Das Gefecht in der Dänemarkstraße

L. hat ja auch nicht die in eine Bitte/Empfehlung gekleidete Richtlinie seines Chefs befolgt, allerdings vermag ich mangels Kenntnis nicht einzuschätzen, ober er sie in der gegebenen Gefechtssituation hätte befolgen können.

M. :winke:

Das konnte er tatsächlich nicht. Das Einschwenken auf das Gefecht erfolgte erst, als es unvermeidbar war.

Zuvor hat Lütjens nach Sichtung eine Ausweichbewegung vorgenommen, die von Holland wiederum gekontert wurde, woraus die ungünstige Situation für die Hood-Gruppe zum Crossing-the-T verschärft wurde.

Quelle: The Bismarck Chase.
 
Das konnte er tatsächlich nicht. Das Einschwenken auf das Gefecht erfolgte erst, als es unvermeidbar war.

Zuvor hat Lütjens nach Sichtung eine Ausweichbewegung vorgenommen, die von Holland wiederum gekontert wurde, woraus die ungünstige Situation für die Hood-Gruppe zum Crossing-the-T verschärft wurde.

Quelle: The Bismarck Chase.

Danke für die Erläuterung.

M.
 
Kann man bei bei 2 Schiffen je Kampfgruppe überhaupt von einem Crossing-the-T sprechen? Immerhin sind Kurswechsel und Kursänderungen schnell durchgeführt, mit nur 2 Schiffen.

Warum nicht? Für die plakative Beschreibung der Lage ist das doch angemessen, ebenso wie aus britischer Sicht die Beschreibung als "Buggefecht". Als dieses von Holland beendet werden sollte, gab es den oder die entscheidenden Treffer auf Hood, mitten hinein in das Eindrehen.
 
Zuvor hat Lütjens nach Sichtung eine Ausweichbewegung vorgenommen, die von Holland wiederum gekontert wurde,...

Ich versuche dieses einmal als nicht Marineexperte zusammen zufassen.

B und PE laufen zum Handelskrieg aus. Der Flottenchef L wurde in einer Empfehlung instruiert möglichst kein Risiko einzugehen, also Seegefechten mit gleich starken oder überlegenen Kräften möglichst auszuweichen.

B und PE werden entdeckt und zwei Kreuzer halten Fühlung.

Der operativ führende Admiral der RN ist sich über die Absichten von L nicht klar und hält Kräfte zurück, entsendet aber eine starke Kampfgruppe, H und PoW.

Wahrscheinlich könnte B und PE fünf Geleitzügen gefährlich werden

Ist das so richtig wiedergegeben?

PoW und H sichten B und PE und nähern sich auf Gefechtsentfernung bzw. versuchen diese zu erreichen und erreichen sie dann offensichtlich auch. L entschließt sich in dieser gefährlichen Situation (2:1 Situation) und eingedenk seines Gefechtsauftrages (Handelskrieg), dem Gefecht auszuweichen.

Der taktische Befehlshaber vor Ort H, kontert dieses Ausweichmanöver und zwingt somit L, das Seegefecht anzunehmen.

Irgend jemand, entweder der operative Befehlshaber oder die Admiralität muß entweder H befohlen haben das Gefecht zu suchen oder die Kommunikationswege waren so miserabel, daß H, als taktischer Befehlshaber, einen eigenen Entschluß fassen mußte. Denn das Ausweichen der B war ja bereits ein taktischer Erfolg, sie hätte unter Beobachtung einer 2:1 überlegenen Kampfgruppe gestanden und L hätte vom agieren zum reagieren übergehen müssen. Der operative Befehlshaber hätte nunmehr weitere Kräfte heranführen können.

L hätte ab diesem Zeitpunkt , das befohlene operative Ziel, Handelskrieg zu führen, faktisch nicht mehr umsetzen können. Die RN hätte damit bereits dieses operative Ziel des OKM/SKL obsolet werden lassen.

Die Ausschaltung der B war ja letztlich ein sekundäres Ziel im Hinblick auf die Sicherung der Geleitzüge. Denn das primäre strategische Ziel, Sicherung der Geleitzüge, war durch das taktische Ausweichen der B ja gesichert.

Vorsichtig ausgedrückt, damit hat m.E. nach das Risikocontrolling der RN versagt, oder liege ich da total schief bzw. habe ich etwas übersehen?

M.
 
L hätte ab diesem Zeitpunkt , das befohlene operative Ziel, Handelskrieg zu führen, faktisch nicht mehr umsetzen können. Die RN hätte damit bereits dieses operative Ziel des OKM/SKL obsolet werden lassen.
Die Ausschaltung der B war ja letztlich ein sekundäres Ziel im Hinblick auf die Sicherung der Geleitzüge. Denn das primäre strategische Ziel, Sicherung der Geleitzüge, war durch das taktische Ausweichen der B ja gesichert.
Vorsichtig ausgedrückt, damit hat m.E. nach das Risikocontrolling der RN versagt, oder liege ich da total schief bzw. habe ich etwas übersehen?
M.

Die Option auf Handelskrieg war mit dem "Abdrängen" nicht unbedingt verhindert. Dein "Szenario" geht davon aus, dass die Hood-Gruppe in der Lage wäre, nach dem Ausgang der Dänemark-Straße Fühlung zu halten.

Suffolk, PoW und auch Hood waren mit dem Ende 1940 verfügbaren "Type 284 Radar" ausgestattet. Suffolk konnte damit Bismarck auf maximal rd. 23 - 24km orten und nachts Fühlung halten (ohne Gefährdung durch die Artillerie der Bismarck, was sich tagsüber auf Sicht anders darstellt). Eine Spekulation: wenn Hood nur rd. 28 Knoten laufen konnte (so im März 1941 - 28,8 - nach dem "refit" und auch nachts auf Abfangkurs mit Höchstgeschwindigkeit 28 Knoten), musste Holland davon ausgehen, dass er ohne Gefecht nicht "dranbleiben" konnte. Auch nach dem Abdrängen musste er davon ausgehen, dass er den Kontakt verlieren, und Bismarck in den offenen Atlantik entweichen könnte. Damit wäre die Bedrohungslage für den Geleitzugverkehr der nächsten zwei bis drei Monate gegeben gewesen.
 
Die Option auf Handelskrieg war mit dem "Abdrängen" nicht unbedingt verhindert. Dein "Szenario" geht davon aus, dass die Hood-Gruppe in der Lage wäre, nach dem Ausgang der Dänemark-Straße Fühlung zu halten.

Suffolk, PoW und auch Hood waren mit dem Ende 1940 verfügbaren "Type 284 Radar" ausgestattet. Suffolk konnte damit Bismarck auf maximal rd. 23 - 24km orten und nachts Fühlung halten (ohne Gefährdung durch die Artillerie der Bismarck, was sich tagsüber auf Sicht anders darstellt). Eine Spekulation: wenn Hood nur rd. 28 Knoten laufen konnte (so im März 1941 - 28,8 - nach dem "refit" und auch nachts auf Abfangkurs mit Höchstgeschwindigkeit 28 Knoten), musste Holland davon ausgehen, dass er ohne Gefecht nicht "dranbleiben" konnte. Auch nach dem Abdrängen musste er davon ausgehen, dass er den Kontakt verlieren, und Bismarck in den offenen Atlantik entweichen könnte. Damit wäre die Bedrohungslage für den Geleitzugverkehr der nächsten zwei bis drei Monate gegeben gewesen.


Da hast Du recht. Die Kampfgruppe der RN hätte die Fühlung verlieren können.

Mein "Szenario" dreht sich nicht unbedingt um Seekriegsführung, sondern um die Risikoabschätzung in der Kriegsführung und da bietet sich dieses Seegefecht fast idealtypisch an.

Wie lange hätte denn die B im offenen Atlantik operieren können? Wäre dieses Risiko nicht hinnehmbar gewesen? Hätte sie überhaupt einen kompletten Geleitzug vernichten können? Letzteres würde ich per se verneinen wollen. Das ein deutsches Schlachtschiff im Atlantik bedrohlich war, keine Frage.

Weißt Du, wie das deutsche Rückkehrszenario des OKM/SKL für die B in einem Handelskrieg ausgesehen hätte?

M. :winke:
 
Wie lange hätte denn die B im offenen Atlantik operieren können? Wäre dieses Risiko nicht hinnehmbar gewesen? Hätte sie überhaupt einen kompletten Geleitzug vernichten können? Letzteres würde ich per se verneinen wollen. ...

Weißt Du, wie das deutsche Rückkehrszenario des OKM/SKL für die B in einem Handelskrieg ausgesehen hätte?

M. :winke:

Das Rückkehrszenario beim Auslaufen war klar bestimmt worden: Norwegen/Drontheim. Brest sollte nur im Ausnahmefall unter Sicherstellung bestimmter Bedingungen angefahren werden.

Zum Risiko: das lag nicht unbedingt in der Vernichtung kompletter Geleitzüge, was auch als Regelfall schwer vorstellbar wäre. Das Problem lag vielmehr in den monatelangen materialschädigenden Störungen, und den dann gewaltigen Aufwand für laufenden Schutz der Geleitzüge und Bindung der Suchgruppen. Anders als bei Scheer, Spee oder Hipper hätten da die notwendigen Kräftegruppen mehr Tonnage gebunden, die an anderen Plätzen gefehlt hätte.

Theoretisch hätte das monatelang gehen können, aufgrund der aufgebauten Versorger-Linien der Kriegsmarine im Atlantik (außer Acht lassend, dass diese im Juni 1941 durch das Knacken des Enigma-Codes doch aufgerollt worden sind). Im Extremfall hätte erst ein Verschleiß der Artillerierohre die Rückkehr erzwungen, also nach 200 - 300 je Rohr. So etwa war das bei SH/GN, deren Rohre nach Rückkehr von Operation Berlin im März 1941 teilweise ausgetauscht wurden.
 
Da sich noch eine Diskussion per PN ergab, hier das von der Seekriegsleitung nachträglich "rekonstruierte" Kriegstagebuch der Bismarck (Original ist bekanntlich verloren), morgens 24.5.1941, Gefecht mit Hood und Prince of Wales:
 

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Zum Risiko: das lag nicht unbedingt in der Vernichtung kompletter Geleitzüge, was auch als Regelfall schwer vorstellbar wäre. Das Problem lag vielmehr in den monatelangen materialschädigenden Störungen, und den dann gewaltigen Aufwand für laufenden Schutz der Geleitzüge und Bindung der Suchgruppen. Anders als bei Scheer, Spee oder Hipper hätten da die notwendigen Kräftegruppen mehr Tonnage gebunden, die an anderen Plätzen gefehlt hätte....

Erst einmal thx, daß Du einem Nichtwissenden soviel Zeit widmest.

Da worst case Szenario wäre also bei einer britischen Akzeptanz der Gefechtsausweichung der B gewesen, der eventuelle Fühlungsverlust der Hood und PoW zur B.

Gegenmaßnahmen: Suchgruppen und noch stärkere Deckung der Geleitzüge (U-Boot-Abwehr und Schutz vor einem möglicherweise auftretendem dt. Schlachtschiff).

In dieser operativen Situation muß man mit einem "Verzettelungs- und Verschleißrisiko" rechnen, aber nicht mit einem Verlustrisiko, jedenfalls nicht mit einem 1:1 Wertverlustrisiko.

Aus Risikomanagement Sicht, war also die Alternative, proaktives Eingehen des Risikos eines Gefechtsverlustes mit faktisch nicht kalulierbaren Folgen oder passive Risikovorsorge durch Kräftebindung, einhergehend mit einem möglichen späterem Seegefecht, was dann vllt. unausweichlich geblieben wäre z.B. um einen Geleitzug zu decken, so die B diesen gefunden hätte.

M. :winke:
 
Nimm einmal die unmittelbar vorlaufende Berlin-Operation von Lütjens:

"Lutjens had enjoyed a brilliant cruise. His two battlecruisers had been at sea for two months, travelled thousands of miles, and sunk or captured 115 622 tons of shipping. He had kept the Royal Navy guessing, avoided its most powerful units, and disordered the essential convoy routing system. Tovey was exasperated. He wrote to Cunningham on 21 March: ‘How the devil do you get in touch with the blighters? That’s what I want to know, so please let me into the secret.’

The inability of the British to force a surface engagement continued to be the surface fleet’s biggest problem. On three separate occasions, German capital ships with a 2–1 advantage in numbers had run away from British battleships. The Germans were delaying convoys and sinking ships without risking battle. The Admiralty could change commanders at will, but without carriers, fast battleships, or a change in German tactics, the Home Fleet’s woes would continue. Scharnhorst and Gneisenau were now astride the southern flank of the convoy routes, and soon the battleship Bismarck would be ready to threaten the northern flank of the Atlantic lifeline. It is to this threat, and Bismarck’s short, spectacular career, that we will now turn."

Levy, The Royal Navy's Home Fleet in WW II.
Das ist ein Beispiel für die Sichtweise der britischen Admiralität. Weitere Autoren, wie zB das Standardwerk von Roskill teilen das uneingeschränkt. Eine Kritik an dem sofortigen Ansatz von Tovey gegen die Bismarck-Gruppe wird eigentlich nicht vorgetragen.

Das Maß der der politischen, ökonomischen und militärischen Schädigung läßt sich an der Aufregung in den Führungsstäben leicht ablesen. Die Royal Navy hatte hier ein "Geschwindigkeitsproblem" und 1941 auch ein "Ölproblem". Tovey hatte erst kurz zuvor den glücklosen Forbes abgelöst (der als Edel-Hafenkommandant in Plymouth endete).

Entsprechende Jubelanalysen gibt es von der deutschen SKL über diese monatelange Aktion von Scharnhorst/Gneisenau.
 
Zuletzt bearbeitet:
@silesia
Zunächst einmal vielen Dank für das Einblenden der KTB-Seite (#71) und die Info bzgl. des "Ausweichmanövers" durch Bismarck. Ich habe mir die Angaben noch einmal angesehen und möchte behaupten, dieses Manöver hat es nicht gegeben:

KTB Bismarck: dito KBismarck.com
anliegender Kurs 220°
04:07 PE meldet Geräuschpeilung in Richtung 285°
04:25 Torpedogeräusche in Richtung 195°, Schiffe drehen hart BB 170°
05:32 Verband geht wieder auf 220°
05:37 B-Dienst meldet neue Einheit an BB
05:39 Meldung von Gruppe Nord
05:43 B-Dienst meldet weiter Einheit an BB
05:47 Alarm, BB querab Rauchfahnen, die schnell größer werden
05:50 Hood u. PoW laufen in sehr spitzer Lage auf den Verband zu
05:53 Feuereröffnung durch Hood u. PoW auf ca. 290 hm
05:55 Feuereröffnung durch Bismarch u. PE

Im Vergleich dazu KTB Prinz Eugen:
anliegender Kurs 220°
04:07 Geräuschpeilung in Richtung 286°
04:25 Torpedogeräusche in Richtung 195°
05:21 Schiffe drehen hart BB 170° <====
05:32 Verband geht wieder auf 220°
05:37 B-Dienst meldet neue Einheit an BB
05:43 B-Dienst meldet weiter Einheit an BB
05:47 Alarm, BB querab Rauchfahnen, die schnell größer werden
05:50 Hood u. PoW laufen in sehr spitzer Lage auf den Verband zu
05:53 Feuereröffnung durch Hood u. PoW auf ca. 290 hm
05:55 Feuereröffnung durch Bismarch u. PE


Lt. Bismarcks Eintrag könnte man ein Ausweichen vor Torpedos vermuten, lt. Eintrag PE dürfte kein Zusammenhang mit der Ortung 04:25 bestehen.


Kurs Hood / PoW
05:35 240°
05:37 280° (also etwas nördlicher als West), PoW sichtet Bismarck u. PE
05:43 Hood sichtet Bismarck
05:49 300° (beinahe WestNordWest )
05:53 Eröffnung Feuer
05:55 zurück auf 280°


Kurs Bismarck:
lt. Zetterling/Tamelander (Bismarck) u. Winklareth (Bismarck Chase):
05:39 Kurs 265° (von 220°)
05:54 Kurs 200°


Das kaufe ich nicht:
1. Hätten bei dem Kurs 265° Hood und PoW nahezu von achtern auflaufen müssen und nicht, wie berichtet querab an Backbord.
2. Die geschilderte schnelle Annäherung wäre damit nicht möglich gewesen.
3. Wo wollte Lütjens mit Kurs 265° hin? Ins Packeis? Man marschierte unweit der Eisgrenze!
4. Warum dreht man vor einem vermuteten "leichten" Gegener, den man noch nicht einmal gesehen hat, ab?
 
Suffolk hat um 05:20 (Page 160) eine kurzfristige Kursänderung um 30° nach Backbord und wieder zurück beobachtet. Das deckt sich mit dem KTB-Eintrag PE 5:21 - 5:32. Bismarcks Rekonstruktion ist an der Stelle wohl ungenau.
Suffolk berichtet ferner um 05:38 von einer Luftspiegelung, die den Anschein erwecke, als ob sich der Feind nähere (ähnlich wie um 0325). Vielleicht wurde daraus eine "Kursänderung" der Bismarck.

PoW hatte ab 05:37 Sichtkontakt. Ein Abdrehen der Deutschen um 45° wäre nicht unbeobachtet geblieben. Der Artillerie-Plot der Prince of Wales verzeichnet für die dt. Schiffe zwischen 05:53 und 6:02 einen Kurs um die 220° (PoW spricht sogar von 240°), nicht 200°.

Auch die Gefechtsskizze von Prinz Eugen liefert keinen Hinweis.

Falls jemand den Film von Paul Schmalenbach u. a. über das Gefecht noch nicht kennt, kann er ihn über diese Seite, die auch eine Synopse von Frank Allen enthält, erreichen. Man gewinnt so einen kleinen Eindruck von dem Umfeld.


...Gegenmaßnahmen: Suchgruppen und noch stärkere Deckung der Geleitzüge (U-Boot-Abwehr und Schutz vor einem möglicherweise auftretendem dt. Schlachtschiff).
In dieser operativen Situation muß man mit einem "Verzettelungs- und Verschleißrisiko" rechnen, aber nicht mit einem Verlustrisiko, jedenfalls nicht mit einem 1:1 Wertverlustrisiko.

Aus Risikomanagement Sicht, war also die Alternative, proaktives Eingehen des Risikos eines Gefechtsverlustes mit faktisch nicht kalulierbaren Folgen oder passive Risikovorsorge durch Kräftebindung, einhergehend mit einem möglichen späterem Seegefecht, was dann vllt. unausweichlich geblieben wäre z.B. um einen Geleitzug zu decken, so die B diesen gefunden hätte.

@Melchior
Sorry, aber ich verstehe Deine Schlussfolgerungen nicht. Bei einer 2:1 Konstellation zu Gunsten der Briten wirfst Du der RN Versagen im Riskcontrolling vor.

Die Alternative sollen Suchgruppen und verstärkter Geleitschutz sein? Warum einen Gegener verlieren und wieder suchen, wenn man ihn schon gefunden hat?

Zu dem Zeitpunkt war im Nordatlantik ein halbes Dutzend Geleitzüge unterwegs. Das hätte bedeutet, die RN hätte sich wahllos verzetteln müssen, es wäre dann bestenfalls zu 1:1 Konstellationen gekommen, wobei jedes der älteren Schlachtschiffe noch ein paar Jahre mehr auf dem Buckel hatte als die Hood - das wäre ein Versagen des Riskcontrolling gewesen.

Und das Auffinden der Geleitzüge war nicht besonders unwahrscheinlich. Allein schon mit der geplanten Einbindung der Spähschiffe und ggf. Versorger in eine Suchlinie hätten Bismarck und PE einen Streifen von ca. 200 km Breite abdecken können. Da wäre schon der eine oder andere Geleitzug hängengeblieben. Anders als bei U-Booten wo man vielleicht 5 m über der Wasseroberfläche steht, hat man aus 40 m Höhe etwas mehr Überblick.
 
@Melchior
Sorry, aber ich verstehe Deine Schlussfolgerungen nicht. Bei einer 2:1 Konstellation zu Gunsten der Briten wirfst Du der RN Versagen im Riskcontrolling vor.

Die Alternative sollen Suchgruppen und verstärkter Geleitschutz sein? Warum einen Gegener verlieren und wieder suchen, wenn man ihn schon gefunden hat? ...

@Stephan2

Ersteinmal zum Ausweichmanöver der B.

Das kann ich mangels Fachwissen den KTB-Einträgen nicht entnehmen. Wie ich dem w.o. eingestellten Gesprächsprotokoll entnehmen konnte, hat Raeder L den Gefechtsauftrag für B und PE einigermaßen genau umrissen, Handelskrieg und keine Annahme von Seegefechten, schon gar nicht mit gleichstarken oder überlegenen Gegnern.

Ergo, hätte es kein Ausweichmanöver der B gegeben, hätte L diesen übergeordneten Befehl nicht beachtet. Sehr schwer nachzuvollziehen, insbesondere auch bei der ungünstigen Gefechtssituation.

Zum Risikocontrolling der RN.

Der Risikofall ist eingetreten.

M. :winke:
 
@stephan2: sehr schön analysiert, und Dank für die Mühe.


Unterstellt, dass der Kurswechsel nicht stattgefunden hat und die Angabe bei Zetterling etc. falsch ist: was schließt Du dann daraus?

Nachtrag:
http://www.warship.org/no21987.htm
 
Zuletzt bearbeitet:
...
Unterstellt, dass der Kurswechsel nicht stattgefunden hat und die Angabe bei Zetterling etc. falsch ist: was schließt Du dann daraus?

Zunächst vielen Dank für das Lob, silesia.:red:

Ich gehe davon aus dass dieser Kurswechsel auf dt. Seite nicht erfolgt ist. Ich kenne beide Bücher nicht, kann also nicht im Detail prüfen, auf welche Quellen sich die Autoren stützen. Mein erster Eindruck ist eher verhalten:

Lt. Internet lautet ein Titel Bismarck: The Final Days of Germany's Greatest Battleship (Zetterling/Tamelander). Seit dem 25. Februar 1941 war nun Tirpitz das größte dt. Schlachtschiff. Ich frage mich dann immer wie zuverlässig die übrigen Angaben sind, wenn schon so eine Trivialität nicht richtig dargestellt wird.

Die Reviews sind gemischt, in einer Bewertung heißt es:
There's a lot in this account that isn't in earlier sources, such as Mullenheim-Rechberg's book.
Nun, das betrifft mich nicht, ich besitze das Buch des Barons seit über 10 Jahren - und es ist nicht das Einzige zu dem Thema.

Ähnlich geht es mir mit Winklareth, das Leserurteil ist durchaus gespalten.

Zurück zur Dänemarkstrasse:

Die Sichtung durch PoW erfolgte um 5:37 auf eine Entfernung von rund 38.000 yards. Ergänzend heißt es dazu in den Gunnery Narratives:
The similarity between the two enemy ships was amazing and with the smaller ship "nearer", it was difficult at first to distinguish which was Bismarck. ... the closing rate was very high ...

Wie kommt man zu der Aussage, wenn man die dt. Schiffe nur von hinten sieht?

Um 5:53 eröffnete PoW aus ca. 25.000 yards das Feuer, man war also in 16 Minuten 13.000 yards näher an den Feind gekommen, also rund 6,4 sm, die Annährerungsgeschwindigkeit betrug damit ca. 24 kn.

Das wäre unmöglich, wenn BS und PE von von 5:39 bis 5:54 auf Kurs 265° gelaufen wäre.

Legt man deren Kurs von 220° und eine Geschwindigkeit von 28 kn zu Grunde, legten sie in 16 Minuten rund 7,5 sm zurück, wobei sich ihr Standort um 4,8 sm (= 7,5 sm x sin 40°) nach Westen verschob, gleichzeitig gelangten sie ca. 5,7 sm nach Süden. Damit minderte man unter dem Strich die Annäherungsgeschwindigkeit der brit. Kampfgruppe etwas, ein Gefecht war so aber nicht zu vermeiden.


@Melchior
Ergo, hätte es kein Ausweichmanöver der B gegeben, hätte L diesen übergeordneten Befehl nicht beachtet. Sehr schwer nachzuvollziehen, insbesondere auch bei der ungünstigen Gefechtssituation.

Die Befehle, die Lütjens erhielt waren Weisungen, d. h. ihm wurden die Gesamtabsichten der SKL mitgeteilt. Im Rahmen dieser Absichten hatte er als Flottenchef selbstständige Handlungsoptionen. Mit der Annahme des Gefechtes hat er mit Sicherheit nicht gegen die Weisungen Raeders oder der Gruppe West verstoßen, denn
Hauptaufgabe auch dieser Operation ist die Vernichtung feindlichen Schiffsraums, die Bekämpfung feindlicher Kriegsschiffe nur so weit, wie es die Hauptaufgabe nötig macht und wie es ohne allzu großes Risiko geschehen kann.
(Weisung für weitere Unternehmungen von Überwasserstreitkräften der SKL vom 2. April 1941, Skl. 1 Op. 410/41)
An diese Hauptaufgabe scheint er sich buchstabengetreu gehalten zu haben. Man könnte ihm natürlich vorwerfen, dass er nach der Entdeckung nicht Kehrt gemacht und einen neuen Versuch gestartet hat, wie bei der Operation Berlin.

Zum Risikocontrolling der RN.
Der Risikofall ist eingetreten.

Shit happens - insbesondere im Krieg.

Sinn und Zweck eines Risikocontrollings kann nur Analyse und Überwachung eines Risikos sein, die Entscheidung ob dieses Risiko eingegangen wird oder nicht obliegt ihm nicht.

Bei der Abwägung der Verluste ist es m. E. nicht gerechtfertigt nur von einer 1:1 Situation (1 Schlachtschiff Bismarck : 1 Schlachtkreuzer Hood) auszugegehen. Auf dt. Seite gingen mit der Bismarck immerhin 25% der vorhandenen Schlachtschiffe verloren, auf britischer Seite nur 6% (1 von ca. 16).

Darüber hinaus verloren die Dt. weitgehend die Infrastruktur für eine Überwasserkriegsführung im Atlantik.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Befehle, die Lütjens erhielt waren Weisungen, d. h. ihm wurden die Gesamtabsichten der SKL mitgeteilt. Im Rahmen dieser Absichten hatte er als Flottenchef selbstständige Handlungsoptionen. Mit der Annahme des Gefechtes hat er mit Sicherheit nicht gegen die Weisungen Raeders oder der Gruppe West verstoßen, denn
(Weisung für weitere Unternehmungen von Überwasserstreitkräften der SKL vom 2. April 1941, Skl. 1 Op. 410/41)
An diese Hauptaufgabe scheint er sich buchstabengetreu gehalten zu haben. Man könnte ihm natürlich vorwerfen, dass er nach der Entdeckung nicht Kehrt gemacht und einen neuen Versuch gestartet hat, wie bei der Operation Berlin...
Shit happens - insbesondere im Krieg.

Sinn und Zweck eines Risikocontrollings kann nur Analyse und Überwachung eines Risikos sein, die Entscheidung ob dieses Risiko eingegangen wird oder nicht obliegt ihm nicht.


@Stephan2

Hab vielen Dank für Deine Beharrlichkeit bei dem eingehen auf mein wahrscheinlich ennervierendes Argumentarium.

Das Raeder einem Flottenchef keine direkten operativen Befehle gibt sondern Empfehlungen ausspricht, ist schon klar.

Daß die Admiralstäbe, die für das Risikocontrolling zuständig waren, nicht in operative oder gar taktische Situationen => Entscheidungen eingreifen konnten und wollten, ist auch klar, sondern das hierfür der operative und taktische Kommandeur vor Ort verantwortlich zeichnet, auch das ist eine Selbstverständlichkeit.

Ich versuche einmal die Risikoanalyselage aus britischer Sicht darzustellen.

Ein deutscher Kampfverband B und PE läuft aus mit Ziel Atlantik, Gefechtsaufgabe: Handelskrieg.

Der Kampfverband wird gesichtet, die RN reagiert darauf sehr klassisch, Fühlung herstellen und Fühlung halten.

Der operative Befehlshaber der RN entsendet einen wahrscheinlich überlegenen Kampfverband H und PoW, um B zu stoppen.
__________________________________________________________________-

M.E. der 1. Fehler in der Risikoanalyse.

Nach Entdeckung seines Kampfverbandes hätte L aus deutscher militärökonomischer Sicht umkehren müssen, da in diesem Moment die Mission "Handelskrieg" bereits gescheitert war, er ging proaktiv das Risiko eines Seegefechtes ein, bzw. vertraute er auf die vage Chance den „Fühlungshaltern“ entkommen zu können. Diese Risikobereitschaft von L hätte die RN nachdenklich stimmen müssen.
___________________________________________________________________

Der operative Befehlshaber der RN muss Kräfte zurückhalten, da er die genauen Absichten von L nicht kennt. Aus seiner Sicht vollkommen verständlich und korrekt.
____________________________________________________________________

Der 2. Fehler in der Risikoanalyse aus meiner laienhaften Sicht:

Die Nachrichten- und Aufklärungslage war für die RN offenbar unklar. Der operative Befehlshaber musste vermuten und auf diese Vermutungen seine Entscheidungen stützen. –shit happens-

Die wahrscheinlichste Vermutung wäre doch gewesen, dass L einem Seegefecht unter diesen für ihn offensichtlich ungünstigen Auspizien ausweicht, da seine Mission „Handelskrieg“ war und nicht die Führung von Seegefechten mit überlegenen Gegnern.

Das durfte die RN auch unterstellen.

Ergo, hätte aus risikoanalytischer Sicht die Weisung für den taktischen Befehlshaber doch heißen müssen, Gegner stellen, weicht dieser wider erwarten nicht aus, keine Annahme eines Seegefechtes erzwingen, sondern die Bedrohungslage aufrecht zu erhalten.

Wenn L das Seegefecht annimmt und nicht ausweicht, wäre er der „Gefangene“ seiner eigenen Entscheidung und hätte sich selbst paralysiert.

Ergo, kein Ausweichmanöver der B, kein Seegefecht, sondern Aufrechterhaltung der Bedrohungslage.

Ein Seegefecht hätte nur Sinn gemacht, um das „Ausweichen“ der B zu verhindern.
_______________________________________________________________________


Kurz gefasst, weicht die B aus, dann unter der Verhinderung des Missionszieles „Handelskrieg“ das Seegefecht suchen, stellt sich die B erkennbar einem Seegefecht, diesem Gefecht ausweichen, da sich die militärische Situation der B auf einem Zeitstrahl stetig verschlechtert hätte.

M.

P.S.: Not only "shit happens", perhaps, shit decisions.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
04:07 PE meldet Geräuschpeilung in Richtung 285°
04:25 Torpedogeräusche in Richtung 195°, Schiffe drehen hart BB 170°
05:32 Verband geht wieder auf 220°
05:37 B-Dienst meldet neue Einheit an BB

Im Vergleich dazu KTB Prinz Eugen:
anliegender Kurs 220°
04:07 Geräuschpeilung in Richtung 286°
04:25 Torpedogeräusche in Richtung 195°
05:21 Schiffe drehen hart BB 170° <====
05:32 Verband geht wieder auf 220°
05:37 B-Dienst meldet neue Einheit an BB
05:43 B-Dienst meldet weiter Einheit an BB

Kurs Bismarck:
lt. Zetterling/Tamelander (Bismarck) u. Winklareth (Bismarck Chase):
05:39 Kurs 265° (von 220°)
05:54 Kurs 200°


Hier liegt ein Problem mit dem Kriegstagebuch der "Prinz Eugen" vor. Die Eintragung "5.21 Uhr" ist nämlich handschriftlich (damit nachträglich? zur Rekonstruktion) und dann auf Grundlage der Fahrtskizzen erfolgt.

Die zweite Geräusch-Meldung 4.25 - BS hier rekonstruiert aus dem KTB der Prinz Eugen - (wahrscheinlich richtig 5.25) könnte in diesem Fall in der Uhrzeit fehlerhaft vermerkt sein (so wie etliche Uhrzeitfehler im KTB und auf den Skizzen enthalten sind). Richtig mag dagegen die Geräuschmeldungen um 4.07 gewesen sein, das ist aber bedeutungslos.

Die Drehung der beiden Schiffe PE und BS von 220° auf 170° geht auch aus einer KTB-Fahrtskizze der PE hervor (aus einer anderen wiederum nicht), und dauerte ca. 11 Minuten (zwischen handschriftlich 5.21 und 5.32).
Die Besteckkontrolle um 13.46 ergab außerdem eine falsche Bestimmung der Position des Schiffes um ganze 3 Längengrade (36° statt 39°).
Abschließend zur Verwirrung: der Bericht des 1. AO der Prinz Eugen geht bei Sichtung sogar vom Eigenkurs des Schiffes 180° aus, was nirgends sonst verzeichnet ist.

Die Angaben müssen damit lückenhaft (nicht alle Kursänderungen vermerkt) und vermutlich auch fehlerhaft (korrigierte und überschriebene Angaben) sein.

Aufgrund der fehlerhaften und inkonsistenten Darstellungen muss man zusammenfassend davon ausgehen, dass auch Zetterling/Tamelanders und Winklareths Angaben falsch sind. Eine auch nur kurze Ausweichbewegung von Lütjens nach Westen geht jedenfalls aus den Rekonstruktionen nicht hervor bzw. läßt sich nicht belegen (allerdings - wenn sie sehr kurz war - auch aufgrund der unvollständigen und an einigen Stellen fehlerhaften und nachträglich redigierten Angaben - auch nicht mit letzter Sicherheit widerlegen).

Hier noch ergänzend die Fahrtskizze Dänemarkstrasse (auf der 05.21 der Kurswechsel 170° erkennbar ist) und die Gefechtsskizze 5.50 Uhr bis 06.07 Uhr.

Bemerkenswert bei der Gefechtsskizze ist das Abdrehen auf 265° um 06.03 Uhr wegen Torpedowarnung (Hood zugeschrieben, die nach dieser Zeiterfassung 06.01 Uhr explodierte und unterging, oder unerkanntes Flugzeug) sowie eine Flugzeugwarnung.

Auf der Fahrtstreckenskizze ist außerdem der "Messfehler" von 3 Längengraden ersichtlich, der später korrigiert wurde.
 

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Zuletzt bearbeitet:
Nachgereicht noch das KTB des Schweren Kreuzers "Prinz Eugen" zum Gefecht in der Dänemarkstraße am 24.5.1941 morgens (KTB Bismarck konnte nach der Versenkung nur "rekonstruiert" werden), das zur Versenkung der "Hood" führte.

Daraus werden die handschriftlichen nachträglichen Bemerkungen sichtbar (zB 5:21 Uhr)
 

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Ja, das ist schon recht befremdlich. Lütjens hätte sich in jedem Fall nach Norwegen zurückziehen müssen - zumal das Gefecht in der Dänemarkstraße bereits der "Missionkill" für Bismarck und Prinz Eugen war. Mit dem Rückzug und einer möglichen Versenkung der Prince of Wales als "Bonus" hätte aus dieser strategischen Niederlage zumindest ein "vollwertiger" taktischer Erfolg werden können.
Das Verhalten von Lütjens muss man in Verbindung zur Causa Marschall betrachten. Sein Vorgänger wurde von der Marineführung stark kritisiert. Einer der Kritikpunkte war dabei, dass er feindliche Kriegsschiffe versenkte, statt sich um den Handelskrieg zu kümmern. Ich glaube bei HMS "Acasta" und HMS "Ardent" sowie bei der "Oil Pioneer" wird man in den Akten fündig. Wobei ich im Abstand von 80 Jahren Marschalls Vorgehensweise plausibler finde als die Ideen der Schreibtischkrieger in der SKL. Lütjens hatte den Druck, der SKL zu gefallen.
Marschall sah es genauso wie heute Neddy oder Hugo Pohl. Ich bin mir nicht ganz sicher, entweder in

"Als das Eis brach" von R. K. Lochner

oder

"Schlachtschiff Bismarck" von Jochen Brennecke

ist ein Interview mit Marschall zu diesem Thema abgedruckt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Marschall
 
Marschall sah es genauso wie heute Neddy oder Hugo Pohl.

Moooment - Neddy hat ja nur angemerkt, dass Lütjens sich die Kritik der SKL an Langsdorff nicht zu - nunja - zu Herzen genommen hat.
Neddy hat aber nirgendwo gefordert, das Lütjens die PoW jetzt noch bis kurz vor die Pforten der Hölle hätte verfolgen und versenken sollen. Hätte Neddy nämlich selbst auch nicht gemacht, so aus dem bequemen Ohrensessel in der beheizten Stube heraus gesprochen,

Lütjens wusste, dass er nicht allein war. Er musste fest damit rechnen, dass a) noch mehr schwere britische Einheiten in der Nähe und/oder b) auf dem Weg zur Position der PoW waren und zwar nun mit noch gewetzteren Messern und noch mehr Schaum vorm Mund als sonst sowieso schon.

Sein Auftrag war, seine Gruppe in den Atlantik zu bringen, um sich dort mit den bereits vor Ort befindlichen Scharnhorst und Gneisenau zu vereinigen und um dann mit einer schnellen Schlachtschiffgruppe auf den Konvoirouten im Atlantik wilde Sau zu spielen. Hätte er nur für ein paar Wochen den Nordatlantik für Konvois schließen können oder sogar einen oder zwei davon tatsächlich zersprengt und vernichtet, wäre das für UK existenzbedrohend gewesen und deutlich desaströser, als ein vorerst sowieso nicht mehr einsatzfähigkes Schlachtschiff zu versenken.

Den Prestigeerfolg hatte er schon in der Tasche: Hood binnen Minuten versenkt und PoW in nicht viel mehr Zeit zu Klump geschossen. Kein Grund, sich hier weiter aufzuhalten und seine eigenen beiden Schiffe zu gefährden (von denen das große selbst auch ein paar Wirkungstreffer abbekommen hatte). Der zusätzliche Schaden, den er der Home Fleet zufügen konnte war marginal - das Risiko des Scheiterns des Durchbruchs nach Brest dahingegen gewaltig.

Rückmarsch in die Ostsee war keine Option - das wäre ein Skagerrak in klein gewesen. Und auf halber Strecke zum Ziel umzudrehen und den nicht minder gefährlichen Rückmarsch anzutreten, wäre auch nicht fürcherlich schlau gewesen. Andererseits: der Lütjens und seine Lagebeurteilungen - Funksprüche und so...

Also, nein - Neddy findet die Entscheidung, PoW nicht zu verfolgen, folgerichtig.
Beim Kriegsschiffe versenken hätte die Kriegsmarine über kurz oder noch kürzer den Kürzeren gezogen - und am Ende wäre die RN so oder so mit x : 0 Einheiten vor Wilhelmshaven gestanden. Die Nabelschnur nach Übersee war Englands Achillesferse. Und da hatte die Kriegsmarine eine reelle Chance, während der Zeit, in der die Royal Navy versuchte, die deutschen Einheiten aufzuspüren, richtig großen kriegswirtschaftlichen Schaden anzurichten. Je länger Lütjens da einem Gefecht mit allem, was mehr als 8" - Kaliber hatte, aus dem Weg gehen konnte, umso besser.
 
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