Ursachen des deutsch-französischen Krieges 1870/71

Die Haltung Österreich-Ungarns

Die Haltung Österreich-Ungarns während des Krieges und der sich abzeichnenden Reichsgründung läßt sich in drei Abschnitte unterteilen.

Von Juli bis ca. Mitte August 1870 ist man durchaus willens in dem Krieg einzusteigen. Man möchte aber erste französische Siege abwarten. Dieser Zeitpunkt schien mit dem französischen Sieg bei Saarbrücken gekommen zu sein.

Von Mitte August erfolgte dann ein Umschwung. Hintergrund waren ganz sicher die preußischen Erfolge bei Weißenburg, Wörth, Spichern und Mars la Tour am 04. und 06.August und 16.August 1870 gewesen. Nunmehr verfolgte der Ballhausplatz den Kurs, eine europäische Intervention in Forme eines allgemeinen Friedenskongresses anzustreben. Vornehmliches Ziel war den Krieg rasch zu beenden und vor allem eine zu mächtige Stellung Preußens zu und ein Ausgreifen auf Süddeutschland verhindern.

Nachdem auch dies gescheitert war, erfolgte eine radikale Kursänderung.

Ab dem November 1870 war die Entscheidung zugunsten Preußens gefallen und man war in Wien sehr willig auf die preußischen Avancen einzugehen. Beust setzte jetzt mit Einverständnis der Deutsch-Liberalen, der ungarischen Déakpartei und dem Kaiser voll auf einen prodeutschen Kurs.

Der Ballhausplatz war jetzt sehr bemüht, ja keine Missstimmung aufkommen zu lassen. Ausschlaggebend dürften hier die Entscheidungen der vier süddeutschen Staaten für den Eintritt in das Deutsche Reich aber sicher auch die Kündigung der Pontusklauseln des Pariser Vertrages durch den russischen Kanzler Gortschakoff. Österreich-Ungarn benötigte einen starken Partner für seine künftig angedachte Balkanpolitik.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da scheint ja binnen weniger Wochen am Ballhausplatz eine dramatische Anpassung an realpolitische Veränderungen erfolgt zu sein. :winke:
 
Ergänzend lässt sich noch hinzufügen, dass Bismarck sich hier auf die Unterstützung des Zarenreichs hatte verlassen können. So haben die Russen nach der Kriegserklärung Frankreichs in London angefragt, ob man zum Zwecke der Begrenzung des Krieges nicht eine Entente begründen solle. Lord Granville lehnte glatt ab. Die Briten versorgten stattdessen die französische Flotte mit Kohle, auch über die Lieferung von Munition wurde verhandelt. Bismarck war verständlicherweise darüber sehr verärgert und ließ das auch den britischen Botschafter wissen. Doch das interessierte die Briten wenig; sie hielten an ihre Position fest. Auch war Napoleon bemüht, Österreich-Ungarn, Italien und auch Dänemark in dem Krieg hineinzuziehen.
Eine Änderung der britischen Einstellung war erst zu dem Zeitpunkt festzustellen, als sich immer mehr ein Sieg der preußisch-deutschen Truppen abzeichnete. Nun ging es darum, den Sieg der Deutschen möglichst zu begrenzen. Großbritanniens Neutralität war also eine ganz spezielle.


Hierzu läßt sich noch ergänzen, das Bismarck ziemlich sauer auf den britischen Botschafter Lord Loftus, ua. wegen der britischen Waffenlieferungen war und dessen Ablösung betrieb.

Er schrieb zu diesem Zwecke am 17.März 1871 einen Erlaß an den deutschen Botschafter Bernstorff in London: "Während des Krieges war die Lage der englischen Regierung uns gegenüber allerding schwierig. Die durch die englischen Gewohnheiten gestattete Ausfuhr von Kriegsmaterial rief in Deutschland eine Erbitterung hervor, deren lebhafte Aeußerungen in der PResse wir vergeblich zuzrückzuhalten versuchten. Die öffentlich Meinung in England wendete sich wider Erwarten im Laufe dieses frevelhaft begonnenen Krieges mehr und mehr zu Gunsten der französische Nation. Bei der durch die fast feindselige Haltung der englischen Presse gereizten hiesigen Stimmung hätte erwartet werden können, daß Lord Loftus mit verdoppelter Sorgfalt Alles vermeiden würde, was die Erregung der Deutsche öffentlichen Meinung steigern konnte. Diese Absicht schien ihm, wie seinem ganzen Personal, fern geblieben zu sein. Nicht nur bei der unter dem 02.November besprochenen Vorfalle, sondern durch ihr gesamtes Verhalten haben die MItglieder der englischen Botschaft, namentlich auch Mr. Petre,ihre Antipathien gegen Deutschland, ihre Partheiname für Frankreich in eine Weise kundgegeben, welche der neutralen Haltung der englischen Regierung nicht entsprach. [...]

Ich fürchte in der Tat, daß die die schon früher für die mir am Herzen liegende Pflege der Beziehungen beider Länder, recht unbequeme Haltung des Lord A. Loftus während die Krieges sich zu einen Hinderniß des für uns so wünschenwerhten vertraulichen Verkehrs mit dem Vertreter Englands ausgebildet hat. Eure Excellenz wollen bei ganz vertraulicher Besprechung dieses Gegenstandes den Ton der Beschwerde sorfältig vermeiden. [...]" (1)

Bismarck, Gesammlete Werke Neue Friedrichsruher Ausgabe, Abt. 3, Band 1, Dokument Nr.12
 
Wir wissen, das Bismarck, siehe Emser Depesche, im Juli 1870 einen Krieg mit Frankreich mindestens nicht mehr aus dem Wege ging; ganz im Gegensatz zu 1867.


Wie sah das aber in Frankreich aus? Wollte Frankreich den Frieden erhalten oder lag man gar „auf der Lauer“, um eine passende Gelegenheit abzuwarten, um die Fehler und Ergebnisse von 1866 wieder rückgängig zu machen?


In den Jahren 1867/68 hatte Frankreich mit Österreich und Italien Verhandlungen über ein formelles Bündnis geführt, die damit endeten, das die Monarchen gegenseitig Briefe austauschten, aber hinter den französischen Wünschen zurückblieben und vor allem entgegen französischer Interpretation keine Zusage zur Teilnahme am Krieg vorsahen. Noch im Juni 1870 war General Lebrun in Wien, um den Feldzugsplan gegen Preußen zu besprechen und seine Vorstellungen mit denen des Erzherzogs Albrecht abzustimmen.


Des Weiteren stand man im engen Kontakt mit Dänemark hinsichtlich gemeinsamer militärischer Operationen gegen Preußen.. Auch mit dem exilierten König von Hannover war man in Verhandlungen. Gramont, als dieser noch Botschafter in Wien war, hatte dessen Vertreter in Paris mitgeteilt, dass die Politik Napoleons auf einem Krieg mit Preußen hinauslaufe, aber dafür die Armee aufgerüstet werden müsse.



Es ging Paris darum, nicht als Aggressor dazustehen, um nicht gegen das ganze Deutschland fechten zu müssen.


Auch Russland wollte man ins Boot holen, nur erhielt man von Gortschakow eine Abfuhr. Dieser war wohl überzeugt, dass Preußen gegen Frankreich ohnehin unterliegen werde.


Frankreich hatte also für die Zukunft einen Krieg mit Preußen fest ins Auge gefasst, um die Macht Preußens zu brechen und Deutschland wieder den französischen Einfluss zu öffnen.


Radewahn, Französische Außenpolitik vor dem Krieg von 1870
 
Immerhin hielt sich Großbritannien militärisch heraus.

Die Lieferung von Kohle ließ sich die Handelsmacht aber nicht untersagen. Formal war das auch in Ordnung: Kohle könnte theoretisch als Bannware im Krieg behandelt werden (zB bei der Aufbringung von neutralen Schiffen), aber das hat das Deutsche Reich mangels Einwirkungsmöglichkeit mW nicht erklärt.

Da ist man wieder beim Problem der Warenlieferungen neutraler Länder im Krieg, die seinerzeit zwar einer Kriegspartei störend wirkten, aber nicht zu einer "feindlichen Handlung" des Neutralen gedeutet wurden.

Die Entscheidung hierfür war am 16.Juli 1870 auf der Kabinettssitzung gefallen. Das Kabinett vertrat die Auffassung, das die Regierung zwar verpflichtet sei, dafür zu Sorge zu tragen, das ihre eigenen Untertanen nicht in dem Dienste einer der beiden kriegführenden Mächte trat, aber für die Aufbringung von Banngut waren die kriegführenden Mächte Frankreich und Preußen selbst zuständig. Der Bau von Kriegsschiffen, der Alabama Vorgang lässt grüßen, wurde allerdings untersagt.

Nun ja, dem Kabinett dürfte aber wohl klar gewesen sein, was das in der Praxis bedeutet hat. Interessant war für die Briten zunächst erst einmal Belgien.
 
Erwähnenswert ist die Tatsache, das sich das Deutsche Reich, namentlich insbesondere Bismarck, sich über die britischen Lieferungen an Frankreich empörten und aufregte. Man versucht auch in diesem Sinne die britische Öffentlichkeit durch entsprechende Zeitungsartikel zu mobilisieren. Das war vor allem auch deshalb von Bedeutung, weil die britische Öffentlich überwiegend die beabsichtigte Annexion von Elsass und Lothringen nicht billigte.

Nur, und das bemerkenswert, über die USA, die wesentlich mehr Waffen und Munition an Frankreich lieferten, wurde keine Empörung ventiliert. Auch übe diplomatische Kanäle ist meines Wissen nach kein Protest formuliert worden. Ganz offenkundig wurde im deutschen Auswärtigen Amt mit zweierlei Maß gemessen.
 
Da könnte natürlich auch von Bismarck Kalkül hinterstecken.

Denn er könnte mit Gedanken gespielt haben, den Briten die Möglichkeit eines Bündnisses zwischen Russland, Preußen und den USA an die Wand zu malen.

Als Gortschakow die Pontuskrise durch die einseitige Kündigung des Pariser Vertrages durch seine Zirkularnote auslöste, war eine militärische Intervention Großbritanniens nicht auszuschließen. Und hier kommt Bismarcks Einseitigkeit in der öffentlichen Bewertung der Waffenlieferungen ins Spiel. London musste befürchten, dann nämlich die Rechnung für den Amerikanischen Bürgerkrieg präsentiert zu bekommen und das war Gladstone und Granville nur zu bewusst.
 
Was in diesem Kontext noch zu berichten ist, ist die Tatsache, das nach erfolgter Reichsgründung Jahrzehnte amtlicherseits massive Geschichtsklitterung betreiben worden war.

So wurde Heinrich von Sybel für sein Werk "Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I." die Erlaubnis entzogen, die amtlichen Akten zu verwenden. Es wurde massive Einfluss auf ihm ausgeübt, dem er auch nachgab, die Geschichte der Thronkandidatur des Erbprinzen Leopold so darzustellen, das die preussische Regierung und natürlich auch der König Wilhelm bei diesen Vorgang vollkommen außen vor waren.

Als man 1895 erfuhr, das Hermann Oncken einen Festschrift für Wilhelm I. in Arbeit hat, in der die Quellen der Hohenzollern von Sigmaringen Verwendung finden soll, haben sich erneut Reichskanzler und Auswärtiges Amt um eine "Polierung" der geschichtlichen Ereignisse bemüht.

Peinlich war nur, das der König Karl von Rumänien, bekanntermaßen ein Hohenzollern aus Sigmaringen, sich keinen Maulkorb verpassen ließ und die Sachverhalten nach besten Wissen und Gewissen in seinem Werk wiedergab. Dadurch war die amtliche Version erschüttert.

Es ist schon sehr ärgerlich, wenn man so mit der historischen Wahrheit umspringt und das eigene Volk vorsätzlich belügt.
 
Der Deutsch-Französische Krieg war geschichtlich korrekt ein Französisch-Preußischer Krieg, den Bismarck durch die Emser Depesche absichtlich provoziert hatte. Denn nur wenn Preußen der durch die Kriegserklärung Frankreichs der "Angegriffene" war, griffen die geheimen Schutz- und Trutzbündnisse, die Preußen 1866 den unterlegenen süddeutschen Staaten (welche auf der Seite des Deutschen Bundes gekämpft hatten) aufgezwungen hatte. So mussten diese Ihre Streitkräfte unter den Befehl Preußens stellen, und nur so konnte Bismarck seine Preußisch dominiertes Hegemonialreich von 1871 "mit Blut und Eisen" im Siegestaumel der Bevölkerung zusammenschmieden.
 
Denn nur wenn Preußen der durch die Kriegserklärung Frankreichs der "Angegriffene" war, griffen die geheimen Schutz- und Trutzbündnisse, die Preußen 1866 den unterlegenen süddeutschen Staaten (welche auf der Seite des Deutschen Bundes gekämpft hatten) aufgezwungen hatte.
Welcher Zwang?
Die Verträge kamen durch preußisches Interesse UND das Schutzbedürfnis der süddeutschen Staaten zustande.
 
Der Deutsch-Französische Krieg war geschichtlich korrekt ein Französisch-Preußischer Krieg, den Bismarck durch die Emser Depesche absichtlich provoziert hatte. Denn nur wenn Preußen der durch die Kriegserklärung Frankreichs der "Angegriffene" war, griffen die geheimen Schutz- und Trutzbündnisse, die Preußen 1866 den unterlegenen süddeutschen Staaten (welche auf der Seite des Deutschen Bundes gekämpft hatten) aufgezwungen hatte. So mussten diese Ihre Streitkräfte unter den Befehl Preußens stellen, und nur so konnte Bismarck seine Preußisch dominiertes Hegemonialreich von 1871 "mit Blut und Eisen" im Siegestaumel der Bevölkerung zusammenschmieden.

Hier ist sehr viel zum Thema geschrieben worden und es wurde deutlich, dass das Frankreich Napoleon III. ganz gewiss nicht unschuldig am Kriege war. Die Schuld einseitig Bismarck zuzuweisen, greift m.E. nach zu kurz.

Und seit wann war der Deutsche Bund denn ein Staat? Die süddeutschen Staaten waren auf Seiten Österreichs in dem Krieg eingetreten.

Die "geheimen" Schutz- und Trutzbündnisse wurden übrigens von Bismarck bereits im Jahre 1867 im Zuge der Luxemburg -Krise publiziert. Sie waren also während der Julikrise 1870 alles andere als geheim.
 
Wie stand es damals - Ende der 1860 er Jahre - um die Kasse, die Staatsfinanzen in Frankreich?
Das Abenteuer mit mehrjährigem Krieg in und gegen Mexico auf dem amerikanischen Kontinent war gerade ohne Gloire und - nennen wir es richtig: schmachvoll - zu Ende gegangen. Für den geplanten Ausbau eines Verkehrsnetzes durch ganz Frankreich waren Unsummen nötig. Luxemburg durfte oder konnte - entgegen dem Vorhaben von Napoleon III - nicht „eingemeindet“ werden, weil England ein klares „Nein“ gesetzt hatte. Das Ansehen von Napoleon III bei seinen Untertanen war - sagen wir es auf Französisch - „ramponiert“ und auf dem Tiefpunkt.
Wenn ich hier „@Turgot“ - er schreibt gerade vor mir : „Geschichte wiederholt sich eben .....“ - zitieren darf,
dann fällt mir - zur Konstellation des Themas - ein Monsieur Ezéchiel Mélac samt seinen Lebens-Werken ein, wozu sich ein jeder Leser in einschlägigen und verfügbaren Quellen eine Vorstellung machen kann.
„Schuld und Nicht-Schuld“.
In einem umfassenden Buch zum Treiben der Menschen und dem Geschehen hier auf Erden
steht schon ganz am Anfang die Geschichte von zwei Brüdern. Der eine wird erschlagen. Von seinem Bruder.
Aus Neid. Wenn das schon so anfängt - was wundern wir uns noch über die Folgen?
Homo homini lupus. Da nützt keine Verbrämung und keine sophistische Haarspalterei. Punkt.
Homo homini lupus. Semper.

P.S. Liebe Moderatoren: Ich hoffe, mit diesem Beitrag nicht gegen die
Regeln des Forums verstoßen zu haben.
Es entspricht wissenschaftlichem Denken und Konsens
zur (Er)-Klärung offener Fragen alle gebotene Möglichkeiten auszuloten.

Salut
 
Wie stand es damals - Ende der 1860 er Jahre - um die Kasse, die Staatsfinanzen in Frankreich?
Das Abenteuer mit mehrjährigem Krieg in und gegen Mexico auf dem amerikanischen Kontinent war gerade ohne Gloire und - nennen wir es richtig: schmachvoll - zu Ende gegangen.

Das würde ich in dieser Form nicht behaupten wollen. Für die französischen Staatsfinanzen war dieser Krieg nun sicherlich nicht förderlich. Andererseits war er auf diplomatischem Parkett aber der Hebel für eine tiefergehende Zusammenarbeit mit Österreich und damit nach 1830 und 1860 die Möglichkeit das Wiener System und die Isolation Frankreichs endgültig auszuhebeln.
Den Finanzen und dem Prestige Frankreichs hat die Aktion eher geschadet, aber im Hinblick auf den außenpolitischen Spielraum hat sie Frankreich für die Periode bis 1870 durchaus genutzt.

Wie es genau um die französischen Finanzen stand, wird man näher recherchieren müssen, Material habe ich dazu ad hoc nicht zur Hand. Tendenziell wird aber festzuhalten sein, dass sich das auf Frankreichs Fähigkiet zur Kriegsführung 1870/1871 kaum mehr ausgewirkt haben dürfte.
Zu diesem Zeitpunkt waren die letzten Truppen aus Mexiko bereits wieder 4-5 Jahre zurück und entsprechend war Zeit die Finanzen wieder einigermaßen zu sanieren, weil die Militärausgaben in der Zeit stark rückläufig gewesen sein müssten.
Zudem bestand ja schon damals im Hinblick auf Kriege die Möglichkeit, hier eigentlich auch schon der Zwang, diese nicht aus dem Staatsschatz, sondern aus Kriegsanleihen heraus zu finanzieren.
Würde die französische Armee am Vorabend des Krieges wegen unterfinanzierten Staatshaushalts vor sich hin gedarbt haben, wäre es kaum möglich gewesen, das gesammte aktive Heer noch zwischen 1866 und 1868 mit Chassepot-Gewehren als Standartwaffe der Infanterie zu versehen:

Chassepotgewehr – Wikipedia


Luxemburg durfte oder konnte - entgegen dem Vorhaben von Napoleon III - nicht „eingemeindet“ werden, weil England ein klares „Nein“ gesetzt hatte.
Das englische "Nein" hätte in Frankreich niemanden interessiert, wenn aus Berlin für die Sache unmissverständlich grünes Licht gegeben worden wäre.
Das zu erwarten war auch angesichts der Tatsache, dass Frankreich die preußische Annexion Holsteins, Kurhessens, Hannovers, Nassaus und Frankfurts gebilligt und auf Intervention verzichtet hatte, nicht abwegig.
Das es abreden auch zwischen Preußischer und Französischer Seite hinsichtlich der französischen Neutralität gab, ist bekannt, inwiefern diese konkret Kompensation für Frankreich in Form von Luxemburg und Teilen des Rheinlandes oder aber der Wallonie beeinhalteten, ist bis heute umstritten und nicht letztgültig zu rekonstruieren.

Das die Briten einer Annexion Luxemburgs und möglicherweise weiterer Teile Westeuropas durch Frankreich niemals zustimmen würde, war von vorn herein klar, da die Briten aber auch so gar keine Armee besaßen, mit der sie auf dem Kontinent dazwischen hätten funken können, waren sie auf einen kontinentalen Partner angewiesen um ihr Veto dagegen auch durchsetzen zu können.
Das konnte nach Lage der Dinge aber nur Preußen sein. Österreich lag geschlagen am Boden und russische Interessen tangierte das nicht in entscheidender Weise, hier kam es also maßgeblich auf Berlin an.

Das Ansehen von Napoleon III bei seinen Untertanen war - sagen wir es auf Französisch - „ramponiert“ und auf dem Tiefpunkt.
Mag sein, das er an Popularität verloren hatte, aber was genau hatte das nun mit dem Krieg zu tun? Letztenendes war dieser Krieg mehr durch die französische Öffentlichkeit, als durch den Kaiser gewollt.
Die Hohenzollersche Thronkandidatur in Spanien, hätte auch keine andere Regierung in Frankreich ohne scharfen Protest und (im Stil der damaligen Politik), nötigenfalls auch Kriegsdrohung lassen können, dass tangierte einfach französische Sicherheitsinteressen.


Wenn ich hier „@Turgot“ - er schreibt gerade vor mir : „Geschichte wiederholt sich eben .....“ - zitieren darf,
dann fällt mir - zur Konstellation des Themas - ein Monsieur Ezéchiel Mélac samt seinen Lebens-Werken ein, wozu sich ein jeder Leser in einschlägigen und verfügbaren Quellen eine Vorstellung machen kann.
„Schuld und Nicht-Schuld“.
In einem umfassenden Buch zum Treiben der Menschen und dem Geschehen hier auf Erden
steht schon ganz am Anfang die Geschichte von zwei Brüdern. Der eine wird erschlagen. Von seinem Bruder.
Aus Neid. Wenn das schon so anfängt - was wundern wir uns noch über die Folgen?
Homo homini lupus. Da nützt keine Verbrämung und keine sophistische Haarspalterei. Punkt.
Homo homini lupus. Semper.

P.S. Liebe Moderatoren: Ich hoffe, mit diesem Beitrag nicht gegen die
Regeln des Forums verstoßen zu haben.
Es entspricht wissenschaftlichem Denken und Konsens
zur (Er)-Klärung offener Fragen alle gebotene Möglichkeiten auszuloten.

Salut

Was nun diesen Sermon hier betrifft, nein, mit Wissenschaftlichkeit hat das nichts am Hut, sondern viel eher mit dem Äußern von Privatmeinungen.
Das wird auch wenn ich nicht die Moderation bin, dir hier niemand übel nehmen und gegen die Regeln des Forums verstößt das sicherlich nicht.
Für das Postulat grundsätzlich wissenschaftsferner weil diskursvermeidender Absolutheitsansprüche à la:

Homo homini lupus. Da nützt keine Verbrämung und keine sophistische Haarspalterei. Punkt.
Homo homini lupus. Semper

taugt es allerdings auch nicht, noch sind derlei Postulate dazu geeignet irgendwem in irgendeiner Form weiterzu helfen. Es handelt sich schlicht um nicht zu untermauernde Maximalpositionen.
 
Zur Lage der frz. Staatsfinanzen: vor und nach dem Krieg.
1870/71 Reparationszahlungen Frankreichs

Das große Auslandsvermögen sorgte für Kapitalimporte/Überschüsse von 3 Mrd. p.a. Das entsprach einem dynamischen (theoretischen) Verschuldungsgrad für Frankreich von 1 vor dem Krieg, bzw. Faktor 5 danach. Selbst diese stark gestiegene Verschuldung störte den neben London weltgrößten Kapitalmarkt kaum: die frz. Staatsanleihe für die Deckung der Reparationslasten war in kürzester Zeit x-fach überzeichnet worden.
 
Ich hoffe, mit diesem Beitrag nicht gegen die Regeln des Forums verstoßen zu haben.
Es entspricht wissenschaftlichem Denken und Konsens zur (Er)-Klärung offener Fragen alle gebotene Möglichkeiten auszuloten.

Wenn man denn tatsächlich alle (oder zumindest mehrerere) dieser Möglichkeiten auslotet... Und nicht nur eine von Sozialdarwinismus triefende Meinungsäußerung einstellt und diese auch noch als 'wissenschaftlich' einmänteln möchte. Da nützt dann allerdings auch weder Verbrämung noch sophistische Haarspalterei - da steht man mit leuchtend polierter Glatze. Semper.
 
Erwähnenswert finde ich auch durchaus den Umstand, das der französische Botschafter nach dem Desaster in Bad Ems nach Paris eilte und sich darum, vergeblich, bemühte, Gramont und Ollivier davon zu überzeugen, dass von einer Beleidigung seitens Wilhelm I. keine Rede sein könne. Das wollte niemand hören und man hat Benedetti auch erst gar nicht zum Ministerrat vorgelassen. Nachzulesen bei Alain Gouttman, La grande dèfaite 1870-1871.
 
Der französische Kriegsminister Leboeuf wurde am 6.Juli von seinen Kabinettskollegen gefragt, ob die Armee einsatzbereit sei. Leboeuf bejahte dies.
Was er seinen Kollegen verschwieg, war, das einen raschen Aufmarsch mit der Eisenbahn nicht problemlos vonstatten gehen könne. Grund: Die Verhandlungen mit den französischen Eisenbahngesellschaften zwecks paritätisch besetzte Kommission zur Steuerung des Aufmarsches an der Nordostgrenze waren gescheitert.
Das hat man dann beim Aufmrasch auch zu spüren bekommen.

Ebenso verschwieg Leboeuf, das er Napoelon III. im März 1870 seine Zweifel vorgestellt hatte, ob Frankreich mit seinem jetzigen Armee gegen eine starke Masse gut ausgebildeter und diziplinierter Soldaten aufseiten des Norddeutschen Bundes überhaupt bestehen könne. Und trotzdem wurde Preußen der Krieg erklärt.

Ebenfalls nachzulesen bei Alain Gouttman, La grande dèfaite 1870-1871.
 
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