Die Blockade 1793-1815

Brissotin

Aktives Mitglied
Köbis17 hat mich indirekt auf einen Gedanken gebracht.

Leider verstehe ich von Marinegeschichte nicht sehr viel. (Ich habe so 2-3 Bücher rumzustehen, mehr nicht.)

Da mich die Zeit um 1800 derzeit sehr interessiert, frage ich mich nach den konkreten Auswirkungen der Blockade der französischen Küste in den Koalitionskriegen.

Man muss da sicherlich zwischen der Zeit vor und nach der Kontinentalsperre unterscheiden und dann nochmal ab dem Zusammenbruch derselben im Zuge des 6. Koalitionskrieges.

Erstmal würde mich interessieren, welche Merkzahlen man noch braucht.
Hier wichtige Jahreszahlen, die ich auf Anhieb sehe:

31. Januar 1793: Frankreich erklärte Großbritannien und den Generalstaaten den Krieg. (Ich müsste mal in die Kriegserklärung schauen. Galt diese den Staaten oder z.B. nur dem König und dem Statthalter?)

27. März 1802: Frieden von Amiens.
Großer Austausch zwischen England und Frankreich, v.a. viele Engländer besuchen Paris, aber auch Deutschland.

18. Mai 1803: Kriegserklärung Großbritanniens an Frankreich.

1806: Kontinentalsperre. Nicht nur der neugegründete Rheinbund, sondern auch Preußen sperrt die Häfen (mit dem Vertrag vom 15. Febr. 1806) britischen Waren.

1812: Krieg Frankreichs gegen Russland, u.a. wegen der Kontinentalsperre. England ist einer der wichtigsten Handelspartner Russlands (v.a. auch Tauwerk u.ä.!).

1813 zweite Jahreshälfte: Der Rheinbund bricht zusammen, in Spanien unterliegt am 21. Juni eine napoleonische Armee dem Duke of Wellington, was das Ende der Herrschaft von König Joseph aus dem Hause Bonaparte einläutet.

Mai 1814: Abdankung Bonapartes und Frieden von Paris.

1815: Rückkehr und erneute Abdankung Bonapartes, 100 Tage.

Zu nennen wären sicherlich v.a. bis 1805 die Versuche Frankreichs die Blockade zu brechen.
 
Auch auf die Gefahr hin, die Frage falsch verstanden zu haben: Aus britischer Sicht ist die "Blockade der französischen Küste" in erster Linie eine Blockade der französischen Marinehäfen, allen voran Brest, Toulon, Rochefort. Später kam noch jeweils die Blockade der spanischen bzw. niederländischen Marinehäfen hinzu. Die Kaperhäfen wie St. Malo und die wesentlichen Handelshäfen wie Nantes oder Bordeaux tauchen in diesem Kontext erstaunlicherweise in allen mir bekannten marinehistorischen Werken nicht auf. Ich denke, das ist in erster Linie damit begründet, dass hierfür keine Linienschiffsgeschwader eingesetzt wurden. Die Kanalhäfen sind sicherlich von kleineren Fahrzeugen bewacht worden - es gelang jedoch nie, sie als Stützpunkte für Freibeuter auszuschalten. Das lag besonders an der schwierigen Navigation in diesen Gewässern, die die ortskundigen Franzosen bevorteilte. Ich gehe davon aus, dass die Häfen Nantes und Bordeaux durch den britischen Handelskrieg weitgehend ausgetrocknet wurden. Ich müsste hier aber nochmal nachlesen. allenfalls die Einfuhr französischer Luxusartikel wie Klamotten, Stinkstoff und Alkoholika war offiziell sowas von gestoppt, dass die Schmuggler im Kanal zur Freude der Londoner Gesellschaft beste Geschäfte machten.

Die Blockade der militärsichen Häfen hatte zwei Hauptzwecke:
1. Die Bewegungsfreiheit der französischen Kriegsschiffe sollte eingeschränkt werden. Sie sollten sowohl an der Durchführung kriegerischer Operationen sowie an der von Ausbildungsfahrten gehindert werden.

2. Die Stützpunkte sollten von der Versorgung mit Fresschen, Waffen, Munition, Bau- und Verbrauchsmaterial abgeschnitten werden. Insbesondere Brest, aber z. B. auch Cadiz waren auf dem Landweg praktisch nicht zu versorgen und auf den Küstenverkehr angewiesen. Dieser wurde von den britischen Blockadestreitkräften dermaßen eingeschränkt, dass der Klarstand der französischen Geschwader darunter erheblich litt. Dasselbe galt für den Neubau von Schiffen, da das hierfür benötigte Material praktisch nicht mehr durchkam.

Hilfreich war insbesondere die "close blockade" - die enge Blockade, die besonders von Lord St. Vincent gepflegt wurde. - Die weite Blockade, der in den 90ern unter Lord Bridport noch der Vorzug gewährt wurde, diente der Schonung der eigenen Flotte unter gleichzeitiger Wahrung der Chance, die französische Flotte beim Auslaufen zu entdecken und zur Schlacht zu stellen. Nelson re-etablierte vor Toulon die weite Blockade, um die Franzosen herauszulocken, ihnen den Rückweg zu versperren und sie damit zur Schlacht zu zwingen. Über den ganzen Krieg hinweg blieb die Frage "close blockade" versus weite Blockade ein Diskussionsthema. Trotz der enormen Belastungen für die Flotte und ihre Besatzungen hat sie sich aber offenbar bewährt.

Ich hoffe, ich habe jetzt keine Antwort auf eine völlig andere Frage als Deine gegeben?

P. S.: Ein großartiges illustriertes Lese- und Schaubuch zur Blockade von Brest wird vom Shop des NMM derzeit zu einem gefühlten Promille seines Wertes förmlich verramscht: Eyes of the Admiralty: J.T. Serres, An Artist in the Channel Fleet 1799 ? 1800, by M. K. Barritt
 
Ich hoffe, ich habe jetzt keine Antwort auf eine völlig andere Frage als Deine gegeben?
Deine Ausführungen passen schon sehr gut hinein. Vielen Dank. :)

Mir ging es ja um die Auswirkungen der Blockade für Frankreich wie für England.
Den Aspekt, dass die Versorgung einiger wichtiger Häfen der Franzosen hauptsächlich über See lief, hatte ich bis jetzt noch nicht in Betracht gezogen. Das ist sehr interessant. :yes:

Jetzt wird mir das klarer. Man muss sich sicherlich eine Anhäufung von Leuten, ob zu Lande oder zu Wasser, auch immer im Bezug auf die nötige Sicherstellung der Grundbedürfnisse an Lebensmittel und anderen Gütern vorstellen. Das sieht man ja schon am Moloch von Paris, welches ja sehr zentral liegt und gut aus allen Richtungen auf Straßen erreichbar war. Die Gewährleistung der Versorgung der Stadtbev. mit Lebensmitteln war sowohl im späten Ancien Régime als auch in der ganzen Revolutionszeit eine gewaltige Herausforderung für die Regierung. Nun muss man sich eine Hafenstadt vorstellen, welche vielleicht an einem Kap oder einer anderweitig unzugänglichen Region gelegen, nur von einer oder zumindest wenigen Straßen erreichbar war. Wenn dort eine große Flotte lag, so war neben den Einwohnern tausende Matrosen (man denke an die großen Linienschiffe mit über 100 Geschützen und der nötigen Besatzung), Seesoldaten etc. mit dem Lebensnotwendigen zu versorgen.

Für mich ist, ohne zu weit vom Thema abschweifen zu wollen, ein gewisser Gegensatz interessant. Er hängt mit dem "gewöhnlichen" Blockadedienst zusammen. Auf der einen Seite, war der Einsatz als Blockadeschiff sehr eintönig. Monatelang lag man vor der Küste (stelle ich mir jetzt so vor, ist das richtig?). Auf der anderen Seite musste man auch mit den seemännischen Gefahren umgehen. D.h. beim Dienst unter einer Küste musste man immer wachsam sein, dass das Schiff nicht durch einen Sturm oder auch nur widrige Winde auf die gefährliche Küste geworfen wurde. So richtig bewusst wurde mir diese Gefahr bei der Lektüre des zeitnahen Romans "Peter Simpel". Das Schiff, auf welchem Peter zuerst dient, tat ja eben an der französischen Küste Dienst und lief Gefahr bei einem solchen Dienst auf das Ufer geworfen zu werden.
 
Zur Blockadepolitik tritt unbedingt noch die Absicht,
die Franzosen /deren Verbündete von ihren überseeischen
Besitzungen sowohl militärisch als auch handelsmässig
abzuschneiden.
Die britische Flotte eroberte ja 2 x fast vollständig die karibischen Besitzungen Frankreichs oder auch Besitzungen der Niederlande und Spaniens in der Karibik , während ihre Kanalflotte die europäischen Häfen blockierte.und die franz./ span. Kolonialflotte aufzureiben versucht wurde.
.Umgekehrt versuchte zB. Villeneuve nach dem Ausbruch aus den franz. Heimathäfen die brit. Flotte zu seiner Verfolgung in die Karibik zu zwingen - um die Heimathäfen zu entlasten.

Im Falle des Krieges gegen Spanien dienten die Blockaden auch dazu , die jeweiligen Schatzflotten
zu erbeuten oder wenigstens zu versenken , um der span. Krone die Gold-+ Silberlieferungen aus den
amerikanischen Kolonien zu entziehen und damit
den Bankrott der span. Monarchie zu bewirken.
.
 
Zum Blockadedienst: Gerade die "close blockade" war für die Briten mit erheblichem Verschleiß und auch Schiffsverlusten verbunden. Einer der Gründe, warum das Konzept nie ganz unumstritten blieb. Freunden der Romanliteratur sei hierzu "Hornblower and the Hotspur" empfohlen, in der anschaulich der Blockadedienst in vorderster Front geschildert wird. Der oben empfohlene Serres zeigt den Alltag im Blockadedienst vor Brest ebenfalls sehr detailliert inklusive der enormen seemännischen Gefahren. Die Ansteuerung von Brest war für die damaligen technischen Bedingungen nautisch extrem schwierig. Gleichzeitig bildete dieses zerklüftete und von Felsen starrende Gewässer in der Westwindzone bei den "normalen" Verhältnissen - nämlich westlichen Winden - für Segelschiffe, die über keinen anderen Antrieb verfügten, eine beständige Gefahr - Leggerwall! Und sobald östliche Winde herrschten, war zwar das Fahrwasser sicherer, dafür hatten die Franzosen aber günstigen Wind zum Auslaufen. Dazu kamen die starken Gezeitenströme.

Vor Brest war die Blockadeflotte in der Regel in drei Linien organisiert. Fregatten, Sloops und kleinere Fahrzeuge wie Briggs und Lugger bildeten die erste Linie, quasi Vorposten, die bis in den Schußbereich der französischen Küstenbatterien vorstießen, um die französische Flotte aufzuklären, Transportschiffe zu fangen oder hin und wieder mal Sand für das Gros des Geschwaders zu holen (kein Witz!).
In Sichtweite dahinter stand das Küstengeschwader, die "Inshore Squadron", in der Regel aus drei bis fünf Linienschiffen (Third Rates - i. d. R. besonders gut segelnde 74er.) Diese bildeten gleichzeitig eine Auffangposition für die Vorposten, eine erste Verteidigungslinie und die Relaisstation zum Gros des Blockadeverbandes, der kampfkräftigen "Offshore Squadron", die in der Regel außer Sicht der Küste stand. Dies zum einen, um für die schwerfälligeren Schlachtschiffe genügend Sicherheitsraum zum Manövrieren zu lassen. Zum anderen auch, um deren Stärke vor den Franzosen zu verschleiern.

@ Treibsand: Obwohl er auch Truppen zur Verstärkung der dortigen Garnisonen an Bord hatte, war die Atlantiküberquerung Villeneuves in die Karibik in erster Linie Teil des Planes Napoleons zur Vorbereitung einer Invasion. In Westindien sollten sich die Geschwader aus Brest, Rochefort und Toulon nach ihrem jeweils erfolgreichen Ausbruch sammeln, um dann mit vereinter Macht in den Kanal vorzustoßen. Das Rochefortgeschwader hatte Westindien auch erreicht, war aber vor dem Eintreffen Villeneuves bereits zurückgesegelt. Das Brestgeschwader konnte nie ausbrechen. Ein schlagender Beweis, wie schnell ein genialer Plan scheiterte, der die nautischen Gegebenheiten und die Unmöglichkeit, solche Bewegungen vernünftig zu koordinieren, außer Acht ließ.
 
Ich glaube, ich hatte die Zahlen schonmal angeführt.

Aber hier für den Thread erscheinen sie mir auch sinnvoll.

Für das Jahr 1798 habe ich in zeitgenössischer Quelle* 400 Kriegsschiffe bei Großbritannien und Irland gefunden. Dabei hatte das Königreich 12 Mio. Einwohner und 45.000 Mann Landmacht.
Dieselbe Quelle kann leider für Frankreich nur die Kräfte für den Zeitpunkt vor 1789 angeben, welche sich bei 26 Mio. Einwohnern auf 260.000 Mann Landmacht und 220 Kriegsschiffe belaufen.
Ich denke, dass diese Überlegenheit der britischen Marine sicherlich eine gute Vorraussetzung für die Blockade war.

Andersrum, und vielleicht besser passend zum Thread, könnte man argumentieren, dass gerade der Erfolg der Blockade und diese auch an sich, aus Sicht der Seekriegsführung den Aufbau und die Erhaltung einer so umfangreichen Flotte mehr als nur rechtfertigte. Kann man das als Auswirkung der Blockade feststellen?

@ Neddy
Kann man feststellen, dass der 1812er Krieg gegen die USA irgendwelchen Einfluss auf die britische Blockade vor der franz. Küste hatte?
Ich kann mich an eine stolze amerikanische Auflistung der amerikanischen Schiffe im Vergleich zu den britischen erinnern, womit demonstriert werden sollte, dass die Siege der Amerikaner um so erstaunlicher waren. M.E. klammert diese Darstellung, wahrscheinlich ganz bewusst, aus, dass Großbritannien zeitgleich mit Frankreich nach wie vor beschäftigt war.

* Gothaischer Hofkalender, 1798
 
Andersrum, und vielleicht besser passend zum Thread, könnte man argumentieren, dass gerade der Erfolg der Blockade und diese auch an sich, aus Sicht der Seekriegsführung den Aufbau und die Erhaltung einer so umfangreichen Flotte mehr als nur rechtfertigte. Kann man das als Auswirkung der Blockade feststellen?
Das ist eine klassische Henne-Ei Frage, die ich mal so beantworten will: Wäre die Blockade nicht erfolgreich gewesen, wäre sie nicht aufrechterhalten worden.;)
Die umfangreiche Flotte war auf Grund der Lage der Insel und der von Dir schon aufgezeigten absoluten Unterlegenheit der britischen Landstreitkräfte ein absolutes muss. Im 18. Jahrhundert wurde die Flotte als einziges Mittel gesehen, um Großbritannien zu verteidigen. Auch wenn man (Cannadine et al.) mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen kann, dass es zu der Zeit keine gültige und fixierte Verteidigungsstrategie gab, so kann man mit Sicherheit sagen, dass die Kontrolle der "Western Approaches" (anachronistischer, aber passender Begriff) und besonders des Kanals die kritische Komponente der Landesverteidigung war. Die Western Squadron und die Channel Squadrons hatten absolute und alleroberste Priorität vor allem anderen. Interessanter Weise (Kennedy, Paul M., The Rise and Fall of British Naval Mastery) gab es während des 19. Jahrhundertes eine Phase, während der man in UK genau dieses Dogma umkehrte. In der Folge vernachlässigte man die Flotte und verstärkte den Ausbau der Küstenbefestigungen, um sich gegen den französischen Rivalen zu sichern. Das kann man beinahe nur als typisch britischen Spleen abtun.:scheinheilig:
@ Neddy
Kann man feststellen, dass der 1812er Krieg gegen die USA irgendwelchen Einfluss auf die britische Blockade vor der franz. Küste hatte?
Nein, praktisch gar keine. Der amerikanische Schauplatz war für die Briten ein maritimer Nebenkriegsschauplatz. Es wurde nicht ein Linienschiffsgeschwader dorthin abgestellt. Gegen wen hätte es auch kämpfen sollen? Also blieb die Blockade der Hauptstützpunkte unangetastet.
Bin auf dem Sprung - wir können das gerne später noch vertiefen...
 
Nein, praktisch gar keine. Der amerikanische Schauplatz war für die Briten ein maritimer Nebenkriegsschauplatz. Es wurde nicht ein Linienschiffsgeschwader dorthin abgestellt. Gegen wen hätte es auch kämpfen sollen?

Abgesehen von dem qualitativen Problem, gegen einzelne amerikanische Schiffe bestehen zu können (nmE die US-Schiffe mit 44 Geschützen), reichte die zahlenmäßige Überlegenheit 1812 (80+ britische Kriegsschiffe gegen rund ein Dutzend amerikanische) auch hier für eine Blockade.

Für die einzelnen Schiffe gab es wohl Anweisung für die britischen Fregatten, einer 1:1 Konfrontation auszuweichen.
 
Abgesehen von dem qualitativen Problem, gegen einzelne amerikanische Schiffe bestehen zu können (nmE die US-Schiffe mit 44 Geschützen), reichte die zahlenmäßige Überlegenheit 1812 (80+ britische Kriegsschiffe gegen rund ein Dutzend amerikanische) auch hier für eine Blockade.

Für die einzelnen Schiffe gab es wohl Anweisung für die britischen Fregatten, einer 1:1 Konfrontation auszuweichen.

Jein. Die drei Schocksiege wurden alle von Super Frigates (bzw. Humphrey Frigates - Constitution, President, United States) erfochten. Diese waren eine Klasse für sich, denen keine einzelne Fregatte gewachsen war. Wobei auch zu sagen ist, dass weder die Guerrière, noch die Macedonian, noch die Java diesen Schiffen näherungsweise gewachsen war. Sie gehörten nicht unbedingt zur Premier League (wieder anachronistisch), noch waren sie technisch annähernd gleichwertig. Dafür haben sie sich gut gehalten: Guerrière und Java - beides französische Leichtbauten - haben sich so sehr durchsieben lassen, dass sie am Ende für die Sieger nicht mehr zu gebrauchen waren. Diese drei in der Tat schockierenden Niederlagen waren der Grund für das Verbot, Single Ship Actions gegen eine der drei Humphreys Frigates einzugehen. Gegen jedes andere Fahrzeug galt die alte Annahme, dass ein britisches Schiff jedem anderen überlegen ist. HMS Shannon machte in einem Gefecht auf Augenhöhe kurzen Prozess mit der USS Chesapeake. In Valparaiso nutzte HMS Phoebe den Vorteil dass sie im Gegensatz zu ihrem Gegner über Langrohrgeschütze verfügte aus, um die die USS Essex in Schutt und Asche zu ballern. Bei kleineren Fahrzeugen hatten die Amerikaner häufig die Nase vorn. Heimvorteil, bessere Rekrutierungsbedingungen und Nebenkriegsschauplatz waren, was die US Navy aus ihrer Sicht so erfolgreich machte.
Die Briten hingegen verboten nach den drei Schockverlusten Single Ship Actions von eigenen Standardfregatten gegen Humphreys-Modelle, forcierten den Bau eigener 24-Pfünderfregatten und entsandten solche schweren Fregatten gen Amerika und als Notmaßnahme wurden drei kleine 74er razeert - ergo zu schweren Behelfsfregatten umgebaut. Die Schlappen gegen die US Navy wurden wettgemacht, diese als Bedrohung ausgeschaltet, die President erobert und die United States eingeschlossen. Der Drops war gelutscht - und das ohne jegliche Auswirkung auf den europäischen Kriegsschauplatz.
 
In einem amerikanischen Flugblatt von 1813 fand ich folgende Gegenüberstellung. Aufgeführt wurden die 55 Kriegsschiffe der US-Marine und diese den 862 britischen Fahrzeugen aus "Steele's List of the Royal Navy ..." gegenübergestellt. Dass von den 862 die stattliche Zahl von 174 erbeutet waren, wurde extra vermerkt, wohl um die Erfolge der US-Marine besonders heraus zu streichen. Dass ein großer Teil der britischen Fahrzeuge gegen die Franzosen eingesetzt wurde, woraus ja auch die erbeuteten Schiffe (v.a. franz., span. und niederl. Herkunft) resultierten, war natürlich nicht benannt.
Es soll hier im Thread natürlich nicht darum gehen, aber das zeigt mir selbst auch, dass so winzig die US-Seestreitkräfte nicht waren. (Wobei auch die venezianische Flotte auf dem Papier 1797 nicht so unbedeutend war, die hatten sogar eine beträchtliche Zahl von Linienschiffen.)
 
Und hier in der damaligen Schlacht um die Zahlenhoheit die andere Seite des Atlantiks. Zahlen sind aus "The Naval Chronicle" für den 1. Januar 1813 (von mir zusammengefasst):

Royal Navy:

Schiffe in See: 536 (davon 79 Linienschiffe, 9 kleinere Zweidecker, 122 Fregatten, 77 Sloops und ganz viele kleinere Fahrzeuge)

+ weiters im Dienst befindlich: 740, davon im Hafen und in Ausrüstung: 39 Linienschiffe, 11 kleinere Zweidecker, 29 Fregatten, 18 Sloops),

+ im Bau, Reparatur und aufgelegt lasse ich außen vor:

Damit verfügte die Marine über 1276 in Dienst stehende Kriegsschiffe und kleinere Fahrzeuge, davon im Einsatz oder kurz davor
118 Linienschiffe,
20 kleinere Zweidecker,
151 Fregatten,
95 Sloops.

US Navy:
0 Linienschiffe,
0 kleinere Zweidecker,
3 überschwere (Humphreys)-Fregatten,
6 Fregatten,
2 Sloops.
Kleinkram und Gekröse: 10

Dazu kamen, und das waren die Streitkräfte, die am meisten Ärger machten, Unmengen von Privateers (privat betriebene Kaperschiffe) - in der Regel stark bemannte, schnelle, wendige aber kleine Fahrzeuge, die Jagd auf Handelsschiffe machten, die wiederum aufwendig geschützt werden mussten. Die unheimlich(e) lange und durchschnittene Küste der USA effektiv (also mit leichten schnellen Fahrzeugen) zu blockieren, war für die RN nicht zu leisten. Dieser "kleine Krieg" war - neben den publikumswirksamen Single-Ship Actions - der beständige Aderlass bei der Handelsflotte und der zu deren Schutz abgezweigten leichten Kräfte, der den Briten weh tat. Die US-Navy, so ausgezeichnet ihre einzelnen Einheiten waren, fiel für den Gesamtkrieg auf Grund ihrer geringen Größe einfach nicht ins Gewicht. Konsequenterweise verwendete man die wenigen verfügbaren schweren Einheiten mit Schwerpunkt im Handelskrieg, wohl wissend, dass sie einer intensiven Konfrontation mit der britischen Flotte nicht lange würden standhalten können.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die wichtigsten französischen Häfen für den umfangreichen Kaffeehandel Frankreichs vor dem Krieg waren Nantes und Bordeaux. Haiti, Santo Domingo und Martinique waren die Gegenden, wo der Kaffeebaum eingeführt worden war. Allein auf Haiti wurden 1789 60.000.000 Pfund Kaffee 1789 produziert.*
Vielleicht ersieht man schon allein aus diesem Umstand, welchen Abbruch der Seekrieg ab 1793 der franz. Wirtschaft tun musste, wenn diese Häfen von den Briten gesperrt wurden.

* Michael North: "Genuss und Glück des Lebens - Kulturkonsum im Zeitalter der Aufklärung" Böhlau, Köln-Weimar-Wien, 2003
S. 196
 
Auswirkungen der Blockade

Bin im Zuge meiner Recherchen für meinen nächsten Roman auf diesen Thread gestoßen. Ich sammele Material zu den Auswirkungen der Kontinentalsperre hauptsächlich auf die englische Politik und den Freihandel um 1805/ 1806.
Also, was wurde hauptsächlich geschmuggelt, welche Häfen oder Küstenstriche auf beiden Seiten des Kanals waren besonders aktiv? Welche Maßnahmen ergriff die Regierung in England dagegen etc. Freu mich über jedes Material, danke!:fs:
 
Die Meldung passt zu diesem Thema:

Die renommierte London School of Economics (LSE) hat ein großes Studienprojekt aufgelegt, bei denen die mittel- und langfristigen ökonomischen Auswirkungen der Phase 1793/1815 auf 7 große europäische Länder untersucht werden sollen. Das Projekt ist übergreifend angelegt: mehrere Fakultäten (interdisziplinär) und Ökonomen aus mehreren Ländern sollen an dem wirtschaftshistorischen Gesamtprojekt beteiligt sein. Am Ende soll das Ganze in ein Buchprojekt münden.

Economic Outcomes Flowing from the Revolutionary and Napoleonic Wars, 1793-1815
 
Weiter oben wurde ja schon Fernblockade versus Nahblockade diskutiert.
Die Schlacht vom Glorreichen 1. Juni (1794) hat zu einem beeindruckenden Sieg der Britischen Flotte geführt. Weil sich die Französische Flotte geopfert hat, das ein großer Konvoi mit Lebensmitteln durch kam.
Man kann also auch mit einer Niederlage gewinnen.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Seeschlacht_am_13._Prairial

Von daher haben meist die Anhänger der Nahblockade, auch wenn sie Anstrengender ist (wirklich?) das bessere Ende gehabt. Bei den damaligen technischen Gegebenheiten, ohne Funk, mit Waffen mit geringer Reichweite, war aus meiner Sicht die Nahblockade besser als eine Fernblockade.
 
Auswirkungen der Blockade

Bin im Zuge meiner Recherchen für meinen nächsten Roman auf diesen Thread gestoßen. Ich sammele Material zu den Auswirkungen der Kontinentalsperre hauptsächlich auf die englische Politik und den Freihandel um 1805/ 1806.
Also, was wurde hauptsächlich geschmuggelt, welche Häfen oder Küstenstriche auf beiden Seiten des Kanals waren besonders aktiv? Welche Maßnahmen ergriff die Regierung in England dagegen etc. Freu mich über jedes Material, danke!:fs:
Das wurde mal in einer Doku zum Hamburger Hafen thematisiert. "Gigant des Nordens - Der Hamburger Hafen" könnte es gewesen sein. Hamburg war auf jeden Fall ein Einfallstor.
 
Wenn es auch auf Englisch sein kann: „Northern Mariner“ ist eine Marinezeitschrift, überwiegend im open access.

Siehe:

Port Cities in the French Wars: The Responses
of Merchants in Bordeaux, Hamburg and Livorno to Napoleon's Continental Blockade 1806-1813


Darin (Quellenangaben) sind auch einige ältere deutsche Beiträge verzeichnet, unter anderem zu Hamburg, bzw. Die Hansestädte und die Kontinentalsperre. Hier auffindbar:
Internet Archive Search: Die Hansestâdte und die Kontinentalsperre
 
Nahblockade, auch wenn sie Anstrengender ist (wirklich?)
Neddy hat das eigentlich ausreichend erklärt, je näher an der Küste desto gefährlicher für Segelschiffe, starker Wind Richtung Land, sehr starke Gezeitenströme, zerklüftete felsige Küste mit Klippen aller Art, da kämpft das Schiff ununterbrochen um nicht zu zerschellen und wenn im falschen Moment irgendwas bricht hilft das Kämpfen auch nicht mehr. Und brechen wird irgendwas wenn ein Segelschiff Wochen oder Monate unter solchen Bedingungen nah an der Küste kreuzt; auf offener See kann das Schiff stundenlang oder länger segeln ehe es die Richtung ändern muß, nah dem Land kann so ein Schlag vielleicht nur eine halbe Stunde dauern ehe das nächste Manöver nötig ist, jedesmal eine Belastung für Mensch und Material.
Nahblockade ist sicher unangenehmer für den Gegner, die Frage ist halt was sie kostet, wenn von 5 Schiffen eines ohne Feindeinwirkung verloren geht kann sich das eine Marine nicht lange leisten. Und auch wenn sie nicht verlorengehen, nach einigen Monaten Dienst in der Nahblockade war sicher eine aufwändige Überholung der Schiffe notwendig.
 
Von Seiten der Gezeiten hast Du recht. Das Problem sehe ich darin das gerade bei der Fernblockade mehr Schiffe gebunden sind, zumindest in der Zeit Napoleons. Die Schiffe und damit auch Besatzungen schlechter ausgetauscht werden konnten. Das nächste Problem bei der Fernblockade ist die Versorgung mit Lebensmittel und Verbrauchsgütern, wie Taue, Segeltuch, Munition und Sand zum Deckschruben.
Das nächste ist das bei der Fernblockade viel mehr zu Langeweile an Bord kommen kann, da weniger Manöver gefahren werden müssen. Also muss mehr geübt werden, das schlägt sich auch mit der Zeit auf die Psyche durch.
Brest und die Häfen im Kanal haben den Vorteil, das man leicht die RN sich bei schlechtem Wetter fast immer hinter einer Luvküste verpieseln konnten. Fernblockade war hier also nicht notwendig.
Zum anderen kann bei der Fernblockade eher jemand durchrutschen, siehe das Vorspiel zur Schlacht von Trafalgar oder Napoleons Ägyptenespedition. Und dabei sind die Häfen im Mittelmeer, dank vernachläßigbarer Gezeiten leichter zu kontrollieren.
Hast Du Dir mal auf einer Seekarte Brest und seine Lage angeguckt. Hier kann man nichts mit einer Fernblockade reissen, da hier zu viel Möglichkeiten bestehen weg zu kommen. In der Cherbourg sieht es schon ganz anders aus.
 
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