Die Rolle Polens auf dem Weg zum II. Weltkrieg

Zum anderen betraf die Annexion des westlichen Teils des ehem. Herzogtums Teschen nicht nur eine Halbstadt, sondern wichtige Kohleminen im Umland, die aus Ressourcenperspektive strategische Bedeutung hatten.

Das hatte ich überlesen; soweit ich das sehe, sind 98% der tschechischen Produktion nicht betroffen gewesen, umgekehrt macht Teschen ca: 1% der polnischen Föderung 1938 aus. Wirtschaftliche Faktoren mögen zwar hochgespielt worden sein, sind aber bei Licht betrachtet Scheingefechte.

Dazu:
Steinkohlenabbau des umstrittenen Teschener Gebietes zwischen 112 T-to und 289 T-to.
Die sonstigen tschech. Abbaugebiete Mährisch-Ostrau/Karwin leisteten zwischen 7.700 und 12.500 T-to. (Mitte 1930er), die übrigen polnischen Gruben 22.000 bis 38.000 T-to. (Mitte 1930er)

alle Zahlen 1913 bzw. 1921/1924 - 1938.
Quelle: Rassmann: Die europäische Steinkohlenwirtschaft zwischen den Weltkriegen
 
Mourir pour Danzig?

Danzig als politiisches Problem war einer der symbolischen Zankapfel, allerdings war für die Briten dieses Thema eher von untergeordneter Bedeutung.

Für GB ging es um die kardinale Frage, welche Rolle es in der Zukunft als Weltmacht spielen soll und wie das Britische Empire in seinem Bestand erhalten bleibt.

Das Engagement für Rumänien und für Polen als Festlandsdegen im Rahmen der Zweiten Front diente ausschließlich der "Balance of Power" in Kontinentaleuropa. Sofern GB dieses als nachhaltig gefährdet ansah, war auch seine Rolle als Weltmacht gefährdet.

Chamberlain hat es 1939 bereits deutlich benannt, dass das Engagement für Polen im wesentlich der Versuch darstellt, Hitler auf dem Weg zu Weltherrschaft zu stoppen!

Für GB war die Situation im Jahr 1939 kompliziert. Es stellte sich die Frage, ob es angesichts seiner Defizite im Bereich der Rüstung keinen Krieg gegen das 3. Reich führen sollte. Ein durchaus rationaler und folgerichtiger Weg, der allerdings den Schönheitsfehler hatte, dass er den Abstieg von GB von der europäischen und der weltweiten Bühne als Weltmacht verdeutlich hätte. Und für die Achsenmächte ein diplomatischer Sieg gewesen wäre.

Die Alternative war es, einen verheerenden Krieg gegen das 3. Reich zu führen mit schwer abzuschätzenden Konsequenzen für die Position von GB als Weltmacht.

Vor diesem Hintergrund wurde speziell durch Hallifax das Kabinett Chamberlain im März&April 1939 auf eine Kriegsführung mit dem 3. Reich eingestimmt. Allerdings begleitet von warnenden Stimmen des britischen Generalstabs in Bezug auf die Kriegsführungsfähigkeit von GB.

Es wurden unterschiedliche Modelle in Bezug auf die 2. Front im Osten durchgespielt. Man kam zur Einschätzung, dass die polnische Armee der wichtigste Garant für die 2. Front sei. Der rumänischen traute man nicht viel zu und Jugoslavien sollte die Frontlinie gegen die Achse komplettieren, allerdings wurde dieser Aspekt eher heruntergespielt, um Mussolini nicht zu provozieren.

Polen wurde aus der Sicht von GB eine Reihe von Aufgaben zugeschrieben. Es sollte im wesenltichen als Wellenbrecher fungieren, der für eine Zeitverzögerung sorgte und den Westalliierten die Möglichkeit bietet, ihre Rüstung zu ergänzen.

Die 2. Front im Osten sollte zudem den zu entrichtenden Blutzoll der WM möglichst in die Höhe treiben, um die WM zu ermatten.

Man ging in GB aber nicht davon aus, dass Polen, selbst bei wohlwollender Neutralität der SU, deutlich länger als 1 Monat Widerstand leisten könne!

Die Kooperaion mit der SU wurde aus einer Reihe von Gründen bewußt durch GB abgelehnt. Angesichts der Säuberungen schrieben ihr sämtlich Militärs eine zweifelhäfte militärische Wirksamkeit zu, was sich in Finnland auch bewahrheitete. Sie wurde als politisch nicht vertrauenswürdig klassifiziert Hilfestellungen zu leisten. Es gab massive Ressentiments der Staaten SO-Europas gegen die SU, die eher eine deutsche Hegemonie als eine russische akzeptiert hätten.

Relevant war aber vor allem die massive Ablehnung einer Kooperation mit der SU durch die Polen und durch die Rumänen.

In ähnlicher Weise war das diplomatische Parkett, über das weitere Verbündetet gegen das 3. Reich hätten gewonnen werden müssen, eindeutig gegen eine Kooperation mit der SU eingestellt. Für GB wäre es zu einer diplomatischen Katastrophe gekommen, wenn es sich für die SU und gegen Polen als Partner im Osten gegen das 3. Reich Mitte 1939 entschieden hätte.

Die Garantie für Polen folgte, und somit anders als z.B. von Vitruv dargestellt, geostrategischen Überlegungen, in denen der Besuch und die Verhandlungsführung durch Beck lediglich maginalen Einfluss hatte.

Die Garantie für den Bestand eines polnischen Staates und nicht für seine Grenzen!!! durch Chamberlain war somit im wesentlichen eine diplomatische Geste, mit der GB seine Handlungsfähigkeit als Weltmacht unterstrich. Polen war in diesem Kontext lediglich ein Statist in einem wesentlich größeren Spiel.

Wenn es eine Instrumentalisierung im Jahr 1939 gegeben hat, dann haben GB in Übereinstimmung mit Frankreich Polen als 2. Front instrumentalisiert.

Und es war allen beteiligten in GB klar, dass für eine kurzfristige Rettung Polens durch die Westmächte nichts geleistet werden konnte.
 
Die Iden des März (1939)

Die Garantie für Polen folgte, ... geostrategischen Überlegungen, in denen der Besuch und die Verhandlungsführung durch Beck lediglich maginalen Einfluss hatte. ...
Die Garantie für den Bestand eines polnischen Staates und nicht für seine Grenzen durch Chamberlain war somit im wesentlichen eine diplomatische Geste, mit der GB seine Handlungsfähigkeit als Weltmacht unterstrich. Polen war in diesem Kontext lediglich ein Statist in einem wesentlich größeren Spiel.

Die Feststellungen kann man unterstreichen.

Zur französischen Seite insbesondere:
Bellstedt, Hans F.: Apaisement oder Krieg - Außenminister Bonnet 1938/39, 1993, Pariser Historische Studien 37
(Bonnet als letzter Vertreter des Apaisement, Daladier hatte seit Dezember 1938 bereits den Wechsel vollzogen)

Die britische Seite, insbesondere:
Wehner, Gerd: Großbritannien und Polen 1938-1939 - Die britische Polen-Politik zwischen München und dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, 1983, Europ. Hochschulsch. III/183
Newman, Simon: March 1939: The British Guarantee to Poland - a Study in the Continuity of British Foreign Policy, 1976
Prazmowska, Anita: Britain, Poland and the Eastern Front 1939, 2004
Wendt, Bernd Jürgen: Economic Appeasement - Handel und Finanzen in der britischen Deutschland-Politik 1933-1939, 1971, Studien moderne Geschichte 3
Meyers, Reinhard: Britische Sicherheitspolitik 1934-1938, 1976, Bonner Schriften zur Zeitgeschichte 11

Sonstiges:
Roos, Hans: Polen und Europa Studien zur polnischen Außenpolitik 1931-1939, 1965
Denne, Ludwig, Das Danzig-Problem in der deutschen Außenpolitik, 1956
Ahmann, Rolf: Nichtangriffspakte: Entwicklung und operative Nutzung in Europa 1922-1939, 1988
Anic/Brcic: The Third Reich and Yugoslavia 1933-1945, 1977
Hoensch, Jörg: Die Slowakei und Hitlers Ostpolitik, 1965
Hillgruber, Andreas: Hitler, König Carol und Marschall Antonescu, 1954
Graml, Hermann: Europas Weg in den Krieg - Hitler und die Mächte 1939, 1990, Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 29
Sammelband/Sonderband VfZ: Sommer 1939


Im März 1939 entstand eine äußerst komplexe Lage für Großbritannien, nachdem - wovor bereits gewarnt wurde - Hitler die Wehrmacht in Prag einmarschieren ließ und die Tschechei annektierte. Nur einige Faktoren:


- die französischen diplomatischen Fühler, nunmehr aktiv zu werden
- der innenpolitische Druck in Großbritannien
- die Verschärfung der wirtschaftlichen Lage, nachdem sich durch die seit München nochmals forcierte Rüstungspolitik die britische Staatsverschuldung Anfang 1939 verdoppelte
- die Meldungen des Generalstabs, dass eine Einbeziehung Rumäniens in den deutschen Hegemonialbereich (ähnlich wie für Ungarn und die Slowakei erwartet) den Druck einer britischen Blockade dauerhaft eliminieren würde
- das tiefe Mißtrauen der britischen Regierung in die Politik und die militärischen Kapazitäten der UdSSR
- der seit Januar 1939 zunehmende Druck der USA auf Großbritannien
- den anhaltenden air scare, der insbesondere durch die Propagandameldungen zur deutschen Luftwaffe gespeist wurde
- den polnisch-sowjetischen Gegensatz
 
Im März 1939 entstand eine äußerst komplexe Lage für Großbritannien, nachdem - wovor bereits gewarnt wurde - Hitler die Wehrmacht in Prag einmarschieren ließ und die Tschechei annektierte.

Hankey stellte am Vorabend zum beginnenden Krieg verwundert die Frage, wie es kommen konnte, dass GB so wenig vorbereitet in den Krieg gegen das 3. Reich eintreten muß.

Das britische politische System wird traditionell als leistungsfähig definiert, da es informelle und formelle Kontakte und Kommunikation zu einem leistungsfähigen kollektiven Entscheidungssystem verbunden hat.

In den dreißiger Jahren, so stellen beispielsweise Aster, Neville oder Newman in ihren Arbeiten fest, hat dieses politische System versagt.

Nur mangelhaft kompensiert durch die aktionsorientierte Dominanz eines Chamberlains, der gezielt die britische Presse für seine poltischen Ziele instrumentalisiert hatte, assistiert durch einflußreiche Banken- und Wirtschaftkreise. Und somit zumindest oberflächlich für den Eindruck sorgte, dass das politische System weiterhin funktionsfähig sei.

Vor diesem Hintergrund sind es zwei Ereignisse, die zu einer Dynamisierung der innerbritischen Dikussion führte und zu der britischen Garantie für Polen.

Zum einen sind es die Äußerungen von Tilea, der vermutlich in Absprache mit dem rumänischen König Caroll II. agierte (so z.B. Newman), die das Bedrohungsgefühl in London durch Hitler deutlich erhöhte und zum anderen sind es die Äußerungen von Colvin, einem Korresponenten des News Chronicle. Dieses Person war insofern relevant, als er einen Kontakt zum britischen Militär-Attaché Mason Mc-Farlane hatte und zudem vermutlich zum wichtigen informellen Spionagenetzwerk von Vansittart gehörte.

Mit seinen Äußerungen zur Anlieferungen von Rationen für die Wehrmacht bis März 39, die der Secret Service ebenfalls kannte, reiste er nach London und wurde durch Halifax instrumentalisiert, die politische Öffentlichkeit von der bedrohliche Situation zu überzeugen. Und beide Vorfälle unterstützten den Meinungsumschwung zugunsten Polen als zentralem Dominostein im Osten, der nicht bzw. möglichst spät fallen sollte.

Vermutlich wären diese Ereignisse nicht so gravierend für die britische Außenpolitik gewesen, wenn der oben beschriebene Entscheidungsprozess voll funktionsfähig gewesen wäre. So zerfiel selbst die Regierung Chamberlain in unterschiedliche Fraktionen, die durch die Gruppe um Eden oder durch die um Churchill politisch unter Druck gesetzt wurde.

Vor dem Hintergrund dieses komplizierten innenpolitischen Entscheidungsprozesses wurden die Garantien für Polen ausgesprochen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hankey stellte am Vorabend zum beginnenden Krieg verwundert die Frage, wie es kommen konnte, dass GB so wenig vorbereitet in den Krieg gegen das 3. Reich eintreten muß.

Wird hier das Anwachsen der Rüstung parallel zum Appeasement übersehen? Der Schwenk lag davor, ab München wird ebenso die These vertreten, dass Appeasement dem Zeitgewinn - ausschließlich dem Großbritanniens! - diente.

Gillard, Appeasement in Crisis From Munich to Prague.
Levy, Appeasement & Rearmament Britain 1936 - 1939
sowie zu den Phasen das schon zitierte: Ritchie, Sebastian, Industry and Air Power - The Expansion of British Aircraft Production 1935-41.

Vor diesem Hintergrund sind es zwei Ereignisse, die zu einer Dynamisierung der innerbritischen Dikussion führte und zu der britischen Garantie für Polen.

Zum einen sind es die Äußerungen von Tilea, ...
zum anderen sind es die Äußerungen von Colvin, einem Korresponenten des News Chronicle....

Die Detailstudien zur britischen Garantie (Wehner, Prazmowska, so auch der hier relativierende Newman, unvollständig informiert die Literatur vor 1970, zB noch Hillgruber in seiner Carol-Studie) weisen die geringe Bedeutung der Tilea-Affäre nach. Bereits zuvor lassen sich die konkreten Überlegungen nachweisen, die "Eastern Front" zur Neutralisation der Hitlerschen Expansionsgelüste zu schmieden. Gleiches gilt für Frankreich, wo man den Schwenk Ende Dezember 1938 greifen konnte. Entscheidenden Einfluß auf die Garantie hatten letztlich auch die Vorstöße der frz. Delegation in London im März 1939. Bei der britischen Presse ist der generelle Schwenk seit November 1938 greifbar, nach dem 9.11.1938 schwoll hier eine Welle an, die höchste Empörung mit dem Einmarsch in Prag erreichte.
 
1. Wird hier das Anwachsen der Rüstung parallel zum Appeasement übersehen? Der Schwenk lag davor, ab München wird ebenso die These vertreten, dass Appeasement dem Zeitgewinn - ausschließlich dem Großbritanniens! - diente.

2. Die Detailstudien zur britischen Garantie (Wehner, Prazmowska, so auch der hier relativierende Newman, unvollständig informiert die Literatur vor 1970, zB noch Hillgruber in seiner Carol-Studie) weisen die geringe Bedeutung der Tilea-Affäre nach.

3. Bereits zuvor lassen sich die konkreten Überlegungen nachweisen, die "Eastern Front" zur Neutralisation der Hitlerschen Expansionsgelüste zu schmieden.

zu 1. Gemessen an den ähnlich hohen Rüstungsausgaben für 39 dürfte diese These i Bezug auf die Gesamtrüstung für GB nicht zutreffen. Gemessen an den gravierenden Defiziten im Bereich der Luftrüstung und vor allem auch der Luftverteidigung waren diese Monate von hoher Bedeutung.

Ähnliches gilt natürlich für die Landstreitkräfte.

Dennoch wird aus den Warnungen des englischen Generalstabs immer deutlich, dass GB nicht in der Lage ist, eine militärische Verantwortung zu übernehmen. In diesem Sinne war GB, gemessen an der Dimension der kontinentalen Rüstung, eher überrascht.

Dass GB im Bereich der Marinerüstung und auch im Bereich der strategischen Bomber einen Rüstungsvorsprung hatten steht außer Frage.

zu 2. Neville (Hitler and Appeasement, S. 165) schriebt dazu: "But the impact on the volte-face which took place in British foreign policy after 15 March cannot be denied. (In Anlehnung an: Watt: How War came, S. 178ff; Cienciela: Poland and the Western Powers, S. 216ff).

Und auch wenn man Prazmowska (S. 40) betrachtet, dann wird deutlich, dass durch Tilea der Süd-Osten-Europas als zentrales strategisches Problem für GB auf die Agenda von Chamberlains Kabinett gesetzt wurde.

Rumänien war der entscheidende Hebel, um Hitler`s Autarkiepläne zu unterlaufen und der Wirtschaftsblockade eine schnelle Wirkung zu geben als wirksamstes Instrument, Hitler zu bekämpfen.

zu 3. Im wesentlichen wurde durch Mc-Farlane dieses Instrument der "Zweiten Front" ins Spiel gebracht und damit stand er in einem deutlichen Kontrast zum britischen Botschafter Henderson, der als Ultra-Appeaser eingestuft werden kann.
 
Schöner Beitrag, @thanepower! Der reißt weitere Probleme hoch.

Gemessen an den ähnlich hohen Rüstungsausgaben für 39 dürfte diese These in Bezug auf die Gesamtrüstung für GB nicht zutreffen. Gemessen an den gravierenden Defiziten im Bereich der Luftrüstung und vor allem auch der Luftverteidigung waren diese Monate von hoher Bedeutung.

Bezgl. der Wertigkeit - insbesondere Luftrüstung - sind wir uns einig. Ich sehe den entscheidenden qualitativen Vorteil weniger in den absoluten Rüstungsausgaben (die wären nach den Anforderungen höher gewesen, jedoch durch die Verschuldungsgrenzen limitiert), sondern in den entscheidenden für die Wirtschaftsrüstung, dem Aufbau der Rüstungsindustrie, der einen time lag zum Output aufweist. Ein Beispiel: Während zB dem Deutschen Reich 1938/39 ca. 15.000 Werkzeugmaschinen allein für das gesteigerte Ju88-Programm fehlten (-> Budraß), lief die Beschaffung in GB reibungslos und sehr effizient. Der Aufbau der Produktionslinien 1938/39 war die Basis für den Output 1940/41.

Dennoch wird aus den Warnungen des englischen Generalstabs immer deutlich, dass GB nicht in der Lage ist, eine militärische Verantwortung zu übernehmen.
Daraus konstruieren einige Autoren die "Opferlammtheorie", andere sehen die Wendung nach Ost- und Südosteuropa als alternativlos, zunächst mit dem politischen Ansatz, Hitler ein Stoppsignal zu setzen.

zu 2. Neville (Hitler and Appeasement, S. 165) schriebt dazu: "But the impact on the volte-face which took place in British foreign policy after 15 March cannot be denied. (In Anlehnung an: Watt: How War came, S. 178ff; Cienciela: Poland and the Western Powers, S. 216ff).
Und auch wenn man Prazmowska (S. 40) betrachtet, dann wird deutlich, dass durch Tilea der Süd-Osten-Europas als zentrales strategisches Problem für GB auf die Agenda von Chamberlains Kabinett gesetzt wurde.
Rumänien war der entscheidende Hebel, um Hitler`s Autarkiepläne zu unterlaufen und der Wirtschaftsblockade eine schnelle Wirkung zu geben als wirksamstes Instrument, Hitler zu bekämpfen.

Neville kenne ich nicht, allerdings die separaten diplomatischen Studien zur Entstehung der Garantie. Danach halte ich diese These für wachsweich ("cannot be denied") formuliert, allerdings selbst so nicht haltbar. Belegt ist im Übrigen, dass Halifax Initiative in den Stunden nach Tileas Besuch und Chamberlains Birmingham-Auftritt sich unabgestimmt ereigneten!

So Newman etc., aber nun auch Hill, Christopher: Cabinet Decisions on Foreign Policy - The British Experience October 1938 - Juni 1941, der das minutiös belegt. Zum Zeitpunkt des Colvin-Ereignisses war die Garantie-Entscheidung, nämlich am Wochenende zuvor und nach Besuch der französischen Delegation bereits gefallen.

Bereits vor "Tilea" war die (Süd)Ost-Europa-Strategie fixiert, genauer in der Kabinettssitzung vor Tileas Auftritt am Morgen des 15. März, und zwar unter dem Eindruck der Ereignisse in Prag (wobei die Strategieidee einige Monate älter war, und in der Sitzung erstmals von Chamberlain die "Garantie-Idee" erläutert wurde, für die nächste Bedrohung).

Bei Rumänien würde ich die Reihenfolge umsetzen: Tilea hat nicht phantasiert, sondern der britischen Seite (bzgl. des Grundes: hier gibt es 5 Theorien, nach Newman) den Verhandlungsstand und die ultimativen deutschen Forderungen vom Januar 1939 präsentiert. Diese waren zwar zwischenzeitlich zurückgezogen bzw. relativiert, das Wieder-Aufleben könnte man allerdings durchaus als unsicher bezeichnen. Die Wochen zuvor waren jedenfalls von massivem deutschen Druck auf Rumänien geprägt, die diplomatischen Fäden strickten die Exponenten, die zuvor die Österreich-Annexion begleitet hatten. Ungarn wurde als nicht haltbar angesehen, und quasi schon an die Achse gefallen betrachtet.

Die britische Seite (Generalstab) hatte hierzu im Februar 1939 eine warnende Studie losgelassen, die sich daraus bezog, dass die Einbeziehung Rumäniens wie die parallele Entwicklung der Einvernahme Ungarns in die deutschen Wirtschafts- und Autarkiepläne das Deutsche Reich unempfindlich gegen die - britischerseits als entscheidend eingeschätzte - Blockadedrohung bei weiteren Aggressionen gegen die Nachbarländer machen würde. Es sollte also keine "schnellere" Wirkung erzielt werden, sondern es sollte der status quo mit der vermuteten Empfindlichkeit Hitlers gegen eine Blockade konserviert werden.

Rumänien sah man innerhalb weniger Stunden in den Analysen ab dem 15. März als unhaltbar an, wenn Polen der Garantie nicht beitreten würde. So verlagerte sich letztlich dann - quasi als Folge - die britische Aufmerksamkeit innerhalb von 48 Stunden auf die Polen-Garantie.

Eine Bitte: Kannst du das mit McFarlane näher erläutern?
 
Eine Bitte: Kannst du das mit McFarlane näher erläutern?

Die Situation im Frühjahr 1939 ist in London schon ein wenig skuril.

Am 20. Februar 1939 wird von den Chiefs of Staff ein umfangreicher Report "European Appreciation 1939 - 1940 erstellt. Die Planungen konzentrieren sich lediglich auf einen Einfrontenkrieg im Westen! (Aster: The Making of the Second World War, S. 117)

Im Kontrast zu dieser Planung wird vom Militär-Attache in Berlin, der eigentlich über gute Einblicke in die Wehrmacht verfügen sollte, darauf gedrungen, dass das 3. Reich präventiv angegriffen werden sollte und eine östliche zweite Front eröffnet werden sollte (Newman: March 1939, S. 187)

Seine Argumente basieren auf der inneren Schwäche der WM einen Zweifrontenkrieg zu führen. Zudem berührt es das zusätzliche Potential, dass durch die Annektion von Böhmen nd Mähren dem 3.Reich rüstungswirtschaftlich zur Verfügung steht. Da es eine gewisse Zeit dauert, dieses Potential zu integrieren ging er von einer Zweijahresfrist aus, in der die WM das Material nutzen würde, um die Anzahl der Div. von 100 auf ca. 180 zu erhöhen (ebd, S. 149).

Dieses Memorandum ist auf den 28. März 1939 datiert. Am 10. April flog Mason-MacFarlane nach London to "ginger up the War Office".

Ein Monat später, also ca. Mitte Mai 1939, verließ er als Militär-Attachee Berlin und übernahm einen Posten im War Office (Aster, ebd, S. 116).

Es erscheint mir persönlich bemerkenswert, dass eine Person abberufen wird zu einem Zeitpunkt, zu dem die Krise sich weiter zuspitzt. Und Mc-Farlanes Kontakte nicht zuletzt in die WM von vitaler Bedeutung hätten sein können.

Dieses umso mehr, sofern man sich die Kontakte von Hans Oster zum niederländischen Militär Attachee G. Sas betrachtet, dem er die Planungen der WM-Führung zum Krieg im Westen zugespielt hat.

Eine Bewertung dieses, für meine Begriffe ausgesprochen ungewöhnlichen Vorgangs, habe ich noch nicht gelesen. Ein Ansatz zur Erklärung könnte im guten Verhältnis von Chamberlain zu Henderson liegen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Situation im Frühjahr 1939 ist in London schon ein wenig skuril.
Chaotisch? ;):pfeif:

Am 20. Februar 1939 wird von den Chiefs of Staff ein umfangreicher Report "European Appreciation 1939 - 1940 erstellt. Die Planungen konzentrieren sich lediglich auf einen Einfrontenkrieg im Westen! (Aster: The Making of the Second World War, S. 117)
Das verkürzt Aster dann aber sehr. Enthalten sind ebenfalls Einschätzungen (=Wertschätzungen, sofern unterstützt) Polens, und Abwertungen der Leistungsfähigkeit der Roten Armee, die als nicht offensivtauglich beschrieben werden.

Seine Argumente basieren auf der inneren Schwäche der WM einen Zweifrontenkrieg zu führen. Zudem berührt es das zusätzliche Potential, dass durch die Annektion von Böhmen nd Mähren dem 3.Reich rüstungswirtschaftlich zur Verfügung steht. Da es eine gewisse Zeit dauert, dieses Potential zu integrieren ging er von einer Zweijahresfrist aus, in der die WM das Material nutzen würde, um die Anzahl der Div. von 100 auf ca. 180 zu erhöhen (ebd, S. 149).
Hier kommt jedenfalls für den März - realitätsfern - die Vermutung einer militärischen Opposition im Deutschen Reich gegen die Möglichkeit eines Zweifrontenkrieges ins Spiel. Man rechnete mit innerem Widerstand der Generalität, weil man sich das Durchziehen des Vabanque-Spieles nicht vorstellen konnte.

Dieses Memorandum ist auf den 28. März 1939 datiert. Am 10. April flog Mason-MacFarlane nach London to "ginger up the War Office".
Zu dem Zeitpunkt war die Polen-Garantie (nebst weiteren Ländern) beschlossene Sache.

Ein Monat später, also ca. Mitte Mai 1939, verließ er als Militär-Attachee Berlin und übernahm einen Posten im War Office (Aster, ebd, S. 116). ... Es erscheint mir persönlich bemerkenswert, dass eine Person abberufen wird zu einem Zeitpunkt, zu dem die Krise sich weiter zuspitzt.
Wieso Zuspitzung der Krise? Mittlerweile befaßte man sich mit militärischen Planungen für den Eventualfall (inkl. Unterstützung SU, inkl. Besprechungen mit dem französischen Generalstab, Analysee der Bedrohungen der Benelux-Länder), da war er mit seinen Kenntnissen im War Office doch gut plaziert. Mittlerweile ging es auf die schriftliche Abfassung der Garantie zu, und es kam zunächst ein polnischer Entwurf.
 
Wieso Zuspitzung der Krise? Mittlerweile befaßte man sich mit militärischen Planungen für den Eventualfall (inkl. Unterstützung SU, inkl. Besprechungen mit dem französischen Generalstab, Analyse der Bedrohungen der Benelux-Länder), da war er mit seinen Kenntnissen im War Office doch gut plaziert. Mittlerweile ging es auf die schriftliche Abfassung der Garantie zu, und es kam zunächst ein polnischer Entwurf.

Das sehe ich ein wenig anders. Die Arbeit eines Militär-Attachees hängt von seinen freundschaftlichen bzw. vertraulichen Kontakte ab.

Eine neue Person wird sich das Vertrauen eventueller Gesprächspartner aus der WM bzw. aus den Ministerien erst erarbeitet haben müssen.

Insofern war diese Abberufung auch ein Bruch in den "offiziellen" Spionagekontakten, die Militär-Attachees fast automatisch aufbauen.
 
Das sehe ich ein wenig anders. Die Arbeit eines Militär-Attachees hängt von seinen freundschaftlichen bzw. vertraulichen Kontakte ab. Eine neue Person wird sich das Vertrauen eventueller Gesprächspartner aus der WM bzw. aus den Ministerien erst erarbeitet haben müssen.

Da bin ich Deiner Meinung.

Allerdings waren die Fronten zu diesem zeitpunkt fixiert. Meine Überlegung war dazu, dass er mit seinen Kenntnissen im War Office auch gut aufgehoben war.

Dass die Übergabe von Informationen danach weiter funktionierte, zeigt die Durchleitung der Canaris-Mitschrift vom 22.8.1939 (Hitlers Ansprache vor der obersten Wehrmachtsführung auf dem Obersalzberg zum Angriff auf Polen).

Aber das führt jetzt etwas weit vom Thema Polen weg.
 
ok, zurück zum Thema. Nachdem die britischen Ziele einigermaßen deutlich sind, wäre es spannend, die ebenfalls leicht chaotische Koordination der englischen und der französichen Außenpolitik zu beleuchten.

Noch im Herbst 38 wurde von GB direkte Gespräche der Militärs beider Seiten zur Koordination einer gemeinsamen MIlitärstrategie abgelehnt.

Zur Außenpolitik schreibt bspw Prazmowska (Britain, Poland and the eastern Front, 1939, S. 42) daß bis zum 21 März die britischen Planungen ohne eine Absprache mit den französichen Plänen vorgenommen worden sind.

Ein durchaus erstaunlicher Vorgang, da Frankreich traditionell über intensivere Kontakte in den Osten bzw. SO Europas verfügte. Das gilt sowohl für die ehemalige Tschechei, aber auch Polen, Rumänien und die SU.

Unabhängig von der geringen Koordination verfolgten beide Länder eine ähnliche Strategie in Bezug auf Rumänien, als sie die Zusage von Verpflichtungen in Richtung Polen von einer Garantie Polens für Rumänien abhängig gemacht haben.

Während des Besuchs von Bonnet in London (21.03.39) verfolgte er zunächst die Idee eines "Regional Paktes", der ebenfalls die SU einbeziehen sollte, während Halifax sich weitgehend auf Polen festgelegt hatte als den zentralen östlichen Partner für die zweite Front.

Die polnischen Interessen werden von Prazmowska dahingehend interpretiert, dass die Polen die Idee eines "Third Europe" verfolgten und eine relative Eigenständigkeit gegenüber den großen europäischen Mächten anstrebten. Vor diesem Hintergrund lehnten sie ein "östliches Locarno" ab, da Polen nicht die Möglchkeit sah, im Rahmen einer derartigen Vertragskonstellation eine eigenständige Politik zu verfolgen.
 
Zuletzt bearbeitet:
ok, zurück zum Thema. Nachdem die britischen Ziele einigermaßen deutlich sind, wäre es spannend, die ebenfalls leicht chaotische Koordination der englischen und der französichen Außenpolitik zu beleuchten.
Noch im Herbst 38 wurde von GB direkte Gespräche der Militärs beider Seiten zur Koordination einer gemeinsamen MIlitärstrategie abgelehnt.

Nicht nur die. Für jede Konfrontation war die Konsultation und das Mitziehen des Commonwealth für Großbritannien von außerordentlicher Bedeutung. Zwischen München und Prag war man so mit sich selbst beschäftigt, dass die Mitglieder - Kanada, Australien, Südafrika etc. - erst mal vorstellig wurden und um Koordination baten. Der Beistand war jedoch keine Frage, auch wenn man hier etwas Porzellan zerschlagen hatte.

Ein durchaus erstaunlicher Vorgang, da Frankreich traditionell über intensivere Kontakte in den Osten bzw. SO Europas verfügte. Das gilt sowohl für die ehemalige Tschechei, aber auch Polen, Rumänien und die SU.
Frankreich stand auch schon in vertraglichen Beziehungen zu Polen und der SU, sowie zu dem Rest der Balkan-Entente. Das britische Vorgehen ist daher wirklich erstaunlich.

Während des Besuchs von Bonnet in London (21.03.39) verfolgte er zunächst die Idee eines "Regional Paktes", der ebenfalls die SU einbeziehen sollte, während Halifax sich weitgehend auf Polen festgelegt hatte als den zentralen östlichen Partner für die zweite Front.
Bereits das lief auf eine Garantie-Erklärung hinaus. Hier wird der Ablauf der Gestaltung deutlich. Frankreich übergab wohl auch einen Draft der entsprechenden Erklärung.

Vor diesem Hintergrund lehnten sie ein "östliches Locarno" ab, da Polen nicht die Möglichkeit sah, im Rahmen einer derartigen Vertragskonstellation eine eigenständige Politik zu verfolgen.
Eigentlich die Fortsetzung der Schaukelpolitik zwischen den beiden größeren Mächten. Prrinzip war, keine einseitige Zuwendung vorzunehmen, schließlich war der von Hitler/Ribbentrop im Oktober 1938 geforderte Beitritt Polens zum Antikominternpakt schon aus dieser Ausrichtung unannehmbar (abgesehen vom Reinrutschen in den Vasallenstatus zum Deutschen Reich, auf dieser schiefen Bahn befand sich schon mit Riesenschritten Ungarn als warnendes Beispiel).
 
Die Vorstellung von Beck zur Rolle Polens zwischen den großen europäischen Mächten, vor allem zwischen dem 3. Reich und der SU, orientierte sich an der Neutralität eines "Dritten Europas" in der Periode zwischen 36 und 39.

Vor diesem Hintergrund nahm Beck einerseits durchaus positiv zur Kenntnis, dass Belgien einen ähnlichen Kurs eingeschlagen hatte und den Kreis der neutralen Mächte erweiterte und so den neutralen Kurs Polens in seiner Bedeutung erhöhte.

Die Entwicklung in Belgien hatte gleichzeitig einen sehr positiven und ausgesprochen negativen Effekt für die militärischen Garantien Frankreichs für seine Verbündeten im Osten.

Die Neutralität Belgien reduzierte die Fähigkeit Frankreichs dramatisch, einen effektiven militärischen Schlag gegen das 3. Reich zu führen, sofern dieses im Osten einen Krieg gegen die
Tschechoslowakei bzw. Polen führen sollte. Die Neutralität Belgien verhinderte ein offensives Vorgehen Frankreichs gegen das Rheinland.

Im Fall der Garantien Frankreichs für die Tschechoslowakei war Beck durchaus daran interessiert, dass Frankreich die Garantien nicht einlösen konnte, da es selber an der Zerschlagung der
Tschechoslowakei interessiert war.

Im Sommer 1939 kam dieses Problem als Bumerang für Beck jedoch wieder zurück. Die Unfähigkeit Frankreichs in das Rheinland einzumarschieren und so das 3. Reich gravierend im Rahmen eines Zweifrontenkreigs zu bedrohen, ist ein wichtiger Aspekt, der die zögerliches Haltung Frankreichs erklärt.

Und illustriert deutlich, dass nicht nur die militärische Rüstung der Westmächte die Garantien für die östlichen Mächte unglaubwürdig machte, sondern auch geographische bzw. politische faktoren ein effektives Eingreifen stark erschwer haben.

Alternative Aufmarsch- bzw. Invasionsstreifen in Deutschland, beispielsweise über den Rhein nach Baden oder in das Saarland, versprachen für die französische Armee durchaus keine durchschlagende militärische Wirkung.
(Quelle:Weinberg: Hitler`s Foreign Policy, bes. S. 326 ff)
 
Im Sommer 1939 kam dieses Problem als Bumerang für Beck jedoch wieder zurück. Die Unfähigkeit Frankreichs in das Rheinland einzumarschieren und so das 3. Reich gravierend im Rahmen eines Zweifrontenkreigs zu bedrohen, ist ein wichtiger Aspekt, der die zögerliches Haltung Frankreichs erklärt.

Die Bündniskonstellationen waren tatsächlich kompliziert, inkl. der militärischen Optionen, wie Du für Belgien richtig herausgestellt hast.

Ob Beck tatsächlich an der "Zerschlagung" der Tschechoslowakei, insbesondere der Resttschechei und die Angliederung der Slowakei in den Vasallenstatus zum Deutschen Reich interessiert war, würde ich in Frage stellen. Die Interessen waren mE eher begrenzter territorialer Art, aber egal.

Wenn man bei den "Komplikationen" fortsetzt, sah es im Osten nicht besser aus:

1. Polen war bei der Ausformulierung der britischen Garantie in einem zweiseitigen Vertrag höchst interessiert, diese Garantie auf die baltischen Staaten ausgedehnt zu sehen, für den Fall weiterer deutscher Aggressionen bzw. für die Versuche, die Staaten unter Kontrolle zu bringen. Dabei spekulierte er auch auf den langjährigen dt.-brit. Wirtschaftsgegensatz bzgl. des Baltikums.

2. Großbritannien war zu dieser Ausdehung der Garantie bereit, stellte aber zwei Forderungen:
a) nach dem netherlands-scare zwang man Polen, die Garantie beidseitig auf die Bedrohung der Benelux-Staaten durch Hitler auszudehnen, da man bei einem Fall der Niederlande/Belgiens unmittelbar die Bedrohung für Großbritannien durch die deutsche Luftwaffe steigen sah
b) durch die Ausdehung der polnischen Beistandspflichten auf Rumänien, dessen Bedrohung/Eingliederung in den deutschen Machtbereich man stufenweise seit Januar 1939 kommen sah. Die auch territoriale unmittelbare Bedrohung wurde über die Haltung Ungarns sehr konkret, dass seit der Jahreswende zum Deutschen Reich tendierte, ökonomisch bereits in weitgehende Abhängigkeit zum Deutschen Reich geraten war, und wegen seiner beachtlichen revisionistischen Tendenzen für Rumänien nach dem Erlöschen der Kleinen Entente und der Zerschlagung der Resttschechei zur ernsten Gefahr wurde.

Während Polen a) akzeptierte, sträubte es sich hartnäckig zur Einbeziehung Rumäniens aus der Befürchtung, Ungarn vollständig in die Arme Deutschlands zu treiben.

Skurril ist das Ergebnis: das Haupt-Sorgenkind Rumänien blieb außen vor, während die gegenseitigen Garantien auf weitere kleinere Länder ausgedehnt wurden. Es half nichts: Ungarn lehnte sich formal an den Stahlpakt an (in Erwartung, territoriale Revision gegenüber Rumänien und slowakischen Gebieten zu erreichen), die Slowakei sank zum Vasall herab, Rumänien konnte seine zögerliche Position über den Kriegsausbruch hinaus nur bis zur Niederlage der Westmächte in Frankreich im Mai 1940 halten.
 
Momente...

Danzig als politiisches Problem war einer der symbolischen Zankapfel, allerdings war für die Briten dieses Thema eher von untergeordneter Bedeutung.

Polen wurde aus der Sicht von GB eine Reihe von Aufgaben zugeschrieben. Es sollte im wesenltichen als Wellenbrecher fungieren, der für eine Zeitverzögerung sorgte und den Westalliierten die Möglichkeit bietet, ihre Rüstung zu ergänzen.

Die 2. Front im Osten sollte zudem den zu entrichtenden Blutzoll der WM möglichst in die Höhe treiben, um die WM zu ermatten.

Man ging in GB aber nicht davon aus, dass Polen, selbst bei wohlwollender Neutralität der SU, deutlich länger als 1 Monat Widerstand leisten könne!

Die Kooperaion mit der SU wurde aus einer Reihe von Gründen bewußt durch GB abgelehnt. (...)
Relevant war aber vor allem die massive Ablehnung einer Kooperation mit der SU durch die Polen und durch die Rumänen.

In ähnlicher Weise war das diplomatische Parkett, über das weitere Verbündetet gegen das 3. Reich hätten gewonnen werden müssen, eindeutig gegen eine Kooperation mit der SU eingestellt. (...)

Die Garantie für Polen folgte, und somit anders als z.B. von Vitruv dargestellt, geostrategischen Überlegungen, in denen der Besuch und die Verhandlungsführung durch Beck lediglich maginalen Einfluss hatte.


Beruflich bedingt, komme ich erst heute dazu das zu lesen.

Zum Debattenpunkt britische Haltung zur SU: Halifax hat noch bis zum 19. März 1939 eifrig für eine Viermächtelösung geworben (GB, Frankreich, Polen, Russland), dazu auch die Stellungnahme Halifax an Sir William Seeds vom selben Tage. Der Umschwung kam erst mit der Rumänien Krise und dem Auftritt von Beck in London.

Beck weigerte sich eine Viermächteerklärung zu unterzeichnen, was schließlich von London akzeptiert wurde. Insofern kommt dem Auftreten von Beck erhebliche Bedeutung in der Entwicklung zu.

Desweiteren war das Gespräch insofern gewichtig, da Beck britische Zweifel ausräumen konnte, daß es zu einer militärischen Konfrontation Polens mit dem Deutschen Reich kommen würde. Die polnische Seite unternahm alles, um London zu überzeugen, daß es keine Bedrohung durch das Deutsche Reich gab. Beck erklärte, daß Polen und Deutschland bald über Danzig verhandeln würden. Man fürchtete zu Recht, daß das britische Außenministerium ansonsten das Angebot zurückziehen würde.

Beck erklärte, Polen würde Berlin ein großzügiges Angebot unterbreiten. Es gäbe keine wichtigen Streitfragen zwischen Polen und Deutschland, das Kolonialproblem sei viel wichtiger als die Debatte um Danzig. Deutschland hätte nie dir polnischen Rechte in Danzig bestritten und es sei mehr als zweifelhaft, daß Berlin wegen einer solchen marginalen Streitigkeit einen Konflikt riskieren würde. (British Documents Band, 3, Bd IV Nr. 598)

Das war insofern entscheindend, da die britische Außenpolitik ja unbedingt das Moment vernmeiden wollte, daß man einem fremden Staat die Entscheidung über den Kriegseintritt Großbritanniens überlassen würde. (British Documents Band, 3, Bd IV Nr. 523/ 547).

Halifax ließ sich zudem zusichern, daß Polen nichts unternehmen würde, was Deutschland provozieren könnte (British Documents Band, 3, Bd IV Nr. 595)

Fazit: Die britische Regierung bot eben Polen eine Garantie unter der Voraussetzung an, daß Polen nicht bedroht war. Als Gegenleistung wollte man eine Garantie für Rumänien erhalten, die Warschau aber nie abgab. Die Garantie für Polen sollte geheim bleiben und selbst Paris nicht bekannt gemacht werden. Es blieb solange geheim, bis man Berichten des 'News Chronicle' mit einer klaren Aussage entgegentreten mußte.

Ihre Aussagen zu den allgemeinen strategischen Überlegungen sind insofern nur ein Hinweis auf allgemeine Postulate der britischen Außenpolitk und der gewünschten Machtbalance auf dem Kontinent.

Die Garantie für den Bestand eines polnischen Staates und nicht für seine Grenzen!!! durch Chamberlain war somit im wesentlichen eine diplomatische Geste, mit der GB seine Handlungsfähigkeit als Weltmacht unterstrich. Polen war in diesem Kontext lediglich ein Statist in einem wesentlich größeren Spiel.

Sehr wohl wurden durch die Garantie die polnischen Grenzen garantiert, der Streitpunkt Danzig jedoch fatalerweise ausgespart.

Wenn es eine Instrumentalisierung im Jahr 1939 gegeben hat, dann haben GB in Übereinstimmung mit Frankreich Polen als 2. Front instrumentalisiert.

Und es war allen beteiligten in GB klar, dass für eine kurzfristige Rettung Polens durch die Westmächte nichts geleistet werden konnte.

Wenn das so ist: Wie soll man sich die strategischen Überlegungen auf britischer Seite hierzu vorstellen?? Man läßt zynisch, wissentlich geostrategisch Polen 'über die Klinge' springen, um aber was zu erreichen: Zeit, einen politisch-moralischen Vorteil, eine militärische Abnutzung der deutschen Kapazitäten??

Wie ist dann aber die polnische Haltung hierzu einzuschätzen? War sie sich dieser machtpolitischen Konstellation in irgendeiner Weise bewußt??

Grüße

Vitruv
 
1. Beruflich bedingt, komme ich erst heute dazu das zu lesen.

2. Zum Debattenpunkt britische Haltung zur SU: Halifax hat noch bis zum 19. März 1939 eifrig für eine Viermächtelösung geworben (GB, Frankreich, Polen, Russland),

3. Beck weigerte sich eine Viermächteerklärung zu unterzeichnen, was schließlich von London akzeptiert wurde. Insofern kommt dem Auftreten von Beck erhebliche Bedeutung in der Entwicklung zu.

4. Desweiteren war das Gespräch insofern gewichtig, da Beck britische Zweifel ausräumen konnte, daß es zu einer militärischen Konfrontation Polens mit dem Deutschen Reich kommen würde. Die polnische Seite unternahm alles, um London zu überzeugen, daß es keine Bedrohung durch das Deutsche Reich gab. Beck erklärte, daß Polen und Deutschland bald über Danzig verhandeln würden. Man fürchtete zu Recht, daß das britische Außenministerium ansonsten das Angebot zurückziehen würde.

5. Das war insofern entscheindend, da die britische Außenpolitik ja unbedingt das Moment vernmeiden wollte, daß man einem fremden Staat die Entscheidung über den Kriegseintritt Großbritanniens überlassen würde. (British Documents Band, 3, Bd IV Nr. 523/ 547).

6. Halifax ließ sich zudem zusichern, daß Polen nichts unternehmen würde, was Deutschland provozieren könnte (British Documents Band, 3, Bd IV Nr. 595)

7. Fazit: Die britische Regierung bot eben Polen eine Garantie unter der Voraussetzung an, daß Polen nicht bedroht war. Als Gegenleistung wollte man eine Garantie für Rumänien erhalten, die Warschau aber nie abgab. Die Garantie für Polen sollte geheim bleiben und selbst Paris nicht bekannt gemacht werden. Es blieb solange geheim, bis man Berichten des 'News Chronicle' mit einer klaren Aussage entgegentreten mußte.

8. Sehr wohl wurden durch die Garantie die polnischen Grenzen garantiert, der Streitpunkt Danzig jedoch fatalerweise ausgespart.

zu 1. Dann ist ja Zeit vorhanden, diese vielfältigen Einschätzung durch entsprechende Quellen zu untermauern. In der bishrigen Diskussion wurde durch Silesia und durch mich jeder wichtige Argumentationsschritt durch die entsprechende Literatur, im Sinne einer intersubjektiven Nachvollziehbarkeit, belegt.

zu 2. "eifrig geworben" ist eine grobe Verzerrung der damaligen Position von Chamberlain. Halifax gehörte sicherlich zu den Kabinettsmitgliedern, die einer Kooperation mit der SU am aufgeschlossensten gegenüber standen.

Ärgerlich finde ich die obige Formulierung dennoch, weil a: grundsätzliche ideologische Position von Ch. gegen eine Kooperation mit der SU standen, b. die SU nach der Säuberung als nicht brauchbarer militärischer Partner eingestuft wurde, c. Polen und der Rest von Ost- und SE-Europa gravierende Vorbehalte gegen die SU als Partner machten und vor allem ein wichtiger Aspekt, der Bündnisfähigkeit von GB unter den westlichen Mächte gravierend beeinträchtigt worden wäre. Ein Aspekt, der gerne übersehen wird!

Diese Punkte waren Halifax allesamt präsent und deswegen ist es geradezu grotesk von einem eifrigen werben zu sprechen. Richtig ist, dass mann in London jede Form einer Anti-Hitler-Koalition geprüft hat, angesichts der gravierenden eigenen Schwäche bei der britischen Rüstung. Man wollte und mußte Zeit gewinnen, damit die Rüstungsmaßnahmen in GB und Frankreich greifen konnten.

zu 3. Ist so auch nicht richtg aber auch nicht falsch. Mit Hinblick auf Ungarn weigerte sich Beck, eine derartige Zusage zu machen. Allerdings sagte er zu, Rumänien mit verteidigen zu wollen, sofern Rumänien sich seinerseits gegen einen deutschen Angriff verteidigt. (vgl. Ciencial: Poland and theWestern Powers 1938-1939, S. 207ff). Insofern ist die Darstellung von Vitruv irreführend.

Auch an diesem Punkt stört mich die Art der Argumentation, die ein "richtiges Argument" aufgreift, um es einseitig verzerrt zu interpretieren.

zu 4. Es lagen durchaus im Verlauf von 1939 Berichte vor, über Aufmarschvorbereitungen der Wehrmacht (Bestellungen von Rationen etc.) . Vor allem der "private Geheimdienst" von "Van" hat dazu beigetragen, ein objektiveres Bild der Vorbereitungen der WM zu erarbeiten. Die Qualität der Aufklärung der Vorbereitungen der WM war insgesamt durchaus durchwachsen. (vgl. Andrew:Her Majesty`s Secret Service, S. 412ff).

Nicht die Aufklärung als solche war dabei das Problem, sondern eher die Transmission in die politische Analyse und somit in das regierungsamtliche Handeln.

In diesem Sinne und vor allem auch, weil London die Polen sehr deutlich vor politischen oder militärischen Provokationen Deutschlands gewarnt hatte, konnte Beck durchaus zu Recht Anfang 1939 von keiner akuten Kriegsgefahr ausgehen.

Unabhängig davon ging jedoch die "kollektive politische Elite" in London Anfang 1939 von einem Waffengang mit Deutschland aus, allerdings hoffte man den Zeitpunt möglichst weit hinauszuzögern. Und in diesem Zusammenhang wurde Deutschland eine "Kriegsfähigkeit" für das Jahr 1942 attestiert. Der innenpolitische Willensbildungsprozess hat einen deutlichen Einfluß auf eine härtere Haltung gegenüber Hitler erzwungen (Cienciala, S. 225)

zu 5. Auch in diesem Fall eine Jaein als Antwort. In London verfolgte man mehrere Optionen in Bezug auf den Osten. Eine symbolische militärische, die als militärischer Bluff Hitler von einem Angriff auf Polen abhalten sollte.

Und beinhaltete eine "klare Sprache" im Gegensatz zum Ausbruch des WW1, in dem man eine unklare Position von GB zur Neutralität von Belgien, als ein Mißverständnis für den Ausbruch der Feindseligeiten interpretiert hat.

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die polnische Armee als relativ gut eingeschätzt worden ist, allerdings relativiert durch die Urteile von französichen Militärs, die Polen in 1939 besuchten. In diesem Sinne diente Polen zudem für die westlichen Allierten als "Zeitpuffer", um die notwendige Rüstung voranzutreiben.

Ansonsten war jedem der beteiligten Partner klar, auch den Polen, dass an einer effektiven militärische Hnilfe nicht zu denken war. Das Problem war (neben der nicht -vorhandenen offensiven militärischen Rüstung des Westens) vor allem !!!!!! die Neutralität Belgien (vgl. ausführlich dazu Weinberg: Hitler`s Foreign Policy 1933-1939, S. 523ff).

Die Garantie war für GB ebenfalls notwendig, um als Weltmacht weiterhin Glaubwürdigkeit zu beanspruchen und außenpolitisch als Bündnispartner handlungsfähig zu bleiben.

zu 6. Was ließ er sich denn genau zusichern? Da das entsprechende Dokument zitiert wird, ist es sicherlich auch möglich, die entsprechenden Passagen kurz aufzuführen.

zu 7. Da dieses eine der regelmäßig bei @Vitruv vorkommenden Behauptungen ist, ebenfalls und erneut ein deutlicher Widerspruch. Beck hat die Briten nicht "über den Tisch gezogen", wie die Formulierung impliziert. Beck hat ein Verhandlungserfolg für Polen erzielt, aber das war einfach, weil GB den Vertrag für seine eigene politische Position ebenso benötigte.

Erneut der Hinweis, es ging nicht um Polen, sondern um Rumänien und da nicht um das Land, sondern um das Öl und die damit zusammenhängende Gewinnung von Autarkie bei der Ölversorgung für Deutschland.

Das mag man zynisch finden, aber Machtpolitik ist zynisch.

Allerdings irgendwie scheint @Vitruv diesen Aspekt des britischen Handelns nicht akzeptieren zu wollen.

zu 8. Ein deutliches Nein! Belegen Sie doch mal Ihre Behauptung mit einer Quelle! Als ersten Hinweis wüde ich z.B. Hildebrand: Deutsche Außenpolitik 1933-1945, S. 86-87 empfehlen.

Ansonsten hat der PM am 31. März im Unterhaus mitgeteilt, dass die "Polish Independence" zum schützenswerten Gut erhoben wird. Nicht eine wie auch immer vorhandene Grenze.

Für Ch. waren diese Grenzen alle samt Verhandlungssachen und einem moderaten, verhandlungsorientierten deutschen Revisionismus, duchaus aufgeschlossen gegenüber. Wie im Fall der Kolonien aus internen englischen Papieren deutlch wurde.

Appeasement war für Ch. bis zum Kriegsbeginn, neben einer auch innenpoltisch verursachten Verhärtung der politischen Linie gegenüber Hitler, jederzeit eine Handlungsoption.
 
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zu 3. Ist so auch nicht richtg aber auch nicht falsch. Mit Hinblick auf Ungarn weigerte sich Beck, eine derartige Zusage zu machen. Allerdings sagte er zu, Rumänien mit verteidigen zu wollen, sofern Rumänien sich seinerseits gegen einen deutschen Angriff verteidigt. (vgl. Ciencial: Poland and theWestern Powers 1938-1939, S. 207ff). Insofern ist die Darstellung von Vitruv irreführend.

Ich arbeite das schrittweise ab, die Ausführungen zu 2 stelle ich zurück.

Die Darstellung zu Ihrem 3. beruht auf den Aufzeichnungen von Sir Howard Kennard, 34-41 brit. Botschafter in Warschau in den British Documents Bd V, Nr. 207. Kennard geht sogar soweit, daß er angibt, Polen und Rumänien hätten sich am 18. April darauf geeinigt, es bedürfe keiner unmittelbaren Aktion, um sich darüber zu verständigen, was zu tun sei, wenn Deutschland angriffe (Gespräch Beck mit Gafencu). Es wäre nach der Meinung von Beck und Gafencu 'unerwünscht', eine offene Erklärung ihres Vorhabens abzugeben.. So verzichtete man auf diese Erklärung Motor war hier Beck.

Bleibt die Frage, auf welche Art von Vereinbarung o.ä. sich Ihre anderslautende und abweichende Quelle stützt..?? Wann und wie soll das vereinbart worden sein...??

Grüße Vitruv
 
...(British Documents Band, 3, Bd IV Nr. 598)
...(British Documents Band, 3, Bd IV Nr. 523/ 547).
...(British Documents Band, 3, Bd IV Nr. 595)
... in den British Documents Bd V, Nr. 207.

Die Rolle Becks und der Ablauf (der Besuch Becks fand vom 3. bis 7.4. statt und hatte auf die britisch-französische Erklärung keinen Einfluss, insbesondere nicht auf die Frage des britischen Risikos im Bedarfsfall in der Unterscheidung Polen/Rumänien) sind oben diskutiert worden.

Bleibt die Frage, auf welche Art von Vereinbarung o.ä. sich Ihre anderslautende und abweichende Quelle stützt..?? Wann und wie soll das vereinbart worden sein...??

Begleitend zu den neu aufgeworfenen Fragen würde ich gerne wissen:
Aus welcher Literaturstelle werden hier die DBFP indirekt zitiert?




EDIT, und ergänzend:

- warum wird DBFP 3, IV, 484 zur Positionierung von Halifax (Polen, 2-Schritte-Verfahren) ausgelassen?
- warum fehlt die Reaktion Polens unmittelbar vor der Entscheidung (zur "vertraulichen bilateralen Verständigung) ebenda, Nr. 518?
- auf welcher Quellenbasis wird konträr zum Stand der Literatur wiederholt:
Sehr wohl wurden durch die Garantie die polnischen Grenzen garantiert, der Streitpunkt Danzig jedoch fatalerweise ausgespart.
- wieso wird dem entgegenstehend die Verknüpfung des polnischen Unabhängigkeitsproblems mit Danzig, vorgenommen von Halifax in Nr. 471 ausgelassen?
 
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1. Die Darstellung zu Ihrem 3. beruht auf den Aufzeichnungen von Sir Howard Kennard, 34-41 brit. Botschafter in Warschau in den British Documents Bd V, Nr. 207. Kennard geht sogar soweit, daß er angibt, Polen und Rumänien hätten sich am 18. April darauf geeinigt, es bedürfe keiner unmittelbaren Aktion, um sich darüber zu verständigen, was zu tun sei, wenn Deutschland angriffe (Gespräch Beck mit Gafencu). Es wäre nach der Meinung von Beck und Gafencu 'unerwünscht', eine offene Erklärung ihres Vorhabens abzugeben..

2. So verzichtete man auf diese Erklärung Motor war hier Beck.

3. Bleibt die Frage, auf welche Art von Vereinbarung o.ä. sich Ihre anderslautende und abweichende Quelle stützt..??

zu 1. Dann wird sich Kennard bereits im Datum geirrt haben. Gafencu war im März in Warschau und man einigte sich bilateral darauf, "that there was no need to extend the mutual assistence clause of the pact to cover German aggression (Beck vom 06.03.1939, in Cienciala: Poland and the Western Powers..., 212).

Das ist im wesentlichen die Sichtweise dieser beiden Partner, die deutlich von der westlichen Sichtweise abwich. Aus gutem Grund, da Beck offensichtlich mehr Patriotismus als Verstand bzw. Einsicht in die Form der Kriegsführung gegen das Dritte Reich aufwies.

Diese GB & F-Sichtweise war geprägt durch:
a. eine zweite Front im Osten zu errichten
b. eine möglichst lange, duchgehende Front
c. der Zwang für Deutschland, eine Diversifikation vorzunehmen
d. zu verhindern, dass einzelne Partner der Entente eine zu hohe Last tragen müssen

Und um hinter dieser Front einen defensiven Krieg der Abnutzung führen zu können, der durch eine massive und wirkungsvolle Wirtschaftsblockade unterstützt wurde.

Zusätzlich formuliert Gibbs (Grand Strategy, Vol. I, S. 703) in Bezug auf den Besuch von Beck in London, "And although willing [gemeint ist Beck]to discuss with Roumania the extension of their existing obligations [siehe oben den Hinweis], he clearly feared that such a move might throw Hungary into the arms of Germany."

zu 2. Ist diese Einschätzung auch durch Kennard formuliert worden oder wer ist diese Quelle?

zu 3. Meine Quelle bildet die autorisierte, regierungsamtliche britische Fassung des Zweiten Weltkriegs, die in 100 prozentiger Übereinstimmung zu den entsprechenden außenpolitischen britischen Dokumenten formuliert wurde.


Zur Frage der Garantie der polnischen Grenzen durch GB und in deutlichem Widerspruch zu Vitruv`s Behauptungen ein Brief von Chamberlain (01.04.1939) an seine Schwestern:

" What we are concerned with is not the boundaries of States but attacks on their independence. And it is we who will judge whether their independence is threatened or not". Gibbs, ebd., S. 702).

Eine eindeutigere Formulierung durch Chamberlain wird man wohl nicht finden können
 
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