Schach im Kalten Krieg

Nach wie vor interessiert mich der Zusammenhang Schach/Politik/Propaganda.

Ideologisch gesehen? Geistige und körperliche Überlegenheit, sicherte wohl dieee Überlegenheit über der westlichen Dekadenz sich mit Geld (Kapitalismus), Macht und Anerkennung erkaufen zu können bzw. ohne Körperbewusstsein zu leben ....

Bei Gesellschaftsstrukturen ohne demokratische Strukturen und eine Gleichschaltung der Personen bzw. der Bevölkerung gegenüber dem Staat bzw. dessen Ideologie, zählen gerade geistige und körperliche Ertüchtigung zu den wichtigsten Gleichschaltungsgrundmerkmalen um ein Individuum auszuschließen.
 
Soll ich jetzt die russischen Meister vor der Revolution aufzählen?

Noch nicht erwähnt wurden Bernstein, Nimzowitsch*, Rubinstein*, Janowski*, Dus-Chotimirski, Alapin, Bogoljubow um nur einige zu nennen. Nicht alle waren Russen und starteten nach dem ersten Weltkrieg für Polen und andere Nationen*.

Die sowjetischen Schachschulen kamen nicht aus dem Nichts.

Solwac

Niemand streitet ab, dass es starke russische Spieler gab, auch einige wenige wichtige Turniere. Aber gerade die genannten polnischen oder baltischen Meister als Vertreter einer russischen Schachschule nennen zu wollen, ist absurd. Von den von dir genannten ist natürlich der Deutschlette Niemzowitsch (später ohne "e") der herausragende Autor und Theoretiker, nur hatte er mit Russland wenig bis gar nichts am Hut. Von den anderen genannten ist überhaupt nichts überliefert, was in Richtung einer Schachschule gehen könnte.
 
Nach wie vor interessiert mich der Zusammenhang Schach/Politik/Propaganda.

Gern zitiere ich dazu auch Olaf Teschke:

Rank Zero schrieb:
Nikolai Wassiljewitsch Krylenko † 29.7.1938
Welcher Schachspieler hat im 20. Jahrhundert den größten Einfluss auf die Entwicklung des Spiels gehabt? Eine sicher zu allgemeine Frage, die kaum sinnvoll beantwortet werden kann (selbst in übersichtlichen 19. Jahrhundert ist nicht restlos klar, ob man eher Morphy oder Steinitz nennen sollte - erst beide zusammen machen die große Revolution aus, wobei die Arbeit der theoretischen Fundierung durch Steinitz natürlich viel umfangreicher war).
Der wohl stärkste Spieler des Jahrhunderts - Kasparow - scheidet aus, da er zumindest aus aktueller Sicht nicht sehr viel Dauerhaftes hinterlassen hat (er hat eher alte Strukturen zerstört, was nun nicht per se schlecht sein muss - nur waren eben seine Alternativen leider nicht lebensfähig, ebenso wie er zu wenig beständig und zu sehr am eigenen Vorteil interessiert). Eher könnte man im Westen noch Fischer zählen, der fraglos wichtige Impulse gab - die immer noch existierende Kultur des Schachprofitums ist ohne die seinerzeit durch ihn erregte Aufmerksamkeit nicht denkbar.
Dennoch, wenn es überhaupt eine Hauptströmung des 20. Jahrhunderts gab, dann war es die Dominanz der sowjetischen Schachschule. Man könnte hier also Botwinnik auf den Schild heben, aber Grundlagen und Umfeld hat ein anderer geschaffen: Nikolai Krylenko, der vor 70 Jahren den Moskauer Schauprozessen zum Opfer fiel.
Es war wie immer vor allem ein Zufall, dass der Bolschwist der ersten Stunde, der eine wesentliche Rolle bei der Machtergreifung 1917 spielte, eben auch ein Schachfanatiker war - und seine einflussreichen Posten der nächsten zwanzig Jahre nutzte, um ein riesiges Sportförderungssystem aus dem Boden zu stampfen. (Er war im übrigen, wie die meisten seiner Mitgenossen, kein sehr angenehmer Mensch, und dass er dann vor siebzig Jahre unter die Räder einer Maschine geriet, die er selbst wesentlich mitgebaut hatte, nötigt nur begrenztes Mitleid ab). Bei allen Wandlungen und Umbrüchen - in den Grundzügen hat sich diese Organisation bis heute erhalten, und es gibt gute Aussichten, dass Russland auch zur 100-Jahr-Feier der Schachschule (so in 20 Jahren) immer noch ganz oben steht.
 
Für (u.a. auch deutsche Schachspieler) sind die literarischen Werke von Suetin oder Kotow sehr bedeutend. Die deutschen Übersetzungen waren immer sehr begehrt. Sie sind im Berliner Sportverlag der DDR erschienen. Die Vorbilder hier liegen wohl bei Steinitz, Nimzowitsch, Reti, etc.

Auch der ehemalige Weltmeister Max Euwe (Niederlande) hat hierzu wertvolle Beiträge geleistet.

Natürlich ist das Werk von Nimzowitsch "Mein System" absolut beispiellos und für die Entwicklung jedes Spielers sehr wichtig.
Alexander Koblenz (russ.) wäre noch zu nennen, dann aber auch Hans Kmoch (dt.) und sein Klassiker "die Kunst der Bauernführung"

kann man jugoslawische Großmeister der 60-70er Jahre wie Gligoric nicht auch insgesamt zur "sowjetischen Schachschule" zählen?

Berliner Sportverlag - ja, etliche Eröffnungsreihen stehen in meinen Regalen (nicht nur Suetin, auch Taimanov usw.)

...man traut sich kaum, ihn zu erwähnen: Sokolski (russ.) und sein herrliches Buch über 1.b4 :):):)

in den 50-80er Jahren dominierten russische Großmeister die internationalen Turniere, stellte die Sowjetunion die meisten Weltmeister. Der "abtrünnige" Kortschnoi wurde vom "linientreuen" Karpov gemaßregelt, und so hätte es auch bleiben sollen nach Ansicht der sowj. Sportfunktionäre - bis Kasparov dazwischen kam
 
Aber gerade die genannten polnischen oder baltischen Meister als Vertreter einer russischen Schachschule nennen zu wollen, ist absurd.
Nun, das Problem ist die unterschiedliche Gesellschaftsstruktur. Vor der Revolution waren die Schachmeister auf Turniere mit Preisgeldern und Mäzene angewiesen. Die Tätigkeit als Schachlehrer war nicht sehr lukrativ und die Zahl der Bücher mit ordentlichem Gewinn eher gering.

Die Schachmeister (auch aus Polen, Finnland oder dem Baltikum) entstammten aber alle einem Umfeld, welches Schach anerkannte. Die Beherrschung der Regeln war Teil des Bürgertums, auch wenn natürlich die Spielstärke des normalen Bürgers nicht mit Leuten aus einem Club vergleichbar war (und auch zwischen Clubstärke und Meister lagen Welten).

Die Sowjets griffen dieses auf und etablierten dann ein System der staatlich finanzierten Schachschulen. Dies gab natürlich vielen Schachspielern eine finanzielle Sicherheit, wie es im Westen nicht denkbar war.

Solwac
 
Nun, das Problem ist die unterschiedliche Gesellschaftsstruktur. Vor der Revolution waren die Schachmeister auf Turniere mit Preisgeldern und Mäzene angewiesen. Die Tätigkeit als Schachlehrer war nicht sehr lukrativ und die Zahl der Bücher mit ordentlichem Gewinn eher gering.

Die Schachmeister (auch aus Polen, Finnland oder dem Baltikum) entstammten aber alle einem Umfeld, welches Schach anerkannte. Die Beherrschung der Regeln war Teil des Bürgertums, auch wenn natürlich die Spielstärke des normalen Bürgers nicht mit Leuten aus einem Club vergleichbar war (und auch zwischen Clubstärke und Meister lagen Welten).

Die Sowjets griffen dieses auf und etablierten dann ein System der staatlich finanzierten Schachschulen. Dies gab natürlich vielen Schachspielern eine finanzielle Sicherheit, wie es im Westen nicht denkbar war.

Solwac


Da stimme ich zu. Auch führten die Sowjets ein durchgängiges System ein. von 2.Kategorie, 1.Kategorie, Kandidatmeister usw. bis zum Großmeister der Sowjetunion (nicht zu verwechseln mit dem internationalen Titel).
Natürlich waren gerade in der Sowjetbürokratie Beziehungen wichtig, aber zumindest war es möglich, durch gute Leistungen von ganz unten bis zur Spitze aufzusteigen.

Man musste eben kein adliger Sohn mit zu viel Zeit oder ein Boheme ohne finanzielle Bedürfnisse sein, um weiter zu kommen.

Dazu erstmals eine fundierte Ausbildung - der Schritt vom Kaffeehausschach zum wissenschaftlich begleiteten Sport wurde in der UdSSR vollzogen.
 
bzgl. der ideologischen Vereinnahmung: ich erinnere mich noch gut, an die ersten beiden "Duelle" karpov-Kasparov - ich hatte das in der Zeitung verfolgt, und genügend Zeitungsberichte kolportierten das Bild vom "linientreuen" Karpov und dem "regimekritischen" Kasparov.
später hieß es, dass die Sport-Politikfunktionäre erwarteten (das war beim zugunsten Karpovs dann abgebrochenen WM-Duell), dass ihr Favorit endlich die entscheidende Siegpartie vorlege und deshalb immer besonders festlich zu den Partien kamen...
 
In seinem "Kasparov on Kasparov" beschreibt Garri, dass er es nur der Unterstützung Heydar Alievs zu verdanken hatte, dass er überhaupt so weit kam. Das ganze war auch ein Machtkampf innerhalb der KPdSU, ähnlich dem WM-Kampf 1951, wo Bronstein die Unterstützung des hohen NKWD-Funktionärs Boris Weinstein gegen Botvinnik genoss.
 
Interessant.

Eigenartigerweise hatte Schach in der DDR nicht einmal ansatzweise die Bedeutung wie in der Sowjetunion. Fraglich woran das lag.
Schach in der DDR hätte nur mit entsprechenden Ressourcen größeren Erfolg haben können. Förderung wie z.B. im Schachdorf Ströbeck hätte viel weiter verbreitet sein müssen.

Interessant in dem Zusammenhang ist auch die Entscheidung von 1973, nicht mehr wie bisher an internationalen Turnieren teilzunehmen. Bereits in den 1960er Jahren wurden die Mittel gekürzt. Hierbei dürfte entscheidend gewesen sein, dass Schach nicht olympisch war (und ist). Erst 1988 und 1990 nahm die DDR noch zweimal an Schacholympiaden teil.

Solwac
 
Wenn ich Knaak richtig verstehe, gab es einige Bemühungen in den 1950ern/60ern, weitere Schachspieler in der DDR zu Großmeistern voranzubringen. Das war nicht von Erfolg gekrönt, weswegen die Bemühungen dann auch reduziert worden sind.

Ein anderer Aspekt: ich hatte eigentlich nach deutsch-deutschen Schachduellen gesucht. Da bin ich aber nicht fündig geworden. Das gab wohl einfach die Spielerqualität nicht her.

In der BRD gab es dann noch einige Übersiedlungen, aber auch etliche "Importe" für die Bundesliga. Vlastimil Hort ist da zu nennen. In den bundesdeutschen Vereinen traten auch sowjetische Grossmeister auf, die man bestaunen konnte.
 
Also welch z.T. absurde Dinge (aus heutiger Sicht) seinerzeit stattgefunden haben, zeigen die WM Kämpfe in den 70ern und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts. Bis dahin haben die sowjetischen Großmeister den WM Titel stets unter sich ausgemacht. Fraglich ist natürlich auch hier eine gewisse Einmischung seitens der Politik, z.B. beim Kampf Botwinnik - Bronstein oder natürlich Karpov - Kortschnoi 1974. Hier wurde der jüngere Karpov wohl eindeutig auch von politischer Seite unterstützt, weil man in ihm den besseren Mann gegen den bösen Herrn Fischer sah.
Der WM Kampf 1972 Spassky-Fischer ist natürlich ein Kapitel für sich. Das hatte wohl etwas von einem "Kampf der Systeme".
Und dann der WM Kampf 1978 Karpov - Kortschnoi.
Fischer war hier schon Geschichte.
Karpov mußte gegen einen verhassten Dissidenten spielen. Da durfte er natürlich nicht verlieren. Ich möchte hier einmal eine Chronologie der Ereignisse wiedergeben:

Vorbemerkung:
Kortschnoi blieb 1976 nach einem Turnier in Amsterdam im Westen. Einige Zeit danach ließ er sich in der Schweiz nieder. Von politischer Seite wurden dann die führenden sowjetischen Spieler aufgefordert (oder genötigt) einen Boykott gegen Kortschnoi zu unterschreiben (Karpov hat sich diesem Boykott soviel ich weiß nicht angeschlossen).
Im Zyklus zur WM 1978 konnten die Sowjets Kortschnoi allerdings nicht ausweichen. Im Kandidatenturnier bezang er hintereinander:

Petrosjan mit 6,5:5,5
Polugajewski mit 8,5:4,5
und schließlich Spassky im Kandidatenfinale mit 10,5:7,5

Nicht nur, daß Kortschnoi drei sowjetische Großmeister hintereinander bezwungen hatte, sondern darunter auch zwei Ex Weltmeister. Er stellte somit eine ernste Bedrohung für Karpov dar.
Der WM Kampf selber fand dann 1978 in Baguio auf den Phillipinen statt. Dieser wurde dann zu einem einzigartigen Nervenkrieg. Gespielt wurde seinerseits auf 6 Gewinnpartien, d.h. Gewinner und Weltmeister wurde derjenige, der zuerst 6 Punkte erzielen konnte. Gezählt wurden nur volle Punkte (also Gewinnpartien) Remisen zählten nicht. Die Anzahl der Partien war nicht begrenzt.

Hier der Versuch einer Chronologie der Ereignisse:

Vorfeld:

Schon im Vorfeld des WM Kampfes kam es zu diversen Ereignissen.
Es wurde u.a. um den Austragungsort gestritten.
Eine andere Sache betraf die Ehefrau und den Sohn Kortschnois, welche nach wie vor in der Sowjetunion weilten. Kortschnoi befürchtete hier wesentliche Nachteile für seine Familie. Er eklärte im Vorfeld des Kampfes seinen Sohn und seine Frau als Geiseln der Sowjetunion.
Ein weiterer Streitpunkt war die Flagge unter der Kortschnoi spielen wollte (diese stand als Wimpel auch auf dem Spieltisch). Kortschnoi wollte unter der Schweizer Flagge spielen. Die Schweiz befürchtete diplomatische Verwicklungen mit der Sowjetunion, wollte die Sache aber nicht grundsätzlich untersagen. Kortschnoi deutete schließlich auf einer Pressekonferenz an, daß er im Falle eines möglichen Sieges gegen Karpov um sein Leben fürchte. Er vermutete KGB Beamte im Gefolge von Karpov. Kurz darauf eskalierte der Flaggenstreit. Die sowjetische Delegation wies den Wunsch Kortschnois unter Schweizer Flagge anzutreten ab. Schließlich entschied man weise, daß garkeine Flagge auf dem Soieltisch stehen sollte. Schließlich begann nach langem hin und her die WM am 18. Juli 1978.

Der WM Kampf:

Ergebnistechnisch endeten die ersten sieben Partien Unentschieden.

Der Joghurtkrieg:
Der erste Protest kam von Kortschnoi.
Karpov ließ sich nach ca. 2h Spielzeit einen Joghurt reichen. Genau dagegen protestierte Kortschnoi. Der Joghurt könnte codierte Informationen enthalten. So könnte ein Erdbeerjoghurt heißen: Schnell Remis machen usw. Die Fide wieß diesen Protest zürück.

Dr. Suchar:
Nach der sechsten Partie gab Kortschnoi zum Besten, daß ihn die "hypnotischen Blicke" eine sowjetischen Arztes im Publikum an der Konzentration hinderten. Diese Blicke kamen von Dr. Suchar. Offenbar ein Psychologe, der zum Team Karpov gehörte. Auch hier wurde Protest eingelegt. Die ersten neun Reihen der Zuschauerränge wurden daraufhin abgebaut. Im Kortschnoi Lager ging man davon aus, daß Dr. Sucher ein Parapsychologe sei, der nur die Aufgabe hatte, Kortschnoi's Spiel negativ zu beeinflussen. Kortschnoi trug dann auch eine verspiegelte Sonnenbrille während der Partie. Kortschnoi verlor die achte Partie. Später gesellten sich dann zwei Anhänger der "Armanda Marga" Sekte in die Zuschauerräume. Diese sollten den bösen Dr. Suchar durch ihre friedliche Ausstrahlung neutralisieren.

Nach der 15. Partie geriet Kortschnoi völlig ausser Fassung, da Karpov ständig auf seinem quitschendem Sessel herumrutschte. Rein schachlich führte Karpov schon mit 3:1.
Zu Beginn der 18. Partie gab es moralischen Zuspruch für Kortschnoi von Jean-Paul Satre, Samuel Beckett, Fernando Arabal und Eugene Ionesco. Spielstand: 4:1 für Karpov.
Zur 20. Partie wurde die Anwesenheit der Armanda Marga Mitglieder verboten. Trotzdem gewann Kortschnoi die 21. Partie. 4:2.
Die 27. Partie verlor Kortschnoi. Gesamtstand: 5:2 für Karpov. Die 28. Partie verlor Karpov. Stand: 5:3! Auch die 29. Partie gewann Kortschnoi. 5:4!
Nach Remis in der 30. Partie, gewann Kortschnoi die 31. Partie. Stand: 5:5!

Gerüchte um einen schlechten Gesundheitsstatus von Karpov machte die Runde. Er hatte deutlich an Gewicht verloren.
In der 32. Partie (nach ca. 3 Monaten Spielzeit) wählte Kortschnoi die sg. Pirc-Verteidigung, gegen welche Karpov gerne spielt. Einletzter Strohhalm, den Karpov ergriff und gewann.
Karpov gewann mit 6:5 und blieb Weltmeister.
Natürlich gab es noch diverse Dinge neben dem Schachbrett, die ich nicht erwähnt habe. Sonst würde dieser Beitrag noch länger ausfallen.:motz:

Eine besondere Rolle in diesem WM Kampf spielte auch die Lebensgefährtin Kortschois, Petra Leuwerik.

Das hier sind nur kurze Impressionen von einem Schach WM Kampf in den 70er Jahren, während des kalten Krieges. Nicht alles habe ich hier geschildert. Es zeigt aber hoffentlich, wie es seinerzeit war und mit welchen Bandagen gekämpf wurde.

Im Jahre 1981 kam es wieder zum WM Kampf dieser beiden Protagonisten.
Aber das ist eine andere Geschichte.
Die erzähle ich vieleicht auch noch...

Dies zur WM 1978 mit Hilfe von:
van Fondern/Beyersdorf:
Schach WM 1978 Karpov-Kortschnoi
Beyer Verlag 1978
 
Zuletzt bearbeitet:
Nun hat wohl schon Lenin gerne Schach gespielt und wohl auch somit die große sowjetische Schachtradition mitbegründet.

Ich komme noch einmal auf Lenin als Schachspieler zurück.

Eines meiner Enkel lernt zurzeit das Schachspielen.
Habe mir deshalb aus meinem Keller meine Schachbücher wieder mal hervorgeholt.
Dabei ist eine kleine Broschüre mit dem Titel: „Zug um Zug“, mit dem Untertitel: „Die Zauberwelt der Brettspiele“.
Herausgegeben 1972, Herausgeber „Verlag Neues Leben Berlin“.
In dieser Broschüre gibt es einen ganzen Abschnitt mit der Überschrift:
Am Brett: Marx und Lenin“.

Ich gehe mal nur auf Lenin ein.

„Lenins Freund und Kampfgefährte Panteleimon Lepeschinski, der oft mit ihm die Schachfiguren rückte, schrieb: „Lenin liebte dieses Spiel ebenso leidenschaftlich wie Marx. Es entsprach am stärksten der Psychologie dieses rastlosen Kämpfers““.

Weiter unten heist es:
„Die ganze Uljanow-Familie verstand sich auf dieses schöne Spiel. Wolodja (gemeint ist Lenin) erlernte es mit 8 Jahren von seinem Vater...“
„... er schloss sich einem Sachklub an und fand gefallen am Fernschach. 1888 bis 1889 spielte Lenin eine Fernpartie mit A.N. Chardin, einem der stärksten russischen Schachspieler Ende des 19. Jahrhunderts…“.
„Lenin pflegte gern zu sagen: „Es gibt keine List, die man nicht überlisten kann““.

Durch Übersiedlung der Familie Uljanow nach Samara lernte er dann auch Chardin persönlich kennen, dessen ständiger Schachpartner er nun war.

Im Folgenden wird beschrieben, mit wem er noch Schach spielte.

1910 schreibt er unter anderen an seinem Bruder: „Aber in der - Retsch – habe ich heute eine Aufgabe gesehen, deren Lösung ich nicht gleich gefunden habe und die mir sehr gefallen hat (Nr. 31 – 1269 – vom 1.Februar, Aufgabe Nr. 195).
Folgende Stellung:
Weiß Kg3, Sg1, Le7 und die Bauern h5 und d3.

Schwarz Ke3 und die Bauern h7,d5 und a2 (d.h. der letztgenannte Bauer einen Zug vor der Umwandlung in die Dame).

Weiß zieht und gewinnt...“.

W. Majakowski schrieb so gar mal ein Gedicht auf Lenins Schachkünste:
„Ging vom Schachbrett stracks zum Schauplatz echter Stürme...“.

Zum 5. Jahrestag der Oktoberrevolution teilt ihn das Zentralkomitee mit, dass er zum Ehrenvorsitzenden der Moskauer Schachgesellschaft gewählt wurde und das Mitgliedsbuch die Nummer 1 erhält.

Soweit einiges zum Thema Lenin und Schach, einige Fakten zu den vorherigen Postings.

Anmerkung:
Falls jemand sich für den ganzen Text interessiert und auch was da über Marx steht...
Ich scanne es gern ein und schicke es als pdf per PN dann zu.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das hier sind nur kurze Impressionen von einem Schach WM Kampf in den 70er Jahren, während des kalten Krieges. Nicht alles habe ich hier geschildert.
sehr schön geschildert übrigens (!!) --- war das nicht auch jenes Schachduell, bei welchem man unter dem Spieltisch eine Glasplatte zur Schonung der Schienbeine der Schachgiganten installierte? :D
 
sehr schön geschildert übrigens (!!) --- war das nicht auch jenes Schachduell, bei welchem man unter dem Spieltisch eine Glasplatte zur Schonung der Schienbeine der Schachgiganten installierte? :D

So weit ist es dann doch nicht gekommen.

Allerdings gibt es durchaus solche Geschichten. Der ehemalige Weltmeister Petrosjan (der eiserne Tigran) galt als Erzfeind von Kortschnoi. Die beiden sollen sich schier gehasst haben. Das Schicksal brachte die beiden immer wieder zusammen. So auch im Viertelfinale der Kanditatenkämpfe zur WM 1978 und 1981. Nach wie vor gibt es hier ein Gerücht bezügl. Fusstritten unter dem Spieltisch.

Nehmen wir das aber mal als Gerücht...:devil:
 
Ich habe es angedroht, und mache es wahr.

Der Versuch einer Chronologie zur Schach WM 1981:

V. Kortschnoi war in diesem WM Zyklus als Vizeweltmeister automatisch für die Kandidatenwettkämpfe qualifiziert. Diese wurden wie immer in Zweikämpfen ausgetragen. Diesen Modus hatte die Schachwelt einem gewissen Robert James Fischer zu verdanken.

Im Viertelfinale traf Kortschnoi in Velden auf seinen Erzfeind Tigran Petrosjan und konnte diesen mit 5,5:3,5 besiegen. Größere Skandale sind mir aus diesem Kampf nicht bekannt.

Im Halbfinale spielte Kortschnoi dann wieder gegen einen Vertreter aus der Sowjetunion, Lew Polugajewski. Nach 14 Partien konnte sich der verhasste Dissident knapp mit 7,5:6,5 durchsetzen.
Anmerkung: Der schon erwähnte Boykott gegen Kortschnoi war immer noch in Kraft.

Im Kandidatenfinale spielte Kortschnoi dann: Gegen Robert Hübner aus der Bundesrepublik Deutschland. Dieser war seinerzeit die Nr. 3 der Schachweltrangliste! Dieser Wettkampf endete vorzeitig mit 6,5:3,5 für Kortschnoi. Die 7. Partie dieses Wettkampfes ging in die Schachgeschichte ein, da Hübner hier eine simple Springergabel übersah. Ein großes deutsches Boulevardblatt hat dieses Ereignis dann auch ausgeschlachtet.

Wieder mußte Karpov seinen Titel gegen den Dissidenten Kortschnoi verteidigen.
Der WM Kampf wurde (wie schon das Kandidatenfinale) nach Meran (Südtirol) vergeben. Dies hatte natürlich auch monetäre Gründe. Es wurden ca. 3.000.000 DM aufgebracht um diese WM auszurichten.

Im Vorfeld der WM gab es die üblichen Spielereien.
So haben die Sowjets einen Forderungskatalog mit ca. 70 Punkten aufgestellt. Seinerzeit waren in Italien noch die "Roten Brigaden" aktiv, was den Sowjets wohl Kopfzerbrechen bereitete.
Im Vorfeld der WM wurde die Familie Kortschnoi's wiederum zum Thema. Seine Frau und sein Sohn befanden sich nach wie vor in der Sowjetunion. Sein 19jähriger Sohn Igor wohl in einem "Arbeitslager". In einem Bericht der Agentur "TASS" wurde das Privatleben Kortschnoi's in diffamierender Weise ausgebreitet. Kortschnoi selbst wurde u.a. als "Erpresser der Sowjetunion" bezeichnet. Für Aufmerksamkeit sorgte auch die Beziehung Kortschnoi's zu seiner Managerin Petra Leeuwerik.
Dennoch begann die WM pünktlich. Auch der Flaggenstreit war beigelegt. Kortschnoi startete unter Schweizer Flagge.
Auch der Preisfond konnte sich sehen lassen. Dem Sieger des WM Kampfes winkten 500.000 Schweizer Franken. Dem Verlierer immerhin noch 300.000.

Der WM Kampf selber verlief sehr einseitig. Gespielt wurde wie 1978 auf 6 Gewinnpartien, wobei Remisen nicht zählten. Schon die ersten zwei Partien gingen für Kortschnoi verloren.
Den obligatorischen Handschlag vor der Partie verweigerten übrigens beide Kontrahenten. In der 3. Partie bot Karpov nach 40 Zügen Remis an. Kortschnoi lehnte zunächst ab mit dem Hinweis, daß Remisangebote über den Schiedsrichter zu ergehen haben. Dabei sprach er Karpov mit dem Wort "Bürger" an. Dieses Wort "Bürger" müssen Gefangene in der Sowjetunion benutzen gegenüber den Vernehmungsbeamten.
Nach dem Remis in der 3. Partie folgte ein neuerlicher Verlust für Kortschnoi in der 4. Partie.
3:0 nach 4 Partien. Die WM drohte frühzeitig zu Ende zu gehen. Der Präsident der Fide, F. Olafsson erklärte, daß die Familie Kortschnoi's schon bald ausreisen dürfte. Zumindest war dies seine Überzeugung. Während der 4. Partie trug Kortschoi an seinem Sakko übrigens ein Zeichen der polnischen Gewerkschaft "Solidarität".

Alle Geschichten abseits des Brettes konnten nicht über die schlechte Form Kortschnoi's hinwegtäuschen. Auch konnte sich Karpov der Unterstützung der besten Meister der Sowjetunion sicher sein. In der neunten Partie kam es lt. Züricher "Tagesanzeiger" zu einem kurzen Dialog:
Nach Ausführung des 7. Zuges lächelte Karpov.
Kortschnoi:" Wenn Du nicht sofort aufhörst zu grinsen, werde ich dich als Faschisten behandeln".
Karpov:"Wie Du mich auch nennst, ist mir völlig gleichgültig."

Nach nur 18 Partien endete der Wettkampf mit 6:2 für Karpov.
Es war gleichzeitig der letzte WM Kampf Kortschnoi's.
Dannach wuchs ein anderer Konkurrent für Karpov heran.
Garry Kasparov!

Aber das ist wieder eine andere Geschichte....
 
Im Kandidatenfinale spielte Kortschnoi dann: Gegen Robert Hübner aus der Bundesrepublik Deutschland. Dieser war seinerzeit die Nr. 3 der Schachweltrangliste! Dieser Wettkampf endete vorzeitig mit 6,5:3,5 für Kortschnoi. Die 7. Partie dieses Wettkampfes ging in die Schachgeschichte ein, da Hübner hier eine simple Springergabel übersah. Ein großes deutsches Boulevardblatt hat dieses Ereignis dann auch ausgeschlachtet.

Zu diesem Wettkampf noch eine Anmerkung:
Auch hier versuchte Kortschnoi, mit einer Reihe von Psycho-Spielchen zum Erfolg zu kommen. Als Hübners Delegationschef versuchte, in der Presse zu kontern, wurde die Sache für Hübner, der immer unter psychologischen Problemen litt, unerträglich. Er lag nur 3,5:4,5 zurück, als er den Wettkampf aufgab, und die letzten beiden Partien kampflos abgab und abreiste.
 
Zu diesem Wettkampf noch eine Anmerkung:
Auch hier versuchte Kortschnoi, mit einer Reihe von Psycho-Spielchen zum Erfolg zu kommen. Als Hübners Delegationschef versuchte, in der Presse zu kontern, wurde die Sache für Hübner, der immer unter psychologischen Problemen litt, unerträglich. Er lag nur 3,5:4,5 zurück, als er den Wettkampf aufgab, und die letzten beiden Partien kampflos abgab und abreiste.

Ob Hübner psychologische Probleme hatte sei dahingestellt.
Tatsache ist, daß er seinerzeit einer der absolut besten Spieler der Welt war. Seine Leidenschaft (wohl neben seinem Beruf) galt dem Schachspiel. Unglücklich für ihn selber war wohl die Tatsache, daß er ins (auch mediale) Interesse gezogen wurde. Daran hat ihm nie gelegen. Er war halt öffentlichkeitsscheu. Er taugte nicht als Aushhängeschild eines deutschen "Vorzeigesportlers". Er taugte auch nicht als eine Art Boris Becker des Schachs. Das kann man ihm wohl auch nicht zum Vorwurf machen.

Nach 6 Partien führte er noch mit 3,5:2,5. Dann die verhangnissvolle 7. Partie mit dem schon angesprochenem "Anfängerfehler". Dann verlor er die achte Partie. Die neunte endete remis. Die zehnte Partie blieb unvollendet. Hübner reiste ab.
 
Ob Hübner psychologische Probleme hatte sei dahingestellt.

Es gibt einen Spiegel-Artikel dazu, welcher von seiner Vorbereitung auf das Match mit Hilfe eines italienischen Psychologen berichtet. Dieser sah seine Hauptaufgabe darin, Hübner zu überzeugen, dass er wirklich gewinnen konnte.
Bereits 1971 war Hübner im Kandidatenwettkampf abgereist. Er musste gegen Petrosjan antreten, die ersten 6 Partien endeten unentschieden. Während der 7. Partie drang solch heftiger Straßenlärm herein (es wurde in Sevilla gespielt), dass Hübner sich extrem gestört fühlte. Sein Protest wurde allerdings vom Briten Golombek abgewiesen, mit dem Hübner danach noch jahrelang verfeindet war. Petrosjan hatte keine Probleme, er schaltete einfach sein Hörgerät aus.
1976 ging es in Biel um die Qualifikation zum Kandidatenwettkampf, in der vorletzten Runde hatte Hübner Petrosjan völlig überspielt, ein Sieg hätte das Weiterkommen bedeutet. Statt matt zu setzen in vier Zügen - was normalerweise jeder Meister sehen sollte - verlor er sogar noch und verpasste die Qualifikation.

Nach 6 Partien führte er noch mit 3,5:2,5. Dann die verhangnissvolle 7. Partie mit dem schon angesprochenem "Anfängerfehler". Dann verlor er die achte Partie. Die neunte endete remis. Die zehnte Partie blieb unvollendet. Hübner reiste ab.

Hier spielten wirklich die vor allem von Kortschnoi, aber auch von Hübners Delegationsleiter Hilgert angezettelten "Mätzchen" eine wichtige Rolle. Ein kleiner Protest hier, ein unverschämtes Interview da, usw.
Hübner als wirklich fairem Sportsmann war das absolut zuwider, was sowohl seine "unerklärlichen" Fehler, als auch seine Abreise zur Folge hatte.
Auch in der achten Partie verlor Hübner fast anfängerhaft, wenn auch nicht so grob wie in der siebten. Die neunte endete nicht remis, sondern sie war (in ausgeglichener Stellung) noch nicht beendet, ebensowenig wie die zehnte - es gab damals noch Hängepartien - als Hübner abreiste. Beide wurden für Kortschnoi gewertet, daher der Endstand von 6,5:3,5.
 
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