Lar - Endung (Onomastik)

sozio

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Flossen Genossen!

Ich stamme aus einem kleinen Dorf im Grenzgebiet zwischen Unterfranken und Mittelfranken und traditionell dominieren die Ortsnamen, die auf -heim enden.

Eine Ausnahme bildet ein kleines Gehöft (gerade mal drei Häuser) gleich um die Ecke - es heisst Enzlar.

Eine Endung, die mir schon immer komisch vorkam. Zuerst dachte ich, die Endung wäre -ar und da habe ich natürlich an die keltischen Gewässernamen wie Isar und Neckar denken müssten.

Inzwischen weiß ich, dass die Endung -lar ist und urgermanisch. Die Besiedelung erfolgte wohl aus dem Gebiet zwischen Rhein und Elber heraus nach Deutschland (Wetzlar, Gosslar) aber auch in die Niederlande und sogar nach England hinüber.

Enzlar stellt übrigens mit einiger Sicherheit die südlichste Ortschaft mit -lar Endung und damit wahrscheinlich auch die jüngste dar. Man weiss, dass die letzten Gründungen um 300 n. Chr. stattfanden.

Kann mir jemand sagen, welcher Stamm -lar Siedlungen gegründet hat?

P.S.: Ein Onomastik Thread wäre spannend!
 
Die Endsilbe des Stadtnamens -lar (altfränkisch hlar/hlari) verweist auf eine Siedlung keltischen Ursprungs (vgl. auch Goslar, Fritzlar, Dorlar usw.) und wird als Hürde oder Gerüst/Gestell gedeutet. Vermutlich war damit eine zaunähnliche Befestigung eines Hofes oder Dorfes gemeint. Lar-Ortsnamen sind grundsätzlich nicht mit Personennamen verbunden; die Orte haben eine markante Lage an Flussmündungswinkeln und sind vermutlich bis zum 3. Jahrhundert entstanden.[8]
[...]
Gregor Berhorst: Die Siedlungslage der Ortsnamen des Bonner Raumes / Naturraum, Toponymie und Siedlungsgründung, Bonn 1990.
sagt Geschichte der Stadt Wetzlar ? Wikipedia
 
Inzwischen weiß ich, dass die Endung -lar ist und urgermanisch. Die Besiedelung erfolgte wohl aus dem Gebiet zwischen Rhein und Elber heraus nach Deutschland (Wetzlar, Gosslar) aber auch in die Niederlande und sogar nach England hinüber.

Hallo Sozio,
woher weißt Du, das die -lar - Endung urgermanisch sein soll? Meines Wissens nach ist die Bedeutung von -lar von der sprachgeschichtlichen und onomastischen Forschung noch immer nicht eindeutig sichergestellt. Fakt ist, dass Siedlungen mit der Endung -lar oftmals auf Erhebungen befinden, die nahe an Fluss- und Bachläufen sowie anderen Feuchtgebieten liegen.
Ich meine mal irgendwo im Netz gelesen zu haben, dass -lar keltisch sei und "umzäunter Hof" bedeute, das Präfix dann den Besitzer oder eine geografische Lokalisierung bezeichnen könnte. Konnte bisher aber nicht überprüfen, ob diese Theorie stimmt oder nicht

Enzlar stellt übrigens mit einiger Sicherheit die südlichste Ortschaft mit -lar Endung und damit wahrscheinlich auch die jüngste dar. Man weiss, dass die letzten Gründungen um 300 n. Chr. stattfanden.

Gibts für die Datierung irgend eine gesicherte, womöglich archäologische Quelle?

Kann mir jemand sagen, welcher Stamm -lar Siedlungen gegründet hat?

Schwierig! Geografische Bezeichnungen für Orte müssen sich nicht zwingend von Stamm zu Stamm unterscheiden, sondern hängen sie eher von Sprachgruppen ab. Du kannst für diese Zeitstellung also nicht sagen d, dass der Ortsnamen auf -lar endet, also von Hermunduren oder Markomannen gegründet sein muss. Spezifische Ortsnamen, die vermehrt bei bestimmten Stämmen vorkommen, findest Du meines Wissens nach erst am Ausgang der Spätantike bzw. am Beginn des Frühmittelalters: -ingen mit Schwerpunkt bei den Alamannen, -leben bei den Thüringern, -heim und -hausen bei den Franken. Wobei heute selbst diese Theorie in Zweifel gezogen wird. Bei -lar - Orten muss man wohl eher nach keltischer oder germanischer respektive vorindoeuropäischer Herkunft des Namens fragen.

Gruß
 
Die Endsilbe des Stadtnamens -lar (altfränkisch hlar/hlari) verweist auf eine Siedlung keltischen Ursprungs (vgl. auch Goslar, Fritzlar, Dorlar usw.) und wird als Hürde oder Gerüst/Gestell gedeutet.
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sagt Geschichte der Stadt Wetzlar ? Wikipedia

Eine "altfränkische" Silbe soll auf einen "keltischen Ursprung" verweisen? Was für ein Quatsch. Da wird Wissenschaftliches und Pseudowissenschaftliches zusammengerührt.

Die Deutung "Gerüst'/'Gestell' geht zurück auf Heinrich Dittmaier, Die (h)lar-Namen. Sichtung und Deutung, Köln/Graz 1963.
Diese Deutung ist nicht unumstritten geblieben; Jürgen Udolph (Namenkundliche Studien zum Germaneproblem, Berlin/New York 1994) plädiert für *lar- statt *hlar- und für eine Grundbedeutung "Wald, lichter Wald, mit Bäumen bestandene Wiese".
In Manfred Niemeyer, Deutsches Ortsnamenbuch, Berlin 2012 finde ich beide Deutungen.

Keltische Deutungen sind jedenfalls außen vor:
"Unstrittig gehören die (h)lar-Namen zu den ältesten germanischen Siedlungsbezeichnungen." (Udolph)
 
Das ist witzig, gerade vor einigen Tagen war ich in diesem Thread, weil ich einen Artikel zu -lar-Enden gefunden (aber dummerweise nicht gelesen) habe.
Damals vor acht Jahren habe ich nur Wikipedia zitiert, der heute aber noch dieselben drei Sätze vertritt.
 
Wäre nicht zu fragen, welche(r) Flur überhaupt gemeint ist? In Feld, Wald und Flur, oder der Flur, welcher zur Treppe (o.ä.) führt?
So wären dann die Orte Remagen, Dormagen usw. ursprünglich keltische Siedlungen gewesen (kelt./schottisch = magen/magh = Feld, Acker).
 
Wäre nicht zu fragen, welche(r) Flur überhaupt gemeint ist? In Feld, Wald und Flur, oder der Flur, welcher zur Treppe (o.ä.) führt?

Der Flur und die Flur haben beide denselben etymologischen Hintergrund; Ausgangsbedeutung ist "ebene Fläche".

So wären dann die Orte Remagen, Dormagen usw. ursprünglich keltische Siedlungen gewesen (kelt./schottisch = magen/magh = Feld, Acker).

Zu Remagen und Dormagen sind die antiken Namenformen Rigomagus und Durnomagus belegt, als Bedeutungen lassen sich 'Königsfeld' und 'Faustfeld'* erschließen. Ein relativ häufiger Ortsname war Noviomagus ('Neufeld'), dieser hat sich im heutigen Nijmegen erhalten.



* Im Deutschen Ortsnamenbuch wird eine Bedeutung 'Kiesfeld' angenommen; altbritisch/bretonisch dorn sei außer 'Faust' auch als 'faustgroßer Kieselstein' zu übersetzen sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und in Neumagen, mit dem als Neumagener Weinschiff bekannten Grabstein eines Weinhändlers. (Womit sich der Kreis zu Re- und Dormagen schließt.)

Da gab es viele Städte mit diesem Namen. Neben Nimwegen und Neumagen ist hier noch Noyon in der Picardie, Geburtsort des Reformators Jean Calvin, zu nennen. Bei den anderen Städten namens Noviomagus hat sich der Name allerdings geändert, so dass er nicht mehr zu erkennen ist, z. B. Speyer und Chichester.

Noviomagus – Wikipedia
 
Nein, du hast Schnippsel aus Wikipedia zusammengefügt, dass u.a. aus einer Auffassung Mommsens aus dem Jahr 1885 eine Auffassung von „Historikern“ wurde, als sei die Auffassung Mommsens ein Pars pro Toto für die comminis opinio der Historiker. Im Übrigen hielt bereits Mommsen in der an dieser Stelle im Wikipedia-Artikel zitierten Schrift Kalkriese für den Ort der Varusschlacht.

Ich erkläre es dir noch einmal: Bei Cassius Dio steht, Varus sei an der Weser gewesen, als er gerufen wurde, gegen einen Aufstand zu marschieren. Es gibt keine genaue Angabe des Startpunktes (die Weser ist 400 km lang), keine Richtungsangabe, von Winterlagern ist nicht die Rede, von einem Sommerlager nur implizit.
Ich bin bei Cassius Dio bekanntermaßen sehr zurückhaltend, ihn für einen zuverlässigen Zeugen zu halten. Aber: wenn Du Cassius Dio zugrundelegst für deine Argumentation, dann betreibe bitte keine Rosinenpickerei. Meine abendlichen Beiträge gestern drehen sich ausschließlich darum, dass du Rosinenpickerei betreibst. Und diese Willkür der Quellenauslegung hat bei dir Methode. Darum geht es.


Auf deine komischen Kombinationen gehe ich mal nicht ein.
Noch mal: Es steht nirgends, dass Varus auf dem Weg ins Winterlager war. Die einzige Angabe zu Winterlagern im Zusammenhang mit der Varusschlacht findet sich bei Velleius Paterculus, der angibt, dass Asprenas als Reaktion auf die Varusniederlage seine Truppen in die unteren Winterlager geführt habe.

Bei Cassius Dio, auf den du dich explizit stützt, steht ausdrücklich, dass Varus auf dem Weg gewesen sein soll, einen Aufstand niederzuschlagen.

Manfred Niemeyer führt -lar im Deutschen Ortsnamenbuch (Berlin 2012) auf eine althochdeutsche Herkunft zurück.

"Damit vergleichbar ist die gallische Endung –lar, die im Lahngebiet an mehreren Stellen auftritt. Dass sie wirklich gallisch ist, lässt sich daran erkennen, dass sie jeweils im Vorfeld keltischer Ringwälle auftritt. Unweit vom Dünsberg finden sich Asslar, Lollar, Wetzlar, und Dorlar, unweit von Dornburg und Heidenhäuschen Ellar. Die Bedeutung der Endung lässt sich glücklicher Weise erklären: Lahr/Schwarzwald hieß gallice Laris 10 , ein Lahr liegt im Vorfeld von Höhburg und Almerskopf, ein Laar beim Dörnberg /Habichtswald – und die Lexika verzeichnen kelt. *(p)lâro- = Flur, Boden. Es wurde also an ältere Namen (je nach Lage, meist von Gewässern) die gall. Endung –lar angefügt, vermutlich um neu urbar gemachte größere Feldkomplexe zu bezeichnen".
 
"Damit vergleichbar ist die gallische Endung –lar, die im Lahngebiet an mehreren Stellen auftritt. Dass sie wirklich gallisch ist, lässt sich daran erkennen, dass sie jeweils im Vorfeld keltischer Ringwälle auftritt. Unweit vom Dünsberg finden sich Asslar, Lollar, Wetzlar, und Dorlar, unweit von Dornburg und Heidenhäuschen Ellar. Die Bedeutung der Endung lässt sich glücklicher Weise erklären: Lahr/Schwarzwald hieß gallice Laris 10 , ein Lahr liegt im Vorfeld von Höhburg und Almerskopf, ein Laar beim Dörnberg /Habichtswald – und die Lexika verzeichnen kelt. *(p)lâro- = Flur, Boden. Es wurde also an ältere Namen (je nach Lage, meist von Gewässern) die gall. Endung –lar angefügt, vermutlich um neu urbar gemachte größere Feldkomplexe zu bezeichnen".

Das ist kein valides Argument und das kann ich sagen, ohne die Angaben überprüft zu haben.

Schauen wir uns mal folgende Orte an:
Augsburg
Regensburg
Ladenburg

Alle diese Orte tragen römische Namen:
Augusta Vindelicum
Castra Regina
Lopodunum

Und eben die deutsche Namensendung -burg (man findet das manchmal sogar bei Rom, dass in germanischen Texten zur Romaburg wird).

Nach deiner Argumentation müsste nun -burg, da es sich bei den genannten Städten ja um römische Städte handelt (wobei bei Ladenburg der Name tatsächlich keltisch ist, und die Vindeliker natürlich auch ein keltischer Stamm waren, wie alt der Flussname des Regen ist, weiß ich nicht, könnte keltisch, könnte präkeltisch sein) römisch sein.
Das ist nun kein Beweis, dass -lar nicht keltisch sei, sondern nur, dass Argumentation nicht stimmt.
Alle von Dir aufgebrachten -lar-Namen befinden sich in deutschsprachigen Raum und zwar über die Keltike hinaus. Wenn du also argumentieren willst, dass der Namemsbestandteil keltisch sei, müsstest du belegen, dass er in derselben Bedeutung auch in vormals keltischen Gegenden vorkommt, wo Deutsch niemals dominante Sprache war, also etwa in Frankreich (außer Elsaß und Lothringen), Spanien/Portugal, den britischen Inseln oder der Poebene.
 
Ach so, im Übrigen, da ich gerade die Anführungszeichen sehe: zum Zitieren gehören nicht nur die Anführungszeichen, sondern zumindest auch der Autor. Das Zitat stammt von Peter Paul Schweitzer.
 
Das ist kein valides Argument und das kann ich sagen, ohne die Angaben überprüft zu haben.

Ein bisschen Überprüfung kann ich trotzdem noch dranhängen. Als Quelle für die Behauptung "Lahr/Schwarzwald hieß gallice Laris" gibt Schweitzer Bahlow an, der ist sehr mit Vorsicht zu genießen; zumindest darf man keine seiner Behauptungen ungeprüft übernehmen.
Was Schweitzer hier schreibt, ist in der Tat falsch, da wird eine Angabe aus einem Wörterbuch von Cornelius van Kiel aus dem 16. Jahrhundert (welcher unter "gallice" die französische Sprache versteht, von der gallischen Sprache wusste van Kiel nichts) ohne ersichtlichen Grund auf die Stadt im Schwarzwald bezogen, deren erste sichere urkundliche Erwähnung aus dem 13. Jahrhundert datiert, so ungefähr tausend Jahre nach dem Aussterben des Gallischen...
 
Hat zwar nix mit -lar zu tun, aber weil ich das gerade sehe:

So wären dann die Orte Remagen, Dormagen usw. ursprünglich keltische Siedlungen gewesen (kelt./schottisch = magen/magh = Feld, Acker).

Keltische Ortsnamen können, aber müssen nicht zwangsläufig auf keltische Besiedlung zurückzuführen sein:

Wie weit sind die Kelten nach Norden vorgestossen?

Also Dormagen und Nimwegen sind keine keltischen Siedlungen gewesen, sondern in der Römerzeit wurden keltische Namen für die neu entstandenen Siedlungen und Militärstandorte im bis dahin germanischen Siedlungsgebiet verwendet. (Bei Remagen bin ich mir unsicher, ob das noch im nachgewiesenen keltischen Siedlungsgebiet lag oder ob ebenfalls keltischer Name in ein germanisches Gebiet von den Römern "verpflanzt" wurde.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Im übrigen würde es mich wundern, wenn originär keltische Siedlungsnamen die Jahrhunderte nach dem Ende der Keltenzeit bis ins frühe Mittelalter überlebt haben sollen. Die Ortsnamen in Deutschland, die auf keltische Namen zurückgehen, sind eigentlich latinisierte keltische Namen. Ortsnamen außerhalb des römischen Reiches in Deutschland haben ihre Erstbelege im Mittelalter. Größere Siedlungen oder gar Städte in Germanien gab es in der Antike nicht. Das waren bestenfalls Dörfer, die auch keine jahrhundertelangen Siedlungskontinuitäten hatten.

Anstatt bei den Kelten bei dem Ursprung von -lar zu suchen, würde ich zuerst im Germanischen bzw. Althochdeutschen oder Altfränkischen oder Altsächsischen suchen. Bei mir in der Gegend fallen mir zwei Namen ein: einmal Laer in Bochum und ein Laar in Duisburg (beide werden gleich ausgesprochen - das e in Laer ist ein Dehnungs-E wie auch in Soest).

In der Wiki werden beide Namen aus althochdeutschen Begriffen für Weideplatz hergeleitet: Laer (Bochum) – Wikipedia und Laar (Duisburg) – Wikipedia

Ähnlich wird auch bei Laar (Grafschaft Bentheim) – Wikipedia wird entweder eine Lichtung im Wald oder ein grasreicher Platz vermutet.
 
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