Die Entstehung der Tracht

captain kirk

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hallo!
wenn man sich mittelalterliche darstellungen anschaut, dann sieht die bauernkleidung in etwa so aus:

[Mod]kommerziellen Link entfernt[/mod]

wie konnten den aus so dieser eher schlichten/ärmlichen bekleidung, die verschiedenen volkstrachten entstehen, die ja teilweise sehr aufwändig gestaltet sind mit bunten stickereien etc.?
 
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Hoi captain kirk

Die Trachten, wie wir sie heute kennen, wurden am Ende des 19. Jahrhunderts erfunden. Und zwar von Städtern, die sich nach dem romantischen Landleben sehnten. Mit Tradition oder bäuerlicher Kleidung hat das nichts zu tun. Eher mit einem verklärten Biedermeier/Rokokko/Heimat-Gefühl.
Noch um die Jahrhundertwende trug die (ländliche) Bevölkerung dunkle Kleidung.

Gruss Pelzer

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sehe ich etwas anders- Trachten waren sind regionale Moden, die sich aus der Arbeits-und Festtagskleidung entwickelten, weshalb wir in der Regel auch Alltags-/Arbeits- und Festtagstrachten haben und neben der Region auch Ausdruck der sozialen Stellung innerhalb der ländliichen gesellschaft waren.
Die Alltagstrachten waren dabei an der Arbeitskleidung orientiert und meist dunkler bzw. gedeckter, die Festtagstrachten bunter und mit mehr Zierrat geschmückt.
Da es sich um ländliche Kleidung handelt, hinkte diese der aktuellen "städtischen " Mode natürlich zeitlich immer hinterher und war überdies mit Berufskleidung kombiniert.
So ist auch zu erklären,daß die aktuellen Trachten ihren Ursprung im Rokkoko,Empire und Biedermeier haben.
 
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Ich kanns bloss für die Schweiz sagen. Da steht die Geschichte der Volkstracht in engem Zusammenhang mit dem aufkeimenden Tourismus, der frühen Textilindustrie und der Erfindung des Bundesstaates im 19. Jahrhundert.

Die Touristen wurden mit Druckgrafiken versorgt, wo die ländliche Bevölkerung in malerischen Trachten abgebildet war. Der Bauer in französisch angehauchter Rokoko-Kleidung. Kniehosen, anliegende Weste, Hemd mit Spitzenbesatz, Dreispitz, usw. Das gefiel den Touristen und stärkte das Heimatgefühl der Einheimischen; nun frei und stolz. Und es beflügelte die neue Weberei- und Stickereiindustrie. Mit der alltäglichen Wirklichkeit hatte das kaum etwas zu tun.

Die Volkstracht, wie wir sie heute sehen, ist eine städtische Erfindung des 19./20. Jahrhunderts. Wie die volkstümliche Musik und die Wappen auch.


Gruss Pelzer


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wie konnten den aus so dieser eher schlichten/ärmlichen bekleidung, die verschiedenen volkstrachten entstehen, die ja teilweise sehr aufwändig gestaltet sind mit bunten stickereien etc.?
Lukrezia gibt bereits den richtigen Hinweis, die heutigen Trachten sind nicht aus der mittelalterlichen Kleidung "entstanden". Zunächst mal hat der Begriff "Tracht" einen Bedeutungswandel vollzogen. "Tracht" war bis ins 18. Jahrhundert, das was getragen wird, heute würde man "Mode" sagen. Nichts desto trotz gab es auch vor dieser Bedeutungsverschiebung "Gruppenkleidung", also Kleidung die durch entsprechende Merkmale die Gruppe verband, wobei es gerade bei der Entwicklung der Volkstrachten deutliche regionale Unterschiede gibt, so dass man hier kaum verallgemeinernd sprechen kann. In manchen Volkstrachten gibt es in der Tat Elemente mittelalterlicher Kleidung, andere wirken neuer, wieder andere sind Kunstprodukte, wie beispielsweise der inflationäre Einsatz der Lederhose in Gesamtbayern, obwohl das ursprünglich eine Oberländer- und Gebirgstracht ist und schon in München nicht mehr zur ursprünglichen Volkstracht gehört. Ich sage auch explizit "wirken neuer" weil eine regionale Volkstrachtenkultur deshalb nicht zwingend auch "neuer" sein muss. Sehr alte Elemente einer Volkstracht deuten eher auf eine vergleichsweise örtliche Abgeschiedenheit hin, so dass neuere modische Elemente nicht entsprechend adaptiert werden konnten.

sehe ich etwas anders- Trachten waren sind regionale Moden, die sich aus der Arbeits-und Festtagskleidung entwickelten, weshalb wir in der Regel auch Alltags-/Arbeits- und Festtagstrachten haben und neben der Region auch Ausdruck der sozialen Stellung innerhalb der ländliichen gesellschaft waren.
Die Alltagstrachten waren dabei an der Arbeitskleidung orientiert und meist dunkler bzw. gedeckter, die Festtagstrachten bunter und mit mehr Zierrat geschmückt.
Ja und Nein... Ja zur Entwicklung der Trachten sowie der regionalen und sozialen Stellung als Ausdruck der Tracht. Nein zu Alltags-/Festtagstrachten und den heutigen Volkstrachten: Das Bild unserer heutigen Volkstrachten verdanken wir vielmehr dem Entstehen der Trachtenvereine, die sich dem Trachten- und Brauchtumserhalt widmen und die erst ab ca. 1900 entstanden. Im Endeffekt sind diese Trachten auch wieder mehr oder weniger Kunstprodukte. Entweder man nahm das, was zu dieser Zeit wirklich getragen wurde und definierte es als zu erhaltende Tracht, oder aber man griff auf alte Abbildungen zurück, oft mischte man auch beides durcheinander und kreierte so die jeweilige Vereinstracht.
 
Viele Gemeinde- und Familienwappen entstanden auch Ende 19. Jahrhundert. Man fand das damals chic; und wer noch keines hatte, wollte auch eines...

Das sicher, es war aber insofern nur ein Rückgriff auf Vorhandenes, keine neue "Erfindung". Und nun frag ich mich, ob es bei der Tracht analog auch so war. Deine "Erfindungstheorie" halte ich so jedenfalls für nicht passend. Hast du denn Belege dazu?

Edit: Danke Lili, das beantwortet einige Fragen. :)
 
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Ja und Nein... Ja zur Entwicklung der Trachten sowie der regionalen und sozialen Stellung als Ausdruck der Tracht. Nein zu Alltags-/Festtagstrachten und den heutigen Volkstrachten: Das Bild unserer heutigen Volkstrachten verdanken wir vielmehr dem Entstehen der Trachtenvereine, die sich dem Trachten- und Brauchtumserhalt widmen und die erst ab ca. 1900 entstanden. Im Endeffekt sind diese Trachten auch wieder mehr oder weniger Kunstprodukte. Entweder man nahm das, was zu dieser Zeit wirklich getragen wurde und definierte es als zu erhaltende Tracht, oder aber man griff auf alte Abbildungen zurück, oft mischte man auch beides durcheinander und kreierte so die jeweilige Vereinstracht.

????????

Wie, Was ????
Die Tracht meiner beiden Omas als "Kunstprodukte" hin zustellen finde ich etwas übertreiben. Auf dem Dorf da wo ich groß geworden bin waren diese Trachten der Frauen "gang und gebe". In Wandel der Zeit ist diese Tracht durch die so genannte "neumodische Mode" zurück gedrängt worden. Die Marburger Tracht und die Hinterländer Tracht im Bezug mit [FONT=&quot][/FONT]Tourisums zu bringen schlägt hier fehl. In meinen Heimatdorf sind es jetzt noch zwei Frauen die diese sogenannte Tracht tragen und den Dott/Dutt( eine is mein Gote) flechten.
Es wird aber leider nicht mehr lange dauern dann stirbt das auch aus.
Es kommt hier auf die Einzelheiten der Tracht darauf an, alles hat hier seinen Sinn und Zweck, sei es bei der Konfirmation , Hochzeit, Sterbefall und so weiter.
Die Tracht der Männer ist hier schon längst verschwunden und wird durch Trachtenvereine noch hochgehalten. Aber mit einen geschmückten Hessenkittel und "Bretzel" im Stall seine Arbeit zu verrichten, da lach in nur.

Klar gab es Unterschiede zwischen den Schichten, hier die Bauerntöchtern und dort die Mägde. Dafür gibt es unendliche Beispiele. Die alltägliche Tracht war auf die Arbeit ausgelegt und die Tracht an Sonn- und Feiertagen stand dazu im Gegenteil. "Hier bin ich wer seid Ihr"

Nach dem der heute hier bei Trachtenvereinen verbreitete "Hessekapp" kam der "Dreispitz", vielleicht liegt es darin das ich heut gern en Hut trage. :winke:

en hess :grübel:
 
????????

Wie, Was ????
Die Tracht meiner beiden Omas als "Kunstprodukte" hin zustellen finde ich etwas übertreiben.
Wenn du nochmal genau nachliest, wirst du feststellen, dass ich vom "Bild unserer heutigen Volkstrachten" und dem Entstehen der heute als "Tracht" bekannten Kleidung durch die Entwicklung der Trachtenvereine spreche. Ich kenne weder deine Omas noch deren Tracht.

Die Marburger Tracht und die Hinterländer Tracht im Bezug mit Tourisums zu bringen schlägt hier fehl.
Auch Pelzer spricht ganz eindeutig von der Schweiz.

In meinen Heimatdorf sind es jetzt noch zwei Frauen die diese sogenannte Tracht tragen und den Dott/Dutt( eine is mein Gote) flechten.
Frisuren und Trachten hängen nur bedingt zusammen. Insbesondere sind Frisuren bei weitem nicht derart regional und eindeutig wie Trachten.
 
Das sicher, es war aber insofern nur ein Rückgriff auf Vorhandenes, keine neue "Erfindung". ...
Hast du denn Belege dazu?
HoiTekker


Natürlich habe ich Beispiele, sogar viele. Hier ein lokales; aber nicht untypisches:

Die Gemeinde Ennetmoos im Kanton Nidwalden hatte ursprünglich kein Wappen. 1905 liess man dann vom Staatsarchivar und Historiker Robert Durrer ein Wappen entwerfen. Und seither hat auch Ennetmoos ein Gemeindewappen; eines mit einem feuerspeienden Drachen…

Solche Beispiele gibt es jede Menge weitere. Ich behaupte mal, ohne Adel keine Wappen!

Gruss Pelzer
 

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Die Volkstrachten des 19. Jarhundert änderten sich langsam aber ständig.
Sehr alt waren die Trachten noch nicht, so wurden in der jeweiligen Region neu genäht, waqren damals auch noch keine 100 Jahre alt sondern der letzte Schrei auf dem Dorfe und die dortigen Trens hinkten denen der städtigen Tracht ein paar Jahrzehnte hinterher. Den letzten Schrei aus der Jugendzeit trug die Dame jedoch noch im hohen Alter.
Im Zuge der Industrialisierung (fliegendes Schiffchen) und der Entstehung eines Welthandels usw. in der Neuzeit waren plötzlich neue, hochwertigere Stoffe und Garne verfügbar und auch für Bauern finanzierbar. Der für die Volkstrachten so wichtige tiefschwarz gefärbte Damastbaumwolle kam erst sehr irgendwann im 18. oder 19. Jahrhundert auf dem Markt. Davor muss es wohl ganz andere Trachten gegeben haben.
Gerade die Festtagstrachten bestanden aus hochwertigen Materialien, die zugekauft werden mussten. Die Weiterentwicklung der Tracht folgt dabei dem Angebot des Stoffmarktes der nächsten Stadt.
 
letztergisone schrieb:
… Die Marburger Tracht und die Hinterländer Tracht im Bezug mit Tourismus zu bringen schlägt hier fehl.
Lieber hessischer Freund

Ich habe ja neben dem Tourismus zwei weitere Motive zur Erfindung der Tracht genannt: Das neu erwachte Heimatgefühl (neue Nationalstaaten, Bürgerrechte usw.) und die frühe Industrialisierung (Weber, Sticker, Stoffdrucker usw.).

Beim Tourismus war nicht der Tourismus der eigentliche Erfinder der Tracht, sondern vorher schon die Maler und Zeichner, die „volkstümliche“ Motive darstellten. Diese Genre-Maler verklärten das damals harte Bauerndasein und produzierten aufgehübschter Idyllen des Landlebens. Die kolorierte Stiche und Lithographien wurden in grosser Zahl produziert und fanden beim städtischen Publikum reissenden Absatz. Und erst dies beförderte den Tourismus.
In der Schweiz war vielleicht Sigmund Freudenberger (1745-1801) der ersten dieser Trachten Maler.

Gruss Pelzer

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Lieber hessischer Freund

Ich habe ja neben dem Tourismus zwei weitere Motive zur Erfindung der Tracht genannt: Das neu erwachte Heimatgefühl (neue Nationalstaaten, Bürgerrechte usw.) und die frühe Industrialisierung (Weber, Sticker, Stoffdrucker usw.).

Beim Tourismus war nicht der Tourismus der eigentliche Erfinder der Tracht, sondern vorher schon die Maler und Zeichner, die „volkstümliche“ Motive darstellten. Diese Genre-Maler verklärten das damals harte Bauerndasein und produzierten aufgehübschter Idyllen des Landlebens. Die kolorierte Stiche und Lithographien wurden in grosser Zahl produziert und fanden beim städtischen Publikum reissenden Absatz. Und erst dies beförderte den Tourismus.
In der Schweiz war vielleicht Sigmund Freudenberger (1745-1801) der ersten dieser Trachten Maler.

Gruss Pelzer

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Gruß in die Schweiz,

Es ist schwierig genaue Hinwiese über die Herkunft der Tracht zu bekommen. Über Zweckkleidung der Bauern und Leigeigenen geht es weiter zu strenger Kleiderordnung durch Reichserlasse. Dies alles lies nur wenig Freiheit für die Ausschmückung von Kleidungsstücken zu. Mit dem Ende der Leibeigenschaften entwickelte sich das Bauerntum zu einer eigenständigen Gesellschaft. Hier sehe ich den Ursprung des Trachtentums.
Geschichtlich lässt sich z.B. die Marburger Tracht nur bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zurückverfolgen. Ihr Ursprung und Alter ist leider nicht genau festzustellen.
Wie Maglor schon oben erwähnt, dass sie sich damals unter Hinzunahme städtischer Kleidungsformen entwickelte.
Hier im Raum Marburg war die "Hinterländer Tracht" bis zu diesem Zeitpunkt noch vorherrschend. Aus ihr und den neunen gegebenen Umständen entwickelte sich die Marburger Tracht. Aus dieser Marburger haben sich wiederum zwei unterschiedliche Trachten entwickelt. Die katholische und die evangelische Tracht, die auch als Hessentracht bezeichnet wird. Als nicht nur Streit um rechten Glauben, sondern auch die unterschiedliche politische, gerichtliche und verwaltungsmäßige Zuhörigkeit führten und förderten hier eine unabhängige Entwicklung beider Trachten.

Lili: Gerade bei der ev. Marburger Tracht sehe ich einen großen Zusammenhang zwischen Frisur und Tracht. Auf allen Fotos die ich zusammen getragen habe sehe ich keine weibliche Person ohne Dutt/Schnatz. Wo sollte den sonst das Stülpchen hin?
Vor zwei oder drei Jahren gab es hier mal eine Ausstellung über diese Stülpchen. Waren so 700 verschiedene.

en hesse
 
Es ist schwierig genaue Hinwiese über die Herkunft der Tracht zu bekommen.
Es gibt dennoch einige gute kostümgeschichtliche Veröffentlichungen dazu:
Herbert Blumer: "Fashion - From Class Differentiation to Collective Selection"
Annemarie Bönsch: "Formengeschichte europäischer Kleidung"
Diana DeMarly: "Working Dress - a history of occupational clothing"
Elizabeth Ewing: "Everyday dress 1650-1900"
Christoph Kaiser: "Die Tracht als veränderliche Kleidung"
Marina Moritz: "Trachten machen Leute - Ländliche Kleidungsstile im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert"

Und eine Quelle zu Frauentrachten aus dem 16. Jahrhundert:
Frauen-Trachtenbuch ? Wikisource

Über Zweckkleidung der Bauern und Leigeigenen geht es weiter zu strenger Kleiderordnung durch Reichserlasse. Dies alles lies nur wenig Freiheit für die Ausschmückung von Kleidungsstücken zu. Mit dem Ende der Leibeigenschaften entwickelte sich das Bauerntum zu einer eigenständigen Gesellschaft. Hier sehe ich den Ursprung des Trachtentums.
Nein, das Bauerntum als den Ursprung der Tracht zu sehen, ist zu kurz gedacht. Es gibt nach wie vor städtische Trachten und Zunfttrachten, die genauso Tracht sind, wie bäuerliche und dörfliche Trachten.

Lili: Gerade bei der ev. Marburger Tracht sehe ich einen großen Zusammenhang zwischen Frisur und Tracht. Auf allen Fotos die ich zusammen getragen habe sehe ich keine weibliche Person ohne Dutt/Schnatz. Wo sollte den sonst das Stülpchen hin?
Vor zwei oder drei Jahren gab es hier mal eine Ausstellung über diese Stülpchen. Waren so 700 verschiedene.
Nein, da hast du mich falsch verstanden. Klar gibt es bestimmte vorherrschende Frisuren in einer Region, allerdings ist eine Firsur nicht in der Form Regionalspezifikum wie es eine Tracht sein kann. Um bei deinem Beipsiel zu bleiben: der Dutt ist kein hessisches Spezifikum, der wurde und wird weltweit getragen.
 
Ich hab jetzt mal bei Ingrid Ritter: Die Niederhessische Spitzbetzeltracht, 2009 nachgeschlagen.
Die Ursprünge der Tracht liegen tatsächlich im wahrsten Sinne des Wortes im Dunkeln. Vor der Romantik hat sich niemand darum bemüht Bauerntrachten zu malen, Fotografien gab es noch nicht. Sprich es herrscht akuter Quellenmangel für die Kleidung im ländlichen Raum. Aussagekräftig sind vielleicht noch die neuzeitlichen Kleiderordnungen und ein paar andere Schriftquellen.
Im Buch wird die niederhessische Tracht vom 17. Jahrhundert bis zu ihrem Verschwinden im 19. und frühen 20. Jahrhundert beschrieben. Die namensgebende Haube "Spitzbetzel" enstand erst um 1840 und wurde nur ein paar Jahrzehnte lang hergestellt, übrigens von spezialisierten Betzelmacherinnen. Die einmal fertigstellte Aussteuer einer Frau, wurde dann eben das ganze Leben lang getragen. Konservative Oma um 1900 trug dann den letzten Schrei der 1850er im Original. :)

Besonders aussagekräftig zum allgemeinen Trend bunter Bauerntrachten, ihrer Abhängigkeit von Importen und dem städtischem Vorbild scheint mir dieses Zitat aus dem Jahr 1788 " Topographisch - Statistische Nachrichten von Niederhessen":
Der Sonntags- und festliche Anzug des weiblichen Geschlechts ist größtenteils aus Zitzen- und andern zum Theil aus dem Ausland eingeführten Wollenzeugen bereitet. Feine Spitzen, seidene mit Gold- und Silber verbrämte Obermützen, einen Mantel aus Zitze, ein seidenes Halstuch, hat nun nicht blos in den Städten, sondern auch hin und wieder der Kleiderluxus in den Dörfern eingeführet.
So entstand ausländischem "Wollzeug", Seide, Baumwolle und Co eben eine aufwendige Tracht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie schon mehrfach betont, die Trachten wie wir sie heute kennen, stammen durchweg aus dem 19. Jahrhundert. Ich habe mal versucht, das bei den berühmten Spreewaldtrachten der Sorben (Wenden) zu recherchieren. Alles was weiter zurückreicht-Fehlanzeige. Man trug dunkle Tracht beim Kirchgang, die bunte Tracht bei Taufen und Hochzeiten.
Die Trachten.html
Was auf dieser Homepage als Arbeitstracht bezeichnet wird - das passt eigentlich in jede ländliche deutsche Region.
Dennoch muss es schon immer typische regionale Besonderheiten gegeben haben, so die slawischen Schläfenringe.
Slawische Schläfenringe
 
Ich bin ja keine Expertin aber gab es Trachten nicht schon ewig? Schon die Kleidung zu Wikingerzeiten war ja regional unterschiedlich. Es gab unterschiedliche Muster und Schnitte, oder?
 
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