Ugh Valencia hat den ersten Schritt getätigt, den jeder Ortsnamenforscher
zwingend machen sollte: Er hat sich angeschaut, wie die
Überlieferung des Ortsnamens aussieht. So geht man nicht von aktuellen Ortsnamen aus, sondern vom ältesten.
Lügde von Lugdunum herzuleiten, sozusagen als Partnerstadt Lyons, ist natürlich - unter Nichtberücksichtigung der historischen Namensformen - zunächst einmal bestechend. Vom germanistischen Standpunkt her ist das aber kaum haltbar.
Zunächst einmal werden die im Vordeutschen weichen Verschlusslaute /b-d-g/ zu /p-t-k/ im Deutschen. Dann ist der Umlaut zu beachten, der ein /i/ verlangen würde: *Lugd
inum. Durch die regressive Assimilation des /i/ entstehen i.d.R. die Umlaute. Lugdunum fortgesetzt im Deutschen würde also am ehesten ein *Lu(c)kte(n) oder *Lo(c)kte(n) erwarten lassen (was aber im Umkehrschluss nicht heißt, dass eventuelle Ortsnamen, die so lauten, tatsächlich von einem Lugdunum abgeleitet wären).
Das mit der Ortsnamenüberlieferung kann man dann bei Bad Pyrmont genauso machen. Der Einfachheit halber bediene ich mich bei Wiki.
Frühere
Ortsnamen von Pyrmont waren im Jahre 889 Piringisa, im 11.Jahrhundert Birngise, in den Jahren 1184 Pyremont, 1184 per mut, 1184 Perremont (auch Pirremont), 1186 Pyerremont, 1167-1191 Pierremont, 1187 Pirremunt und 1187 Peremont.
Pyrmont ist ein schwierig zu erklärender Name. Die Erklärung eines
Kompositums aus "Petri mons", also "Petersberg", wurde populär. Laut der vergleichenden Ortsnamenforschung ist bekannt, dass in "-mund" ein germanisches Wort für "Berg" steckt, das nicht französisch-lateinischen Ursprung ist. "Pyr-, Pir-" in Pyrmont kann mit einer Quelle "In der Pirre" im Bierberg bei
Lügde mit einem Eintrag im Grimmschen Wörterbuch "pur", ferner in Schleswig-Holstein Verb "pirren", also "regnen", etwa in der Bedeutung "Quelle" verbunden werden. Pyrmont bedeutet demnach, dass es an einem alten "Quellenberg" liegt.
[11]
Die Erklärung des Ortsnamens wird laut der Fußnote 11 auf den Namenpapst Jürgen Udolph selbst zurückgeführt. Trotzdem erlaube ich mir einen Widerspruch. Ich nehme an, dass die Grundlage für das -
mont eher französischen Ursprungs ist. Auffällig ist, dass diese Form im 9. und 11. Jahrhundert nicht belegt ist, aber ab dem 12. Jahrhundert, also mitten in der Kreuzfahrerzeit. Französisch war die Lingua Franca der Kreuzfahrer, die meisten Kreuzfahrerburgen im Nahen Osten hatten arabische und/oder französische Namen, in denen recht häufig eben auch das Wort
Mont in Erst- oder Zweitstellung auftauchte:
- Belmont
- Mont Glavien
- Mont Pèlerin
- Caymont
- Montreál
Gleichzeitig war Französisch bzw. Okkzitanisch die Literatursprache Europas der Kreuzfahrerzeit und viele Worte sind als Lehnworte oder Lehnübersetzungen ins Deutsche gekommen (etwa courtois, höflich, höfisch); viele der deutschen Dichtungen der Kreuzfahrerzeit sind Bearbeitungen franzöischer Vorläufer: Parzival, Rolandslied die als Überträger von Lehnworten und Lehnübersetzungen dienten.
Aus diesem Grund glaube ich, dass das Auftauchen der Silbe -
mont im Ortsnamen von Pyrmont nicht zufällig in die Kreuzfahrerzeit fällt.
Ein griechisch-lateinischer Hybrid á la 'Feuerberg' ist es jedoch sicherlich nicht.