Handel in der Frühzeit - Austausch oder Fernreisende?

balticbirdy

Ehemaliges Mitglied
Weil sich @rena nicht traut. Vieles kann man hierher schieben.
Noch einmal meine Meinung: Das Meiste ging von Hand zu Hand und durchwanderte so die Kontinente. An fernreisende Händler glaube ich nicht.
 
Weil sich @rena nicht traut. Vieles kann man hierher schieben.
Noch einmal meine Meinung: Das Meiste ging von Hand zu Hand und durchwanderte so die Kontinente. An fernreisende Händler glaube ich nicht.

Ok, da du es nun getan hast, sollten die Beiträge ab 277 aus http://www.geschichtsforum.de/f22/indogermanen-konstrukt-oder-wirklichkeit-21353/index14.html hierhin verschoben werden.

Ich traue mich eigentlich alles, bb. Mein Problem war, außer der schwierigen Definition, dass ich mit epoche- und gebietsübergreifenden Threads hier im Forum keine gute Erfahrungen gemacht habe, obwohl ich persönlich sehr gern einen Aspekt vom Beginn an über alle Zeiten betrachte.
Du hast das Thema bereits auf die Frühzeit eingegrenzt, bb, so sollten wir uns auf die Zeit vor der Bronzezeit beschränken. Eine Phase, in der wir wenig über lange, weite See- und Landreisen wissen.
Der europäische und nahöstliche Bauer saß auf seiner Scholle und lebte iW davon. Um das Mittelmeer tat sich etwas mehr, da entstanden Städte, Hierarchien und Begehrlichkeiten. Jenseits von diesen Zentren fallen mir zu Handel und Austausch zuerst die mobileren Hirtennomaden ein. Die Entstehung dieser Kulturform muß man auch noch in die vorbronzezeitliche Frühzeit einordnen.
 
Auch wenn ich mit dem Artikel der auf diesen Bezug hat noch nicht vertraut bin (hole ich bald nach). @ baltbird wie sieht es denn mit den nachgewiesenen Beziehungen von Mykene mit Wessex aus zwecks Zinnhandel? Man braucht ja schon einiges an Zinn für die Bronzeherstellung das wäre für mich ein Anzeichen für Fernhandel. Oder man geht davon aus, dass die mykenischen Gegenstände über andere Mittelsmänner und einen gewissen Zeitraum bis Wessex gelangten und der Zinn aus Zinnlagerstätten in England genau auf diese Weise nach Mykene?

Es gibt zum Handel in der Frühzeit ja sehr viele Theorien (wenn ich allein wieder an Hortfunde denke), aber weshalb hälst du es für unwahrscheinlich, dass sich Menschen über weitere Distanzen zur Erlangung eines begehrten Gutes bewegt haben? Hier müsste man mir auch vllt erklären was ihr genau als Fernhandel definiert. (100 km? 1000?)
 
Weil sich @rena nicht traut. Vieles kann man hierher schieben.
Noch einmal meine Meinung: Das Meiste ging von Hand zu Hand und durchwanderte so die Kontinente. An fernreisende Händler glaube ich nicht.

Ich denke dass diese Vorstellung einige Schwierigkeiten beinhaltet, da sie ein funktionierendes Handelsnetz vorraussetzt. Je dichter das Handelsnetz und je effektiver die Tauschmöglichkeiten sind umso weniger lukrativ wird Fernhandel. Frühzeit ist nun ein weiter Bereich, irgendwann in dieser Zeit haben sich gewiss auch Handelsnetze gebildet.

Aber ohne diese wäre ein Tausch von Hand zu Hand viel zu unsicher und Zeitaufwendig.
 
Wie definiert ihr denn Frühzeit ?
Gerade bei den Handelsbeziehungen sollte man genau zwischen den einzelnen Epochen unterscheiden, sonst wird das Thema zu weit.
 
Rena8 hat schon eine Eingrenzung auf vorbronzezeitliche (damit endneolithische) Kultur/Epoche vorgenommen. In meinem Thread "Frühe Zinnquellen" hatte ich das Thema schon einmal angeschnitten, das Interesse daran war wohl damals nicht groß. Nach meinen Recherchen wird "Bronzeverwendung" erst bei einem Zinngehalt ab 2% "unterstellt". Bekannt ist, daß bei über 60% der Funde aus dem Endneolithikum im Mittelelbe-Saale-Gebiet zinnhaltige Kupferverbindungen auftreten (also > 2% Zinngehalt). Hauptsächlich bei Glockenbecher- und Schnurkeramik-Kultur sind diese Funde vertreten (Andreas Neubert in: "Das Neolithikum im Mittelelbe-Saale-Gebiet und in der Altmark", 2006, S. 291ff, Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas 4).
Weiterhin ist inzwischen bekannt, daß alle Flüsse von der Saale bis zur Schwarzen Elster in der Lausitz Zinnstein-führend sind und damit dem Endneolithikum und auch der Aunjetitzer Kultur relativ leicht zum Zinn verholfen haben mögen. Auch ist bekannt, daß Glockenbechergold wie z.B. die 2 goldene Lockenringe aus: M. Küßner: "Ein reich ausgestattetes Grab der Glockenbecherkultur von Apfelstädt", 2006, Neue Ausgrabungen und Funde in Thüringen, Heft 2/2006, S. 55ff)aus Elekton bestehen , eine auch natürlich vorkommenden Gold/Silberlegierung. Der hohe Silbergehalt deutet auf "Berg"-Gold und damit Bergbau hin, in Seifengold ist kaum oder weniger als 2% Silber enthalten. Solches "Berg"-Gold ist aber in unseren Mittelgebirgen nicht zu finden. Prestige-Objekte (Metallobjekte) sind meiner Meinung nach in einem System des Fernhandels vertrieben worden. Die Organisaton oblag einer Elite (z.B. Priester/Häuptling) und ist vermutlich für den Reichtum am Metallfunden im Mittel-Elbe-Saale-Gebiet verantwortlich, wo noch ein zusätzliches Handelsgut - das Salz- hinzu kam. In diesem Kontext sehe ich auch Versuche der Kalenderbeherrschung wie Kreisgrabenanlagen, Venuskalender von Salzmünde (gravierte Steinbeile), Szepter von Bernstrof, Goldhüte. Die Kalenderbeherrschung ist für den Fernhandel von besonderer Bedeutung, da man sich nicht immer zum Güteraustausch treffen konnte. der Bauer benötigte m.E. keinen Kalender, durch Naturbeobachtung wußte er, wann zu säen und zu ernten ist.
 
Moment setzt du hier Prestigeobjekte mit Metallobjekten gleich? Wenn ja wieso? Für mich sind Prestigeobjekte etwas in Richtung eines Prunkgegenstandes... Wenn man aber die Verbreitung einzelner Metallobjekte (z.B Axtklingen bzw. Tüllenbeile in der Bronzezeit (die Diskussion zum Unterschied zwischen Axt und Beil sparen wir uns nun bitte)) ansieht, sieht man dich durchaus eine "leichte" (Dramatisierung) Verbreitung. Anders gesagt man hatte genug von dem Kram um Horte von mehreren Dutzend zu deponieren. Wo bleibt da das Prestigeobjekt? Zumal Metallobjekte in der Bronzezeit so weit verbreitet waren, dass man die gesamte Epoche danach benannte. Ob man Hortfunde nun prinzipiell als Händlerdepots deutet um deine These der Handelsnetzwerke zu untermauern sei jedem selbst überlassen, ich halte es allerdings für gewagt. Oder habe ich einfach nur deine Aussage falsch verstanden?
 
Zuletzt bearbeitet:
Nun ja,es mag zwar sein,daß es zu unterschiedlichen Zeiten der Frühzeit je nach nachgefragtem Handelsgut unterschiedliche Handelsbeziehungen gegeben hat, aber
was m.E. interessant ist, ist inwieweit sich dadurch tatsächlich die Handelswege verändert haben.
M.E. muß man davon ausgehen,daß die großen Fernhandelswege sich immer an den größeren Flüssen und bestimmten,leicht zu überquerenden Pässen orientiert haben und erst im regionalen Bereich ,in dem die Rohstoffe erzeugt wurden, ein individuelles,temporäres Handelswegenetz entstanden ist.

Im mitteleuropäischen Raum dürften dies Rhein,Main,Donau,Weser,Elbe und Inn gewesen sein und Pässe wie der Brenner oder die burgundische Pforte.
 
Sorry, ich habe mich beim Zeichen größer/kleiner oben vertan, es muß natürlich "< 2% Zinngehalt" - also kleiner bei zinnhaltigen Kupferlegierungen heißen.
Nach meiner Auffassung sollten wir aber beim Endneolithikum bleiben, sonst sind wir ja in der "Bronzezeit", darüber wollte balticbirdy vermutlich nicht diskutieren. Für die steht m.E. der Fernhandel außer Frage.
Nach meiner Überzeugung setzt Fernhandel eine Organisation voraus, welche über "Kapital" zur "Vorfinanzierung" verfügt, also den Herstellungsprozeß des Handelsgutes und damit auch die Ernährung der Produzenten gewährleistet. Dies schließt Rohstoffbeschaffung mit ein. Der Fernhandel muß außerdem unter Schutz stehen und es muß eine Art "Markt" existieren, wo sich zu einem bestimmten Zeitpunkt die Handelspartner treffen. Die Frage stellt sich also, ob im Endneolithikum bereits so eine Organisation erwartet werden kann. Ich meine ja, denn wenn Bergwerkstätigkeit, Erzverarbeitung, Holzkohleproduktion existiert, wird das nicht von einzelnen Bauernhöfen organisiert. Ich gehe von Stammeseliten aus, die ihr Prestigebedürfnis über Gold und Kupfer/Bronze-Metall-Gegenstände befriedigten. Dieser Fernhandel führt dann in der Bronzezeit zu noch stärkerer sozialer Differenzierung (siehe die Fürstengräber).
 
M.E. sollte man eher von Arbeitsteilung zwischen produzenten und Händlern ausgehen.
Das Problem ist, daß die Gewinnung von Rohstoffen und die Weiterverarbeitung zu handelbaren Waren in der Regel recht personalintensiv war und andererseits der Fernhandel Spezialkenntnisse erfordertes. Bei der geringen Populationsdichte in der Frühzeit dürfte ein Produktionsstandort alle dort befindlichen Arbeitskräfte gebunden haben , so daßman beim Export außerhalb der lokalen Märkte der Region auf spezielle Händler angewiesen sein durfte.Und die wiederum mußten möglichst "multikulti" sein um ihre waren vertreiben zu können.
Die zweite Möglichkeit ,die ich sehe ,wäre der Handel über Ketten regionaler Märkte-mit dem Problem der immensen Verteuerung aufgrund vieler Zwischenhändler und die langsame Verbreitungsgeschwindgkeit der Waren
 
Hier müsste man mir auch vllt erklären was ihr genau als Fernhandel definiert. (100 km? 1000?)
M.E. muß man davon ausgehen,daß die großen Fernhandelswege sich immer an den größeren Flüssen und bestimmten,leicht zu überquerenden Pässen orientiert haben und erst im regionalen Bereich ,in dem die Rohstoffe erzeugt wurden, ein individuelles,temporäres Handelswegenetz entstanden ist.

Im mitteleuropäischen Raum dürften dies Rhein,Main,Donau,Weser,Elbe und Inn gewesen sein und Pässe wie der Brenner oder die burgundische Pforte.

Zu Fuß und über Bergpässe sind 100 km schon weit, über Flüsse wahrscheinlich kein Problem.

Ich denke dass diese Vorstellung einige Schwierigkeiten beinhaltet, da sie ein funktionierendes Handelsnetz vorraussetzt. Je dichter das Handelsnetz und je effektiver die Tauschmöglichkeiten sind umso weniger lukrativ wird Fernhandel. Frühzeit ist nun ein weiter Bereich, irgendwann in dieser Zeit haben sich gewiss auch Handelsnetze gebildet.

Aber ohne diese wäre ein Tausch von Hand zu Hand viel zu unsicher und Zeitaufwendig.

Ich bezweifle, dass solche Effizienzerwägungen, den Zeiten, die mich besonders interessieren, angemessen sind.
Da sah man vielleicht bei einem sommerlichen Treffen bei einem Verwandten ein paar hübsche Bernsteinperlen und tauschte gegen einen guten Jagdbogen.

Wie definiert ihr denn Frühzeit ?
Gerade bei den Handelsbeziehungen sollte man genau zwischen den einzelnen Epochen unterscheiden, sonst wird das Thema zu weit.

In diesem Fall nur bis Beginn der Metallzeiten, also Epochen, in denen man Hierarchien und Eliten noch nicht nachweisen kann.
Nun ja,es mag zwar sein,daß es zu unterschiedlichen Zeiten der Frühzeit je nach nachgefragtem Handelsgut unterschiedliche Handelsbeziehungen gegeben hat, aber
was m.E. interessant ist, ist inwieweit sich dadurch tatsächlich die Handelswege verändert haben.
Ja, wir sollten zuerst zusammentragen, von welchen Gütern wir sprechen. In dem anderen Thread hatten wir Spongylusmuscheln, Bernstein, Flint, Obsidian, Edelsteine und -metalle und evtl. Salz erwähnt.

M.E. sollte man eher von Arbeitsteilung zwischen produzenten und Händlern ausgehen.
Das Problem ist, daß die Gewinnung von Rohstoffen und die Weiterverarbeitung zu handelbaren Waren in der Regel recht personalintensiv war und andererseits der Fernhandel Spezialkenntnisse erfordertes. Bei der geringen Populationsdichte in der Frühzeit dürfte ein Produktionsstandort alle dort befindlichen Arbeitskräfte gebunden haben , so daßman beim Export außerhalb der lokalen Märkte der Region auf spezielle Händler angewiesen sein durfte.Und die wiederum mußten möglichst "multikulti" sein um ihre waren vertreiben zu können.
Die zweite Möglichkeit ,die ich sehe ,wäre der Handel über Ketten regionaler Märkte-mit dem Problem der immensen Verteuerung aufgrund vieler Zwischenhändler und die langsame Verbreitungsgeschwindgkeit der Waren

Das klingt sehr marktwirtschaftlich. Können wir diese Ansätze so ohne weiteres auf die Frühzeit übertragen?
 
Das klingt sehr marktwirtschaftlich. Können wir diese Ansätze so ohne weiteres auf die Frühzeit übertragen?
Gut ,ich hatte jetzt die frühe Metallzeit bei meinen Überlegungen mit eingeschlossen-der Übergang dürfte ja gleitend gewesen sein- aber auch vorher dürfte die Trennung von Produktion und Fernhandel bereits zweckmäßig gewesen sein.
Ein Händler war Monate ,vielleicht bis zu einem halben Jahr unterwegs-während dieser Zeit konnte er nicht produzieren. und er mußte ganz andere Fertigkeiten haben als ein Handwerker und Produzent.
Die Frage ist also weniger die nach marktwirtschaftlichen Prinzipien als die nach der tatsächlichen Notwendigkeit der Spezialisierung.alleine aufgrund äußerer Sachzwänge.
 
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Ich finde eine festgelegte Entfernung als Kriterium zwar sehr praktisch aber wenig richtig. Es macht wohl einen erheblichen Unterschied, ob man mit seinen direkten Nachbarn Handel treibt, Leuten, denen man mehr oder weniger unabsichtlich von Zeit zu Zeit begegnet; oder ob man seine Behausung auf eine lange Abwesenheit einrichtet und durch die Gebiete verschiedener Völker wandert, um zielstrebig profitabele Handelspartner aufzusuchen.

Was die Marktwirtschaft betrifft, so ist das doch wohl eine sehr natürliche Form des Wirtschaftens, sobald man über die reine Selbstversorgung und Nachbarschaftshilfe hinauswächst. Das heißt aber mitnichten, dass regelrechte Marktplätze erforderlich wären. Ein guter Händler weiß, wo er einen guten Tausch Ware/Ware oder Ware/Geld machen kann, plant seine Route entsprechend und lässt andere darüber im Ungewissen. So kommen dann auch die wildesten Räuberpistolen über diese Länder zustande; so vermute ich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zum Fernhandel, welcher sicher durch "Spezialisten" abgewickelt wurde, möchte ich auf die Notwendigkeit einer "Bürokratie" hinweisen. Es gibt Hinweise aus der Bronzezeit, wie das abgelaufen ist. Z.B. hat das ZDF am 01.01.06 die Sendung "Die Minen des Hephaistos" gebracht. Die dort angegebene Datierung von Kupferlieferungen aus dem heutigen Jordanien aus den -6. Jtsd. teile ich ausdrücklich nicht. Aber es wurden gezeigt, wie die Handelsbürokratie funktionierte. Der Fernhändler, welcher kaum im alleinigen Auftrag gehandelt haben dürfte, lieferte an seinen Kunden neben den realen Gütern noch einen Tonklumpen, in dem Symbole für das zu liefernde Gut eingeschlossen waren. Durch Vergleich zwischen der Art der Symbole und deren Anzahl konnte der Kunde nach Öffnen über diese Art "Lieferschein" beurteilen, ob die Waren vollzählig waren. Im Buch von Moosauer/Bachmaier: "Bernstorf - Das Geheimnis der Bronzezeit", 2.Auflage 2005, S. 107 wird ein Bernsteinobjekt beschrieben, was bei der Grabung in Bernstorf gefunden wurde. Es handelt sich um ein Bernsteinsiegel, welches mit 3 Linear B-Schriftzeichen beschriftet ist. Die Übersetzung als Spiegelschrift des Siegels/Petschaft wird gedeutet als pa-nwa-ti bzw. im Abdruck als ti-nwa-pa. Die Zeichengruppe ist bisher noch nicht in Texten belegt, aber tiwa als Namensbestandteil in Pylos. Da Bernstorf auch als eine Zwischenhändler-niederlassung für Bernstein innerhalb der Burganlage gedeutet wird, wäre das u.a. eine für griechische Händler, die mit diesem Siegel z.B. solche oben genannten Tonklumpen vor Fläschung gesichert hätten. Übrigens das in Bernstorf gefundene "Szepter" mit seiner charakteristischen Punzierung wird als Venuskalender gedeutet ( S. 177 ff), ein für den Fernhandel wichtiges Utensil.
Diese in der Bronzezeit ablaufenden Handelsreisen haben sicher auch im Endneolithikum Vorbilder, wobei heute eine Überlappung von Schnurkeramik, Glockenbecherkultur und frühe Aunjetitzer Kultur als gesichert angesehen wird.
Erst die griechischen Fürsten und später die Stadtstaaten waren wohl in der Lage, Schiffsfernhandelsreisen vorzufinanzieren. Der Fernhandel im Endneolithikum wurde von den Stammeseliten getragen. Das bedeutet aber, daß z.B Zinn aus Mitteldeutschland in Richtung Levante zunächst durch Karawanen/Rindergespanne transportiert wurde. in den durchquerten Gebieten müssen die dortigen Eliten an Handel beteiligt worden sein, da sie Schutzfunktion bzw. auch den Weitertransport gewährleiten mussten. Diese Beteilgung der Eliten führte zur verstärkten sozialen Differnzierung, die sich dann in den Gräbern widerspiegelt. Bei den Glockenbecher-Leuten sind Ansätze solcher Diffenrenzierung zu beobachten.
 
Nach meiner Überzeugung setzt Fernhandel eine Organisation voraus, welche über "Kapital" zur "Vorfinanzierung" verfügt, also den Herstellungsprozeß des Handelsgutes und damit auch die Ernährung der Produzenten gewährleistet.
Zum Fernhandel, welcher sicher durch "Spezialisten" abgewickelt wurde, möchte ich auf die Notwendigkeit einer "Bürokratie" hinweisen.
Ich glaube nicht dass "Vorfinanzierung" noch "Bürokratie" Notwendig für Fernhandel sind. Die Händler im vorkolumbianischem Nordamerika, also auch in eine 'vor-bronzezeitliche' Kultur, kamen soweit ich weiß ganz gut ohne klar. Die reisten zwischen verschiedene Stämme und handelten in Muscheln, Obsidian, Pfeifen etc. Ernahren konnte er sich von Wild oder von die gastfreundlichkeit seiner Kunden. Nur so aus meiner Errinnerung. Vielleicht Ingeborg weiß genaueres darüber.
 
Die Bürokratie macht gar keinen Sinn solange der Eigentümer des Handesgutes selbst reist und handelt. Das insofern Beschriebene zeigt also, das Vertreter auf den Weg geschickt wurden, deren Herren sich von ihnen nicht betrügen lassen wollten. Auch heute noch sind allein arbeitende Kaufleute weniger der genauen Buchhaltung zugetan also solche, die ihre Geschäfte von Angestellten tätigen lassen und Angst haben, den Überblick zu verlieren.
 
Erst die griechischen Fürsten und später die Stadtstaaten waren wohl in der Lage, Schiffsfernhandelsreisen vorzufinanzieren.
Nun ja,da muß ich mal widersprechen:
Für den Binnenhandel braucht es nur ein Floß oder ein Boot ,um Güter in größerer Menge über die Flußsysteme Europas zu transportieren.Das ging also ohne größere Vorfinanzierungen über die Bühne. Zum Seehandel der damals im wesentlichen durch Küstenschifffahrt und Inselhopping betrieben wurde, reichte ebenfalls ein bedingt seetüchtiges Fahrzeug mit kleiner Mannschaft, also etwa ein Fischerboot aus. Auch hier dürfte eher Privatintiative als staatliche Vorsubventionierung die Regel gewesen sein., zumal entsprechende staatliche Strukturen ja auch erst später,möglicherweise als Folge des Handels entstanden sein dürften
 
Hallo Leute,

zu dieser interessanten Diskussion will ich auch mal meine unmassgebliche Meinung einstreuen.
Eines der frühesten Handelsgüter aus Europa, das mir geläufig ist, ist Bernstein. Eine viel zu kleine Karte der Handelsstrecken findet ihr hier:
Östliche Landroute
Wenn man sich die Gesamtverbreitung ansieht, reicht sie bis nach Ägypten und den vorderen Orient, vermutlich bis nach Asien. Über diese Strecken muss er gehandelt worden sein, denn der Ursprung liegt nun mal im Baltikum.

Das zeigt für mich, dass man die Handelskontakte, oder besser: Handel und Kontakte, bereits in der Frühzeit viel zu häufig unterschätzt. Besonders bei Menschen, die glauben, man hätte damals noch "auf den Bäumen gesessen" passen diese Kontakte nicht ins Weltbild. Ich erlebe immer wieder erstaunte Gesichter.
Gleiches gilt auch für Obsidian, dass den entgegengesetzten Weg genommen hat, oder auch für Korallen aus dem roten Meer, die in weiten Teilen der besiedelten Welt als Schmuck beliebt waren.
Also: Es gab Kontakte, und zwar nicht wenige.
Wenn ich mich recht entsinne, schreibt das auch Hänsel in seiner Einleitung zu "Die Bronzezeit", das es bereits in der frühesten Phase weitreichende Beziehungen durch ganz Europa und nicht nur dort gegeben hat. Das gleiche gilt auch für die entwickelte Jungsteinzeit.
 
Und nun zum angesprochenen Thema "Bürokratie":
Ich bin dafür, beide Themen getrennt voneinander zu behandeln.
Bürokratie entsteht meines Erachtens aus überörtlicher Voratshaltung. Sie hat eine eigene Dynamik, und ist eng mit Glaubenssystemen verbunden. Nicht umsonst kommt das Geld im 7. Jahrhundert in die Welt und wird in Tempeln geprägt (Artemis-Heiligtum von Ephesos mit den ersten Elektron-Münzen). Aber auch vorher finden sich Hinterlassenschaften von Bürokratie wie Einkaufs- und Bestandslisten doch meist im Umfeld von Heiligtümern.

Interessant ist vor diesem Hintergrund das minoische Siegelsystem, diese Siegel findet man in Gräbern, Palästen und Heiligtümern. Also gab es wohl private Siegel, die auf nassen Lehm gedrückt wurden und damit Gaben an die Götter oder Steuern bezeichneten. Das ist dann schon das Gleiche, wie unsere heutige Steuernummer, nur dass man die nicht mit ins Grab gelegt bekommt (Gottseidank).

Die Überschusswirtschaft, der erste "Mehrwert" in der Geschichte der Menschheit, führt also auch zur Ausprägung von Herrschaft und Unterdrückung.
Einfach dadurch, dass die Vorräte von jemandem kontrolliert wurden und dieser dann meist das Recht erhielt, über die Verteilung und Nutzung zu entscheiden.

Zusätzlich gab es dann, auch wieder getrennt zu betrachten, den überregionalen Austausch von Prestigegütern zur Sicherung von diplomatischen Kontakten.

Die Debatte würde allerdings anschaulicher, wenn wir die Bronzezeit bis zu ihrem Ende noch in die Betrachtung einbeziehen würden, da aus dieser Epoche die Nachweise häufiger sind und man gute Fundkomplexe anführen kann wie den Schiffsfund von Uluburun.
 
Nicht umsonst kommt das Geld im 7. Jahrhundert in die Welt und wird in Tempeln geprägt ...
Für Münzgeld mag das stimmen, aber Geld als Form von warenunabhängigegem Tauschgegenstand stimmt das so nicht. Schon im alten Orient gab es Formen von Geld ... z.B. soundsoviel Gramm Silber o.ä.
 
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