Protolandwirtschaft

Nur weil etwas so ist, heißt es ja nicht dass es das technische Optimum gewesen ist. Die Mesolithischen Jäger und Sammler können die Landwirtschaft auch als kulturelles "Komplettpaket", einer "höheren" Kultur angenommen haben ohne den weiteren Schritt zu tun, nur das Prinzip aufzunehmen und es mit den heimischen Mitteln umzusetzen.
Es ist ziemlich sicher, dass Getreide + Erbsen, Linsen sowie Tiere als Komplettpaket übernommen wurden. Das ist kein einzigartiger Vorgang, sondern viele Male auf der Welt passiert. Ua. die Polynesier hatten ihr Komplettpaket sogar auf den Katamaranen dabei.
Es ging dir doch auch mehr um die Protolandwirtschaft, oder? Für mich ist das, die mehr oder weniger lange Phase vor der sogenannten neolithischen Revolution. Und dafür wäre es mE interessanter, andere Regionen als Mitteleuropa und sein kulturelles Lehrzentrum Nahost zu betrachten. Wie wäre es mit Amerika?
 
Das ist ne gute Herangehensweise. Ich habe keinen Schimmer von "Gods own country" :D
Also wenn jemand was über amerikanische Prähistorie weiß dann nur raus damit.
 
... aber diese Getreidesorten stammen allesamt aus dem Gebiet des fruchtbaren Halbmondes und sind an dieses Klima angepasst. Es erforderte einiges an Aufwand diese Getreidesorten an die Böden und das Klima Mitteleuropas anzupassen.

Die meisten Getreidearten der frühen europäischen Bauern stammen unzweifelhaft aus Vorderasien. Unsere ersten Bauern bauten Weizen und Gerste an - veredelte und aus wild wachsenden einjährigen Gräsern ausgewählte Arten. Der wilde Vorfahr nur einer einzigen Weizenart wuchs von selbst auf europäischem Boden und zwar nur im südlichen Balkan. Aber dieser "Einkorn-Weizen" war ein kümmerliches Getreide und wurde meist nur in Verbindung mit dem weit überlegenen Emmer-Weizen angebaut. Der wilde Vorläufer von Emmer-Weizen kommt vom Iran bis Palästina und in der südlichen Türkei vor. Dort überschneidet sich sein Fundort mit dem wilden "Einkorn". Wilde Gerste ist in derselben Gegend heimisch.

Mit anderen Worten: Die Getreidearten, auf die sich der neolithische Ackerbau in Europa gründete, wurden aus Vorderasien bzw. SW-Asien eingeführt. Besonders die Proto-Sesklo-Kultur in Thessalien, die die früheste Form des europäischen Ackerbaus repräsentiert (etwa 7./6. Jahrtausend v. Chr.) zeigt eindeutig aus Vorderasien importierte Pflanzen, Tiere und Geräte. Es ist anzunehmen, dass diese Bauern direkt aus Kleinasien ins griechische Thessalien eingewandert waren, also keine Kulturtrift für die Kenntnis des Ackerbaus verantwortlich war, die eine mesolithische europäische Population erfasst hätte.

Nur weil etwas so ist, heißt es ja nicht dass es das technische Optimum gewesen ist. Die Mesolithischen Jäger und Sammler können die Landwirtschaft auch als kulturelles "Komplettpaket", einer "höheren" Kultur angenommen haben ohne den weiteren Schritt zu tun, nur das Prinzip aufzunehmen und es mit den heimischen Mitteln umzusetzen.

Für die Ausbreitung des frühen Ackerbaus in Europa und ihren Einfluss auf die autochthone mesolithische europäische Bevölkerung sind ganz verschiedene Szenarien denkbar. So mag es in einigen Regionen zu einer Aufgabe der nomadischen Jäger- und Sammlertätigkeit gekommen sein, zugunsten einer Übernahme der sesshaften ackerbauenden Lebensweise. In solchen Fällen kam es also zu einer Kulturtrift. In anderen Regionen mag die Bevölkerung bei der Jagd und dem Sammeln geblieben sein, zusätzlich jedoch einen rudimentären Ackerbau betrieben haben. Wieder andere Bevölkerungsgruppen blieben der Jagd und dem Sammeln treu und lehnten sesshafte Lebensweise und Ackerbau ab. Aber wie dem auch sei: Zu irgendeinem Zeitpunkt erlosch das Jäger- und Nomadenleben und fand nur noch an den Rändern Europas im Bereich der Samen, Finnen usw. statt.

Inwieweit die europäische Population schließlich aus eingewanderten Bauern vorderasiatischer Herkunft oder einer autochthonen Bevölkerung bestand, die den Ackerbau lediglich im Rahmen einer Kulturtriift übernahm, ist bis heute umstritten und Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Kontroversen. In einem anderen Thread haben wir bereits lange darüber diskutiert. Genetische Untersuchungen von relevanten Skelettfunden widersprechen sich, sodass der Anteil der eingewanderten Bauern am europäischen Genpool von etwa 15% bis 75% (!) geschätzt wird - eine gewaltige Bandbreite.
 
Das ist ne gute Herangehensweise. Ich habe keinen Schimmer von "Gods own country" :D
Also wenn jemand was über amerikanische Prähistorie weiß dann nur raus damit.

Wissen leider nicht, das Interesse ist aber da, so dass sich das jederzeit ändern kann, dazu ist so ein Forum schließlich da. :winke:

Vermutlich ist nämlich gerade das dünn besiedelte, nacheiszeitliche Mittel- und Nordeuropa kein wirklich gutes Beispiel für den langsamen Übergang zu Landwirtschaft und seßhafter Lebensweise. Und deshalb ist es etwas langweilig, unsere Region in x-ter Wiederholung zu diskutieren.
Wenn man sich vorstellt, dass der Eispanzer bis weit in die nordeuropäische Tiefebene ragte und das letzte Kältemaximum erst 18-20000 Jahre zurückliegt, dann erscheint es mir abwegig, gerade hier Zentren der Pflanzenzucht zu suchen. Schließlich mußten die meisten Pflanzen auch erst einmal einwandern und da Flora im Gegensatz zu Fauna nicht selbst laufen oder fliegen kann, erfolgte die Pflanzenmigration vielleicht langsamer, bes. bei den schwereren Samen, die nicht so einfach vom Wind verweht wurden.
(Kleiner Verweis auf dein Prunusthema):winke:

Der riesige nordafrikanische und nahöstliche Steppen- und Savannenraum war dagegen mit Gräsern bewachsen. Aus der Zeit findet man Mahlsteine, die belegen, das Gräsersamen lange zur Nahrungspalette gehörten. An Gräsern/Getreide läßt sich am leichtesten der menschliche Domestizierungseinfluss erkennen. Viele unserer Vorstellungen zum Ablauf der Neolithisierung ist auch dem Vorhandensein von aussagekräftigen Funden geschuldet. Einer Wurzelknolle sieht man uU nicht an, ob sie gärtnerisch betreut oder wild ergraben wurde.
Amerika finde ich deshalb faszinierend, weil auf dem rel. schmalen, tropisch-gebirgigen, mittelamerikanischen Streifen eine Vielzahl von Nutzpflanzen domestiziert wurde. Ein Kulturschatz, der die Ernährung der Menschheit in den letzten Jahrhunderten ungemein bereichert hat. Das muß doch einen langen Vorlauf gehabt haben.
 
Für Europa ist eindeutig bewiesen, dass die neolithische Lebensweise von Außen hineingetragen wurde. Das für Europa wichtige Zentrum der Neolithisierung liegt in Anatolien, im Zagros und in der Levante und wird von dort über den Balkan nach Europa hineingetragen und dauert mehrere tausend Jahre. Von Anatolien um 12000BC ausgehend gelangen Ackerbau und Viehzucht um 6500 BC nach Griechenland und dem Balkan und erreichen um 5500 BC Mitteleuropa. Hier kann man am ehesten von einer Neolithischen "Revolution" sprechen.​
Das bedeutet (@ Wsjr) das hier schon über Jahrtausende kultivierte und angepasste und damit geeignete Getreidepflanzen eingeführt wurden (selbst die Rinder werden eingeführt und stammen nicht von einheimischen Arten ab). Hier findet keine Protolandwirtschaft statt sondern ein rapider Wechsel vom Mesolithikum zum Neolithikum. Mit dem Ackerbau lassen sich auch erste umfangreiche Gebäude und Siedlungen in der älteren Linienbandkeramik für Mitteleuropa nachweisen. Hier besteht also nicht die Notwendigkeit erst noch einheimische Pflanzen zu kultivieren. Wie" mickrig" diese erst Landwirtschaft war kann ich nicht sagen, aber sie muss doch ausreichend genug gewesen sein um einen Wechsel der Lebensweise zu ermöglichen oder zu fördern, kann also nicht so gering gewesen sein.​

Für die Neolithisierungszentren in China und in Amerika kann ich leider nicht sprechen, aber für den Raum der Levante scheint die Sesshaftigkeit schon vor oder mit der eigentlichen Neolithisierung eingesetzt zu haben.​
Die ersten kleinen Siedlungen mit ihren Rundbauten im Natufien ca. 12500-9500BC in der Levante zeigen noch wenige Anzeichen des Ackerbaus und der Viehzucht, die Hauptnahrungsquelle sind hier in Gazellen zu suchen, die in sogenannten "Wüstendrachen" massenhaft gefangen und z.T. sogar ausgerottet wurden. Nur in geringen Maße scheinen hier Wildformen von Getreide genutzt worden zu sein (ab 13000BC nachweisbar) Im PPNA (Prepottery Neolithikum A ab 9500BC) wird diese Lebensweise fortgesetzt und es tauchen jedoch vermehrt domestizierte Pflanzenreste und aus Stein gefertigte Vorratsbehälter auf. Im PPNB (9000-7500BC) ist dann der Ackerbau voll entwickelt nachweisbar und es entstehen größere Siedlungen. (Jericho, Mureybet, Göbekli Tepe, Çayönü, Çatal-Hüyük) Hier zeigt sich das eine neolithische Lebensweise nur in Zusammenhang mit der Sesshaftigkeit zu sehen ist. Ein Transport von größeren, ausreichenden Mengen Saatgut scheint mir in nomadischer Lebensweise nicht möglich und daher ausgeschlossen. (Die Frage was eher da war, scheint wie die Frage nach Huhn oder Ei zu sein, beides bedingt einander)​
Der entscheidende Übergang der Lebensweise jedoch kann nur in Regionen von statten gehen in denen Regenfeldbau möglich ist. Nur hier kann ohne permanente Pflege eine Nutzung von Protokulturpflanzen in größerem Umfang möglich sein bzw. ein Übergang stattfinden. Dies ist für Amerika und China auch anzunehmen.​
 
Der entscheidende Übergang der Lebensweise jedoch kann nur in Regionen von statten gehen in denen Regenfeldbau möglich ist. Nur hier kann ohne permanente Pflege eine Nutzung von Protokulturpflanzen in größerem Umfang möglich sein bzw. ein Übergang stattfinden. Dies ist für Amerika und China auch anzunehmen.​
Der Fokus auf den Regenfeldbau erscheint mir zu restriktiv und ist mir wieder zu getreidelastig. Was heißt das konkret?
Vielleicht sollten wir erstmal definieren, was wir unter "Protolandwirtschaft" verstehen. Für mich, die mehr oder weniger lange Vorlaufphase, in der Menschen begannen, geschätzte Pflanzen gärtnerisch zu betreuen und Erfahrungen mit Wildtieren zu sammeln. Beides ist überall möglich, wo Jäger und Sammler lebten. Überschüsse, die ein erhebliches Anwachsen der Bevölkerungsdichte erlaubten, sind dagegen nicht überall möglich. Die hängen vom Klima und von den vorhandenen Pflanzen- und Tierarten ab.
Vielleicht könnte der TE wsjr erstmal seine Definition von Protolandwirtschaft schreiben. Ich hatte ihn so verstanden, dass es ihm auch um die verworfenen Ansätze ging, also die Pflanzen (und Tiere), die sich nicht durchgesetzt haben aber durchaus in der Anfangsphase gegessen und gärtnerisch gefördert wurden, angebaut möchte ich das noch nicht nennen.
 
Die Bauern in Europa haben sich ziemlich lange auf ihr vorderasiatisches Erbe verlassen. Erst in der Bronze- und Eisenzeit züchteten die europäischen Bauern gezielt Roggen und Hafer, die für das europäische Klima geeigneter waren, die aber vorher kaum genutzt wurden bzw. nur Ackerunkraut waren.

Zur Ausgangsfrage:
Das Rohden von Wäldern ist es ziemlich langer Prozess. Nach dem Schlagen einer Lichtung dauert es sicher mehrere Jahre bis dort Hollunder, Himbeeren und ähnliche Sträucher Frucht tragen.
Das ist also ein langfristiges Projekt über mehrere Jahre und setzt natürlich ein hohes Maß an Sesshaftigkeit vorraus.
Bei echten Bäumen ist ja noch schlimmer. Es heißt ja immer, von den Obstbäumen, die man selbst pflanzt, könnten erst die Kinder oder Enkel ernten.

Es ist bekannt, dass es in anderen Teilen der Welt völlig andere Landwirtschaften entwickelten. Reis im Nassfeldbau ist auch etwas ganz anderes als der Anbau von "normalem" Getreide, Kartoffeln oder gar Maniok sowieso.
Für mich steht daher außer Frage, dass auch aus europäischen Wildpflanzen Kulturpflanzen gezüchtet werden könnten und eine unabhängige Landwirtschaft hätte entstehen können.
Das ist aber offensichtlich nicht passiert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Für mich steht daher außer Frage, dass auch aus europäischen Wildpflanzen Kulturpflanzen gezüchtet werden könnten und eine unabhängige Landwirtschaft hätte entstehen können.
Das ist aber offensichtlich nicht passiert.

Nein, das ist nicht geschehen, und man lange darüber spekulieren, woran das liegt. Am Klima kann es nicht gelegen haben, denn von Skandinavien bis Italien haben wir ganz unterschiedliche Klimazonen.

Aus irgendeinem Grund hinkte Europa hinter der kulturellen Enrwicklung Vorderasiens hinterher, sei es zunächst die Neolithisierung mit Ackerbau und Sesshaftigkeit, seien es die ersten Hochkulturen mit Städten, Schriftlichkeit, Verwaltungssystem, gesteuerter Landwirtschaft usw. Man muss sich einfach damit abfinden, dass manche Regionen dieser Welt in bestimmten Bereichen kulturelle Vorreiter waren und andere nicht.
 
Der Hinweis von Rena zur Getreidelastigkeit der Ackerbauanalysen ist richtig. Die Frage ist ,ob sich der Ackerbau tatsächlich darauf beschränkte oder ob es nur der Teil der pflanzlichen Nahrung war, von dem Überreste am längsten erhalten blieben. Ich denke da neben Getreide an Hülsenfrüchte, Rüben aller Art, Kohl-Kraut- und Gemüsesorten,etc die sich gerade für den Kleinfeldanbau ,wie er in der Protolandwirtschaft betrieben wurde, geeignet sind.
 
Nein, das ist nicht geschehen, und man lange darüber spekulieren, woran das liegt. Am Klima kann es nicht gelegen haben, denn von Skandinavien bis Italien haben wir ganz unterschiedliche Klimazonen.

Aus irgendeinem Grund hinkte Europa hinter der kulturellen Enrwicklung Vorderasiens hinterher, sei es zunächst die Neolithisierung mit Ackerbau und Sesshaftigkeit, seien es die ersten Hochkulturen mit Städten, Schriftlichkeit, Verwaltungssystem, gesteuerter Landwirtschaft usw. Man muss sich einfach damit abfinden, dass manche Regionen dieser Welt in bestimmten Bereichen kulturelle Vorreiter waren und andere nicht.

Das ganze kann ja durchaus auch zusammenhängend betrachtet werden. Erst die ersten Siedlungen erforderten eine über Kleingärten hinausgehende Landwirtschaft - und diese in größerem Maßstab betriebene Landwirtschaft wiederum eine bessere Verwaltung und in der Folge dessen Schriftlichkeit.

Jeder Schritt befeuerte also den nächsten Schritt. Man muss insbesondere auch darauf achten Landwirtschaft nicht als Ja/Nein Frage zu verstehen, viele qualitativ und quantitativ wichtige Elemente (der Pflug z.B.) wurden erst später erfunden. Was wir wissen ist dass auch in Europa nicht nur Wild auf dem Speiseplan stand. Auch dass sich bestimmte Nutz-Pflanzen sehr schnell ausbreiteten (die Haselnuss z.B.) - mit der Spekulation dass Menschen dies bewußt oder unbewußt beförderten. Und an dieser Stelle hat man natürlich schon eine primitive Bewirtschaftung des Landes, allein durch das Sammeln bestimmter Früchte sorgt man schon für eine Veränderung des Ökosystems, verbreitet deren Kerne und Samen weiter.

Aber selbst wenn dort mal einer dafür sorgte dass am Lagerplatz des letzten Sommers nun ein kleiner Kirschbaum wächst wäre dies eben noch sehr weit entfernt von Landwirtschaft wie sie später mit Acker und Getreide betrieben wurde.

Und erforderte Fortschritte die offenbar andere machten.
 
Das ganze kann ja durchaus auch zusammenhängend betrachtet werden. Erst die ersten Siedlungen erforderten eine über Kleingärten hinausgehende Landwirtschaft - und diese in größerem Maßstab betriebene Landwirtschaft wiederum eine bessere Verwaltung und in der Folge dessen Schriftlichkeit.


Das mag prinzipiell richtig sein. Allerdings bildete sich in Europa auch 4000 Jahre nach der Neolithisierung keine Hochkultur. Freilich ist zu bedenken, dass Sumer, Babylon und Ägypten auch erst nach 5000 Jahren Bauerngesellschaft zur Hochkultur aufstiegen.

Was wir wissen ist dass auch in Europa nicht nur Wild auf dem Speiseplan stand.

Natürlich nicht. Erbsen, Bohnen und Linsen waren die frühesten Züchtungen, von denen sich reichliche Überreste bei Ausgrabungen jungsteinzeitlicher Siedlungen in Europa fanden. Man darf vermuten, dass daneben auch Wurzeln und Blattgemüse auf dem Speisezettel neolithischer Bauernfamilien standen. Die Jagd wurde parallel immer noch ausgeübt - man fand entsprechende Überreste von Wildschwein, Rehwild usw. - allerdings nur noch mit geringeren Anteilen an der gesamten Nahrung.
 
Ackerbohne, Erbse und Linse gehören neben Getreide auch zu den ersten Nutzpflanzen und lassen sich zeitgleich zu den ersten kultivierten Getreidearten nachweisen.
In China war es vor ca. 10000 Jahren die Hirse, Reis kam wohl etwas später später hinzu. Die ältesten Daten der Reiskultivierung um 11000BP werden meist angezweifelt. Die ersten Haustiere waren Schafe und Ziegen, später Rinder.
Wie schon gesagt spielte Klimaveränderung und demographischer Druck eine entscheidende Rolle in andere Ernährungsnischen auszuweichen. Dieser Druck bestand in Europa nicht. Erst mit den Bandkeramischen Kulturen wird Ackerbau und Viehzucht eingeführt. Hier wird sogar die Einwanderung fremder ethnischer Gruppen vermutet, welche sich diese Lebensweise bereits angenommen hatten. Die Frage warum die "Europäer" nicht von selbst Pflanzen und Tiere domestizierten ist m.E. nicht in der Möglichkeit, sondern eher in der fehlenden Notwendigkeit zu suchen.
 
Das wirft allerdings die Frage auf inwieweit diese Notwendigkeit in anderen Zentren der Landwirtschaft bestand, und in welchem Maße.
 
Das wirft allerdings die Frage auf inwieweit diese Notwendigkeit in anderen Zentren der Landwirtschaft bestand, und in welchem Maße.

Ich glaube nicht, dass der Übergang zum Ackerbau und zur Sesshaftigkeit durch existentielle Zwänge ausgelöst wurde. Die Menschen von Jericho, Catal Hüyük oder Shanidar hätten noch endlos weiter Jäger und Sammlerinnen sein können. Der Übergang von der aneignenden zur produzierenden Lebensweise glich vermutlich einer allmählichen Transformation ohne jähe Einschnitte. In einigen Regionen mag es sich um eine erzwungene Anpassung an die Umwelt gehandelt haben, doch war das sicher nicht die Regel.
 
Da muss ich mich an J.H. Reichholfs These errinern, dass die Menschheit nur des Bieres wegen sesshaft wurden, sie also eher aus dem Überfluss heraus die Sesshaftigkeit begangen.

@Dieter
Hast du eine Idee in welchen Regionen die Menschen aus der Not heraus zur Landwirtschaft gekommen sind? Gibts sowas, vielleicht auf Inseln?
 
@Dieter
Hast du eine Idee in welchen Regionen die Menschen aus der Not heraus zur Landwirtschaft gekommen sind? Gibts sowas, vielleicht auf Inseln?

Ein solches Szenario setzt voraus, dass aus bestimmten Gründen jagdbares Wild verschwand. Mir fällt allerdings dazu kein überzeugendes Modell ein.
 
Wie ? Ist das so schwer, oder versteh ich euch einfach nicht.

Wir sind Allesfresser. Ein paar Wurzeln und Früchte waren schon immer gut.
Man lebte einfach in einer Gegend die immer trockener wurde. Das Wild zog weg und das Grünzeug verkümmerte.

Da wir damals auch nicht dümmer waren sahen wir, dass Wasser fehlte.
Also entweder Gegend verlassen oder sich die Arbeit machen und einen natürlichen Damm anzubohren. Erde wird überflutet, Grünzeug wächst, Wild kommt zurück = Anfang der Landwirtschaft.
 
@ Edgar
tut mir leid aber es ist eben nicht so einfach.

Erstens wird das Klima besser und nicht schlechter, was erst die Vorraussetzung zum Ändern der Lebensweise schafft.
Zweitens Das Wild zog nicht weg, sondern wurde überjagd.
Drittens, die künstliche Bewässerung wird erst aufgegriffen als sich die Landwirtschaft schon längst durchgesetzt hatte. Sie erfordert ein hohes Maß an Organisation und Arbeitsteilung und führt letztendlich zu den ersten Hochkulturen diese treten ca. 7000 Jahre später auf.

@ Dieter, Wsjr
Gerade in Jericho also der Levante aber auch in Anatolien und im Zagros, ist die Ausrottung ganzer Gazellenarten und anderer Tiere nachgewiesen worden, die ursprünglich eine der Hauptnahrungsquellen waren. Hier bestand also schon die Notwendigkeit neue Nahrungsquellen zu erschließen. Diese wurden in sogenannten Wüstendrachen getrieben und massenweise gejagt. Dies führt zur Überjagung und zumindest zu einer Beschleunigung der Neolithisierung.

http://www.h-age.net/aktuelles/508-wuestendrachen-gazellen-jagd-endete-in-massenschlachtung.html

Wüstendrachen ? Wikipedia

http://www.spektrum.de/alias/syrien/mit-wuestendrachen-auf-gazellenjagd/1069702
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Dieter, Wsjr
Gerade in Jericho also der Levante aber auch in Anatolien und im Zagros, ist die Ausrottung ganzer Gazellenarten und anderer Tiere nachgewiesen worden, die ursprünglich eine der Hauptnahrungsquellen waren. Hier bestand also schon die Notwendigkeit neue Nahrungsquellen zu erschließen. Diese wurden in sogenannten Wüstendrachen getrieben und massenweise gejagt. Dies führt zur Überjagung und zumindest zu einer Beschleunigung der Neolithisierung.

Dann hätten wir damit ja doch eine Ursache der Neolithisierung gefunden, die ich in meinem Beitrag # 54 angesprochen habe. Mir wollte zur erzwungenen Anpassung an die Umwelt nichts rechtes einfallen.

Allerdings vermute ich, dass ein solches Szenario nicht generell der Auslöser für den Übergang von der aneignenden zur produzierenden Wirtschaftsweise war. Man muss sicher auch mit einer beträchlichen Kulturtrift rechnen, d.h. der Weitergabe der Kenntnis von Pflanzenzüchtung und Ackerbau und aller daraus resultierenden Veränderungen des Lebens der Menschen in den betroffenen Gebieten.
 
Nun,betrachten wir uns mal Gegenden,wo die ersten Ackerbaukulturen heimisch waren- z.B. Ägypten als Extrembeispiel
Dort haben wir es tatsächlich mit einer Klimaverschlechterung zu tun und zwar in der angrenzenden Sahara.
Wie wir aus Felsbildern wissen war die mal relativ grün mit jeder Menge jagdbarem Wild und einer ausgeprägten Jägerkultur. Durch die Kaltzeiten und die daduch erfolgte Bindung größer Wassermengen kam es zu einer erheblichen Ausweitung der Wüstengebiete, das Wild verzog sich in die Flusstäler und die Tropen und die Menschen suchten sich die Orte an denen es noch genug Wasser gab - das Niltal und die Oasen
Problem- dort gab es also eine Bevölkerungskonzentration die ganzjährig sichere Nahrungsquellen brauchte . Und das funktioniert nicht durch Jagd sondern nur durch Ackerbau und Viehzucht, zumal der verfügbare Raum auch beschränkt war und ein Umherziehen/Wildfolge kaum noch möglich war .

Ähnliche Ausdehnung benachbarter Wüsten haben wir auch in Mesopotamien und Palästina , mit dem gleichen Effekt Es kommt also nicht von ungefähr,daß diese Gegenden die ersten Ackerbauern hervorbrachte.
 
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