Aussterbende Wörter - vergessene Wörter

Habe mal bei der Tochter (Gymnasium NRW) meiner Nichte nachgefragt.<?xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:eek:ffice" /><o:p></o:p>
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Sie meint wie aus der Pistole geschossen:
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„Opfa“ bezieht sich auf die beiden Freundinnen, weil sie sich ungeschickt verhalten hätten.<o:p></o:p>
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Also nicht auf Dich El Quijote und Deine Lebensgefährtin :).<o:p></o:p>
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Jedenfalls an ihrer Reaktion merkte ich, dass offensichtlich mancher Jugendlicher zum Deutsch eine uns unbekannte parallele Sprache für die eine oder andere Situation benutzt.<o:p></o:p>
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Das "Opfa" hat es übrigens schon in eine Dokumentation auf ARD oder ZDF gebracht. Es ging um Jugendliche und die Sozialarbeit in "Problemvierteln". In einer Szene wurden Russlanddeutsche Jugendliche interviewt. Sie wurden auf ihr oft gewalttätiges Verhalten angesprochen.
Sie antworteten, dass dies daran liege, dass Deutsche keine Ehre hätten, was sich darin äußere, dass sie sich nicht wehrten. Dies mache sie eben zu "Opfern". Da dies die Begründung war, wird hierdurch folgendes Prinzip impliziert: 'Gewalt gegen ein "Opfa" anzuwenden, ist ethisch in Ordnung.'

Dazu muss folgendes angemerkt werden:

1. In der Erklärung wurde korrekt "Opfer" gesagt, erst danach wurde wieder -grinsend - die andere Aussprache gewählt.
2. Da ich mich damals (für eine Diskussion in guter alter Briefform) gerade mit Schopenhauers Beispiel zum Duell aus der Eristischen Dialektik beschäftigt hatte, hielt ich das Interview zunächst für gestellt. Doch schließlich erkundigte ich mich bei (jüngeren) Russlanddeutschen Bekannten. Hier wurde mir der Hintergrund bestätigt. Es sei aus der Sicht vieler Jugendlicher nicht zu verurteilen, ein natürliches Opfer zu behandeln, wie es ihm zukäme! Den Opferstatus wollte man daran erkennen, dass das Opfer sich nicht wehre oder nicht wehren könne! (Ich habe damals den fraglichen Brief kopiert, so dass ich diesmal sicher bin, die Dokumentation korrekt zu beschreiben. Der Sender ging verloren, da ich mich schon auf einen früheren Brief beziehen konnte.)

Besonders entsetzt war ich davon, dass der Sozialarbeiter nicht in der Lage war zu antworten, sondern sinnloses Zeug von sich gab: Er hatte keine Ahnung wie man hiergegen argumentieren kann.

Ich habe gezögert, dies hier einzustellen, da es eher in ein Politik-Forum zu gehören scheint. Ich habe es dann dennoch getan, da ja schon seit dem Mittelalter gegen diese, bzw. ähnliche Einstellungen argumentiert wird.

Nun habe ich die Befürchtung, dass mit der Verharmlosung der Begriffsverwendung die beschrieben Argumentation sich nicht auch verringerte, sondern nur unauffälliger wurde.
 
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Für so neu halte ich das nicht. Schon in meiner Schulzeit waren diejenigen ,die sich nicht wehrten die Prügelknaben. Mobbing und seelische Grausamkeiten sind keine Phänomene unserer Zeit.
Auch gab es schon in den sechziger und siebziger Jahren eine Jugendsprache ,die bei den Älteren nur Kopfschütteln hervorrief.
 
:rofl:unsere Sachsen ....aber wenn es coole Sachenkids sein wollen, dann ist es ein Opfa ... nagut, vielleicht gibt es doch bei den ein oder anderen Buchstaben in der Aussprache regional Unterschiede ...
Der Sachsenmund ist von seinem Aufbau her gar nicht in der Lage ein so langes, deutliches A zu formen.:weinen:
 
Achtung, die neue Jugendsprache (Lan?) kennt keine Dialekte. Sprich, das Opfa wird immer gleich betont und ausgesprochen, egal ob in Hamburg, Berlin, Köln, Dresden oder Stuttgart ...
wenn das stimmt, dann müssten mit dem erlöschen der Elterngeneration der derzeitigen Jugend automatisch sämtliche Dialekte mit aussterben - das erscheint nicht allzu wahrscheinlich.

aber es stimmt nicht: der schwäbische 16jährige Möchtegerngängsta-räppa beispielsweise sagt hanoi, des isch ä Opfa aba i ben kois, vaschtohsch? häsch des vaschtande oda willsch ä baar an´d Gosch, du Opfa? :):)

vielleicht kann zaphodB mitteile, wie die Määnzer Jugend das "Opfa" artikuliert - ich nehme an so ähnlich wie ai sischä du Obfä :):)

...es ist auch nicht der derzeitigen Mode von momentaner Jugendsprache zu verdanken, dass zahlreiche Wörter, die auf -er enden zu -ea und auch nur noch -a in der Aussprache abgeschliffen werden: man kann das schon in quasi phonetisch orthografierten Texten von Arno Schmidt aus den frühen 60er Jahren lesen.

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dass partout der Begriff Opfer zum pseudoironisch*) verwendeten Modewort wird, mag man beklagen - doch auch hier kann man nicht sagen, dass dergleichen sonderlich neu wäre: Verheerungen waren nie erfreulich, insbesondere für die leidtragenden Opfer, dennoch war es zu Beginn des 20. Jhs. Mode, statt wunderbar, prachtvoll, super und ähnliches verheerend zu sagen (Th. Mann, Zauberberg) -- in diesem Sinn erscheint mir das Modewort Opfer/ea/ä/a ähnlich harmlos wie vor wenigen Jahrzehnten geil, affentittengeil für "großartig".
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*) pseudoironisch im Sinne einer juvenilen anti-Haltung, die absichtlich "vernünftige erwachsene pädagogische Wertungen" (habt Mitleid mit den Opfern etc.) umkehrt und einen Jux daraus macht
 
wenn das stimmt, dann müssten mit dem erlöschen der Elterngeneration der derzeitigen Jugend automatisch sämtliche Dialekte mit aussterben - das erscheint nicht allzu wahrscheinlich.

aber es stimmt nicht: der schwäbische 16jährige Möchtegerngängsta-räppa beispielsweise sagt hanoi, des isch ä Opfa aba i ben kois, vaschtohsch? häsch des vaschtande oda willsch ä baar an´d Gosch, du Opfa? :):)
...

Ein schönes Beispiel für die Verschmelzung von Jugendsprache und (schwäbischem) Dialekt ist Tedros Teclebrhan.
(Schauschd mal auf Youtube, Vaddr, ..eyh Du Pissa, Du laberschd doch.. und das weischd Du nicht..)
Ein echter Renner der Jugendkultur.

Köbis hat mE schon recht, wenn er meint Jugendsprache wäre wenig dialektgebunden. Es finden sich auch in den Dialekten regional übergreifende Begriffsbildungen der neuen Sprache. (siehe auch Bülent Ceylan aus Mannheim)

Interessant finde ich auch das Verschmelzen von Einwandererdeutsch mit Dialekt und unseren Sprachgewohnheiten. So hat ja auch nicht unwesentlich der Ruhrpottdialekt eine typische Färbung durch die polnischen Einwanderer des frühen 20. Jhds. erhalten.

Mit fortschreitender Mobilität und Medienreichweite werden sich auch die geliebten Dialekte, die ja ein Humus der schönen Sprache sind, globalisieren.

:weinen:
 
Mit fortschreitender Mobilität und Medienreichweite werden sich auch die geliebten Dialekte, die ja ein Humus der schönen Sprache sind, globalisieren.

:weinen:
nicht weinen :streichel:
so lange der Nachwuchs am Oberlauf des Neckars noch sagt woisch, i hau ä händidäsch, ond i hau mer selle Äpp daung´loudet ist diese Gefahr noch weit entfernt :):)
 
zd´ledschder Baschdioner.
die bayerisch annektierten, heimlich am Herd separatistische Visionen träumenden Franken aber auch: deren Jugend artikuliert nach wie vor brodwerscht statt Bratwürste :):):) (hab ich erst diesen Sommer wieder am roten Main gehört)
Dialekte sind zäh. Alois Permaneders bayrisch unterscheidet sich vom heutigen nahezu nicht, obwohl seit Permaneders Tagen über 100 Jahre verstrichen sind :) -- oder in unserem Kontext: sooo schnell werden die Dialekte nicht Opfa unserer modernen Zeiten :):)
 
sooo schnell werden die Dialekte nicht Opfa unserer modernen Zeiten :):)

Ich hatte ja bereits an anderer Stelle eine Diskussion zu unseren Dialekten angeregt. Es gibt beim Gebrauch der Dialekte mit Sicherheit regionale Unterschiede, aber ein zumindest teilweiser Rückgang der Dialekte ist m.E. schon lang zu verzeichnen. Würden wir 200 Jahre zurück in der Zeit reisen, würde uns der Unterschied auffallen. Laut Barbour/Stevenson* bewegt sich die mündliche Ausdrucksweise der meisten Menschen heute in einem Kontinuum zwischen standardnaher und dialektnaher Umgangssprache. An den entgegengesetzten Polen dieses Kontinuums stehen formelle Standardsprache und traditioneller Dialekt.

Es steht außer Zweifel, daß die Mundarten im Rückgang begriffen sind, doch dies bedeutet ganz sicher nicht, daß die standardferne Sprache als solche verlorengeht. Es kann sogar sein, daß die umgangssprachliche Nichtstandard-Sprache die identitätsstiftende Funktion von Mundarten übernimmt, zumal sie, wie wir oben feststellen, ohnehin von Laien für 'Dialekt' gehalten wird.*

Das Beispiel Brodwerscht kann man ohne Weiteres der (dialektnahen) Umgangssprache zuordnen.

* Stephen Barbor/ Patrick Stevenson, Variation im Deutschen, 1998, S. 150 f. sowie S. 155
 
Ich hatte ja bereits an anderer Stelle eine Diskussion zu unseren Dialekten angeregt. Es gibt beim Gebrauch der Dialekte mit Sicherheit regionale Unterschiede, aber ein zumindest teilweiser Rückgang der Dialekte ist m.E. schon lang zu verzeichnen. Würden wir 200 Jahre zurück in der Zeit reisen, würde uns der Unterschied auffallen.

Da brauchen wir gar nicht so weit in die Vergangenheit zurückzureisen.
Mein Vater hat als Kind Platt gelernt und kam mit Hochdeutsch erstmals in der ersten Klasse in Berührung. Mal abgesehen davon, dass ich in keiner Platt sprechenden Umgebung aufgewachsen bin, bemerke ich bei meinen Cousins und Cousinen zwei Unterschiede: Ob sie untereinander oder mit ihren Eltern oder Geschwistern Platt sprechen, ist eine Generationenfrage (und ein klein wenig auch, ob sie auf dem Hof oder in der Stadt aufgewachsen sind). 15 Jahre Altersunterschied machen dabei eine Menge aus. Keines der Kinder meiner Cousins und Cousinen, die noch mit Platt aufgewachsen sind (also die Cousins/Cousinen, nicht deren Kinder), spricht Platt (oder Dialekt) sondern allenfalls Regiolekt.
 
Interessant finde ich auch das Verschmelzen von Einwandererdeutsch mit Dialekt und unseren Sprachgewohnheiten. So hat ja auch nicht unwesentlich der Ruhrpottdialekt eine typische Färbung durch die polnischen Einwanderer des frühen 20. Jhds. erhalten.

Der "Ruhrpottdialekt*" ist eigentlich eine Ansammlung von niederdeutschen Dialekten. Siehe hierzu: Ruhrdeutsch ? Wikipedia und http://www.linse.uni-due.de/linse/esel/pdf/ruhrgebietsdeutsch.pdf. M. E. ist aber das Ruhrdeutsche auf dem Rückzug, weil es doch eher als bildungsfern angesehen wird. Das Ruhrdeutsche (so wie es von der von Jürgen von der Manger geschaffenen Figur Adolf Tegtmeier gesprochen wird) ist ganz selten anzutreffen. In den letzten Jahren ist es mir einige Male aufgefallen, dass bei Leuten, die nach meinem ersten Eindruck nach ausgeprägt Ruhrdeutsch reden, ich bei weiteren Gesprächen habe feststellen müssen, dass sie aus der Region Berlin/Brandenburg kommen.

*Bitte statt "Ruhrpott" lieber Ruhrgebiet oder sogar Metropolregion Ruhr benutzen=).


Die da wäre? Also polnische Termini (Penunzen, Mottek, rabotten), klar, aber Färbung?

Die vorgenannten Ausdrücke sind mir zwar bekannt, aber werden kaum bis gar nicht mehr benutzt. Maloche ist noch hinzuzufügen im Sinne von "körperlich anstrengende Tätigkeit". Das ist aber eher ein familiärer Ausdruck.
 
der Hip-Hop Wiki-Eintrag bestätigt:
Opfer/Opfa - Schimpfwort, das für eine männliche Person gebraucht wird, die sich nicht ausreichend wehren kann oder auf andere Weise Schwächen zeigt und allgemein nicht einem bestimmten eigenen Konzept von Männlichkeit entspricht. Hip-Hop-Jargon ? Wikipedia


aber auch:
"Opfa - klingt negativ, kann aber auch Synonym für Kumpel sein. Da wird's schwierig mit der Jugendsprache: "Wenn ich heute die Studenten reden höre", sagt Sia, Betreiber des Bonner Szene-Biergartens Alter Zoll, "dann finden die einfach alles 'geil'."


Zitiert von: Ey, Opfa, bist du on? | GA-Bonn
 
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