Idistaviso

salvus

Aktives Mitglied
Nicht das es gerade in letzterer Zeit genug in Hinblick auf Kalkriese oder pontes longi etc. zu diskutieren gab.

Ich öffne jetzt noch ein neues Fass, bzw. Thema.

Ich glaube nämlich, daß das Thema Idistaviso sehr interessant ist und bis hierher zu wenig gewürdigt wurde.
Tacitus schildert diese Schlacht eigentlich in einer Art epischen Breite.
Eröffnet wird diese Thema beim Tacitus durch eine Art Drama - hier der Bruderzwist Arminius/Flavus.
Die inneren Spannungen bei den Cheruskern werden deutlich.
Und dann natürlich die acht Adler...

Eigentlich wirklich interessant ist die Schilderung der Schlacht:

Diese fand offenbar in einer Ebene statt.
Es handelte sich offenbar um eine offene Feldschlacht.
Dies macht den eigentlichen Unterschied zur Varusschlacht oder auch zur Caecina Schlacht aus:
Es war wohl eine Schlacht mit offenem Visier. Keine Guerilliataktik wie bei Varus oder Caecina.

Aber warum?

Und das ist die ineressante Frage:

Warum änderte Arminius seine bewährte Taktik?

Aufgrund der Topographie?
Aufgrund einer zahlenmäßigen Überlegenheit seiner Truppen?
Weil er eigentlich die darauffolgende Schlacht (Angrivarier Wall) als chancenreicher erachtete?
Oder lag Idistaviso in der Nähe eines germanischen Heiligtums - wie z.B., Brepohl vermutet.
Und wo muß man Idistaviso lokal vermuten?

Leider gibt es keinerlei wirklich gesicherte archäologische Ergebnisse.

Die spannende Frage bleibt allerdings, warum sich Arminius in dieser Ebene in einer relativ offenen Schlacht den Römern stellte.
 
Oder lag Idistaviso in der Nähe eines germanischen Heiligtums - wie z.B., Brepohl vermutet.
...oh Weh, also sowas wie eine zweite Irminsul, weil ganz vielleicht die Idisen im Namen stecken könnten? ...trübselig wird dieses Seitenthema, sowie man zusammenzählt, was man überhaupt in Sachen "germanische Heiligtümer" weiß: nämlich sehr wenig.
Ich halte diesen Seitenzweig des eigentlich spannenden Themas für einen Holzweg.
 
Warum änderte Arminius seine bewährte Taktik?

Aufgrund der Topographie?
Aufgrund einer zahlenmäßigen Überlegenheit seiner Truppen?

Möglicherweise, auch, weil er mit einem Seitenwechsel der römischen Hilfstruppen rechnete. Laut Tacitus sollen ja römische Hilfstruppen Arminius zur Flucht verholfen haben.

Weil er eigentlich die darauffolgende Schlacht (Angrivarier Wall) als chancenreicher erachtete?
Das verstehe ich nicht. Das insinuiert ja, Arminius habe die Niederlage bei Idistaviso vorausgesehen und die nachfolgende Schlacht am Angrivarierwall zu diesem Zeitpunkt schon geplant gehabt...
 
...oh Weh, also sowas wie eine zweite Irminsul, weil ganz vielleicht die Idisen im Namen stecken könnten? ...trübselig wird dieses Seitenthema, sowie man zusammenzählt, was man überhaupt in Sachen "germanische Heiligtümer" weiß: nämlich sehr wenig.
Ich halte diesen Seitenzweig des eigentlich spannenden Themas für einen Holzweg.

Tacitus erwähnt (ann II, 12,1), daß Idistaviso in der Nähe eines Waldes lag, der Herkules (Donar) geweiht war. Genau hier haben sich die Germanen versammelt.

Brepohl führt dann aus, daß über solchen Stätten ein besonderer Gottesfrieden lag, welcher nicht gebrochen werden durfte. Genau das taten dann aber die anmarschierenden Römer. Die anschliessende Schlacht war daher auf germanischer Seite mit besonderer also durchaus auch religiöser Motivation geführt worden.

Die Sache mit den Idisen erwähnt Brepohl zwar, geht allerdings nicht näher darauf ein, bzw. schreibt er, daß er dies nicht weiter untersucht hat.

Letztlich ist dies allerdings nur ein Aspekt der Fragestellung, bw. des Themas. Es war nicht meine Absicht, dieses Thema nur an diesem möglichen religiösen Aspekt festzumachen. Im Gegenteil.
 
Das verstehe ich nicht. Das insinuiert ja, Arminius habe die Niederlage bei Idistaviso vorausgesehen und die nachfolgende Schlacht am Angrivarierwall zu diesem Zeitpunkt schon geplant gehabt...

Richtig.

Die spannende Frage bleibt warum Arminius einen Schlachtort aussucht, der der römischen Kampfweise absolut entgegenkommt. Der gewählte Schlachtort widerspricht doch eigentlich jeglicher germanischer Kampfweise.

Nun will ich das kleine Büchlein von Wilm Brepohl natürlich nicht überstrapazieren. Ich habe es nach längerer Zeit wieder einmal gelesen und festgestellt, daß zumindest teilweise seine Ausführungen durchaus interessant sind.
So geht Brepohl wirklich davon aus, daß Arminius mit der Idastiviso Schlacht in erster Linie Zeit gewinnen wollte. Ihm ging es darum den Einmarsch der Römer vor allem ins Kernland der Cherusker zu verhindern. Das Verlassen des Schlachtfeldes durch die Germanen empfanden die Römer als Flucht. Brepohl meint, daß dies allerdings geplant war und zwar für eine weitere Schlacht in der Arminius auf starke Kampfverbände incl. Reiterei mit entsprechenden örtlichen Voraussetzungen setzen konnte.

Allerdings erwähnt Brepohl auch, daß eine genaue Prüfung des Tacitus Textes nötig ist, um diese Theorie zu stützen.:D
Inzwischen gibt es auch eine Neuauflage des Buches. Diese liegt mir aber nicht vor. Diese Neuauflage ist aber aktualisiert.

Seis drum. Brepohl liefert zumindest einen Erklärungsansatz. Ob man diesem folgen muß ist natürlich eine andere Sache. Zumindest kann man diskutieren. Und darum geht es ja auch. Sicherlich gibt es noch andere Argumente warum Arminius diesen Ort und eine offene Schlacht wählte. Einen nachvollziebahren hast du mit der Erwähnung der germanischen Hilfstruppen geliefert.

(vergl. Wilm Brepohl: Arminius gegen Germanicus, Aschendorff 2008)
 
(1)
Tacitus erwähnt (ann II, 12,1), daß Idistaviso in der Nähe eines Waldes lag, der Herkules (Donar) geweiht war. Genau hier haben sich die Germanen versammelt.
(2)
Brepohl führt dann aus, daß über solchen Stätten ein besonderer Gottesfrieden lag, welcher nicht gebrochen werden durfte.
(3)
Genau das taten dann aber die anmarschierenden Römer. Die anschliessende Schlacht war daher auf germanischer Seite mit besonderer also durchaus auch religiöser Motivation geführt worden.
zu (1)
mag sein, dass dort ein solcher "heiliger Hain" (wem auch immer geweiht) gelegen sein mag, aber fraglich ist, ob dieser zu dieser Zeit (!) überhaupt schon dem Donar geweiht gewesen sein konnte (germanische Quellen zu diesem Gott wie auch zu Wodan sind jünger)
...etwas weniger wahrscheinlich scheint, dass sich ein Heer in oder nahe bei einem solchen exklusiven Heiligtum versammelt
zu (2)
da wäre interessant zu erfahren, wie man den "Gottesfrieden" in irgendwelchen (nur erschlossenen, gemutmaßten) "heiligen Hainen" beweisen will... (und man fragt sich, inwiefern ein dort sich sammelndes german. Heer den "Gottesfrieden" nicht bricht...)
zu (3)
und das wäre, wenn (1) und (2) zutreffen, ja verräterisch: ausgerechnet bei ihrem Heilgtum, welches sie motiviert, werden die Barbaren geschlagen... das klingt dann eher wie das nachträgliche Aufbauschen einer Lappalie

mein Vorschlag. verlassen wir das "religiöse" Seitenthema (Donar und Idisen zu Beginn des 1. Jhs. sind gar zu retrospektiv-spekulativ)
 
zu (1)
mag sein, dass dort ein solcher "heiliger Hain" (wem auch immer geweiht) gelegen sein mag, aber fraglich ist, ob dieser zu dieser Zeit (!) überhaupt schon dem Donar geweiht gewesen sein konnte (germanische Quellen zu diesem Gott wie auch zu Wodan sind jünger)
...etwas weniger wahrscheinlich scheint, dass sich ein Heer in oder nahe bei einem solchen exklusiven Heiligtum versammelt
zu (2)
da wäre interessant zu erfahren, wie man den "Gottesfrieden" in irgendwelchen (nur erschlossenen, gemutmaßten) "heiligen Hainen" beweisen will... (und man fragt sich, inwiefern ein dort sich sammelndes german. Heer den "Gottesfrieden" nicht bricht...)
zu (3)
und das wäre, wenn (1) und (2) zutreffen, ja verräterisch: ausgerechnet bei ihrem Heilgtum, welches sie motiviert, werden die Barbaren geschlagen... das klingt dann eher wie das nachträgliche Aufbauschen einer Lappalie

mein Vorschlag. verlassen wir das "religiöse" Seitenthema (Donar und Idisen zu Beginn des 1. Jhs. sind gar zu retrospektiv-spekulativ)

zu 1:
Das lesen wir beim Tacitus.
Wahrscheinlich nicht die schlechteste Quelle...

zu 2:
Richtig. Dieser Punkt ist wohl spekulativ.

zu 3:
Folge ich hier Brehmpol, dann war diese Niederlage keine wirkliche, sondern eine Art "Scheinniederlage".

Ansonsten stimme ich Dir zu. Es lassen sich wohl zuviele Dinge mit religiösen Motiven erklären bzw. der Raum für Spekulationen ist zu groß.
Aber wie schon ausgeführt:
Das war nur ein Teilaspekt.
 
...und Scheinniederlagen pflegte man zu Ehren der Götter nahe der heiliger Haine zu inszenieren?... :grübel:;) das scheint mir wenig plausibel

Dafür, daß du dieses Seitenthema eigentlich verlassen wolltest reitest du ganz schön darauf herum...:devil:

Ich habe hier lediglich einige Dinge wiedergegeben, die ich durchaus interessant finde.
Nun scheint mir Brepohl durchaus eine Art Anhänger dieser religiösen Geschichte zu sein. In seinem Buch "Neue Überlegungen zur Varusschlacht" zeichnet er ebenfalls das Bild einer religiösen Kultveranstaltung als optimale Voraussetzung zum Aufstand.

Dies kann ein Ansatz sein. Ob man diesem folgt oder folgen will...
 
Ich habe hier lediglich einige Dinge wiedergegeben, die ich durchaus interessant finde.
wenn ich dem, was du dankenswerter Weise (!) referierst/darstellst ein wenig widerspreche, so ist das doch keine Kritik an dir :winke:
und klar "reite" ich darauf herum, einerseits weil´s mich interessiert, andererseits weil das german. Religionszeugs halt mehrmals referiert wurde ;) und da mag ich halt gerne mitdiskutieren
 
Warum änderte Arminius seine bewährte Taktik?

Aufgrund der Topographie?
Aufgrund einer zahlenmäßigen Überlegenheit seiner Truppen?
Weil er eigentlich die darauffolgende Schlacht (Angrivarier Wall) als chancenreicher erachtete?
Oder lag Idistaviso in der Nähe eines germanischen Heiligtums - wie z.B., Brepohl vermutet.
Und wo muß man Idistaviso lokal vermuten?

Leider gibt es keinerlei wirklich gesicherte archäologische Ergebnisse.

Die spannende Frage bleibt allerdings, warum sich Arminius in dieser Ebene in einer relativ offenen Schlacht den Römern stellte.
Tja, leider können wir nicht in ihn hineinschauen und haben auch keine Tagebuchaufzeichnungen von ihm, also können wir eigentlich nicht mehr als spekulieren.

Ich möchte noch eine weitere Möglichkeit andeuten: Vielleicht war es gar nicht Arminius, der seine bewährte Taktik änderte. Vielleicht waren es seine Leute. Arminius war kein unumschränkter Diktator, der seine Leute nach Belieben herumkommandieren konnte. Vielleicht waren sie durch die vergangenen Erfolge übermütig worden, trauten sich einen Sieg in offener Feldschlacht zu und drängten Arminius daher, die endgültige Entscheidung - die Vernichtung von Germanicus' Heer - zu suchen. Der kurz davor errungene Erfolg der Cherusker über die Bataver in römischen Diensten könnte das Fass des Übermuts zum Überlaufen gebracht haben.
Natürlich könnte aber auch Arminius selbst auf diese Idee gekommen sein. Ich verweise zum Vergleich auf Vercingetorix, der auch lange Zeit eine offene Feldschlacht vermied, dann aber, als sich die Lage der Römer verschlechterte, doch einen offenen Reiterangriff auf das römische Heer wagte.
Aber natürlich sind meine Ausführungen auch nur Spekulation.
 
Es war wohl eine Schlacht mit offenem Visier. Keine Guerilliataktik wie bei Varus oder Caecina.

Aber warum?

Und das ist die ineressante Frage:

Warum änderte Arminius seine bewährte Taktik?
Hallo Salvus!

Man muss durchaus infrage stellen, ob Arminius seine Taktik geändert hat und ob die Schlacht bei Idistaviso "auf seinen Wunsch" stattfand. Man kann die Gesamtlage auch so deuten, dass Arminius an der Stelle (fast) keine andere Wahl mehr hatte.

Vorgeschichte: Als die Römer begonnen haben, Germanien zu besetzen, da hatten sie es immer nur mit einzelnen Stämmen zu tun. Die Stämme wurden in diversen Schlachten einzeln besiegt und unterworfen.

Neue Situation: Irgendwann erschien ein Mann namens Arminius auf der Bildfläche. Diesem Kerl ist es irgendwie gelungen, eine "Allianz" aus mehreren Stämmen auf die Beine zu stellen. Beteiligt waren Cherusker, Chatten, Brukterer, Marser, vielleicht noch weitere. Diese "Stammeskoalition" hat es geschafft, Varus und seine drei Legionen zu plätten.

Erste Reaktion der Römer: Sie haben sich zurückgezogen und die Rheingrenze gesichert. Dann haben sie (noch unter Tiberius) in ihrem Vorfeld rechtsrheinisch vorsichtig wieder Position bezogen.

Zweite Reaktion der Römer: Unter Germanicus haben sie die Vorsicht fallen gelassen und zum massiven Gegenschlag ausgeholt. Der erste Schlag galt im Herbst des Jahres 14 den Marsen. Sehr blutig.

Der erste "richtige Feldzug" fand im Jahr 15 statt und richtete sich gegen die Siedlungsgebiete der Stämme, die entlang des Rheins lebten. Chatten, Brukterer, wiederum Marser. Dieser Schlag erfolgte mit einem bis dahin ungekannten Aufwand. Beteiligt war die Hauptmacht von acht Legionen (abgesehen von Resten, die "daheim" die Herdfeuer in Gang gehalten haben) plus Hilfstruppen. Danach hat Germanicus die in Rheinnähe siedelnden Stämme für besiegt oder zumindest hinreichend eingeschüchtert gehalten. Also...

...wandte er sich im Jahr 16 den weiter östlich siedelnden und bislang noch "ungestraften" Stämmen zu. Wieder mit einem Truppenaufgebot, das alles bisher dagewesene sprengte.

Folge: Die germanischen Truppen standen nicht mehr am Rhein, sondern waren im Gebiet zwischen Weser und Elbe zusammengedrängt. Die TRUPPEN!, nicht die STÄMME! Der Erfolg des Arminius lag darin, dass er die Stammesaufgebote zu "einem Heer" zusammengebunden hatte. Welche Wahl hatten die Germanen da noch? Kämpfen oder über die Elbe türmen.

In dieser Lage war Arminius vor der Schlacht bei Idistaviso. Er hatte einen großen Sieg errungen, konnte sich sechs Jahre lang feiern lassen - und dann kamen die Römer und haben ihm in drei Feldzügen hintereinander eine Tracht Prügel nach der anderen verpasst. Er musste vom Rhein bis hinter die Weser zurückweichen, konnte die Römer nichtmal am Übergang über die Weser hindern, hatte nur noch die Wahl sich zu stellen oder bis hinter die Elbe wegzulaufen... Also hat er sich gestellt. Noch einen "Rückzug" hätte sein Ruf möglicherweise nicht ausgehalten. Die Schlacht hat er dann so geführt, dass ihm die Option, bei einem Misslingen weiter wegzulaufen, nicht verbaut wurde. Nach der Niederlage bei Idistaviso ist er also weiter geflüchtet, hat sich nochmal gestellt, ist nochmal verdroschen worden - und dann hatten die Römer nicht mehr die Kraft, ihm weiter zu folgen.

Womit die taktischen Niederlagen der Germanen zu einem strategischen Sieg wurden. Oder aus Sicht des Germanicus: Noch so ein Sieg und ich bin im Eimer. Also gehe ich heim und lass mich feiern...

MfG
 
...

Das verstehe ich nicht. Das insinuiert ja, Arminius habe die Niederlage bei Idistaviso vorausgesehen und die nachfolgende Schlacht am Angrivarierwall zu diesem Zeitpunkt schon geplant gehabt...

So ganz von der Hand zu weisen ist es nicht, schließlich hatten die Germanen bereits beste Erfahrungen mit einer Schlacht an einem Wall gemacht :D.

Andererseits ist es aber auch erstaunlich, daß es Arminius wieder und wieder gelungen ist, die Römer an Wälle zu locken.
 
Andererseits ist es aber auch erstaunlich, daß es Arminius wieder und wieder gelungen ist, die Römer an Wälle zu locken.
ist das wirklich so erstaunlich?
mal ganz allgemein: irgendwer dreht den Römern eine lange Nase und versteckt sich dann hinter Wällen (Befestigungen) - ist es da sehr erstaunlich, wenn die Römer diese angreifen? :grübel:;)
 
wenn ich dem, was du dankenswerter Weise (!) referierst/darstellst ein wenig widerspreche, so ist das doch keine Kritik an dir :winke:

Das hatte ich auch keinesfalls so aufgefasst.:winke:

Aber diesen, sagen wir einmal religösen Aspekt kann man auch nicht ganz aussen vor lassen. Schließlich erwähnt der Tacitus ausdrücklich, daß die Germanen sich in diesem Wald gesammelt haben und das genau dieser Wald dem Herkules (Donar) geweiht war. Es liegt durchaus nahe, daß dieser Ort eine besondere Bedeutung hatte. Spekulativ bleibt natürlich, ob dieser Wald einfach aus pragmatischen Gründen gewählt wurde, da er Schutz bot und in der Nähe des Schlachortes lag, oder inwiefern auch kultische Gründe vorlagen.
 
Dass mit Hercules wirklich Donar gemeint war (bzw. im 1. Jhdt. bereits Donar gemeint war), wird man nicht so definitiv sagen können. Tacitus schreibt über "Hercules" doch nur, dass die Germanen ihm Tieropfer brachten (Germania 9) und dass sie ihn vor der Schlacht in Liedern besangen (Germania 3).
 
Dass mit Hercules wirklich Donar gemeint war (bzw. im 1. Jhdt. bereits Donar gemeint war), wird man nicht so definitiv sagen können. Tacitus schreibt über "Hercules" doch nur, dass die Germanen ihm Tieropfer brachten (Germania 9) und dass sie ihn vor der Schlacht in Liedern besangen (Germania 3).

Das ist richtig.
Tacitus schreibt auch in der etsprechenden Textstelle "Herkules".
 
Aber es gibt Hinweise, dass mit Herkules ein Gott gemeint ist, aus dem sich später Donar/Thor entwickelte. Daher finde ich eine Benennung wie Herkules(Donar) eher unproblematisch. Denn um den griechisch-römischen Herakles/Herkules ging es den Germanen ganz sicher auch nicht. Vielleicht kann man den Sprachwissenschaftlern folgen, die für eine erschlossene Form ein Sternchen verwenden. Damit könnte man die Unsicherheit markieren: Herkules (*Donar) oder, um sich von einer aus festen Regeln erschlossenen Form zu unterscheiden, ein vorangestelltes Fragezeichen: Herkules (?Donar).
 
Aber es gibt Hinweise, dass mit Herkules ein Gott gemeint ist, aus dem sich später Donar/Thor entwickelte.
welche Hinweise für das frühe 1. Jh. gibt es darüber, dass diese oder jene Germanenstämme einen "Donar" verehrt hätten? So weit mir bekannt, tappt man bzgl. des german. Pantheons für diese frühe Zeit eher im Dunkeln: die eindeutigen Quellen mit Götternamen sind viel jünger. Die taciteische interpretatio romana wird ja wiederum re-interpretiert: es ist nicht gesichert, dass z.B. der taciteische Merkur tatsächlich einen german. Wodan bedeutet. wir kennen zwar aus der taciteischen Germania einen Göttinnennamen Nerthus (Njörd könnte daher kommen), aber gesichert kennen wir aus Tacitus keinen Donar, keinen Wodan/Odin, keine Freya etc. -- so gesehen ist der eventuelle heilige Hain nahe bei Idis(t)avisio evtl. den Cheruskern sakral gewesen, aber ob dort ein "Herkules" verehrt wurde, der zugleich der "Donnerer" gewesen sei, ist schlichtweg offen bzw. spekulativ. Und ebenso spekulativ sind allerlei Zuschreibungen, was die Cherusker - von denen man recht wenig weiß - verehrt und geglaubt haben sollen.
 
Wochentagsnamen z.B.. Man muss natürlich davon ausgehen, dass für die Römer die von uns so genannte Interpretatio Romana seit den augusteischen Germanienfeldzügen feststand. Wie gesagt: Hinweise. Den römischen Herkules haben die Germanen sicherlich nicht verehrt.

Dir dürfte auch aufgefallen sein, dass ich im Gegensatz zu anderen von einer Entwicklung spreche. Also sozusagen einen Proto-Donar annehme, aus dem sich der historische entwickelt hat. Dass es einen 'gemeingermanischen' Protodonar gegeben haben muss, folgt aus dem Vorhandensein im Nord-, Nordsee-, West- und Ostgermanischen, sowie der Tatsache, dass der Name der Sprachentwicklung gefolgt ist, wie ich noch neulich in Bezug auf das Gotische gelesen habe. Schon sind wir bei Tacitus. Zu seiner Zeit sollen sich die germanischen Dialekte ja weiter auseinander entwickelt haben. Na, ja, wenn man das nicht schon früher im 1. Jh. ansetzen will oder es erst in das 2. Jh. verlegen möchte. So genaue Hinweise gibt es da m.W. nicht.

Da nun schon die Interpretatio Romana, wie auch die erwähnte Nerthus dem germanischen Pantheon in so einigen Punkten entsprechen, würde ich schon von einer begründeten Vermutung oder Hypothese sprechen, nicht von Spekulation.

Natürlich sind nicht die Götter der Edda gemeint, wie aus den zur Illustration aufgeführten Vergleichen unten vermutet werden könnte, sondern eine frühere Entwicklungsstufe des Mythos. Die Eddalieder sind ja schon vom Christentum bestimmt; die paar die älter sind, wurden nach heutigen Erkenntnissen überarbeitet oder zeugen von christlichem Einfluss. Dabei dürften auch die antropomorphen römischen und gallischen Göttervorstellungen sehr auf die germanischen Vorstellungen eingewirkt haben. Hierzu kann ich auch heute noch die Lektüre von Paul Herrmann, Deutsche Mythologie empfehlen. Aus den von ihm teils erklärten, teils nacherzählten, teils wiedergegebenen Quellen erkennt man den starken Animismus der germanischen Mythologie.

Daher sind auch, teilweise recht offensichtlich, scheinbare Widersprüche der traditionellen Interpretation der Interpretatio Romana zu erklären, wie sie in den vergangenen Jahrzehnten gegen diese Interpretation angeführt wurden.

(Nur mal einige der Gemeinsamkeiten: Mit Keule oder Hammer geht ein Haudrauf auf Abenteuerfahrt. Ein Mars der Rechtsversammlung steht dem kriegerischen Richter der Götter gegenüber. Der kulturbringende und den Menschen erscheinende Dieb von Wissen und Kulturgütern wird mit dem Götterboten und Gott von Händlern und Dieben gleichgesetzt, wenn man ihn nicht als Göttervater mit Jupiter vergleicht.)

EDIT: Ich musste die Antwort verkürzen. Ich hoffe, sie ist noch verständlich und nachvollziehbar.

PS: Der Name Idistaviso weist ja schon auf einen heiligen Ort hin. In den Merseburger Zaubersprüchen werden die Idisen noch erwähnt. Da haben wir eine Kontinuität bis ins Mittelalter, die m.W. auch für die von Dir benutzten Klammern verantwortlich ist.
 
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