Antisemitismus im Orient

Es hat im "Orient" (zu dem auch so westliche Staaten wie Marokko zählen) immer Juden gegeben und insbesondere das Osmanische Reich war für Juden, die aus Europa vertrieben wurden, ein Zufluchtsort. Ernsthafte Spannungen zwischen Juden und Muslimen kamen erst auf, als die zionistische Bewegung Zulauf erhielt und die jüdische Heimstatt in Palästina langsam Gestalt annahm (was nicht heißt, dass es nicht in früherer Zeit schon mal Probleme gegeben hätte, wie etwa Mohammed Grabenschlacht oder das Massaker von Granada 1066). Es ist aber in der Tat so, dass antijüdische Propaganda in der modernen arabischen Welt sich am Stürmer orientiert.
 
Nein, das bedeutet es nicht. Es bedeutet, dass die moderne antijüdische Propaganda die Bildsprache des Stürmer übernimmt.
 
Der Antisemitismus (oder wie man es nennen will) hat sich im Orient im 20. Jahrhundert wesentlich verändert und verschärft und zwar nach europäischen Vorbildern. Die Gründe sind dafür bekannt.

Allerdings gab es schon in vorkolonialer Zeit einen gewissen europäischen Einfluss.
In der sogenannten Damaskus-Affäre von 1840 gelangte die Ritualmordlegende durch europäische Priester und Diplomaten in den Orient und zwar zu den dortigen Katholiken und führte zu Massakern an der dortigen jüdischen Bevölkerung.

Sehr treffend schrieb dazu der Zeitgenosse Heinrich Heine: "Der französische Konsul in Damaskus, der Graf Ratti Menton, hat sich Dinge zu schulden kommen lassen, die hier einen allgemeinen Schrei des Entsetzens erregten. Er ist es, welcher den occidentalischen Aberglauben dem Orient einimpfte, und unter dem Pöbel von Damaskus eine Schrift austeilte, worin die Juden des Christenmords bezichtigt werden."

Es ist daher verfehlt, sich allein auf die Nazis und Großmufti Amin al-Husseini zu konzentrieren.
Im Übrigen halte es auch für ziemlich verfehlt, die Äußerungen des Großmuftis als Abziehbild der NS-Ideologie umzudeuten, zumal er offensichtlich schon lange vor Hitler etwas gegen die jüdische Einwanderung in Palästina hatte und die gewaltsame Vertreibung oder Vernichtung forderte.
Belege dafür dafür, dass der Großmufti eine "fanatischer Antisemit" war enthält der Artikel nicht. Ich kann auch nicht erkennen, dass er den NS-Rassismus verinnerlicht hat.
 
In dieser Sendung wurde "suggeriert", dass die Judenfeindlichkeit, die wir heute im Orient, den arabischen Laendern erleben, grossteils auf den Antisemitismus seitens der Europaer Anfang des 20. Jhdts.zurueckzufuehren sei.

Einen latenten Antisemitismus mag es in Vorderasien bereits im 19. Jh. und zuvor gegeben haben. Die bekannte hasserfüllte Steigerung ist allerdings auf die jüdische Einwanderung nach Palästina nach 1918 und vor allem auf die Gründung des jüdischen Staates 1948 zurückzuführen.
 
Interessant, dass die Nazi-Ideologie so einen praegenden Einfluss auf die Judenfeindlichkeit der arabischen Welt zu haben scheint.

Da frag ich mich, ob die jeweiligen Begruendungen, die gegen die Juden vorgebracht wurden, auch die selben sind.

Also begruenden Araber und Perser (Iran) ihre antisemitischen Ressentiments so, wie es die Hitler/Mussolini Gefolgschaft auch tat?
 
Interessant, dass die Nazi-Ideologie so einen praegenden Einfluss auf die Judenfeindlichkeit der arabischen Welt zu haben scheint.
Dieses prägenden Einfluss hatte die NS-Ideologie doch gar nicht.

Der Kampfbegriff des Großmuftis war schon in den 20er Jahren der "Zionismus". Man wollte die Zionisten usw. vertreiben. Bei diesem Kampfbegriff ist es auf arabischer Seite bis heute geblieben. Im NS-Jargon spielte das Wort hingegen quasi keine Rolle, obwohl es ja eine real existierende zionistische Bewegung gab.
Die verschwörungstheoretischen und rassetheoretischen Ansätze der NS-Ideologie spielten im Orient keine wesentliche Rolle: Rassenhygiene, "internationales Finanzjudentum" usw.
Stattdessen wurden und werden abendländische Legenden wie die vom Ritualmord oder die Protokolle der Weisen von Zion im Orient rezipiert, für die in der pseudowissenschaftlichen Rhetorik der Nazis kein Platz mehr war.
Bezüge zum Antisemitismus der Nazis werden eher sekundärer Antisemitismus deutlich. Öfters geht es ja auch in Richtung Holocaust-Leugnung.
 
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Hab ich entdeckt.....

"Ungeschönt und ohne jede Parteinahme präsentiert diese Dokumentarreihe eine Chronologie der wichtigsten Ereignisse in der Geschichte von Juden und Moslems: das harmonische Zusammenleben im Bagdad der abbasidischen Kalifen, im Andalusien der Umayyadenherrscher und im Osmanischen Reich, aber auch schmerzvolle Episoden wie den Konflikt zwischen den jüdischen Stämmen Medinas und dem Propheten Mohammed und das von Moslems verübte Massaker an den Juden von Granada im Jahr 1066. Dass sich Juden und Moslems als Gegner gegenüberstehen, ist eine gerade einmal 150 Jahre alte Entwicklung. Sie nimmt ihren Ursprung bei den ersten Versuchen westlicher Einflussnahme im Nahen Osten und lässt sich bis zum Beginn der Zweiten Intifada im Herbst des Jahres 2000 weiterverfolgen. Auch die Entstehung des Zionismus und des arabischen Nationalismus trugen ihren Teil dazu bei, die Bande zwischen Juden und Moslems zu zerreißen."


Juden & Muslime. So nah. Und doch so fern! (1/4) - arte | programm.ARD.de
 
Das Thema des vom Reich iniziierten Ǧihād gegen die Briten und Franzosen (was allerding den Briten gegen die Türken viel erfolgreicher gelang) hatten wir schon mehrfach. Die Frage ist allerdings, was das mit der Frage zu tun hat, dass europäischer Antisemitismus einen so prägenden Einfluss auf den arabischen Antisemitismus genommen hat?
 
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