Elsaß-Lothringen 1871-1918

War es nicht Gang und Gäbe und ein völlig normaler Vorgang, dass ein gewonnener Krieg mit Annexionen einher ging?
Im 19. Jahrhundert gewann der Gedanke der Volkssouveränität an Bedeutung mit entsprechenden Auswirkungen auf die Rechtsvorstellungen im Völkerrecht. Währenddessen früher die Fürsten Europas selbstherrlich territoriale Fragen bestimmten, ohne dabei Rücksicht auf die davon betroffene Bevölkerung zu nehmen, entwickelte sich im 19. Jahrhundert die Vorstellung, dass Menschen nicht wie Vieh hin und her geschoben werden dürften. So gab es eine Reihe von Verträgen, in denen territoriale Fragen unter Berücksichtigung des "Volkswillens" geregelt wurden. Man denke z.B. an den Prager Frieden von 1866, in dessen Art. 5 geregelt wurde, dass die Bevölkerung von Nodschleswig über einen möglichen Anschluss an Dänemark selbst bestimmen sollte. Ob diese Entwicklung sich bereits 1871 zu einem Rechtssatz des Völkergewohnheitsrechtes entwickelt hatte, kann mal dahinstehen. Es gab - meiner Erinnerung nach - eine Reihe von (liberalen) deutschen Völkerrechtslehrern, die die Annexion Elsass-Lothringens als völkerrechtswidrig verurteilten.
Es ergibt sich daraus, dass die Bevölkerung im Elsaß und in Lothringen - ungeachtet der Tatsache ob man vornehmlich deutsch oder französisch sprach - schon seit langem akzeptierte, dass der Sieger des Weltkrieges über ihr Schicksal bestimmen werde.
Den Satz verstehe ich aus vielerlei Gründen nicht. Seit wann gab es denn "Weltkriege"? Abgesehen davon hat man die Elsässer/Lothringer doch gar nicht gefragt, ob sie mit dem jeweiligen Wechsel einverstanden sind. Dass sie sich damit arrangieren mussten, steht freilich auf einem anderen Blatt. Aber daraus eine Akzeptanz dafür abzuleiten, dass sie 1871 einfach als Kriegsbeute genommen wurden, ist doch sehr daneben.

Der Wechsel 1918 fiel leicht, da die deutsche Repressionspolitik während des 1. WK den Wunsch nach Wiedervereinigung mit Frankreich aufflammen liess. Zudem hat die Reichsleitung im November 1918 auf der Basis von Wilsons Vierzehnpunkte um Frieden ersucht. Punkt 8 sah die Rückkehr nach Frankreich vor. Damit war die Sache bereits mit einem Tritt in den Hintern entschieden.

1945 stellte sich die Frage, ob man bei "Deutschland" verbleiben möchte, gar nicht.
 
Den Satz verstehe ich aus vielerlei Gründen nicht. Seit wann gab es denn "Weltkriege"? Abgesehen davon hat man die Elsässer/Lothringer doch gar nicht gefragt, ob sie mit dem jeweiligen Wechsel einverstanden sind. Dass sie sich damit arrangieren mussten, steht freilich auf einem anderen Blatt. Aber daraus eine Akzeptanz dafür abzuleiten, dass sie 1871 einfach als Kriegsbeute genommen wurden, ist doch sehr daneben.

Bitte im Zusammenhang mit dem vorherigen Satz zitieren, dann ist es weder unverständlich noch daneben: ...NACH der deutschen Niederlage... gemeint ist also 1918, der Weltkrieg war gerade zu Ende gegangen, war also bekannt. Akzeptiert hatten die Elsässer und Lothringer bereits WÄHREND dieses Krieges, dass sie NACH diesem "großen" Krieg, also dem Weltkrieg, Beute des jeweiligen Siegers, also Deutschlands (dann verblieb man zum Bedauern der frankophonen Bevölkerung und zur Freude der Reichsdeutschen im Reichsverbund) oder Frankreichs (zum Bedauern der Reichsdeutschen und zur Freude der ursprünglich französischen Bevölkerung) wurde. Dass die Bevölkerung weder 1871 noch 1918 gefragt wurde oder hätte werden sollen behaupte ich doch gar nicht!? Eine schon vorhandene Akzeptanz des Schicksals, dass Elsaß-Lothringen NACH dem Weltkrieg Beute des Siegers wird, leite ich von der Tatsache ab, dass die Bevölkerung eben KEINE Gewalt gegenüber der neuen Staatsmacht ausübte wie dies beispielsweise in Oberschlesien geschah.
 
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Mich liess Deine Formulierung "schon seit langem akzeptierte" in # 178 darüber nachdenken, ab wann diese Akzeptanz bestanden haben soll. Wenn ich Dein "WÄHREND" in # 182 richtig verstanden haben, soll mit dieser Beschreibung der überschaubare Zeitraum von vier Jahren zu verstehen sein.:hmpf:

Abgesehen davon leuchtet mir nicht ein, weshalb ausgerechnet dem traurigen Schicksal der Elsässer/Lothringer eine Akzeptanz für das "Beuterecht" des Siegers entnehmbar sein soll. 1918 war man froh wieder nach Frankreich zurück zu kommen. Das kann man auch als Nichtakzeptanz der Annexion von 1871 verstehen, ohne dass es hierfür dann noch einer (gewalttätigen) Rückkehr-Untergrundbewegung bedurft hätte.
 
Abgesehen davon leuchtet mir nicht ein, weshalb ausgerechnet dem traurigen Schicksal der Elsässer/Lothringer eine Akzeptanz für das "Beuterecht" des Siegers entnehmbar sein soll. 1918 war man froh wieder nach Frankreich zurück zu kommen. Das kann man auch als Nichtakzeptanz der Annexion von 1871 verstehen, ohne dass es hierfür dann noch einer (gewalttätigen) Rückkehr-Untergrundbewegung bedurft hätte.

In einem Brief an seinen Botschafter in London begründet Bismarck die deutschen Aneignungsabsichten von Elsaß-Lothringen (August 1870): "Wir stehen heute im Felde gegen den 12. oder 15. Überfall und Eroberungskrieg, den Frankreich seit 200 Jahren gegen Deutschland ausführt. 1814 und 1815 suchte man Bürgschaften gegen Wiederholung dieser Friedensstörungen in der schonenden Behandlung Frankreichs. Die Gefahr liegt aber in der unheilbaren Herrschsucht und Anmaßung, welche dem französischen Volkscharakter eigen ist und sich von jedem Herrscher des Landes zum Angriff auf friedliche Nachbarstaaten missbrauchen lässt. Gegen dieses Übel liegt unser Schutz nicht in dem unfruchtbaren Versuche, die Empfindlichkeit der Franzosen momentan abzuschwächen, sondern in der Gewinnung gut befestigter Grenzen für uns.
Wir müssen dem Druck ein Ende machen, den Frankreich seit zwei Jahrhunderten auf das ihm schutzlos preisgegebene Süddeutschland ausübt, und der ein wesentlicher Hebel für die Zerstörung der deutschen Verhältnisse geworden ist. Frankreich hat sich durch die konsequent fortgesetzte Aneignung deutschen Landes und aller natürlichen Schutzwehren desselben in den Stand gesetzt, zu jeder Zeit mit einer verhältnismäßig kleinen Armee in das Herz von Süddeutschland vorzudringen, ehe eine bereite Hilfe da sein kann. Seit Ludwig XIV., unter ihm, unter der Republik, unter dem ersten Kaiserreich haben sich diese Einfälle immer und immer wiederholt; und das Gefühl der Unsicherheit, welches sie zurückgelassen, und die Furcht vor einer Wiederholung dieses Schrecknisses zwingt die süddeutschen Staaten, den Blick stets auf Frankreich gerichtet zu halten. Wir können nicht immer auf eine außerordentliche Erhebung des Volkes rechnen und der Nation nicht ansinnen, stets das Opfer so starker Rüstung zu tragen. Wenn die Entwaffnungstheorie in England ehrliche Anhänger hat, so müssen dieselben wünschen, dass die nächsten Nachbarn Frankreichs gegen diesen alleinigen Friedensstörer Europas mehr als bisher gesichert werden. Dass in den Franzosen dadurch eine Bitterkeit geweckt werde, kann dagegen nicht in Betracht kommen. Diese Bitterkeit wird ganz in demselben Maße stattfinden, wenn sie ohne Landabtretung aus dem Kriege herauskommen. Wir haben Österreich, wesentlich aus jener Rücksicht, keine Gebietsabtretungen angesonnen, haben wir irgendeinen Dank davon gehabt? Schon unser Sieg bei Sadowa hat Bitterkeit in den Franzosen geweckt; wie viel mehr wird es unser Sieg über sie selbst tun! Rache für Metz, für Wörth wird auch ohne Landabtretung länger das Kriegsgeschrei bleiben als Revanche für Sadowa und Waterloo! Die einzig richtige Politik ist unter solchen Umständen, einen Feind, den man nicht zum aufrichtigen Freunde gewinnen kann, wenigstens etwas unschädlicher zu machen und uns mehr gegen ihn zu sichern, wozu nicht die Schleifung seiner uns bedrohenden Festungen, sondern nur die Abtretung einiger derselben genügt."

Damit schloss sich Bismarck einerseits der Meinung der Militärs und seines Königs an, die aus dem Sicherheitsaspekt und wohl auch "Beuterecht" - immerhin hat König Wilhelm bereits 1866 schweren Herzens auf "Beute" verzichtet - auf Gebietsabtretungen bestanden. Andererseits hat die Welle der nationalen Begeisterung, die den preussischen Krieg erst zu einem deutschen Krieg gegen Frankreich gemacht hat, dazu geführt, dass auch die deutsche Bevölkerung von Berlin bis München das Elsaß einforderte und zwar mit dem Hinweis auf das "Unrecht" dass seit Ludwig XIV die Franzosen dem Reich zugefügt hatten.

"Unverändert blieb indessen seine (Bismarcks) Auffassung, dass keine Volksabstimmung über die Annexionen entscheiden dürfe. Sie (Bismarcks Auffassung) stand im krassen Widerspruch zur vorherrschenden öffentlichen Meinung Europas, für die der Grundsatz der Selbstbestimmung der Völker ein unverlierbarer Bestandteil liberalen Denkens war. In einem offenen Brief an Th. Mommsen schrieb Fustel de Coulanges, ehemals Professor in Strasburg: "Vous invoquez le principe des nationalités, mais vous le comprenez autremont que toute l´Europe" (Handbuch der europäischen Geschichte, Bd.5 S.604, Hrsg. Th. Schieder, Stuttgart 1998)

Akzeptiert wurde (durch die Elsässer) natürlich nicht das Prinzip eines "Beuterechts" an sich, welches sich schon damals im Widerspruch zu liberalem Gedankengut befand, mehr noch dem Nationalitätenprinzip widersprach. Akzeptiert wurde lediglich die TATSACHE, dass man ab 1871 Bestandteil des deutschen Reiches wurde, belegbar durch die Wahlergebnisse zum Reichstag seit 1874.

Auch waren 1918 längst nicht alle Elsässer "froh, wieder nach Frankreich zu kommen": Wieso sollte denn ein gebürtiger Elsässer/Franzose, Eugen Adolf Ricklin, geb. 1862, in seiner Funktion als Landtagspräsident die Autonomie ausrufen anstatt der Wiedereingliederung nach Frankreich? Die weitere Behandlung des Elsaß´durch Frankreich war doch weit weniger liberal als sie während der Kaiserzeit ausfiel, wenn auch unter der Prämisse, dass Frankreich als Zentralstaat schon per se das Elsaß anders verwaltete als es der deutsche "Bundesstaat" gemacht hatte.

Eine gewalttätige "Rückkehr-Untergrundbewegung" hat es weder 1871 nach der deutschen Annexion noch 1918 nach der französischen Wiedereingliederung gegeben. Meine früheren Aussagen beruhen jedoch genau auf diesem Umstand: Eben das Fehlen solcher Aktivitäten, im Gegensatz zu den Vorgängen in Oberschlesien, indiziert, dass auch die "deutschen" Elsässer akzeptiert hatten, nach der Niederlage 1918 wieder den Pass ändern zu müssen.
 
Meine früheren Aussagen beruhen jedoch genau auf diesem Umstand: Eben das Fehlen solcher Aktivitäten, im Gegensatz zu den Vorgängen in Oberschlesien, indiziert, dass auch die "deutschen" Elsässer akzeptiert hatten, nach der Niederlage 1918 wieder den Pass ändern zu müssen.
Hier sollte man vielleicht erwähnen, dass diejenigen, die den Wechsel nicht "akzeptierten" wollten, 1871 nach Frankreich gingen und 1918 viele "deutsche" Elsässer vertrieben wurden.
 
Hier sollte man vielleicht erwähnen, dass diejenigen, die den Wechsel nicht "akzeptierten" wollten, 1871 nach Frankreich gingen und 1918 viele "deutsche" Elsässer vertrieben wurden.

Zur Ergänzung und Präzisierung:

1871 konnten die Elsässer und Lothringer zur französischen Staatsbürgerschaft optieren und nach Frankreich gingen, was etwa 50.000 gemacht haben.

Nach 1918 wurden die "deutschen" Elsässer/Lothringer ausgewiesen, damit sind Deutsche gemeint, die nach 1871 ins Elsaß/Lothringen kamen bzw. von Deutschen abstammen. Damit sind nicht die deutschsprachigen Elsässer/Lothringer, deren Vorfahren vor 1871 Franzosen waren, gemeint.
 
...Eine schon vorhandene Akzeptanz des Schicksals, dass Elsaß-Lothringen NACH dem Weltkrieg Beute des Siegers wird, leite ich von der Tatsache ab, dass die Bevölkerung eben KEINE Gewalt gegenüber der neuen Staatsmacht ausübte wie dies beispielsweise in Oberschlesien geschah.

Das mag u. a. daran liegen, dass Frankreich unmittelbar nach Kriegsende - also noch vor Unterzeichnung des Versailler Vertrages - damit begonnen hatte, die "deutschen" Elsässer aus dem Land zu jagen.

Man darf auch nicht vergessen, dass Frankreich den Elsässern zunächst eben genau das versprochen hatte, was man stets so sehr herbeigesehnt hatte: Freiheit und Selbstbestimmung. Von daher gab es zunächst keinen Grund zu protestieren.

Am 24. November 1914, also noch relativ zu Beginn des Krieges hatte General Joffre im Rathaus zu Thann noch feierlich versprochen:

Frankreich bringt euch mit der Freiheit, die es immer vertreten hat, den Respekt für eure eigene Freiheit, für eure Tradition, Überzeugung und Sitten.

Dieses Versprechen wurde am 2. Dezember 1914 im "Bulletin des armées de la Republique" veröffentlicht. Ähnliche Äußerungen gab es während des Krieges immer wieder von französischer Seite und im November 1918 wiederholten die Generäle Pétain und Gouraud gleichlautende Beteuerungen. Die Realität sah bekanntlich anders aus.

Ganz so gewaltfrei ging es in der Nachkriegszeit im Elsass übrigens nicht zu, wenngleich die Gewalttätigkeiten in den allermeisten Fällen nicht von der Bevölkerung ausging. Man wollte zwar nicht zu Deutschland zurück, aber man kämpfte verzweifelt für Autonomie und gegen die von Frankreich systematisch betriebene Assimilisierung, gegen die Ausrottung der deutschen Sprache und gegen die bis ins Kleinste gehende Bevormundung aus Paris. Das war den Herrschenden natürlich ein Dorn im Auge. Als Beispiel sei hier nur der sog. "blutige Sonntag von Colmar" genannt. Dabei wurde am 22. August 1926 eine Gruppe von Heimatrechtlern auf dem Weg zu einer Versammlung beim Verlassen des Bahnhofs von Colmar von "Patrioten" brutal zusammengeschlagen. Wie sich später herausstellte, waren die Gewalttätigkeiten vom Präfekten, unter Komplizenschaft mit der Polizei, die nicht eingriff, organisiert worden.

Quelle: Bernhard Wittmann: Die Geschichte des Elsass, S. 145 f
 
Ganz so gewaltfrei ging es in der Nachkriegszeit im Elsass übrigens nicht zu, wenngleich die Gewalttätigkeiten in den allermeisten Fällen nicht von der Bevölkerung ausging. Man wollte zwar nicht zu Deutschland zurück, aber man kämpfte verzweifelt für Autonomie und gegen die von Frankreich systematisch betriebene Assimilisierung, gegen die Ausrottung der deutschen Sprache und gegen die bis ins Kleinste gehende Bevormundung aus Paris.

Ganz richtig.

Das Stichwort war Elsässer Separatismus, nicht erneuter Anschluss an Deutschland. Die Ausweisungen (ca. 112.000 betr. Elsaß und 30.000 Lothringen) sind auch kaum die Ursache für den ausbleibenden Widerstand von unten. Der Separatismus (Frankreich war für die neue Generation der Elsässer auch wenig attraktiv um 1911) entwickelte sich bereits vor dem Krieg, und gegen Kriegsende bereiteten die Elsässer den eintreffenden französischen Truppen überwiegend einen "begeisterten Empfang". [1]

Frankreich "kopierte" fast die deutsche Vorgehensweise nach 1871, was keine Freundschaften beförderte, sondern den Separatismus schnell wiederbelebte. Zuweilen übertraf man sogar die bisherige Praxis, zB mit Überstülpen französischer Verwaltung und Zahlung von "Auslandszulagen" für die französischen Beamten, was fast an koloniale Zustände erinnerte und Widerstand pro-Separatismus nochmals anheizte. [2]

[1] Kochanowski/Sach: Die 'Volksdeutschen' in Polen, Frankreich, Ungarn und der Tschechoslowakei - Mythos und Realität, dort der Aufsatz von Kohser-Spohn: Die Vertreibung der Deutschen aus dem Elsass 1918-1920
[2] Hochstuhl, Zwischen Krieg und Frieden - Das Elsaß in den Jahren 1938-1940, hier den darstellenden Teil betreffend 1918-1938.
 
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Die Ausweisungen (ca. 112.000 betr. Elsaß und 30.000 Lothringen) sind auch kaum die Ursache für den ausbleibenden Widerstand von unten.

Dazu habe ich noch eine etwas genauere Aufgliederung der Bevölkerung von Elsaß-Lothringen 1918 gefunden, aus der Einwohner-Klassifizierung:

Ausgegeben wurden
1.082.650 A-Karten
183.500 B-Karten
55.050 C-Karten
513.800 D-Karten.

Die D-Karten betrafen eingewanderte "feindliche Ausländer" und deren Nachkommen. Hinzu könnte man die B-Karten zählen, bei denen ein Elternteil ausländischer Abstammung war.

Geht man nur von den B-Karten aus, würde die deutschstämmige Bevölkerung 1918 rund 513.800 Personen umfasst haben, von denen bis zu 150.000 vertrieben worden sind (Zählung bis September 1920: 112.000 laut Reichsstatistik). Demnach verblieben bis zu 419.000 deutschstämmige (entsprechend B- und D-Karten) in Elsaß-Lothringen.

Quelle: Gründewald, Die Elsaß-Lothringer im Reich 1918-1933, Europ. Hochschulschr. III/232.
 
Geht man nur von den B-Karten aus, würde die deutschstämmige Bevölkerung 1918 rund 513.800 Personen umfasst haben, von denen bis zu 150.000 vertrieben worden sind (Zählung bis September 1920: 112.000 laut Reichsstatistik). Demnach verblieben bis zu 419.000 deutschstämmige (entsprechend B- und D-Karten) in Elsaß-Lothringen.

Quelle: Gründewald, Die Elsaß-Lothringer im Reich 1918-1933, Europ. Hochschulschr. III/232.


Vielen Dank für die interessanten Zahlen! Nicht eingerechnet sind aber diejenigen Elsässer/Lothringer, die zwar nicht ausgewiesen wurden, aber dennoch für sich und ihre Familien keine Zukunft mehr sahen und deshalb das Land verließen.

Die Klassifizierung mithilfe der oben genannten Karten barg für zahlreiche Familien übrigens eine besondere Tragik, weil sich einzelne Familienmitglieder u. U. in unterschiedlichen Klassifizierungen wiederfanden. Albert Schweitzer erhielt z B. den Ausweis A, da seine Eltern bereits vor 1871 im Elsaß gelebt hatten, als es noch französisch gewesen war. Sein Schwiegervater, der Geschichtsprofessor an der Straßburger Universität war, erhielt den Ausweis D und wurde ausgewiesen. Ebenso erhielt die Frau Albert Schweitzers nur den Ausweis D.

Die Einteilung hatte noch weitergehende Folgen: ein Inhaber des Ausweises A. konnte sein deutsches Geld zum Kurs von 1M = 1,25 Fr. umtauschen, während ein Inhaber des Ausweises D für 1M lediglich 0,74 Fr. erhielt.
 
Nicht eingerechnet sind aber diejenigen Elsässer/Lothringer, die zwar nicht ausgewiesen wurden, aber dennoch für sich und ihre Familien keine Zukunft mehr sahen und deshalb das Land verließen.

Ich glaube, die sind inkludiert, jedenfalls für Sitzwechsel nach 1918. Die Zahl von 112.000 stammt aus der Umsiedlungsstatistik des Statistischen Reichsamtes 1920, die Zahl von 150.000 (die häufig auch in der Literatur anzutreffen ist, und gemeinhin als Obergrenze der nicht genau ermittelbaren Umsiedlungen angegeben wird) vom Elsäßischen Vertriebenenverband aus 1923.
 
Ich bin Grenzbewohner und spreche außerdem alemannischen Dialekt. Für mich waren Elsass und Lothringen noch nie fremd. Die Vorfahren meiner Mutter stammen aus Phalsbourg weshalb ich mich intensiv mit der Geschichte beschäftigt habe. Zum meinen Glück spreche ich auch ausreichend französisch um auch mit den Leuten kommunizieren zu können die keinen Dialekt (mehr) sprechen. Ich habe die Ausführungen interessiert gelesen und bin auch der Meinung dass bei der "Rückgewinnung" von Elsass und Lothringen für das deutsche Reiche viele Fehler gemacht wurden und zwar zumeist aus Unkenntnis der Mentalität. Wie sollen auch die Preußen eine Ahnung von der alemannischen Mentalität haben. Tatsache bleibt aber für mich dass die Ursache der jahrelangen Feindschaft zwischen Deutschen und Franzosen lange vor den beiden Weltkriegen lagen und mit den Raubzügen der franz. Könige (besonders Ludwig dem XIV) begonnen haben. Zuvor wurden schon der 30-jährige Krieg benutzt um die Grenze von Frankreich an den Rhein vorzuschieben. Revanchismus ist mir fremd, dafür liebe ich Frankreich zu sehr aber ich lasse mich bei Diskussionen mit Franzosen auch nicht für dumm verkaufen............
 
Ich bin Grenzbewohner und spreche außerdem alemannischen Dialekt. Für mich waren Elsass und Lothringen noch nie fremd. Die Vorfahren meiner Mutter stammen aus Phalsbourg weshalb ich mich intensiv mit der Geschichte beschäftigt habe. Zum meinen Glück spreche ich auch ausreichend französisch um auch mit den Leuten kommunizieren zu können die keinen Dialekt (mehr) sprechen. Ich habe die Ausführungen interessiert gelesen und bin auch der Meinung dass bei der "Rückgewinnung" von Elsass und Lothringen für das deutsche Reiche viele Fehler gemacht wurden und zwar zumeist aus Unkenntnis der Mentalität. Wie sollen auch die Preußen eine Ahnung von der alemannischen Mentalität haben. Tatsache bleibt aber für mich dass die Ursache der jahrelangen Feindschaft zwischen Deutschen und Franzosen lange vor den beiden Weltkriegen lagen und mit den Raubzügen der franz. Könige (besonders Ludwig dem XIV) begonnen haben. Zuvor wurden schon der 30-jährige Krieg benutzt um die Grenze von Frankreich an den Rhein vorzuschieben. Revanchismus ist mir fremd, dafür liebe ich Frankreich zu sehr aber ich lasse mich bei Diskussionen mit Franzosen auch nicht für dumm verkaufen............

Wir auch nicht.
 
exotisches Intermezzo

wenn wir mal kurz jeden Lokalpatriotismus (egal welcher couleur) beiseite lassen: die Region, um die es geht, ist wie das heutige Polen ein El Dorado für alle, die sich für den Festungsbau des 19. und frühen 20. Jhs. interessieren - was diese beiden Regionen ihrer wechselhaften Geschichte "verdanken". So können in Masowien russ., dt. und österr. Festungsanlagen besichtigt werden, in Elsass-Lothringen franz. und dt. -- z.B. Metz bietet beides
 
wenn wir mal kurz jeden Lokalpatriotismus (egal welcher couleur) beiseite lassen: die Region, um die es geht, ist wie das heutige Polen ein El Dorado für alle, die sich für den Festungsbau des 19. und frühen 20. Jhs. interessieren - was diese beiden Regionen ihrer wechselhaften Geschichte "verdanken". So können in Masowien russ., dt. und österr. Festungsanlagen besichtigt werden, in Elsass-Lothringen franz. und dt. -- z.B. Metz bietet beides

Bitche, sollte man dabei nicht vergessen. Die Zitadelle von Bitche sagt einiges darüber aus wie hoch her es in der Region ging. Für die, die am dt-frz Krieg interessiert sind, bzw an Zitadellen von Vauban, ist ein Besuch durchaus interessant.
 
Bitche, sollte man dabei nicht vergessen. Die Zitadelle von Bitche sagt einiges darüber aus wie hoch her es in der Region ging. Für die, die am dt-frz Krieg interessiert sind, bzw an Zitadellen von Vauban, ist ein Besuch durchaus interessant.


Neben den Hinterlassenschaften diverser Besatzungsmächte gibt es da auch durchaus Eigenständiges.


Wie die starke Festung La Mothe an der Grenze zu Frankreich.Der Fall von La Mothe bedeutete das Ende vom dem de facto unabhängingen Herzogtum Lothringen.

La Mothe-en-Bassigny - Wikipédia
 
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Neben den Hinterlassenschaften diverser Besatzungsmächte gibt es da auch durchaus Eigenständiges.

für am exotischen Thema Festungsbau interessierte lässt ich an der Festung Metz der französische Festungsbau bis 1871 und der deutsche von 1871 bis 1918 en detail ablesen - sehr lohenswert ist, egal ob auf französisch oder deutsch (man hat die Wahl) eine Führung durch die so genannte "Feste Wagner" (eine der Befestigungsgruppen)
 
für am exotischen Thema Festungsbau interessierte lässt ich an der Festung Metz der französische Festungsbau bis 1871 und der deutsche von 1871 bis 1918 en detail ablesen - sehr lohenswert ist, egal ob auf französisch oder deutsch (man hat die Wahl) eine Führung durch die so genannte "Feste Wagner" (eine der Befestigungsgruppen)

Sehr zu loben dieses Interesse an Lothringen.

Auch sehenswert die Festung Rodemachern.Zuletzt 1815 erfolgreich gegen die Preussen verteidigt durch General Hugo.Vater von Victor Hugo.

Rodemack - Wikipédia
 
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Für die, die am dt-frz Krieg interessiert sind, bzw an Zitadellen von Vauban, ist ein Besuch durchaus interessant.
auf jeden Fall!!

nur zwei kleine Korrekturen:
- lange nach Vauban, bis 1765, wurde die Zitadelle durch Cormontaigne entscheidend umgebaut und verstärkt, ebenso unterirdisch während des dt-franz. kriegs
- die Lage auf einem Felsen ist strategisch günstig (allgemein widerstanden andere bastionäre Befestigungen 70/71 nicht)
 
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