt zwar, dass der König von Böhmen als Kurfürst bei der Wahl des Königs dabei sein soll, aber er spricht ihm das Wahlrecht ab, weil der Böhme kein Deutscher ist! Das Reich war zwar schon ein Vielvölkerstaat, Deutsche und Slawen wurden aber nicht als gleichwertig betrachtet, auch wenn das heutzutage keinem gefällt.
Dies spiegelt natürlich nur die Wunschvorstellungen Eikes und seiner Auftraggeber nicht die Wirklichkeit der Königswahl oder gar eine gesetzliche Regelung, die es erst hundert Jahre später in Form der Goldenen Bulle gab.

So findet sich überall ihr Name und Titel - und sie verwendete ausschließlich die Bezeichnung "AUGUSTA" ohne Bezeichnung einer Nationalität.
Auch sonst sind die Spuren der Kaiser noch überall präsent - in ganz Wien findet man ROM IMP AUG aber nur ein einziges Mal GERMAN(orum) und zwar am Schweizertor der Hofburg das an König (später Kaiser) Ferdinand I. erinnert, den Bruder und Nachfolger Karls V.
Das ist natürlich richtig. Der Kaiser war kein deutscher Kaiser sondern Universalmonarch. Er stand gewissermaßen über den Dingen, abgehoben in christliche und antike Ideale. Im Grunde geht es um einen Anspruch der Weltherrschaft oder wenigstens einer Sonderstellung des Kaisers oberhalb der anderen christlichen Könige.
Dies wurmte Personen wie Ulrich von Hutten und protestantisch und nationalistischen Gesinnungsgenossen natürlich. Nicht zu vergessen ist hier, dass Karl V. ein spanischer Habsburger war, von Spanien aus das Reich regierte und nach spanischen Zeremoniell Hof hielt.
Er selbst sah sich als Spanier auf dem Thron einer Universalmonarchie, der ein Reich regierte in dem die Sonne niemals unterging. Die deutschen Protestanten sahen darin einen Spanier, der über Deutschland herrscht.
 
Zuletzt bearbeitet:
... es handelt sich tatsächlich um einen Bericht aus England... Der päpstliche Nuntius Georg von Ostia berichtete Papst Hadrian über zwei Synoden in Eingland. Die Beschlüsse wurden auf der Synode sowohl in latein als auch in "deutsch" verlesen.
"tam latine quam theodisce, quo omnes intelleger possunt"
Eine Überlieferung einer Sprachbezeichnung "Deutsch" findet sich also zuerst in England. Dass es sich um die Sprache der Angelsachsen handelt, ergibt sich aus dem Kontext...

Nur steht theodsice in jenem Zusammenhang nicht explizit für Deutsch, sondern für die Volkssprache - schließlich lautet der zitierte Satz
... tam latine quam theodisce, quo ommes intellegere possent...
übertragen
... sowohl lateinisch als auch in der Volkssprache, damit sie alle verstehen können...

theodisce stand also dort für die Volkssprache, die vom Latein, welches offizielle Sprache war, unterschieden wurde - wie teodisca lingua im Frankenreich für die Sprache der rechtrheinischen Ostfranken stand, welche von der der Westfranken, deren romana lingua wegen ihrer Weiterentwicklung als Altfranzösisch zu charakterisieren ist, zu unterscheiden war.

Es ist also mitnichten aus dem Bericht des päpstlichen Nuntius zu schließen, daß Angelsächsisch/Altenglisch einfach als deutsch bezeichnet wurde.

Einen Bezug zum Reich oder dem heutigen Deutschland gibt es nicht. Das passt aber wunderbar mit der Benutzung des Wortes "theodisca" als reine Sprachbezeichnung im Karolingerreich des 9. Jahrhunderts zusammen.

Eben; einen Bezug zu Deutschland gibt es nicht, allerdings ist frappierend, daß mit theodisce die "Volkssprache" - in Abgrenzung zur Amts- und Gelehrtensprache Latein - gemeint ist.

Tatsächlich sind aber die Unterschiede zwischen Altsächsisch und Altenglisch geringfügig und vernachlässigbar. Die Unterschiede zwischen Altniederdeutsch und Althochdeutsch sind größer. Tatsächlich bildete aber das Niederdeutsche und das Altenglischen im 8. Jahrhundert ein Dialektkontinuum.

Das hatte ich nirgendwo bestritten... :fs:

Ergänzende Anmerkung:
Aber lies dazu am besten auch einmal http://www.geschichtsforum.de/f77/seit-wann-brauchen-germanen-einen-dolmetscher-18204/ ab Beitrag #9 - ganz so einfach ist es mit dem Verstehen des Altenglischen nämlich auch wieder nicht.
 
Die Bezeichnung "Deutschland" im Singular hingegen ist erst seit Mitte des 17. Jh. (!) belegt. Alle anderen Behauptungen sind falsch.


Ja, um Himmels Willen, bist Du denn ernsthaft unfähig zu lesen, was geschrieben wird. Es wurden Dir alleine hier schon mehrere Quellen genannt, wo nicht erst im 17., sondern bereits im 16. Jahrhundert ganz klar von einem Singular "Deutschland" gesprochen wurde.

Deine Behauptung ist falsch und noch dazu purer Unsinn, wurde sie doch bereits widerlegt, indem klare Quellen genannt wurden.

Wikipedia nennt Samuel von Pufendorf aus dem 17. Jahrhundert. Na und? Ulrich von Hutten und Martin Luther aus dem 16. Jahrhundert sprachen ebenso von einem Singular Deutschland. Willst Du das abstreiten?
Wikipedia ist nicht die Weisheit der Welt. Auch die Behauptung, es sei davor nie von einem "deutschen Land" gesprochen worden, ist schlicht und ergreifend falsch! Es wurde sowohl von "deutschen Ländern/Landen" als auch vom "deutschen Land" gesprochen.
Und seit dem 16. Jh. ist eben auch der Begriff "Deutschland" gang und gäbe.


Es ist also mitnichten aus dem Bericht des päpstlichen Nuntius zu schließen, daß Angelsächsisch/Altenglisch einfach als deutsch bezeichnet wurde.

Deshalb hatte auch ich geschrieben, dass damit die Germanen gemeint waren. Jedenfalls ist mir nicht eine einzige Quelle bekannt, in der Polnisch, Russisch, Griechisch oder irgendeine andere nichtlateinische Volkssprache als "theodisk" bezeichnet wurde. Das Wort wurde ausschließlich für Germanen verwendet.
 
Ja, um Himmels Willen, bist Du denn ernsthaft unfähig zu lesen, was geschrieben wird. Es wurden Dir alleine hier schon mehrere Quellen genannt, wo nicht erst im 17., sondern bereits im 16. Jahrhundert ganz klar von einem Singular "Deutschland" gesprochen wurde.

Es ging hier einmal um die offizielle Titulatur des Kaisers und die lautet Romanorum Imperator Augustus, auch Rex Romanorum, während die offizielle Bezeichnung des Reichs sacrum romanum imperii ist.

In der Goldenen Bulle lässt sich das gut nachlesen, wo an zahllosen Stellen vom Römischen Reich oder Römischen Kaiser die Rede ist.

http://de.wikisource.org/wiki/Goldene_Bulle_(Neuhochdeutsche_%C3%9Cbersetzung,_1713)

JWikipedia nennt Samuel von Pufendorf aus dem 17. Jahrhundert. Na und? Ulrich von Hutten und Martin Luther aus dem 16. Jahrhundert sprachen ebenso von einem Singular Deutschland.

Es wurde von mir und anderen mehrfach betont, dass sich der Begriff "deutsch" seit der frühen Neuzeit findet, nicht aber die Bezeichnung "Deutschland". Das gibt es erst seit Pufendorf bzw. seit dem 17. Jh.

Zitat:
Der Begriff Deutschland wird in dieser Form erst seit der Frühen Neuzeit verwendet, beispielsweise in Samuel von Pufendorfs Die Verfassung des deutschen Reiches von 1667.Davor sind nur nicht zusammengesetzte Verbindungen des Attributs deutsch mit Land belegt, beispielsweise in der unbestimmten Singularform ein deutsches Land oderder bestimmten Pluralform die deutschen Länder, nicht aber in der bestimmten Singularform das deutsche Land.
Deutschland ? Wikipedia

Fazit: Der Begriff diutisc u.ä. taucht bereits sehr früh im 9. Jh. auf, während man"Deutschland" Umgangsprachlich seit dem 16./17. Jh. findet.

Die offizielle Titulatur der römischen Kaiser war sacrum romanum imperium, die der Kaiser Romanorum Imperator Augustus, oder auch Römischer Kaiser und Römisches Reich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Deshalb hatte auch ich geschrieben, dass damit die Germanen gemeint waren. Jedenfalls ist mir nicht eine einzige Quelle bekannt, in der Polnisch, Russisch, Griechisch oder irgendeine andere nichtlateinische Volkssprache als "theodisk" bezeichnet wurde. Das Wort wurde ausschließlich für Germanen verwendet.

Das hatte ich auch nicht bestritten.
Mich hatte die Aussage
Die angelsächsische Sprache wurde in einer Synode im 8. Jh. meines Wissens ebenfalls als "deutsch" bezeichnet.
etwas irritiert. Denn dort bedeutet es nun einmal "volkstümlich" - vgl. dazu das germanische Wort theudo für "Volk" -, aber eben nicht "deutsch"...

Aufgrund dieses germanischen Ursprungs von thiudisk liegt es mE auch äußerst nahe, daß damit Germanen bzw. germanische Laien bezeichnet wurden - in Abgrenzung zu den Lateinkundigen und/oder romanischen Sprechern.

Wie dem auch sei, hier noch etwas zum Lesen dazu: Sprachgeschichte: Ein Handbuch zur ... - Google Buchsuche
(am besten zu Seite 2191 zurückblättern, sofern der Link nicht dahin geht)
 
Es ging hier einmal um die offizielle Titulatur des Kaisers und die lautet Romanorum Imperator Augustus, auch Rex Romanorum, während die offizielle Bezeichnung des Reichs sacrum romanum imperii ist.

In der Goldenen Bulle lässt sich das gut nachlesen, wo an zahllosen Stellen vom Römischen Reich oder Römischen Kaiser die Rede ist.

Es ging hier zu keiner Zeit um den Titel des Kaisers/Königs, noch hat hier irgendjemand bestritten, dass "Heiliges Römisches Reich" (bzw. "sacrum romanum imperium") eine offizielle Bezeichnung für das Reich war.

Mir ging es lediglich darum, deine Behauptung zu widerlegen, dass

1. es den Begriff "Deutschland" in einer singularen, und zusammengesetzten Form, erst ab dem 17. Jhd gegeben hätte

und

2. dass "Deutschland" und/oder "Deutsches Reich" zu keiner Zeit offizieller Name des Reiches gewesen sei.

Zeitgenössische Quellenzitate, die diese Thesen widerlegen, kannst du meinen letzten Beiträgen entnehmen.

Es wurde von mir und anderen mehrfach betont, dass sich der Begriff "deutsch" seit der frühen Neuzeit findet, nicht aber die Bezeichnung "Deutschland". Das gibt es erst seit Pufendorf bzw. seit dem 17. Jh.

Stimmt, betonen tust du sehr viel... aber ich habe das Gegenteil bewiesen.

Fazit meinerseits:
Der Begriff "deutsch" ist spätestens seit dem 11. Jahrhundert in Gebrauch und beschreibt zu dieser Zeit eine bestimmte Sprache/Volk.

"Deutschland" bezeichnet spätestens seit dem 14. Jahrhundert ein bestimmtes Sprachgebiet/Herrschaftsgebiet im Heiligen Römischen Reich, und inoffiziell ob dem 15. Jhd. auch das Reich an sich.
 
Der letzte Karolinger-Kaiser war 915-924 Berengar (er war mütterlicherseits Enkel von Ludwig dem Frommen).
Der letzte Ostfranke auf dem Kaiserthron war Arnulf (896-899), dessen Sohn Ludwig IV. das Kind (König, 900-911) war der letzte Karolinger im Ostfrankenreich. Dann kam der Franke Konrad I. (911-918) und nach ihm Heinrich I. (919-936) der Vater Ottos des I.

Ludwig IV. konnte wegen seiner Minderjährigkeit nicht Kaiser werden, Konrad I. konnte sich in "Deutschland" schon kaum durchsetzen und Heinrich I. musste erstmal die Königsmacht stärken, die Ungarn abwehren und zu Beginn seiner Herrschaft gab es immerhin noch einen Kaiser. Von "nicht kümmern" kann also bei den dreien nicht die Rede sein.

Das kaiserliche Interregnum von 924-962 ist mit 38 Jahren kürzer als das von 1250-1312 (Friedrich II bis Heinrich VII.) und von 1378-1433 (Karl IV. bis Sigismund)

Ich erlaube mir, diesen älteren Thread wiederzubeleben. Das oben genannte Interregnum von 924 bis 962 bezeichnet die Zeit, als es zwischen Kaiser Berengar (gleichzeitig König von Italien) und dem Kaiser Otto I (gleichzeitig ostfränkischer König) keinen Kaiser gab. Welches waren die Gründe, den Kaisertitel nicht neu zu vergeben?
 
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