Die bedeutendsten modernen deutschen Historiker

Man nehme nur ein ganz gewisses Thema und stelle eine neue Generalanklage auf, die noch heftiger und schlechter belegt ist, als die letzte. Ein gewisser Herr Böhler wäre für mich etwa ein Kandidat, erste Fernsehauftritte gab es ja schon. :)

Hier wird kryptisch über ein "gewisses Thema", Generalanklage und "schlecht belegt" gesprochen, der Zusammenhang ergibt sich aus der Nennung des Historikers Böhler.

Sind damit die Massenmorde und diverse Kriegsverbrechen in Verbindung mit dem Angriff auf Polen und der Vernichtungsabsicht des NS-Regimes von bestimmten Schichten der polnischen Bevölkerung angesprochen?
 
Für die, die nicht in der Materie zu Hause sind.

Jochen Böhler hat zwei Bücher mit dem Titel "Auftakt zum Vernichtungkrieg. Die Wehrmacht in Polen" und "Der Überfall. Deutschlands krieg gegen Polen" publiziert. Der erste Titel war seine Dissertation und sorgte in Fachkreisen für Diskussionen.

Böhler ist Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut in Warschau und Mitglied im Deutschen Komitee für die Geschichte des Zweiten Weltkriegs.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier wird kryptisch über ein "gewisses Thema", Generalanklage und "schlecht belegt" gesprochen, der Zusammenhang ergibt sich aus der Nennung des Historikers Böhler.

Sind damit die Massenmorde und diverse Kriegsverbrechen in Verbindung mit dem Angriff auf Polen und der Vernichtungsabsicht des NS-Regimes von bestimmten Schichten der polnischen Bevölkerung angesprochen?


Nein, damit ist gemeint, dass die Wehrmacht in ihrer Ganzheit vom ersten Angriffstag an einen Vernichtungskrieg gegen das poln. Volk führte und sämtliche Partisanenangriffe von polnischer Seite reinste Phantasiegebilde, de facto nicht existent waren. Da das erste von @Turgot genannte Werk noch vor Erscheinen auch nur einer ersten wissenschaftlichen Rezension die offizielle Empfehlung der Bundeszentrale für politische Bildung bekam, habe ich natürlich keine Zweifel, an der Richtigkeit seiner Thesen. Und wer bei dem geistigen Klima im Lande solche Schriften verfasst, braucht wahrlich Mut, finanzielle Unabghängigkeit und muss großen Drangsal auszuhalten im Stande sein. Er wird sicher einer der großen honorigen Vertreter immer noch bitter notwendiger Vergangenheitsbewältigung, wenn er es nicht schon längst ist. Dies war mit meinem "kryptischen" Lobgesang lediglich gemeint, logisch oder?
 
Ich kann übrigens vorhersehen, welche Historiker in wenigen Jahren zu den bedeutsamen gehören werden. Ist hierzulande nicht so schwierig, geht auch ohne Glaskugel. Man nehme nur ein ganz gewisses Thema und stelle eine neue Generalanklage auf, die noch heftiger und schlechter belegt ist, als die letzte. Ein gewisser Herr Böhler wäre für mich etwa ein Kandidat, erste Fernsehauftritte gab es ja schon. :)

Nun mal Butter bei die Fische! Welches "gewisse Thema" ist gemeint und welche "neue Generalanklage" soll erhoben werden? Was ist gegen den Historiker Jochen Böhler einzuwenden?

Du drückst dich sehr nebulös aus und solltest klar und deutlich sagen, was du eigentlich meinst. Ich steige da jedenfalls nicht durch. :grübel:
 
Beim Startbeitrag fällt eigentlich nicht hauptsächlich auf, dass es nur Männer sind die meist über den NS schreib(t)en.

Überproportional sind da gewisse...belanglos. Politische Provenienz ist ja bekanntlich zweitrangig, höchstens eher konservativen Historikern muss man genauer auf die Finger schauen, schon alles Rechtens so.
Dann bring doch mal selber Historiker als Vorschlag, die Du für bedeutend hälst und gern auch welche, die NICHT über die NS-Zeit schreiben bzw. schrieben! :fs:
 
Dann bring doch mal selber Historiker als Vorschlag, die Du für bedeutend hälst und gern auch welche, die NICHT über die NS-Zeit schreiben bzw. schrieben! :fs:

Das ist nicht meine Aufgabe, geh ja total konform mit der "Startaufstellung", wobei ich bei einigen Protagonisten eher Vorsicht walten lassen würde. Wer 80 Prozent von über 18 Millionen Soldaten als Vernichtungskrieg-Täter sieht, kann leicht einer Relativierung nahekommen, denn waren wirklich einige Millionen (= 20 Prozent) nicht schuldig?
 
Das ist nicht meine Aufgabe, geh ja total konform mit der "Startaufstellung", wobei ich bei einigen Protagonisten eher Vorsicht walten lassen würde. Wer 80 Prozent von über 18 Millionen Soldaten als Vernichtungskrieg-Täter sieht, kann leicht einer Relativierung nahekommen, denn waren wirklich einige Millionen (= 20 Prozent) nicht schuldig?
Wenn das nicht Deine Aufgabe ist, bist Du hier wohl ausschließlich OT unterwegs?:pfeif:

Beeindruckend finde ich derzeit die Arbeiten von Klaus Malettke zum Frankreich des Absolutismus. :)
 
Das ist nicht meine Aufgabe, geh ja total konform mit der "Startaufstellung", wobei ich bei einigen Protagonisten eher Vorsicht walten lassen würde. Wer 80 Prozent von über 18 Millionen Soldaten als Vernichtungskrieg-Täter sieht, kann leicht einer Relativierung nahekommen, denn waren wirklich einige Millionen (= 20 Prozent) nicht schuldig?

Das ist ganz schwach. Über andere Empfehlungen ablästern und selbst keine benennen wollen.:runter:
 
Die Frage, wer bedeutend ist, wurde auch sehr stark durch die Chance definiert, in der Weimarer Republik, in dem 3. Reich und dann in der Bundesrepublik eine Professur zu erhalten.

Nicht zuletzt da die Historiographie als akademische Disziplin konservativ geprägt war, war es bis in die sechziger Jahre für "abweichende" Auffassungen sehr schwer eine entsprechende Anerkennung zu finden. Das galt in der Regel für Historiker, die dem linken Spektrum zugrechnet werden.

Als typische Beispiele können Artur Rosenberg und Eckart Kehr genannt werden


https://de.wikipedia.org/wiki/Arthur_Rosenberg

https://de.wikipedia.org/wiki/Eckart_Kehr

Und an der "Ächtung" dieser Historiker waren andere "konservative" Historiker beteiligt, die in allen drei genannten historischen Epochen eine hohe Reputation in Deutschland besaßen (vgl. beispielsweise im Interview von Vierhaus seine Aussagen)

Interview: Rudolf Vierhaus
 
Welche Historiker mir besonders am Herzen liegen und die ich sehr schätzen gelernt habe,
sind bis jetzt folgende:

Alexander Demandt
. schrieb auch über Pontius Pilatus

Dorothea Schell
. schrieb über griechische Totenbräuche

Werner Huß
. Karthago (Beck-Reihe)

Brinna Otto
. König Minos und sein Volk (wobei ich auch hier sehe, dass nicht alles im Buch den Tatsachen entsprechen müssen. Das Buch selbst schätze ich aber sehr!)

Das sind z. Zt. meine Favoriten mit denen ich mich zur Zeit beschäftige bzw. beschäftigt hab.
Wogegen ich aber skeptisch die Dokus von Guido Knopp betrachte und mit Vorsicht genieße.

EDIT:
noch hinzufügen möchte ich, das mir Geschichte der Neuzeit z.B. 1. und 2. Weltkrieg nicht so interessiert, eher (wie schon gesagt) Ur- Frühgeschichte, Mittelalter etc..)
 
Zuletzt bearbeitet:
Eher zwiespältig ist meine Meinung zu Gerd Wunder, der im 3. Reich eine wenig rühmliche Rolle spielte. ( https://de.wikipedia.org/wiki/Gerd_Wunder ) Seine Arbeiten v.a. zur Regionalgeschichte bestechen durch die Anschaulichkeit seiner Sprache. Die Auswertung von Statistiken nimmt bei ihm viel Raum ein und er steht an der Wende der Regionalgeschichte, als sich regionalgeschichtliche Werke von der Aufzählung von Anekdoten oder zumindest anekdotenhaften zu einer ernsthafteren, sozialgeschichtlichen Beleuchtung der Lebensumstände der Menschen wandelte. Trotz seiner intensiven Beschäftigung mit Archivalien sind mir in seinen Werken und Aufsätzen bisweilen Flüchtigkeitsfehler aufgefallen, v.a. wo er sich allein auf Archivalien stützt, statt vergleichend z.B. zeitgen. Wörterbücher zu Rate zu ziehen (ein Bsp. ist, als er die Titulatur "wohlgeboren" im Essayband zur Ausstellung "Barock in Baden Württemberg" falsch interpretiert). Nichtdestominder sind seine Publikationen noch immer für die Geschichte im Südwesten Standardwerke, die ständig heran gezogen werden (auch von mir).
Er ist bis in sein letztes Lebensjahrzehnt, die 1980er, mit Veröffentlichungen hervor getreten, weshalb ich ihn noch unter die modernen Historiker rechnen möchte.

Wie ich eben gelesen habe, ist Karl Czok bereits 2013 verstorben. Wäre was für die Nachrufe gewesen. :rotwerd:
 
In diesem Thread geht die Definition dessen, was bedeutend denn eigentlich ist, mitunter ein wenig durcheinander:
- subjektiv bedeutend: "Ich" habe das Werk gelesen und es hat "mich" in irgendeiner Form beeinflusst, etwa "mein" Interesse am Thema/an Geschichte überhaupt angefacht/bedient.
- objektiv bedeutend: diese/r Historiker/in hat mit seinem/ihrem Forschungsansatz, mit ihrer/seiner These, mit seinen/ihren Erkenntnissen etc. eine richtungsweisende Arbeit veröffentlicht, an der niemand vorbeikommt, der diese Thematik bearbeitet (also ein Standardwerk geschaffen). Sie/er hat eine breite geschichtswissenschaftliche und/oder gesellschaftliche Debatte ausgelöst.

Der Threadstarter war damals wohl eher auf der Suche nach dem zweiten Typus.

Es spricht natürlich einiges dafür, dass ein objektiv bedeutender Historiker auch häufiger subjektiv bedeutend wird, eben weil er einen bestimmten Bekanntheitsgrad erlangt und daher häufiger gelesen wird. Und es muss natürlich klar sein, dass auch die objektive Bedeutung nur bedingt etwas über die Qualität der Arbeit aussagt.

So wird eine Debatte - etwa der berühmte Historikerstreit - häufig durch methodisch oder quellenkundlich fragwürdige publizierte Ergebnisse ausgelöst. Auf der anderen Seite können Arbeiten, die lege artis verfasst wurden und neue, im Grund genommen sogar bahnbrechende Erkenntnisse bringen von der Fachwelt und der Öffentlichkeit sowieso völlig unbeachtet bleiben, einfach weil das Thema so völlig außerhalb des Mainstreams steht.
 
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