Bevölkerungskontinuität in der Donauebene

Das ist richtig. Hasdeu und Russu haben da wohl recht unterschiedliche Auffasungen zu gehabt und ich weiß nicht mal ob die noch aktuell sind.

Mein Opa, Gott hab ihn seelig, war Phililoge und hat auch dahingehend geforscht. Es müssten noch einiges an Aufzeichnungen in unserem Hause herumliegen.
Wenn ich dieses Jahr in Rumänien bin, werd ich mir mal paar Tage Zeit nehmen und das durchforsten. So weit ich weiß hat er speziell in dne Dialekten der Moldau geforscht. Hab mich aber viel zu wenig damit beschäftigt zugegeben.

Die Bewertung des dakischen Substrats im Rumänischen folgt häufig politischen Bruchlinien. So postulierte die kommunistische Regierung unter Ceaușescu eine ungebrochene Kontinuität der Rumänen, und zwar von den romanisierten Dakern bis heute. Folglich "entdeckten" linientreue rumänische Sprachwissenschaftler hunderte dakische Erbworte und gehen auch heute noch von etwa 200 Worten aus. Hier handelt es sich vorwiegend um die Anhänger der dako-rumänischen Kontinitätstheorie.

http://www.geschichtsforum.de/658737-post48.html.
Dako-romanische Kontinuitätstheorie ? Wikipedia

Wer der Migrationstheorie folgt, also einer Einwanderung walachischer rumänischer Gruppen in die Walachei und nach Siebenbürgen erst ab dem 11./12. Jh., der findet höchstens rund 30 dakische Wörter im Rumänischen. Der unverdächtige deutsche Sprachwissenschaftler Harald Haarmann spricht von etwa 80 Substratwörtern, die aus dem Dakischen stammen.
 
Viele mehr thrakische Wörter wird es im bulgarischen auch nicht geben, oder thrakisch/illirische im Serbokroatischen..

Also die Romanisierung wird am Balkan (außer bei den Albanern) recht erfolgreich gewesen sein.
 
Viele mehr thrakische Wörter wird es im bulgarischen auch nicht geben, oder thrakisch/illirische im Serbokroatischen..

Leider ist mir keine Publikation bekannt, die ein eventuelles dako-thrakisches Substrat im Bulgarischen untersucht.

Also die Romanisierung wird am Balkan (außer bei den Albanern) recht erfolgreich gewesen sein.

Dennoch mussten die balkanromanischen Sprachen dem Slawischen weichen - einmal abgesehen vom Rumänischen und wenigen romanischen Sprachinseln wie dem Aromunischen oder dem Istro-Rumänischen.
 
Rumänen+Albaner gibt es mehr als Balkanslawen. :)

Es gibt meines Wissens rund 20 Millionen Jugoslawen (einfachheitshalber gesagt) und etwa 7 Millionen Bulgaren. Ferner rund 23 Mio. Rumänen und etwa 6 Mio. Albaner. Das hält sich also in etwa die Waage.

Aber du hast schon recht. Man muss hier auch Griechenland und Ungarn einbeziehen, wo die Slawen im frühen MA ebenfalls gewaltig vordrangen. Allerdings haben sie sich dort ethnisch und sprachlich nicht durchsetzen können.
 
Was interessant ist, dass doch die meisten dieser Worte Dinge, Tiere und Pflanzen der Wälder und der Landwirtschaft beschreiben. Ich frage mich ob es einen Zusammenhang gibt, dass gerade diese Wörter überlebt haben.

Es gibt eine Regel für Substrat- und Superstratwortschatz, die meistens (aber nicht immer) greift:
Substratwortschatz zeigt sich meist in der Bezeichnung einheimischer Tier und Pflanzen, welche in die überlagernde Sprache eingehen: Mais, Kakao, Schokolade, Lama, Tomate, Maniok...
Superstratwortschatz: aus der verloren gehenden Sprachschicht - du kennst aus der Archäologie sicher den Begriff stratum - der Eroberer/politisch dominierenden Zuwanderer wird der Verwaltungs- und Militärwortschatz erhalten.

In dem theoretischen Fall, dass du in einer Sprache anhand von strukturell unterscheidbaren Lehnworten zwei Sprachschichten identifizieren könntest, die keine (nähere) Verwandtschaft mit der eigentlichen Sprache haben - etwa im Rumänischen Dakisch und Slawisch (oder im Westarabischen Latein und Berber) - könntest du anhand der Art dieses Wortschatzes versuchen auszumachen, ob es sich um ein Sub- oder ein Superstrat handelt, selbst wenn die historische Überlieferung zu ungenügend wäre, um aus historischen Quellen etwas Verwertbares ziehen zu können.

Thorpe 1999. Hinweise auf Agrargesellschaft in Lepinski Vir am Eisernen Tor gefunden, 8. Jahrtausend. Der Weg wie man aus geologischer Sicht heute weißt, war nicht der Küste entlang sondern über Bosporus. Damals hier war keine Wasserstrasse (Ryan et al : Konferenz Italien 2002) sondern Land. Also : Anatolien, SO Europa uns dann Griechenland etc.

Wann der Bosporus zur Meerenge wurde, ist keineswegs unumstritten. Ryans Sintfluthypothese ist in den geographischen Wissenschaften nicht unumstritten.

Was die Frage danach angeht, wo in Europa genau die ersten Spuren einer Neolithisierung auszumachen sind, so sind natürlich Donaukulturen wie Lepinski Vir ganz vorne mit dabei (wobei die Lepinski-Vir-Kultur bereits im Mesolithikum ansetzt und später neolithisiert wird). Es gibt da aber ein interessantes Buch von Silviane Scharl welches sich gewissermaßen aus wissenschaftspolitischer Sicht mit der Neolithisierung und ihrer Wahrnehmung durch die Archäologen verschiedener Länder auseinandersetzt: Die Neolithisierung Europas. Ausgewählte Modelle und Hypothesen. Würzburg 2002.
 
Danke El, für die Aufklärung zur Sprachwissenschaft. Davon hab ich nämich keinen Schimmer.
Gäbs son schönes Standardwerk zu diesem Themenkomplex wo man sich als aussenstehender zumindest ein grobes Bild von Substrat und Superstrat bilden kann?
 
Du wirst in jedem einigermaßen vernünftigen sprachhistorischen Buch etwas über Super-, Ad- und Substrate finden. Ein Buch welches sich nur mit Sub-, Ad- und Superstraten befasst, kenne ich jetzt nicht - oder ganz viele, wie man's sieht. Jedes Buch welches sich mit dem Einfluss einer bestimmten Sprache auf eine andere beschäftigt befasst sich mit Sub-, Super- oder Adstraten.
 

"One of the best documented Indo-European civilizations that inhabited Bulgaria is the Thracians, who lasted for more than five millennia..."

Die Zivilisation der Thraker überdauerte mehr als fünf Jahrtausende? Jaja, die Balkanzivilisationen sind bekanntlich sehr langlebig.
 
Wörtliche Übersetzungen ergeben meistens Blödsinn.

Es ist ja nicht nur die Übersetzung.

During the 5th and 4th millennium BCE, the inhabitants of the eastern region of Balkans were organized in different groups of indigenous people that, over time, were named under the single ethnonym of “Thracians”. According to historical and archaeological sources, the Thracian culture flourished during the 2nd and 3rd millennia BCE

Welche historischen Quellen haben wir denn für das 3.Jahrtausend v.Chr.? Und dort werden "Thraker" genannt?
 
Keine Ahnung.
Das hier aus anderer Quelle ist auch ganz lustig:
Historical sources are, at their most basic level, something that tells us about history.

Ein historical something aus dem sometimes, und somewhere over the rainbow.
 
Bulgarisch mit Mazedonisch, Russisch, Polnisch, Rumänisch

Ich beobachte folgendes, subjektiv:

Während sich das Bulgarische und das Russische vom Polnischen durch phonetischen Konservativismus. Sie sind sich phonetisch sehr nah und intellegibel. Bulgaren und Russen können sich miteinander unterhalten. Gleichzeitig haben Bulgaren und Polen einen gemeinsamen Wortschatz, den sie nicht mit den Russen teilen (hier liegt wohl die größte Schwäche meiner Beobachtungen, weil das sehr schlaglichtartig ist).
Mazedonisch und Bulgarisch sind die einzigen slawischen Sprachen mit Artikel, den sie hintan stellen, ebenso wie das Rumänische, man spricht ja auch vom Balkansprachbund.
Gleichzeitig teilen sich Rumänisch und Bulgarisch-Mazedonisch einen Teil ihres Wortschatzes:
billig - ieftin - евтино - евтини (Etymologie: mir unbekannt)
teuer - scump - скъпо - скапи
Tisch - masa - маса oder таблица - маса oder табелата (Etymologie: mensa/tabula)
 
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