Nordafrika

xXNatsuXx

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Hallo liebe Geschichtsexperten,

gestern kam bei mir das Magazin zur politischen Bildung mit dem Thema "Das 19.Jahrhundert" an, welches mich ziemlich fasziniert, da es dort nicht nur um Deutschland geht, sondern auch ein Blick auf Europa und die ganze Welt geworfen wird.. :D

Auch finden sich in dem Magazin wieder ein paar Karten.. bei denen mir allerdings nicht alles klar ist.. also hier (die Qualität ist nicht die beste) gibt es eine von Europa nach dem Wiener Kongress..

Die Frage, die sich mir jetzt stellt ist: Was ist bei Algerien mit "von Piraten kontrolliert" gemeint? Darf man sich das so vorstellen, dass da den Ganzen Tag lang Herren mit Holzbein, Augenklappe, Säbel und einem Papagei auf der Schulter herumgelaufen sind, also dass es eigentlich garkein "Staat" war, sondern nur ein Gebiet, wo Piraten hier und da waren? :confused:

Und meine zweite Frage: bei den Staaten neben Algerien, wie z.B steht "osmanischer Vasall".. bedeutet das, dass diese Staaten von dem Osmanischen Reich kontrolliert wurden?

Ich entschuldige mich, falls meine Fragen etwas blöd sein sollten.. aber sie gehen mir einfach nicht mehr aus dem Kopf und ich weiß nicht, wen ich fragen könnte..

Vielen, lieben Dank im Voraus! :winke:

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Ägypten und die Cyrenaika gehörten nominell noch zum Osmanischen Reich, wurden aber gerade nicht von der "Hohen Pforte" in konstantinopel/ Istanbul kontrolliert wie den ägyptischen Khediven, die weitestgehende Autonomie hatten.

Zu den "von Piraten kontrollierten" Ländereien solltest du mal unter Barbareskenstaaten googlen, deren Eliten sich seit dem frühen 16. JHd dem traditionsreichen Gewerbe der Piraterie widmeten. Ein gewisser Chayredin Barbarossa machte schon Karl V. zu schaffen, und die USA führten 1805 und 1815 zwei Kriege gegen die Barbareskenstaaten Algier Tunis und Tripolis, die wie die Khediven in Ägypten nominell dem osmanischen Reich noch angehörten.
 
Ursprünglich gehörte auch Algerien zum osmanischen Reich, entzog sich aber im Lauf der Jahrhunderte immer mehr dessen Einfluss. Algerien, Tunesien und Tripolitanien wurden in Europa als die Barbareskenstaaten(abgeleitet von Berber) bezeichnet. Alle drei bezogen aus der Piraterie einen Großteil ihrer Staatseinnahmen. Das waren größtenteils keine Freibeuter, sondern von den Deys und Beys organisierte Kaperfahrten, die den Menschenraub zum Ziel hatte. Diese Raubüge bestanden nicht nur aus Überfällen auf Schiffe sondern auch auf europäische Küstenorte, deren Bevölkerung in die Sklaverei verschleppt wurde. Algier war der wichtigste Umschlagplatz für die menschliche Ware. Die Piraterie der Barbaresken stellte ein jahrhundertelanges Problem im Mittelmeerraum dar. Die Herrscher von Algier, Tunis und Tripolis erpressten Tribute von allen Staaten, die das Mittelmeer befuhren. Auch die deutschen Hansestädte zahlten jährliche Tribute, um sich vor Überfällen auf ihre Schiffe zu sichern. Heute fast unvorstellbar ist, dass selbst die, noch jungen USA solche Zahlungen leistete.
In der Zeit nach Napoleon verstärkten sich die Aktivitäten der muslimischen Korsaren noch einmal, so dass sich auch der wiener Kongress mit dem Problem befasste.
Die Epoche der Barbareskenkorsaren begann mit der Vertreibung der Mauren aus Spanien, im 15. Jh. und endete erst, mit der Invasion der Franzosen in Algerien 1830.

Piraten, wie im Film waren es ,äußerlich nicht. Diese fand man eher in der Karibik. Die algerischen Korsaren trugen Turban, Tuch und Kaftan. Einige Einäugige waren aber sicher auch darunter. Es gab auch eine große Anzahl Renegaten (zum Islam konvertierte christliche Seeleute) unter ihnen.
Ihre Schiffe waren meist kleinere, schnelle Fahrzeuge wie Galeoten , Brigantinen ,Schebecken und Feluken, später auch Korvetten.
 
die USA führten 1805 und 1815 zwei Kriege gegen die Barbareskenstaaten Algier Tunis und Tripolis,
Einer der letzten großen algerischen Korsarenanführer war Rais Hamidou, der im zweiten amerikanischen Barbareskenkrieg ,in einem Gefecht bei Gibraltar getötet wurde. Er stammte wahrscheinlich aus der Kabylei und war damit einer der wenigen Berber, die es zum Rais (Korarenkapitän) gebracht hatten. Die meisten Anführer waren entweder Türken oder zum Islam konvertierte Christen aus Europa. In Algerien besitzt er den Status eines Volkshelden und in Algier wurden Statuen ihm zu Ehren aufgestellt.
Hamidou hatte sich zunächst als Kapitän einer Schebecke bewährt und enorm reiche Beute nach Algier gebracht. Durch seine Erfolge wurde er zum Anführer eines Korsarengeschwaders ernannt. Nach der anfänglichen Freude über die Reichtümer ,misstraute der Dey von Algier dem Kapitän und fürchtete, dass dieser ihm den Thron streitig machen könnte. Deshalb verbannte er ihn, musste ihn aber nach einer Weile aus dem Exil zurückbeordern, da keine so reiche Beute mehr ,ohne Hamidou in die Staatskasse floss.

http://www.alger-city.com/multimedia/statue-rais-hamidou.jpg
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/b/bb/Rais_hamidou.jpg/220px-Rais_hamidou.jpg
Der Dey von Algier hatte seinen Sitz in der Burg von Algier, der Kasbah. Heute wird die gesamte Altstadt von Algier ,Kasbah genannt. Die Deys, wurden von den Janitscharen, aus ihren Reihen ernannt und häufig auch wieder abgesetzt, was immer mit der Hinrichtung, für den Gestürzten endete. Der Dey(deutsch: Onkel) erhielt von den Korsaren einen festgelegten Anteil an der Piratenbeute und außerdem die Tributzahlungen derjenigen Staaten, die damit ihre Schiffe, vor Überfällen schützen wollten.
Ein weiteres Piratennest war Bizerte (Bizerta) in Tunesien. Der alte Korarenhafen mit den Mauern der Kasbah ist noch recht gut erhalten.
http://wherevertheroadgoes.files.wordpress.com/2012/03/bizerte_kasbah.jpg
Berühmt, berüchtigt waren auch die marokkanischen Kosaren aus Saleh, die hauptsächlich im Atlantik ihr Jagdgebiet hatten. Im 17. Jh. war die Korsarenrepublik von Bou-Regreg ,mit den den Städten Rabat und Saleh gegründet worden, die von 1627 bis 1666 bestand. Auch nachden sie von den Alawiden erobert worden war, ging die marokkanische Piraterie weiter. In Defoes Robinson Crusoe, wird der Titelheld von Korsaren aus Saleh in die Sklaverei verschleppt.
 
Vielen, lieben Dank!

Nur noch als Rückfragen:

1.) Die Piraten waren nicht nur die Menschen aus einem Staat, sondern aus mehreren afrikanischen Staaten.. aber was ich nicht ganz verstanden habe bei Wikipedia.. waren diese Piraten den Staaten unterstellt (haben also im Namen der entsprechenden Staaten gehandelt) oder waren die Piraten komplett unabhängig?

2.) Sie (ich weiß nie, ob ich Euch/Sie siezen oder duzen soll) haben ja gesagt, dass das Thema unter anderem auf dem Wiener Kongress besprochen wurde.. gibt es eine "Liste" mit all den besprochenen Themen? Wir haben im Unterricht zum Beispiel nur gelernt, dass es um die geographische (Neu-)Ordnung der Staaten in Europa ging..

3.) Wie kamen die USA dazu zwischen 1801 und 1815 dort einen Krieg zu führen? Ich meine, Algerien ist doch ganz, ganz weit weg von den Vereinigten Staaten, welchen Sinn hat das für die USA gemacht? Haben die Piraten sie vielleicht genervt?
Hätten sich nicht besser die Europäer darum gekümmert oder waren die zu sehr mit Napoleon "beschäftigt"?

4.) Galeotto, Sie haben noch geschrieben, dass die Franzosen ab 1830 intervenierten.. wenn ich mich recht erinnere gab es doch 1830 die Julirevolution in Frankreich, steht in das irgendwie in Verbindung oder ist das Zufall?

5.) Auf Wikipedia steht, dass in dem Ersten Barbarenkrieg auch noch Schweden auf der Seite der USA kämpfte.. auch hier die Frage: Wie kommt es dazu? Hatten die Schweden eine gute Beziehung zu den USA?

Nochmal, vielen lieben Dank!
 
Vielen, lieben Dank!

Nur noch als Rückfragen:

1.) Die Piraten waren nicht nur die Menschen aus einem Staat, sondern aus mehreren afrikanischen Staaten.. aber was ich nicht ganz verstanden habe bei Wikipedia.. waren diese Piraten den Staaten unterstellt (haben also im Namen der entsprechenden Staaten gehandelt) oder waren die Piraten komplett unabhängig?

2.) Sie (ich weiß nie, ob ich Euch/Sie siezen oder duzen soll) haben ja gesagt, dass das Thema unter anderem auf dem Wiener Kongress besprochen wurde.. gibt es eine "Liste" mit all den besprochenen Themen? Wir haben im Unterricht zum Beispiel nur gelernt, dass es um die geographische (Neu-)Ordnung der Staaten in Europa ging..

3.) Wie kamen die USA dazu zwischen 1801 und 1815 dort einen Krieg zu führen? Ich meine, Algerien ist doch ganz, ganz weit weg von den Vereinigten Staaten, welchen Sinn hat das für die USA gemacht? Haben die Piraten sie vielleicht genervt?
Hätten sich nicht besser die Europäer darum gekümmert oder waren die zu sehr mit Napoleon "beschäftigt"?

4.) Galeotto, Sie haben noch geschrieben, dass die Franzosen ab 1830 intervenierten.. wenn ich mich recht erinnere gab es doch 1830 die Julirevolution in Frankreich, steht in das irgendwie in Verbindung oder ist das Zufall?

5.) Auf Wikipedia steht, dass in dem Ersten Barbarenkrieg auch noch Schweden auf der Seite der USA kämpfte.. auch hier die Frage: Wie kommt es dazu? Hatten die Schweden eine gute Beziehung zu den USA?
Zuerst, es nimmt Dir Niemand übel, wenn er oder sie mit Du angesprochen wird.
Zu 1. Die Korsaren stammten zum größten Teil aus Nordafrika und waren nicht unabhängig. Sie kaperten im Auftrag und unter dem Schutz des jeweiligen Herrschers.
zu 2. wo der Text des wiener Kongresses nachzulesen ist weiß ich nicht. Es gibt aber hier sicher Mitglieder, die Dir das sagen können.
zu3. Auch amerikanische Handelsschiffe befuhren das Mittelmeer und wurden gekapert. Der Anlass für den ersten Barbareskenkrieg war eine Kriegserklärung des Beys von Tripolis an die USA und die Niderreißung des Fahnenmastes mit der am. Flagge vor der Botschaft.
Die Europäer trieben über mehrere Jahrhunderte ein übles Spiel untereinander. Sie zahlten Tribute an die Barbaresken und hofften, dass die Schiffe ihrer Kunkurrenzstaaten gekapert und die Eigenen verschont würden. Es gab mehrere halbherzige Angriffe auf Algier von den Holländern und Franzosen. Die schossen die Stadt zusammen und befreiten ihre gefangenen Landsleute. Aber kaum waren die Flotten abgezogen, fing die Räuberei von vorn wieder an. Die Einzigen, die einen kontinuierlichen krieg gegen die Barbareskenkorsaren geführt hatten, waren die Malteserritter. Diese hatte aber Napoleon von der Insel verjagt. Das war auch ein Grund dafür, dass der Seeraub am Beginn des 19. Jh. wieder stark aufleben konnte. Auch waren die Kriegsflotten der Europäer ständig in irgendwelche Kriege verstrickt, sodss es einfach daran mangelte um die Piraten der Berberküste zu bekämpfen.
Zu 4. Der offizielle Anlass für die Invasion der Franzosen war ein Zwischenfall bei einer Audienz des Deys. Der schlechtgelaunte Herrscher hatte den französischen Gesandten mit dem Fächer ins Gesicht geschlagen und der französische Staat hatte das als Beleidigung angesehen. In früheren Zeiten war zwar schon Schlimmeres vorgefallen. Da ließ der Dey von Algier den französischen Konsul in eine Kanone stecken und schoß ihn auf die französische Flotte.
zu 5. Die Schweden waren auch von den Kaperfahrten der Barbaresken betroffen.
Wenn Dich das Thema interessiert findes Du auch hier noch Einiges.
http://www.geschichtsforum.de/f76/der-kaperkrieg-im-mittelmeer-24398/
http://www.geschichtsforum.de/f328/die-schebecke-schnellsegler-der-korsaren-28991/
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank!

Noch eine letzte Frage zu 4.):
Bei Wikipedia steht noch etwas von unbezahlten Schulden Frankreichs.. handelt es sich hierbei um "Handelsschulden"?
 
Vielen Dank!

Noch eine letzte Frage zu 4.):
Bei Wikipedia steht noch etwas von unbezahlten Schulden Frankreichs.. handelt es sich hierbei um "Handelsschulden"?
Ich nehme eher an, dass es sich um fällige Tributzahlungen handelte, die der Dey einforderte. Normalen Handel trieb kaum ein europäisches Land mit den Barbaresken.

Hier habe ich noch eine Illustration gefunden. Dargestellt ist der amerikanische Kapitän Bainbridge, der dem Dey von Algier die Tributzahlung der USA, im Jahr 1800 vor die Füße gelegt hat.
http://www.gutenberg.org/files/17253/17253-h/images/216.png
 
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Seit dem 17. jh. unterhielt die Stadt Hamburg eine Sklavenkasse, durch die gelegentlich Seeleute, die in die nordafrikanische Sklaverei geraten waren ,freigekauft wurden. Zu der Kasse gehörten hölzerne Bittfiguren, die in Ketten geschlagene ,hamburger Seemänner darstellten. Einmal im Vierteljahr wurden sie in der Kirche ,neben dem Almosenbecken aufgestellt. Da die Summen für den Freikauf sehr hoch waren (ein Kapitän 7000 bis 8000 Goldmark, ein Steuermann 3000 bis 4000 Goldmark, Matrosen 2400 Goldmark) und die Kasse sich sehr langsam füllte, mussten die in die Sklaverei geratenen Seeleute oft jahrelang in der Sklaverei verbringen, viele für immer. Auch in anderen Staaten gab es derartige Kassen.
1751 schloss Hamburg Verträge mit den Barbareskenstaaten und zahlte jährliche Tribute ,in Form von Geld, Schiffsteilen, wie Masten, Planken, Anker, Taue, etc., Kanonen, Mörser und das dezugehörige Pulver, Kugeln, Bomben, Blei und Segeltuch. Als Geschenk für den Dey gab es Juwelen, goldene Repetieruhren und Diamantringe.
In dem Vertrag wurde vermerkt, dass Bremen und Lübeck ,die Konkurrenzstädte von dem Vertrag ausgeschlossen sind.
Hannover, Bremen, Preußen und Lübeck handelten eigene Verträge aus.
Durch diese Politik der Europäer, wurden die Barbaresken von ihren eigenen Opfern hochgerüstet.
 

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Die Bezeichnung auf der Karte ist insofern falsch, da es sich um Korsaren und nicht um "Piraten" handelte. Es waren Private "Unternehmer" die im Namen eines Staates den Kaperkrieg gegen dessen Feinde führten.

Ursprünglich war dieser Staat das Osmanische Reich, die Barbareskenstaaten wie o.E. waren diesem nominell unterstellt.

Spanien befand sich z.B. bis Ende des 18. Jahrhundert permanent im Kriegszustand mit diesem, deshalb waren spanische Schiffe immer ein "legitimes" Ziel. Frankreich hatte dagegen längere Perioden des Friedens und sogar der Allianz mit der Hohen Pforte. Dass sich Algiers von dem Osmanischen Reich abkoppelte hängt eventuell damit zusammen, dass sich das OR mit immer wenger Ländern im Krieg befand und zu wenige mögliche Prisen zu verfügung standen. Die Barbareskenstaaten konnten dagegen jeden Land den Krieg erklären dass sie beleidigte in dem es keine Tribute zahlte.

Die Spanier haben Ihrerseits ebenfalls Nordafrikanische Schiffe gekapert, Raubzüge an Land geführt und ihre Galeerenflotte u.A. duch nordafrikanische Sklaven antreiben lassen. Sie hatten zeitweilig auch mehrere Stützpunkte dort, wie die heute noch bestehenden Städte Ceuta und Melilla, den Peñon de Alhucemas und die Chafarinas. Früher gab es dazu noch spanische Festungen in Oran und eine Zeitlang vor Algiers.
Als sich die Beziehungen zum OR und dem Königreich Marokko um 1800 normalisierten, kaufte der Marokkanische Botschafter alle noch verbleibenden muslimischen Sklaven in Spanien frei.

Dass es sich um Korsaren und nicht um Piraten handelte zeigt die Tatsache, dass man sich (zumeist) an gewisse Regeln hielt. Während Piraten in der Karibik ohne großes drumherum gehängt wurden, sind die Korsaren im Mittelmeerraum zumeist zu Galeeren verdonnert oder in die Bagnos gesteckt worden. Kapitäne wurden häufig ausgetauscht oder freigekauft. Bei nicht Einhaltung gab es Reppressalien und Beschwerden.

Es gibt übrigens einen Historiker der behauptete, dass das Nordafrikanische Korsarentum durch die Malteserritter erst zur blüte getrieben wurde, da diese die nordafrikanische Handelsschiffahrt durch ihre Raubzüge zum erliegen brachten und damit die Seeräuberei förderten.
 
Dass es sich um Korsaren und nicht um Piraten handelte zeigt die Tatsache, dass man sich (zumeist) an gewisse Regeln hielt. Während Piraten in der Karibik ohne großes drumherum gehängt wurden, sind die Korsaren im Mittelmeerraum zumeist zu Galeeren verdonnert oder in die Bagnos gesteckt worden. Kapitäne wurden häufig ausgetauscht oder freigekauft. Bei nicht Einhaltung gab es Reppressalien und Beschwerden. .
Als legitime Kaper waren die Barbareskenkorsaren in Europa nicht anerkannt. Sie galten als Räuber und Sklavenfänger ,ebenso wie ihr Staatsoberhaupt. Echte Kaperfahrer jagten ausschließlich im Kriegsfall die Handelsschiffe ihrer Gegner. Die Barbaresken raubten relativ wahllos und betrachteten jeden Nichtmuslim als Freiwild. Auch an die Verträge, die z.B. Frankreich mit dem Sultan geschlossen hatten, interessierten sie nicht sonderlich. Für sie galten nur Verträge, die mit Tributzahlungen an den Dey verbunden waren. Aber auch diese Verträge waren häufig das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben standen, wenn in Algier ein neuer Dey inthronisiert wurde, der von den mit seinem Vorgänger geschlossenen Vertrag nichts wissen wollte.
Sie raubten nicht nur Handelsschiffe aus, sondern entführten auch Fischer, die sich zum Fang auf dem Meer befanden, um sie in die Sklaverei zu verschleppen. Auch die Entführung von Frauen aus italienischen Fischerdörfern, für den Sklavenmarkt, hatte nichts mit legitimer Kaperei zu tun, sondern war ganz ordinärer Raub.
Dass gefangene Barbaresken meist nicht gehenkt wurden, lag nicht daran, dass man sie nicht als Piraten betrachtete, sondern eher an der Besonderheit der Kriegsschiffe im Mittelmeer. Die Galeeren verbrauchten ihre Ruderer schneller, als die Bänke wieder aufgefüllt werden konnten. Bei diesem Menschenverschleiß war ein gefangener Seeräuber lebend nützlicher, als hängend an einer Rah. Auch war das Sterben auf Raten,auf einer Ruderbank eine härtere Strafe als ein relativ schneller Tod am Strick.
Gefangengenommene Renegaten wurden in der Regel an der Rah aufgeknüpft, weil sie in den Augen der Kapitäne und Schiffsprediger ,durch ihren Glaubenswechsel als Verräter galten, die ihr Leben verwirkt hatten.

Gefangene Barbaresken wurden meist nur von den Ländern nicht hingerichtet, die Galeeren betrieben. Holländer und Engländer hatten keine Verwendung für gefangene Korsaren. Entweder sie versuchten die Gefangenen gegen versklavte Landsleute auszutauschen oder sie henkten sie. So ließen die Holländer 1620 ,nachdem ihnen 125 Korsaren in die Hände fielen, diese zur Abschreckung auf der Reede von Algier an den Rahen aufknüpfen.
 
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Auch die preußische Marine war in der Mitte des 19, Jahrhunderts im Mittelmeer und der Nordafrikanischen Küste aktiv.
Siehe hier:
[ #3][...]

Die Radkorvette Danzig bekam den Befehl, ins Schwarze Meer zu gehen, um von dem Preußen im Pariser Frieden zugestandenen Recht Gebrauch zu machen, ein Kriegsschiff in der Donau-Mündung zu stationieren. Auf der Fahrt in das Mittelmeer sollte die Danzig in Gibraltar bekohlt werden, doch konnte man nicht genügend Brennstoff an das Schiff abgeben. Somit musste man unvorhergesehen Algier anlaufen, was man zum Grund nahm, die marokkanische Küste entlangzufahren, um die Gegend kennen zulernen.

Im Winter 1852 wurde hier die preußische Handelsbrigg Flora aus Stettin in der Nähe von Kap Tres Forcas geplündert, der Kapitän dabei verletzt und ein Matrose getötet.
Damals gab es weder diplomatische, noch militärische Maßnahmen, da Ministerpräsident, Auswärtiges Amt und Kriegsministerium sich weder über das „Ob“ noch über das „Wie“ einigen konnten.

Somit lies Admiral Prinz Adelbert die Danzig im Sommer 1856 an der marokkanische Küste entlangfahren und ließ nun genau Kurs auf Kap Tres Forcas setzen. Am Morgen des 7.8.1856 kam das Kap in Sicht und man stoppte die Korvette ungefähr an der Stelle, an der vor 4 Jahren die Brigg geplündert wurde. Der Prinz lies mit zwei Kuttern in einem Abstand von 1,5 km zum Ufer die Küste erkunden. Inzwischen besetzten die Eingeborenen die Höhen längs des Ufers und eröffneten das Feuer auf die Boote. Man schoss von den Booten zurück, zusätzlich kam die Danzig bis auf 600 m an das Ufer und Feuerte auf die Uferzone mit Granaten und Kartätschen. Die Boote kehrten im Feuerschutz zum Schiff zurück.
Der Admiral entschloss sich zu einer Landung und es wurde ein Landungskorps unter seiner Führung zusammengestellt. Dazu gehörten 11 Offiziere, 30 Unteroffiziere und Matrosen sowie 23 Seesoldaten und ihrem Offizier. Nachdem die Uferzone wieder beschossen wurde, dabei war die Danzig jetzt bis auf 250 m am Ufer heran, begann man mit einer blitzschnellen Landung aus der Leestellung der Korvette heraus und stürmte die 30 – 40 m steil aufragende Bergwand hinauf. Die Eingeborenen konnten bis auf die Hochfläche zurückgedrängt werden. Doch die Zahl der Eingeboren wuchs zu einer Übermacht an und um nun nicht von der Küste abgeschnitten zu werden, schiffte man sich nach Bergung aller Verwundeten wieder ein. Sechs Mann waren gefallen, von denen drei Männer zurückgelassen werden mussten. Die Aufgabe, dem unmotivierten Angriff entgegenzutreten, war nach Maßgabe der vorhanden Mittel gelöst.
Die Danzig fuhr nach Gibraltar zurück, wo die Gefallenen unter starker britischer Anteilnahme beigesetzt wurden.

Das Landungsgefecht von Tres Forcas hat im Ausland, mehr aber noch den Deutschen selbst, eine überraschende Erkenntnis gebracht. Es wurde erstmalig offenkundig, dass die Angehörigen der Marine nicht nur Seeleute , sondern auch Soldaten des Königs waren, dass sie nicht nur an Bord der Schiffe, sondern auch an Land zu kämpfen verstanden. Die Tat der Danzig und seiner Besatzung lenkte erstmalig die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf den sich ohne viel Aufhebens entwickelten Wehrmachtteil, die Marine. Dieser Erfolg überragt das tatsächliche Ergebnis des Gefechtes. Aber auch das Gefecht fand Anerkennung der Fachleute, so sagte ein französischer Admiral, der später vor Kap Tres Forcas kreuzte: „ Wenn es nicht eine Tatsache wäre, dass die Preußen an diesen Punkte gelandet sind, so würde ich es für unmöglich halten.“
http://www.geschichtsforum.de/320793-post3.html
 
Die Aussicht auf Beute und der Schutz durch eine Regierung machte die nordafrikanischen Korsarenstaaten auch für einige europäische Freibeuter attraktiv. Bedingung war, dass sie zum Islam konvertierten und sich dem jeweiligen Dey oder Bey unterstellten. Zu Berühmtheit brachten es im 17. Jh. der Holländer Siemen Danziger (Simon de Danser) unter dem Renegatennamen Simon Rais oder Deli Rais bei den Algeriern und der Engländer John Warde unter dem Namen Jussuf Rais bei den Tunesiern. Danziger, der auch Schiffsbauer war, lehrte die Barbaresken im Umgang mit rahgetakelten Segelschiffen (sie waren bis zu dieser Zeit nur an den Umgang mit Galeeren und Lateinersegel gewöhnt), das Kreuzen gegen den Wind und unternahm mit ihnen Raubzüge im Atlantik. Möglicherweise war er auch maßgeblich an der Erfindung der Schebecke beteiligt. Er versetzte die Barbaresken in die Lage Kaperfahrten bis nach Nordeuropa zu unternehmen. Sie gelangten bis Island, wo sie ebenfalls Einwohner nach Afrika verschleppten.
Danziger wurde wahrscheinlich 1611 von den Franzosen hingerichtet.
John Warde, der ein sehr erfolgreicher Korsar in Tunis war und eine ganze Flotte befehligte, wurde ein wohlhabender Mann und verbrachte seinen Ruhestand, nachdem er den englischen König vergeblich um Pardon gebeten hatte, in einem eigenen Palast in Tunis.
 
Da hier immer wieder auf Bücher hingewiesen wird, dürfte auch ein Hinweis auf eine Zeitschrift zulässig sein. In Heft 62 von Geo-Epoche sind auch einige Seiten den Barbaresken-Piraten gewidmet.
Einer von der Insel Amrum, der versklavt wurde und dann Karriere machte, war
Hark Olufs ? Wikipedia
 
Auch die preußische Marine war in der Mitte des 19, Jahrhunderts im Mittelmeer und der Nordafrikanischen Küste aktiv.
Auch die österreichische Marine war im 19. Jhdt. aktiv:
Nachdem 1829 ein marokkanisches Piratenschiff ein österreichisches Handelsschiff gekapert hatte, griffen mehrere österreichische Fregatten als Vergeltung die marokkanische Hafenstadt El Araisch an.
 
Auch die österreichische Marine war im 19. Jhdt. aktiv:
Nachdem 1829 ein marokkanisches Piratenschiff ein österreichisches Handelsschiff gekapert hatte, griffen mehrere österreichische Fregatten als Vergeltung die marokkanische Hafenstadt El Araisch an.

Wahrscheinlich war die k.u.k Marine sogar dominierender im Mittelmeer, als Marinen von Nichtanrainern des Mittelmeers ...
 
Soweit ich weiß, nicht. (Marinegeschichte ist allerdings absolut nicht mein Spezialgebiet.) Die österreichischen Habsburger vernachlässigten die See lange Zeit stark. Ursprünglich gab es nur einige Galeeren, die vor allem dem Schutz des Seehandels gegen türkische Piraten dienen sollten. Erst Joseph II. begann mit dem planmäßigen Aufbau einer Marine, die dann allerdings auch nur 14 Schiffe umfasste. Zu einer Vergrößerung kam es nach der Annexion Venedigs, als Österreich die venezianische Marine zufiel. Die Schiffe wurden allerdings hauptsächlich für diplomatische Missionen und Forschungsreisen eingesetzt.

Im 16. und frühen 17. Jhdt. unterstützten die österreichischen Habsburger allerdings ihren eigenen kleinen Kaperkrieg in der Adria:
Uskoken ? Wikipedia
Die Uskoken von Senj - Habsburgs Wachhunde an der Militärgrenze
 
Ja, zu dieser Zeit schon. Bereits 1840 war die österreichische Marine gemeinsam mit Briten und Franzosen gegen Mehmed Ali von Ägypten aktiv und eroberte in einem amphibischen Landungsunternehmen Akkon. 1864 gab es sogar in der Nordsee ein Seegefecht gegen die Dänen.
Aber in diesem Thread geht es an sich ja eher um die Bekämpfung der Korsaren. Da ist mir - abgesehen von der von mir schon erwähnten Operation gegen Marokko - keine Beteiligung österreichischer Kriegsschiffe an der Korsarenbekämpfung bekannt.
 
[...]
Aber in diesem Thread geht es an sich ja eher um die Bekämpfung der Korsaren. Da ist mir - abgesehen von der von mir schon erwähnten Operation gegen Marokko - keine Beteiligung österreichischer Kriegsschiffe an der Korsarenbekämpfung bekannt.

Das kann ich leider nicht beurteilen, weil ich mich mit der Thematik nicht tiefgründig auseinander gesetzt habe. Ich habe nur deinen Hinweis auf die Aktion im 19. Jahrhundert unterstützen wollen ...
 
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