1. Letzteres bezweifle ich. Deutschland hatte sich finanzwirtschaftlich in eine Lage gebracht, die einen Krieg in Augen der deutschen Staatsführung zur Verhinderung eines wirtschaftlichen Zusammenbruches zwingend machte.
2. Eine andere Frage wäre, ob die Führung der Wehrmacht einen Krieg gegen UK, Frankreich, Polen und der UdSSR mitgemacht hätte. Schon vor der Sudetenkrise gab es ja entsprechender Widerstand beim Miltär.
3. Die UdSSR hatte in den 30er Jahren - wie auch die Nachbarn - massiv aufgerüstet.
4. Bei der Marinerüstung sollten die sowjetischen Schlachtschiffneubauten mit Schwerer Artillerie aus den USA ausgerüstet werden. Es muss also zu diesem Komplex zwischen den USA und der UdSSR Verhandlungen gegeben haben. Da ich zur Zeit nicht zu Hause bin, habe ich zu diesem Thema keine Literatur zur Verfügung.
5. Die polnische Reaktion auf sowjetische Angebote kann ich gut verstehen. ..... Ob die Polen mit dieser Hilfe wirklich glücklich geworden wären?
zu 1. Diese Logik kann ich nicht ganz nachvollziehen. Es heißt zwar der Krieg würde den Krieg nähren, aber weder bei Tooze noch bei Milward finde ich eine Passage, die diese Logik für das Jahr 1939 !!!! (Benelux und Frankreich ist ein anderer Fall) unterstützt. Die Gewinne, die sich aus der Besetzung Polens ergaben, dürften im finanziellen Sektor, bei der Landwirtschaft (Getreide etc.) bei beweglichen Gütern (Eisenbahnen etc.), im Bereich der Rüstungswirtschaft (im Gegensatz zu "Skoda") und bei relevanten Rohstoffen (Eisen, Gummi, Öl) eher zu vernächlässigen gewesen sein.
Ganz im Gegenteil, die einzelnen Rüstungen hätten einfach reduziert und der Anteil der Exporte erhöhrt werden müssen, um die Finanzsituation zu konsolidieren. Im Jahr 1939 wäre die Umkehr der Rüstungsproduktion noch "relativ leicht" zu leisten gewesen und hätte zu einer Entspannung der auf der Einnahmenseite beitragen können. An diesem Punkte entzündete sich unter anderem ja gerade der Konflikt zwischen Hitler und Schacht&Thomas.
zu 2. Das ist ein Aspekt, auf den sich meine These gründet. Es ist aber auch die Wahrnehmung bei Hitler selber, dem es sehr wichtig wahr, die SU zu neutralisieren. Silesia hat auf die hohe Wirkungen hingewiesen, die der Abschluss des Vertrags hatte. Als Hitler das Telegramm von Stalin bekommen hatte, war wohl während eines Essens, hat er laut Zeugen, laut ausgerufen, "Jetzt habe ich sie" und später in engeren Kreisen, direkt danach sich die Truppenparade der Roten Armee vor Stalin angesehen. Auch wenn er die Rote Armee und deren Führung gering einschätzte, war ihm das Potential der Roten Armee "nicht geheuer" und er wünschte eine Neutralisierung.
zu 3. Ja hatte sie, aber deutlich erst ab 1937 und somit in klarer Reaktion auf die Entwicklung in Zentraleuropa. Parallel dazu erfolgte völlig unabhängig von dieser Entwicklung die Aufrüstung in der SU. Stalin hatte bereits im Jahr 1931 eine sehr wichtige Rede gehalten, in der er die Unterlegenheit Russlands herausstrich bei Invasionen und deutlich machte, dass er diese Situation bis 1941 im Sinne Russlands lösen wollte und eine ausreichende Armee aufbauen zur Abwehr von potentiellen Angriffen.
zu 4. Spielte eigentlich keine Rolle die Kooperation im Marinebereich. Würde ich dir Rohwer empfehlen:
Stalin's Ocean-Going Fleet: Soviet Naval Strategy and Shipbuilding Programs, 1935-53: Soviet Naval Strategy and Shipbuilding Programs, 1935-1953 Naval Policy & History: Amazon.de: Jurgen Rohwer, Monakov Mikhail, Mikhail Monakov: Englische Bücher
Die Kooperation zwischen der SU und der USA bezog sich hauptsächlich auf den Anlagenbau und die Infrastruktur. Es wurden in umfangreicherweise amerikanische Produktionsanlagen in 1:1 in der UdSSR aufgebau, nur größer. Die Erfolge bei der Rüstungsproduktion während des WW2 sind nicht ohne das amerikanische Know how, das bereits in den 30er Jahren eine wichtige Rolle bei der Industriealisierung spielte, zu verstehen.
Ähnlich wurde in größerem Umfang Hilfestellungen geleistet beim Ausbau des Schienennetztes. Siehe z.B. hier:
The Soviet Economy and the Red Army, 1930-1945: Amazon.de: Walter S., Jr. Dunn: Englische Bücher
zu 5. Ich kann die polnische Reaktion auch gut verstehen, zumal es hier nicht um die Frage "good guy" vs. "bad guy" geht. Natürlich war das Verhältnis beider Seiten schwer belastet, aber da haben die Westmächte durch ihre "eigenwillige" Grenzziehung und die "Großpolnischen Expansionspläne" auch kräftig mit gespielt.
Zur Frage, ob die Russen wieder gegangen wären, hätte ich vermutet, dass sie es getan hätten, was ich nicht ausschließen würde, dass sie bei einem eventuellen Angriff der Wehrmacht und einer -unterstellten- erfolgreichen Verteidigung der polnischen Westgrenze durch die polnische Armee und die Rote Armee, Gebietsansprüche (ehemals russischer Gebiete) geltend gemacht hätten.
Naja, ob die Polen über das Warschauer Getto glücklich waren und die ethnischen "Säuberungen" als Präludium zum systematischen Vernichtungskrieg, halte ich auch für unwahrscheinlich. Es ist doch vielmehr die Frage, welches das kleinere Übel gewesen wäre und es ging nicht um Maximalpositionen (wengleich die polnische Regierung es teilweise wohl so sah, in Verkennung der Realitäten).
Ein Argument, das gegen eine aggressive Politik in Polen sprechen würde, war der Versuch von Stalin im Jahr 39/40, nicht in Konfrontation zu einer der großen Mächte zu geraten. Er hätte immer mit dem Albtraum rechnen müssen, und das war vermutlich sein höchstpersönlicher größter anzunehmender politischer Albtraum, dass sich das DR und GB verständigt und gegen ihn verbündet.
Das ist das stärkste Argument, dass gegen ein zu hartes militärisches Verhalten gegen Polen durch die Rote Armee sprechen würde.
Und noch abschließend eine weitere These. Wenn Polen und Tschechen sich mit den Russen arrangiert hätten und eine gemeinsame militärsiche Strategie verfolgt hätten, in Kooperation mit den West-Alliierten, dann wäre es nicht zu einem "München" gekommen.
Vielleicht wäre es zu Gebietsabtretungen an Deutschland im Rahmen von Verhandlungen gekommen, aber der WW2 hätte verhindert werden können. Es wäre Hitler der Weg nach Osten versperrt worden und auf diese Option zielte sein Kriegsprogramm!
Aber hinterher ist man immer klüger.