Ich hab eine Frage und zwar:
Warum wurde die NSDAP auf dem Land häufiger gewählt?
Ursi hat bereits auf die Studien von Falter hingewiesen. Dazu einige Ergänzungen:
Die Fragestellung kann man unter zwei zu trennenden Aspekten betrachten: (1) Vergleich der NS-Wahlquoten zwischen (kleineren) ländlichen Bereichen und größeren städtischen Bereichen sowie (2) Wählerstruktur der NSDAP nach ländlichen und städtischen Gebieten, auch hier wieder in einem engen Zusammenhang nach den Ortsgrößen.
zu (1): mit sinkender Ortsgröße stieg der relative Anteile der NS-Wähler. Beträgt der NS-Anteil bei Ortsgrößen unter 500 Wahlberechtigten bei rd. 40% bei den RTWn 1932, lag er zugleich bei Ortsgrößen > 2000 Wahlberechtigten bei unter 30%, insbesondere durch die schwächeren Ergebnisse in den Großstädten.
zu (2): gleichwohl kam bis 1932/33 unverändert die Mehrheit der NS-Wähler insgesamt aus den Ortsgrößen > 5000 Wahlberechtigten, rd. 45-47% der gesamten NS-Wähler aus Ortsgrößen <5000 WB.
Im Kontext der Ortsgrößen ist ein relativ hoher Anteil der NS-Wähler aus der Agrarbevölkerung festzustellen. Dabei besteht offenbar ein Zusammenhang zu steigenden Hofgrößen bzw. großen Familienbetrieben, die aber landestypisch wieder mit dem "Drittfaktor" Konfession korrelieren. Legt man die Faktoren gleichzeitig zugrunde, überstieg der Konfessionsfaktor den Verstädterungsfaktor bei den Wahlerfolgen, jedenfalls vor 1933. Falter berücksichtigt dann noich weitere Faktoren, wie zB die Kombination von "Verschuldung und Landwirtschaft".
Es könnte hier ein enger Zusammenhang von Agrarkrise (1925), Weltwirtschaftskrise (1929), stärker in der Landwirtschaft sinkenden Einkommen, längerfristiger Verschuldung und Existenzängsten bestehen, der über mehrere Jahre eine andauernde Bewegung der Wähler zunächst an den rechten Rand, dann zur NSDAP bewirkt hat. Dabei gab es unterschiedlichen "konfessionellen" Widerstand ggü. dem NS.
Soweit eine grobe Zusammenfassung. Ich halte weiter den Hinweis von zaphodB. für wichtig, der auf die übersichtlichen Strukturen der kleineren Einheiten hinwies (Wahlverhalten von Familienangehörigen, Haushaltshilfen etc.) Der NS konnte, wenn er sich einmal in diesen Strukturen festgesetzt hatte, diese leichter vollständig durchdringen und so relativ höhere Wahlergebnisse als im Vergleich zur übrigen Bevölkerung erreichen.