Attila, der Hunne

Wir haben angeblich einen Gotenkönig Valamir, und einen Hunnenkönig Balamir (oder Balamber), der aber nur eine Verschreibung des vorigen (oder umgekehrt) sein soll.
ist dafür nicht die Getica von Jordanes die Quelle?
nett hierzu die Legende über die Herkunft der Hunnen, welche Jordanes mitteilt: dass gotische Hexen (haljurunnae) in die Sümpfe fortgejagt wurden, wo sie sich mit bösen Geistern vermischten und so die Hunnen zeugten :D -- laut H. Wolfram eine ins legendenhafte versetzte unliebe Erinnerung an die Zeit der hunnischen Herrschaft.
 
dann sind das Hinterlassenschaften eines nomadischen Reitervolks, welches wir aufgrund der Schriftquellen und der Datierung der Funde mit den Hunnen in Verbindung bringen ;)

So ist das - aber leider sagt uns das nichts über die ethnische Identität der Hunnen, worüber wir bereits mehrere Tage kontrovers diskutieren. :grübel:
 
...eine ins legendenhafte versetzte unliebe Erinnerung an die Zeit der hunnischen Herrschaft.

Das sollte man auch hinterfragen. War die Hunnenzeit wirklich so traumatisch für die einzelnen Gruppierungen der Föderation?
Ardachrich (Gepide), Valamir(Gote), Edekon (Skire?) werden als zum inneren Kreis um Attila und zu den mächtigsten Männern der Zeit gezählt.
Das klingt nicht danach, als wären sie geknechtet und unterjocht.
 
Die gesamte Sachkultur der Hunnen weist auf ein nomadisches Steppenvolk hin und dass Attila ein Hunne war, dafür gibt es zahlreiche Quellen.

Dass nomadische Steppenvölker zur Hunnenkonföderation gehörten, ist unbestritten. Die Frage ist, ob der Hunnenname ein weiter gefassterer Begriff ist.
 
Das sollte man auch hinterfragen.
zunächst einmal wurden die Goten ja besiegt (wenn man den Quellen glauben kann) - und in einer ehren- und leistungsvollen Origo erwähnt man so etwas ja nicht so gerne... das dürfte der Grund sein, warum die Zeit unter den Hunnen in der Getica nicht sonderlich auffällt.
 
Und die Besiegten stiegen so schnell zu höchsten Ehren auf?
Prokop schrieb:
(Gotenkönig Totila) die Sieger werden immer mehr
eher selten schlachteten in Spätantike und frühem Mittelalter die Sieger alle Besiegten ab - meist integrierte man die unterlegenen bzw. kapitulierenden Kontingente und band bewährte Anführer an sich. Insofern ist es kein sonderliches Wunder, dass am hunnischen Hof die Oberschicht der neuen Untertanen Karriere machte. Zumal noch hinzu kommt, dass es eine Ehre war, beim Sieger einen hohen Posten zu erhalten (Loyalität vorausgesetzt von der einen, bereichernde Expansion vorausgesetzt von der anderen Seite)
 
Allein an dieser Quelle lässt sich sicher nicht die gepidische Herkunft Attilas festmachen.

Wer spricht denn von "festmachen"? Der einzige, der hier etwas "festmacht", bist du. Du tust die Quelle als "Unsinn" ab, ohne irgend ein sachliches Argument zu liefern.

und dass Attila ein Hunne war, dafür gibt es zahlreiche Quellen.
Das bezweifelt doch keiner.
Aber die Frage ist doch, warum sich "Hunne" und "Gepide" ausschließen sollten, wenn die Bezeichnung "Hunne" gar nicht für eine exklusive Volkszugehörigkeit steht, sondern "eher als prestigeträchtige Bezeichnung für eine heterogen zusammengesetzte Gruppe".
 
Zur Frage der herkunft des Namens ATTILA hat DQ ja schon das Nötige gesagt, aber den Namen selbst anzuschauen hat anscheinend weder er noch sonst jemand bisher für nötig gehalten. Also:
ATTILA -> ATTA (Vater) + -ILA(Dimunitiv-Suffix) == Väterchen!!!!!
Richtig?? NEIN!
Vater (gotisch) FADAR.
ATTA ist ein emotionelles Lall-Wort, Kindersprache (BABBA,MAMA,DADDA, OPA, OMA....) durchaus angebracht, wenn der Mensch ("ATTA unsar, thu in himminan...") sich an den lieben Himmelvater wendet. Aber sonst meist nicht.
Und ATTA +Suffix ergiebt dann etwa PAPILEIN , charakteristischer Name/Titel für einen kriegerischen König, nicht wahr?
Oder veralberten die Goten da ihren fremdstämmigen Oberherrn ??? Denn er war nicht gerade ein strategisches Licht!

Fortsetzung folgt, denn das war....
Gruss Boiorix
 
ATTA ist ein emotionelles Lall-Wort, Kindersprache (BABBA,MAMA,DADDA, OPA, OMA....) durchaus angebracht, wenn der Mensch ("ATTA unsar, thu in himminan...") sich an den lieben Himmelvater wendet. Aber sonst meist nicht.
machten also die christianisierten (!) Goten den Fehler, beim übersetzen des pater noster aus dem pater einen papi zu machen?
 
Aber die Frage ist doch, warum sich "Hunne" und "Gepide" ausschließen sollten, wenn die Bezeichnung "Hunne" gar nicht für eine exklusive Volkszugehörigkeit steht, sondern "eher als prestigeträchtige Bezeichnung für eine heterogen zusammengesetzte Gruppe".

Genau das. Parallelen dazu findet man im Awarennamen, wo das "War", "Awar" der alte, prestigetragende Namen war. Von einigen Kämpfen "der" Awaren nimmt man an, dass sie ausschließlich von den slawischen Untertanen der Awaren gefochten wurden. Man redete dennoch von "Awaren".

Die Frage ist also, ob es bei den Hunnen ähnlich gewesen sein könnte. Und ob es erst durch die Niederlagen 451-453, also den Verlust der Unbesiegbarkeit, und dann durch den Tod Attilas 454 dazu kam, dass die einzelnen Gruppen der Hunnen ihre Identität (wieder-)entdeckten.

Die Thiederichssage lokalisiert Hunnen in Soest. Auf ein thüringische (Edekon, Odoaker) "Hunnen"-herrschaft könnte sich das durchaus beziehen. Asiatische Steppenkrieger wird man in Soest eher weniger vermuten.
 
ATTA ist ein emotionelles Lall-Wort, Kindersprache (BABBA,MAMA,DADDA, OPA, OMA....) durchaus angebracht, wenn der Mensch ("ATTA unsar, thu in himminan...") sich an den lieben Himmelvater wendet. Aber sonst meist nicht.

Ich glaube, du liegst falsch. Das Wort Atta wird in der Wulfila-Bibel so gut wie immer verwendet, wenn, "Vater" gemeint ist. Z. B. auch, wenn von einem Vatermörder die Rede ist.

Richtig ist, dass "Atta" im Gotischen auch als Bezeichnung für Gott den Allmächtigen gebraucht wurde. Dass die Goten die Bezeichnung "Attila" für ihren Oberherrn als Verarsche aufgefasst haben, glaube ich nun weniger.
 
Aber Boiorix: Bitte nicht wieder mit der *Aþþila-Idee ankommen. Dann hätte Priskos nämlich das <θ> verwendet, welches lautlich dem <þ> entsprach und nicht das <τ>.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zum ATTA:
Auch im mittelalterlichen Latein findet sich das selbe Phänomen:
Eine ¨Gemeinde von Brüdern" hat keinen ¨Pater¨sondern einen ABBA (Abt) und das Christentum insgesamt einen PABST, (Superlativ von PAPPA ???)
In allen Fällen handelt es sich bei den Angesprochenen um nicht-militärische Autoritäten.
Und Attila ? Was tut er vor der Schlacht auf den katalaunischen Feldern ?
Er berät sich mit seinen Getreuen über die geplante Strategie?
Irrtum: Er befragt ein Orakel !!!!
Und dann ?
Das Siegversprechende Schwert des Kriegsgottes in der Faust, an der Spitze seiner kampfgestählten Leibwache....
hockt er auf einem Haufen hölzernner Sättel,
bereit sich zu verbrennen; Opfer an die Götter oder Flucht zu den Göttern ???
Jedenfalls nicht das Verhalten eines "Kriegskönigs", sondern das eines...Schamanen!
Auch der Respekt, den die "Geisel Gottes" (flagellum dei = der Gottesflegel) dem Bischof Loup und dem Papst Leon zeigt ist auffallend:
Zwei "Zivilisten" ohne Heeresmacht, aber WOLF und LÖWE, schau, schau....!!

Genug für heute. Weiteres demnächst.
Gruss , Boio.
 
Das sollte man auch hinterfragen. War die Hunnenzeit wirklich so traumatisch für die einzelnen Gruppierungen der Föderation?
Ardachrich (Gepide), Valamir(Gote), Edekon (Skire?) werden als zum inneren Kreis um Attila und zu den mächtigsten Männern der Zeit gezählt.
Das klingt nicht danach, als wären sie geknechtet und unterjocht.
Wenn sich die einzelnen Gruppierungen unter hunnischer Herrschaft so wohl fühlten, dann stellt sich natürlich die Frage, wieso etliche von ihnen gleich nach Attilas Tod abfielen. Auch Ardarich und Edekon verzichteten bereitwillig auf ihre ach so tolle Position im hunnischen Machtgefüge und führten die Aufständischen an.
Dass sie, solange sie die hunnische Herrschaft ertragen mussten, das Beste daraus zu machen versuchten, ist doch nicht erstaunlich, und auch nicht, dass Attila versuchte, die Mächtigen seiner Gruppierungen für sich zu gewinnen und ihre Fähigkeiten zu nutzen.
(Um mal einen Vergleich zu ziehen: Auch Arminius wurde von den Römern gut behandelt und geehrt. Das Ergebnis ist bekannt ...)

Noch ein Hinweis: Wir haben angeblich einen Gotenkönig Valamir, und einen Hunnenkönig Balamir (oder Balamber), der aber nur eine Verschreibung des vorigen (oder umgekehrt) sein soll.
War es vielleicht möglich, Hunnenkönig und Gotenkönig zugleich zu sein?
Meinst Du, sie seien identisch gewesen? Dann weise ich darauf hin, dass zwischen den beiden mehr als ein halbes Jahrhundert lag.
Außerdem könnte der Name Balamir auch lediglich an gotische Sprachgewohnheiten angeglichen worden sein, weil der hunnische Originalname für Iordanes unaussprechlich war. Die persischen Könige hatten schließlich in Wahrheit auch keine griechisch klingenden Namen, sondern ihre iranischen Originalnamen mit für die Griechen unaussprechlichen sch-Lauten wurden von den Griechen in ihrem Schrifttum gräzisiert. Dasselbe gilt auch für Jeschua-Jesus. Das macht aber weder die Achaimeniden noch Jesus zu Griechen.
 
Wenn sich die einzelnen Gruppierungen unter hunnischer Herrschaft so wohl fühlten, dann stellt sich natürlich die Frage, wieso etliche von ihnen gleich nach Attilas Tod abfielen. Auch Ardarich und Edekon verzichteten bereitwillig auf ihre ach so tolle Position im hunnischen Machtgefüge und führten die Aufständischen an. Dass sie, solange sie die hunnische Herrschaft ertragen mussten, das Beste daraus zu machen versuchten, ist doch nicht erstaunlich, und auch nicht, dass Attila versuchte, die Mächtigen seiner Gruppierungen für sich zu gewinnen und ihre Fähigkeiten zu nutzen.(Um mal einen Vergleich zu ziehen: Auch Arminius wurde von den Römern gut behandelt und geehrt. Das Ergebnis ist bekannt ...)
Da nach Attilas Tod Nachfolgekonflikte auftraten, gab es auch die hervorgehobenen Positionen nicht mehr, zumal sie nach dem Kriseln des Hunnenimperiums ohnehin nicht mehr so spannend waren.
Vielleicht wollten ja auch Ardarich oder Valamir Hunnenherrscher werden ?
Dass man Unterworfene in den engsten Herrschaftkreis einbezieht, wäre doch eher verwunderlich, da hinkt dein Arminiusvergleich schon gewaltig. Arminius gehörte schließlich nie zum inneren Zirkel in Rom.


Meinst Du, sie seien identisch gewesen? Dann weise ich darauf hin, dass zwischen den beiden mehr als ein halbes Jahrhundert lag.
Außerdem könnte der Name Balamir auch lediglich an gotische Sprachgewohnheiten angeglichen worden sein, weil der hunnische Originalname für Iordanes unaussprechlich war.

Oder er ist ein weiterer Beleg dafür, dass man Jordanes nicht wirklich ernst nehmen sollte. Sprachprobleme hin oder her, dass er einem Hunnenkönig einen gotischen Prestigenamen zuordnet, wäre doch verwunderlich
 
Da nach Attilas Tod Nachfolgekonflikte auftraten, gab es auch die hervorgehobenen Positionen nicht mehr, zumal sie nach dem Kriseln des Hunnenimperiums ohnehin nicht mehr so spannend waren.
Gerade dadurch, dass sich Attilas Erben untereinander zerstritten, hätte sich die Möglichkeit geboten, dass sich die germanischen Führer jeweils einem von ihnen anschließen und somit jeder die Nummer 2 wird, statt unter einem einheitlichen Hunnenherrscher nur einer unter vielen Unterführern zu sein.

Dass man Unterworfene in den engsten Herrschaftkreis einbezieht, wäre doch eher verwunderlich, da hinkt dein Arminiusvergleich schon gewaltig. Arminius gehörte schließlich nie zum inneren Zirkel in Rom.
Aber zum inneren Zirkel von Varus.

Vor Attilas Tod ist meines Wissens nur ein einziger Gepidenherrscher überliefert, und das von Jordanes, der als Quelle mindestens ebenso zweifelhaft ist wie Malalas. Von einem Sieg der Hunnen über die Gepiden wissen wir auch nichts, die Gepiden tauchen als Teil der Hunnenkonföderation auf, weshalb wir voraussetzen, dass sie besiegt worden sein müssen.
Archäologisch haben wir die Funde der Tschernjachow - sehr inhomogen, verschiedenste Bestattungsriten in einem Kulturumfeld, wird als gotisch gedeutet, das muss aber nicht stimmen. Als gepidisch werden einige Funde in Rumänien angesehen, wobei völlig unklar ist, wie sich gepidisch von gotisch unterscheidet und man etwa Funde von Terwingen und Funde von Gepiden voneinander trennen will.
Verstehe ich das richtig: Du bezweifelst die Existenz von Gepiden vor der Zeit der Hunnen?
Für die Zeit davor werden sie aber nicht nur von Iordanes genannt. In der Historia Augusta werden sie in den Biographien von Claudius Gothicus und Probus erwähnt, wobei hinzukommt, dass die HA vermutlich irgendwann im 4. Jhdt. oder im frühen 5. Jhdt. verfasst wurde, also eventuell bevor sich die Hunnen in Osteuropa breitmachten.

Nachlesen lässt das z.B. bzgl. der Ostgoten sehr ausführlich bei Herwig Wolfram "die Goten, versuch einer historischen Ethnographie" (ein Standardwerk zur Geschichte der verschiedenen Goten) Und dort findet man, dass die Ostgoten brave Untertanen der Hunnen waren (und übrigens nicht grundlos einiges von den Hunnen übernahmen: Wolfram erklärt die steppennomadische Verreiterung der Ostgoten;
"Verreitert" müssen die Goten aber schon vor der Ankunft der Hunnen gewesen sein, denn es ist schwer vorstellbar, dass sie mit Fußsoldaten ihren Machtbereich in der Ukraine aufrechterhalten konnten, außerdem verfügten auch die vor den Hunnen ins Römische Reich geflohenen Goten über eine starke Kavallerie. Steppennomaden, von denen sie lernen konnten, gab es auch schon vor den Hunnen zur Genüge.
 
Auch der Respekt, den die "Geisel Gottes" (flagellum dei = der Gottesflegel) dem Bischof Loup und dem Papst Leon zeigt ist auffallend:
dass ausgerechnet der Bischof von Rom die nach Unteritalien eingefallene und noch von den katalaunischen Feldern etwas angeschlagene Geißel Gottes gesprächsweise zum Abmarsch bewogen haben soll, scheint doch eher legendenhaft als historisch belegt :winke:
verzeih mir die Geißel - aber Geisel ist gar zu komisch :D
das schamanisch anmutende Verhalten ist eine interessante Deutung (sofern man genügend über die Schamanen spätantiker Steppennomaden weiß) und weist natürlich auf den Hunnen Attila
 
Verstehe ich das richtig: Du bezweifelst die Existenz von Gepiden vor der Zeit der Hunnen?

Ich bezweifle, dass es einen nenneswerten Unterschied zwischen Gepiden und Goten gab. Es gibt ja nun einige Forscher die der Ansicht sind, dass die Bevölkerungsgruppen in Pannonien sich erst nach Attilas Tod in ihrer späteren Form herausgebildet haben, insbesondere auch die almalischen Goten.
 
Einen "nennenswerten Unterschied" wird es nicht gegeben haben. Nicht nur Iordanes bezeichnet sie als Verwandte der Goten, sondern auch in der HA werden sie stets zusammen mit anderen gotischen Stämmen genannt.
 
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