Historizität Jesu von Nazareth

Die entsprechenden Quellen wurden hier im thread schon häufig genug genannt:
Die Evangelien, die petrinischen und paulinischen Briefe, die Erwähnung bei Tacitus. Und natürlich die davon ausgehende christliche Literatur, zu der man auch die Stellen bei Flavius Josephus zählen muss, da es sich hierbei um christliche Interpolationen handeln dürfte.

Die Evangelien sind keine valide Quelle, da sie deutlich nach dem angeblich Tod von Jesus verfasst wurde - also Hörensagen.

Die Erwähnung bei Tacticus bestätigt nicht, dass es Jesus gab, sondern eine Sekte, die das glaubte - ebenso bei Flavius.


Also kann mir bitte einer ein Quelle nennen, die auch von einem Historiker anerkannt werden würde?
 
Also kann mir bitte einer ein Quelle nennen, die auch von einem Historiker anerkannt werden würde?

Die wurden alle schon genannt. Es kommt eben darauf an wie man solche Texte bearbeitet. Das nennt man Quellenkritik - das heisst - auch ein Historiker verwendet die christliche Literatur. Dazu muss man eben die historisch kritische Methode kennen und verwenden.
 
Die Erwähnung bei Tacticus bestätigt nicht, dass es Jesus gab, sondern eine Sekte, die das glaubte - ebenso bei Flavius.
Das schreibt er eben nicht! Die entsprechende Stelle lautet: "Auctor nominis eius Christus Tibero imperitante per procuratorem Pontium Pilatum supplicio adfectus erat.", also: "Der Urheber dieses Namens [gemeint ist: Christen], Christus, war unter der Herrschaft des Tiberius durch den Prokurator Pontius Pilatus hingerichtet worden." Tacitus stellt das also als Tatsache hin. Hätte er ausdrücken wollen, dass das nur eine Behauptung der Christen ist, hätte er (gerade Tacitus legte auf hohe sprachliche Präzision wert) das auch zum Ausdruck gebracht, z. B. durch Verwendung des Wortes "dicitur" oder "traditur", womit lateinische Autoren die Wiedergabe von Gerüchten anzeigen.
 
Die Evangelien sind im Prinzip Zeugnis einer doppelten Frustration der Anhänger Jesu durch Jesus: Die erste Frustration liegt darin, dass der erhoffte Messias eben nicht die Befreiung von den heidnischen, die jüdischen Städte teils absichtlich, teils unbeabsichtigt verunreinigenden Römern und den von diesen gestützten Despoten á la Herodes bringt. Dies wird spirituell aufgefangen: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt." Die zweite Frustration findet eine Genration später statt: Die frühen Christen lebten in einer Endzeiterwartung und sie erwarteten die Wiederkehr Jesu (und das Ende der Welt) noch zu Lebzeiten der letzten Zeitzeugen: Als dies aber nicht geschah, also etwa vierzig Jahre nach dem Tod Jesu, bedurfte es der Niederschrift der Wirkungsgeschichte Jesu, der "Frohen Botschaft" (evangelion).
 
Die Evangelien sind keine valide Quelle, da sie deutlich nach dem angeblich Tod von Jesus verfasst wurde - also Hörensagen.

Die Erwähnung bei Tacticus bestätigt nicht, dass es Jesus gab, sondern eine Sekte, die das glaubte - ebenso bei Flavius.


Also kann mir bitte einer ein Quelle nennen, die auch von einem Historiker anerkannt werden würde?

Wenn ein Historiker diese Quellen als Hinweis auf die Existenz eines Jesus nicht anerkennen wollte, müßte er schon bessere Argumente haben als "nach dem Tod verfaßt" oder "Hörensagen".

Es gab auch keine Sekte, die an Jesus glaubte, ob nun als Messias oder Gottes Sohn, sondern mehrere zunächst jüdische Gruppen mit leicht verschiedenen Ansichten. Das ist relativ gut erklärlich durch die Überlieferung und Interpretation wirklicher Worte durch verschiedene Personen. Wenn sich da irgendwelche Durchgeknallten zusammengefunden hätten, um mal eben eine lebensändernde Ideologie auszudenken, die sie in Konflikt mit den herrschenden Auffassungen bringen konnte, haben die ziemlich schlampig gearbeitet mit den vielen verschiedenen Evangelien. Außerdem erfindet man in einer Welt, in der der Verbrechertod am Kreuz schmachvoll ist, nicht mal eben als Religionsstifter einen Superhelden, der einen ebensolchen Abgang macht.

Die Einrichtung der frühen Kirche in Jerusalem muß übrigens bald nach Jesus Tod eingesetzt haben, mit Leuten dabei, die ihn persönlich gekannt haben, sonst können die verschiedenen Entwicklungen kaum erklärt werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das schreibt er eben nicht! Die entsprechende Hätte er ausdrücken wollen, dass das nur eine Behauptung der Christen ist, hätte er das auch zum Ausdruck gebracht, z. B. durch Verwendung des Wortes "dicitur" oder "traditur", womit lateinische Autoren die Wiedergabe von Gerüchten anzeigen.
zum Ausdruck bringen "können" .. hat man Originale seiner Texte oder nur Abschriften?
Er hätte sich irren können oder einfach eine Legende, die als Tatsache gesehen wurde, fälschlicherweise als Fakt übernehmen können.
 
Wenn ein Historiker diese Quellen als Hinweis auf die Existenz eines Jesus nicht anerkennen wollte, müßte er schon bessere Argumente haben als "nach dem Tod verfaßt" oder "Hörensagen".
Ich denke jemand der etwas behauptet muss dafür nachprüfbare Belege finden.
Abschriften z.B. sind da schon schwierig.
Texte die ggf. erst Jahrzehnte späte etwas nacherzählen sind noch viel schwieriger.

Sonst könnte man auch die Existenz von Siegfrid aus der Nibelungen-Saga als wahr voraussetzen ... oder der angeblichen Päpstin z.B.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nachtrag: die Quelle, die ich persönlich am überzeugendsten finde, ist die bereits auf der ersten Seite des Threads erwähnte Stelle bei Flavius Josephus, bei der es um die Nutzung der Abwesenheit des römischen Statthalters zur -gerichtlichen- Ermordung des Jakobus durch den Hohepriester Ananus (Antiquitates Iudaica 20, 200) geht, Zitat:

"... Er versammelte daher den hohen Rat zum Gericht und stellte vor dasselbe den Bruder des Jesus, der Christus genannt wird, mit Namen Jakobus, sowie noch einige andere, die er der Gesetzesübertretung anklagte und zur Steinigung führen ließ. ..."

Anders als bei der bekannteren Stelle Ant. 18, 63f. mit der seltsam positiven Jesusschilderung ist hier schwerlich mit einer christlichen Interpolation zu rechnen. Wenn es eine gab, wäre sie sehr seltsam, denn zur Zeit, als Josephus schrieb, sprach man unter Christen schon von "Christos" als Eigennamen, was auch die Römer praktizierten. "Jesus, der Christus genannt wird" ist eine eher distanzierte Nennung zur Verortung von Jakobus und in Bezug auf den Nebensatz eine einfache Abgrenzung des Betreffenden zu den zahlreichen anderen Jesussen (= häufiger Name) im jüdischen Bereich.
 
zum Ausdruck bringen "können" .. hat man Originale seiner Texte oder nur Abschriften?
Natürlich hat man nicht das von ihm handgeschriebene (oder seinem Schreibsklaven diktierte) Original.
Falls Du damit meinst, dass die entsprechende Stelle eine Fälschung sein könnte: Tacitus hat auch eine sehr beleidigende Äußerung ("schändlicher Aberglaube") über das Christentum verfasst. Hätten mittelalterliche Mönche sein Werk "überarbeitet", hätten sie die im Gegenzug gelöscht.

Er hätte sich irren können oder einfach eine Legende, die als Tatsache gesehen wurde, fälschlicherweise als Fakt übernehmen können.
Hast Du Tacitus schon einmal gelesen? Der war kein Stümper. Und als angesehener Senator hat er bestimmt keine Schriften einer zu seiner Zeit noch wenig bedeutenden Sekte gelesen. Man kann also davon ausgehen, dass er seine Angaben aus einer zuverlässigen heidnischen Quelle hatte, sonst hätte er sie nicht als Tatsachen hingestellt, sondern als Gerücht.

Aber natürlich kann man einen Irrtum nie ganz ausschließen. Dann kann man aber alle antiken Schriften wegwerfen, denn alle können Irrtümer enthalten.
 
Ich denke jemand der etwas behauptet muss dafür nachprüfbare Belege finden.
Abschriften z.B. sind da schon schwierig.
Texte die ggf. erst Jahrzehnte späte etwas nacherzählen sind noch viel schwieriger.

Sonst könnte man auch die Existenz von Siegfrid aus der Nibelungen-Saga als wahr voraussetzen ... oder der angeblichen Päpstin z.B.
Der Verfasser des Nibelungenliedes hat aber wohl kaum Bücher älterer Historiker und offizielle Dokumente als Quelle benützt, Tacitus hingegen schon. Außerdem entstand das Nibelungenlied etwa 750 Jahre nach der historischen Vorlage. Das Markusevangelium wurde etwa 40 Jahre nach Jesu Tod verfasst (als also noch Zeitzeugen lebten) und verwendete als Quelle vermutlich eine (verlorengegangene) ältere Sammlung von Jesus-Sprüchen. Die Apostelbriefe sind noch älter.
 
Ich denke jemand der etwas behauptet muss dafür nachprüfbare Belege finden.
Abschriften z.B. sind da schon schwierig.
Texte die ggf. erst Jahrzehnte späte etwas nacherzählen sind noch viel schwieriger.

Sonst könnte man auch die Existenz von Siegfrid aus der Nibelungen-Saga als wahr voraussetzen ... oder der angeblichen Päpstin z.B.

Es ist schade, daß Du gerade 98,3 % der alten Geschichtswissenschaft abgeschafft hast,denn oft sind nur Texte aus späteren Zeiten vorhanden.
Verdammtes Glück, daß wir von Sokrates noch zu Lebzeiten eine Erwähnung in einer Komödie des Aristophanes haben, sonst wäre diese interessante Persönlichkeit auch futsch. Aber vielleicht hat der den auch nur erfunden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Natürlich hat man nicht das von ihm handgeschriebene (oder seinem Schreibsklaven diktierte) Original.
Falls Du damit meinst, dass die entsprechende Stelle eine Fälschung sein könnte: Tacitus hat auch eine sehr beleidigende Äußerung ("schändlicher Aberglaube") über das Christentum verfasst. Hätten mittelalterliche Mönche sein Werk "überarbeitet", hätten sie die im Gegenzug gelöscht.
Oder erst recht drin gelassen damit es authentisch wirkt.

Hast Du Tacitus schon einmal gelesen? Der war kein Stümper. Und als angesehener Senator hat er bestimmt keine Schriften einer zu seiner Zeit noch wenig bedeutenden Sekte gelesen. Man kann also davon ausgehen, dass er seine Angaben aus einer zuverlässigen heidnischen Quelle hatte, sonst hätte er sie nicht als Tatsachen hingestellt, sondern als Gerücht.
Echt kennst du ihn persönlich?

Die Konstantinische Schenkung hat man auch lange für "wahr" gehalten.

Aber natürlich kann man einen Irrtum nie ganz ausschließen. Dann kann man aber alle antiken Schriften wegwerfen, denn alle können Irrtümer enthalten.
Sicher, wenn man aber mehrer alte Texte aus verschiedenen Gegenden, von verschiedenen Autoren hat, die auf den gleichen Sachverhalt hinauslaufen, dann ist ein Irrtum sehr unwahrscheinlich.

Es ist auch so, dass Historiker den Brand von Rom nicht mehr uneingeschränkt Nero in die Schuhe schieben wollen, was Tacticus aber z.B. in seinen Texten gemacht hatte.

Genauso auch aus der Wiki:
Auch wenn Tacitus in seinem Werk nach eigenen Worten eine objektive Beschreibung ohne Parteilichkeit anstrebt (sine ira et studio), so ist Tacitus dennoch teilweise sehr parteiisch, besonders was die Regierungszeit des Tiberius betrifft. Die moderne Forschung hat das in den Annales vermittelte Bild eines düsteren Tyrannen in weiten Teilen korrigiert.

Vermutlich sind solche Historiker für euch alle von Satan gesandt, um die Schwachen zum Unglauben zu führen -- mir scheint das allerdings etwas zu plump.
 
... Das Markusevangelium wurde etwa 40 Jahre nach Jesu Tod verfasst (als also noch Zeitzeugen lebten) und verwendete als Quelle vermutlich eine (verlorengegangene) ältere Sammlung von Jesus-Sprüchen. Die Apostelbriefe sind noch älter.

Eine ältere Quelle für die synoptischen Evangelien müßte es gegeben haben (wenn man nicht auch noch jede Kenntnis über die Verbreitung/Änderung von Informationen verwirft, weil es ja Interpretationen sind). Sonst sind die Identitäten der doch an verschiedenen Orten, zu verschiedenen Zeiten und mit verschiedenem Publikum entstandenen Evangelien kaum erklärbar. "Haben die sich geschickt ausgedacht" kann man natürlich immer sagen, eine weitgespannte christliche Verschwörung eben.

Teile des Markusevangeliums dürften bereits um das Jahr 40 n. Chr. entstanden sein. Vermutet wird das für Markus 13, was mit den Problemen der Juden mit Caligula 39/40 in Verbindung gebracht wird.
 
Bei den angeblich Zeugnissen von Flavius ist das Problem, dass diese nicht zu Zitaten von Origenes passen.
Warum sollte aber gerade Origenes absichtlich falsch zitieren, wo die "moderen" Fassung doch viel besser ins christliche Konzept passt?
 
Bei den Evangelien wiederum ist es interessant wo diese sich unterscheiden.
Eine Ostergeschichte z.B. die keinem der Evangelien widerspricht ist nicht konstruierbar.
 
Oder erst recht drin gelassen damit es authentisch wirkt.
Da schätzt Du mittelalterliche Mönche aber arg falsch ein. So würde ein heutiger Fälscher vorgehen, aber nicht jemand wirklich Gläubiger, der um sein Seelenheil fürchtet.

Die Konstantinische Schenkung hat man auch lange für "wahr" gehalten.
Nur im Mittelalter. Gleich bei der Entwicklung der wissenschaftlichen Philologie und Geschichtswissenschaft in der Renaissance flog die Fälschung auf.

Es ist auch so, dass Historiker den Brand von Rom nicht mehr uneingeschränkt Nero in die Schuhe schieben wollen, was Tacticus aber z.B. in seinen Texten gemacht hatte.
Man merkt, dass Du ihn nicht gelesen hast. Er stellt das nämlich keineswegs als Tatsache hin, sondern deutet nur die Möglichkeit an und erwähnt entsprechende Gerüchte. Er unterstellt den Kaisern alle möglichen üblen Machenschaften - aber als Gerücht. Das ist eben der Unterschied zu der als Fakt präsentierten Nachricht über Jesu Tod!

Echt kennst du ihn persönlich?
Kommentar überflüssig ...

Vermutlich sind solche Historiker für euch alle von Satan gesandt, um die Schwachen zum Unglauben zu führen -- mir scheint das allerdings etwas zu plump.
Vielleicht solltest lieber Du einmal Deine "alles, was auf die Existenz Jesu hinweist, muss eine Fälschung oder ein Irrtum sein, denn es kann nicht sein, was nicht sein darf"-Brille ablegen.

Sicher, wenn man aber mehrer alte Texte aus verschiedenen Gegenden, von verschiedenen Autoren hat, die auf den gleichen Sachverhalt hinauslaufen, dann ist ein Irrtum sehr unwahrscheinlich.
Die hat man zu Jesus auch.
 
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Genauso auch aus der Wiki:
Auch wenn Tacitus in seinem Werk nach eigenen Worten eine objektive Beschreibung ohne Parteilichkeit anstrebt (sine ira et studio), so ist Tacitus dennoch teilweise sehr parteiisch, besonders was die Regierungszeit des Tiberius betrifft. Die moderne Forschung hat das in den Annales vermittelte Bild eines düsteren Tyrannen in weiten Teilen korrigiert.

Vermutlich sind solche Historiker für euch alle von Satan gesandt, um die Schwachen zum Unglauben zu führen -- mir scheint das allerdings etwas zu plump.

Was war denn der Grund für Tacitus (Heide), Plinius (Heide), Josephus (pharisäischer Jude), Thallus (Heide und Naturforscher, der die angebliche Finsternis bei Jesu Tod als Sonnenfinsternis rationalisiert), Mara Bar Serapion (Heide), diesen Jesus alle miteinander zu erwähnen?

Was hat Satan damit zu tun, daß man Tacitus nicht in jeder Hinsicht Wort für Wort folgt? Abgesehen davon, daß mir als Nicht-Christ Satan ziemlich wurscht ist, besteht ein Unterschied zwischen Tacitus politisch-moralischer Einstellung zu bestimmten Kaisern und zu einem weit entfernt mal gelebt habenden Aufrührer und Stifter eines "verderblichen Aberglaubens", den Pontius Pilatus hinrichten ließ. Was hatte Tacitus bei der Erwähnung von Christus sinistres im Sinne?
 
Bei den Evangelien wiederum ist es interessant wo diese sich unterscheiden.
Eine Ostergeschichte z.B. die keinem der Evangelien widerspricht ist nicht konstruierbar.
Vergleiche einmal die Darstellung der Schlacht von Cannae bei Livius und bei Appian! Fazit: Die Schlacht von Cannae hat es nie gegeben ...
 
Vielleicht solltest lieber Du einmal Deine "alles, was auf die Existenz Jesu hinweist, muss eine Fälschung oder ein Irrtum sein, denn es kann nicht sein, was nicht sein darf"-Brille ablegen.
Blödsinn bisher hattet ihr neben der Bibel ur zwei Quellen, die nicht nur von mir angezweifelt werden. Und gerade auch das Argument mit Origenes ist nicht sehr schwach,

Die hat man zu Jesus auch.
Cool -- welche?
 
Die Evangelien, die Apostelbriefe, Tacitus, Sueton, eventuell Flavius Iosephus.

Eine andere Frage: Wie soll denn das Christentum Deiner Meinung nach eigentlich entstanden sein, wenn es keinen Stifter gab? Oder ist die Existenz sämtlicher Christenverfolgungen, der Päpste, des Vatikans etc. auch nur eine Erfindung?
 
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