Erbfolge im italienischen Adel?

Das alles bezeichnet man als "weibliche Erbfolge", die nach dem Salischen Gesetz nicht statthaft war. ... Basis war stets die Lex Salica, die eine weibliche Erbfolge nicht zuließ.

Kann ich leider nicht nachvollziehen.

Fakt ist, dass in Frankreich die weibliche Erbfolge mit Begründung der Lex Salica erst ausgeschlossen wurde, als sich die Frage einer weiblichen Nachfolge tatsächlich gestellt hat (14. Jahrhundert). Diese Regelung entstand also nicht mit Blick auf diese Möglichkeit, sondern erst, als sie tatsächlich gegeben war.

Allerdings erbte die davon betroffene Prinzessin von ihrem Vater das Königreich Navarra, das dieser übrigens von seiner Mutter geerbt hat. Es ging also nur um ihre Erbfolge im damaligen Frankreich. Die Prinzessin war übrigens nicht die letzte Königin von Navarra, die diesen Titel aus eigenem Recht besaß. Daraus ist anzunehmen, dass im Königreich Navarra Frauen zur Erbfolge zugelassen waren. (War dort die Lex salica nicht gültig?)

Ein anderes, wesentlich früheres Beispiel war das Privilegium minus (1156), das ebenfalls eine Klausel in Bezug auf die Erbfolge der Töchter enthielt. Die Nichte und die Schwester des letzten Babenbergers haben sich jedenfalls auf diese berufen und auch Unterstützung gefunden.

Was die weibliche Erbfolge in Italien betrifft, so gab es immerhin im 14. und 15. Jahrhundert zwei Königinnen von Neapel. Im 18. Jahrhundert erbten die Habsburger die Toskana erst nach dem Tod der letzten Großherzogin Anna Maria Luisa de Medici, die keine Nachkommen hatte.

Entweder war die Lex Salica nicht überall in Europa die Grundlage für die Gesetze oder sie war in Bezug auf eine weibliche Erbfolge doch nicht so eindeutig.
 
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Im 18. Jahrhundert erbten die Habsburger die Toskana erst nach dem Tod der letzten Großherzogin Anna Maria Luisa de Medici, die keine Nachkommen hatte.
Das ist jetzt für mich nicht nachvollziehbar. Mal abgesehen davon, dass nicht die Habsburger die Toskana erbten, sondern Franz Stephan von Lothringen sie nach dem Tod des letzten (männlichen) Medici-Großherzogs erhielt, wurde Franz Stephan doch bereits 1737, nach Letzteren Tod, Großherzog, und nicht erst 1743 nach dem Tod Anna Maria Luisas.
 
Auf einer Reise in die Toskana wurde uns jedenfalls erklärt, dass Anna Maria Luisa die letzte Großherzogin der Toskana war, ehe diese von Franz Stephan von Lothringen übernommen bzw. geerbt wurde. (Ich kann hier keinen gravierenden Unterschied zwischen Nachfolge und Erbschaft ausmachen. Wobei natürlich zu diskutieren ist, ob Franz Stephan als Habsburger bezeichnet werden kann. Allerdings wurden die Nachfahren von Maria Theresia und ihm nicht plötzlich als Lothringer bezeichnet und als ihr angeheirateter Ehemann gehörte er schon zur Familie Habsburg. Seine Nachkommen, die in der Toskana herrschten, werden als Nebenlinie der Habsburger bezeichnet.)

Da Anna Maria Luisa wenige Jahre nach ihrem Bruder starb und auch keine Nachkommen hatte oder als Herrscherin entscheidend hervorgetreten ist, wäre gut vorstellbar, dass ihre Regierung leicht zu übersehen ist, zudem der Erbfall bzw. die Nachfolge bereits vor dem Tod ihres Bruders beschlossen war.
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Fakt ist jedenfalls, dass weibliche Erbfolge in Europa offensichtlich doch unterschiedlich geregelt waren bzw. wurden bzw. dass Gesetze keineswegs so eindeutig waren oder gehandhabt wurden.
 
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Allerdings erbte die davon betroffene Prinzessin von ihrem Vater das Königreich Navarra, das dieser übrigens von seiner Mutter geerbt hat. Es ging also nur um ihre Erbfolge im damaligen Frankreich. Die Prinzessin war übrigens nicht die letzte Königin von Navarra, die diesen Titel aus eigenem Recht besaß. Daraus ist anzunehmen, dass im Königreich Navarra Frauen zur Erbfolge zugelassen waren. (War dort die Lex salica nicht gültig?)

In allen Ländern des lateinisierten Europas, also besonders in Italia, Gallia, Hispania und Britannia war die weibliche Erbfolge usus, sofern natürlich kein männlicher Erbe vorhanden war. Die erste Königin Europas aus eigenem Geburtsrecht war so Urraca von León im frühen 12. Jahrhundert geworden.

Auch in Frankreich war die weibliche Erbfolge die Regel und zwar bis zum Ende des Königreichs. Herzögtümer, Grafschaften und einfache Lehen waren hier über die weibliche Linie problemlos vererbbar. Allein in Bezug auf den Königthron hatte man sich am Ende auf eine Ausnahme verstanden. Dazu muss man sich allerdings immer der gegenwärtigen Situation im Jahr 1316/17 vergegenwärtigen. Die potentielle Thronerbin Johanna II. von Navarra, überlebende Tochter von Ludwig X. dem Zänker, war zu diesem Zeitpunkt noch ein Kleinkind und ihre Interessen waren von einem Verwandten wahrgenommen, der sie lediglich als Trumphkarte für den eigenen Machtzuwachs einsetzte. Das Heft in der Hand aber hatte ihr Onkel Philipp V. der Lange, der bereits als Regent seit dem Tode Ludwigs X. amtiert hatte. Der hatte die Situation natürlich zu seinen Gunsten nutzen und die Generalstände von 1317 zur Anerkennung der Lex Salica überzeugen können, wonach der Thron der Franken allein nach althergebrachten Salfränkischen Recht zu vererben sei. Die Kapetinger waren zudem eine Familie fränkischer Herkunft. Nach dem Thronwechsel auf die Valois war dieses Prinzip noch einmal bestätigt wurden, vor allem im Hinblick auf die möglichen Ansprüche Eduards III. von England.

Der Geltungsbereich der so in Frankreich eingeführten Lex Salica hatte sich auch nur auf dieses Königreich beschränkt. Das Königreich Navarra hatte seine eigenen Rechts- und Erbnormen beibehalten, nach denen die weibliche Erbfolge auf den Thron üblich war. Mit den Erbgängen von Theobald IV. von Champagne (über seine Mutter) und der Johanna I. hatte es hier ja auch schon zwei Präzedenzfälle gegeben. Philipp V. hatte die Erbfolge seiner Nichte Johanna II. in Navarra übrigens auch als Kompensation anerkannt. Allerdings hatte sie die Erbfolge dort erst nach erreichen ihres Mündigkeitsalters und des Todes ihres zweiten Onkels Karl IV. antreten können. Auch ihr Erbrecht auf die Champagne war anerkannt wurden, die sie allerdings als Bestandteil der von ihrem Vormund verhandelten Kompensation an die französische Krone veräußern musste.
 
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Das nach der lex salica sogenannte - und nicht damit zu verwechselnde - salische Erbfolgerecht, also der Ausschluss weiblicher Erbfolge, war ab der -vereinfacht gesagt- Aufgabe der Stammesrechte nur ein Hausrecht bestimmter Adelsfamilien. Mitunter wurde sie in das Recht ganzer Länder übernommen. Die unteilbar Erbfolge der Pragmatischen Sanktion schaffte dies für das Haus Habsburg ab. Dummerweise sollte sich das insbesondere auf die "Erbkönigreiche und Länder" der Habsburger erstrecken, wozu Gesetzesänderungen notwendig waren. In Ungarn und Böhmen gab es weniger Probleme als im Reich, wo es bekanntlich zum Österreichischen Erbfolgekrieg kam, da nicht alle Fürsten die Sanktion anerkannten.

Dies heißt aber nicht, dass Frauen generell keine Besitzungen erben konnten. Hierbei kam es auf das fragliche Recht an. Denn davon gab es eine Menge. Und bei verschiedenen Gütern konnte verschiedenes Recht gelten. Zunächst gab es noch die Stammesrechte, die für bestimmte Personen galten, und die in der frühen Neuzeit zugunsten von gesetztem Recht, welches territorial galt und welches auf den Stammesrechten basieren konnte, ersetzt wurde. Oder es wurde, wie der Sachsenspiegel, der in einigen Bereichen bis 1900 geltendes Recht war, hierfür übernommen. (Einige Bestimmungen des Sachsenspiegels stehen in Deutschland heute noch im BGB.) Eine Bedeutende Rechtsquelle war natürlich auch das römische Recht. Es ist also zunächst die Frage, nach welchem Recht eine Adelsfamilie lebte. Dann konnte historisch bedingt für ein bestimmtes Stück Land ein bestimmtes Recht gelten. Um die Zustimmung eines Lehnsherrn zum Verkauf zu umgehen konnte z.B. eine symbolische Rente vereinbart werden.

Und beim Lehnsrecht gab es sowieso verschiedene Regelungen. Mannlehen und Kunkellehen sind wohl ein Begriff.

Ein Beispiel für die Komplexität der Besitzfamilie auch weniger bedeutender Adelsfamilien: Nach dem Aussterben der Herren von Hörde zu Boke im Mannesstamm musste sich das Reichskammergericht Ende des 16. Jh. mit den äußerst komplizierten Eigentumsverhältnissen beschäftigen. Die Herren von Hörde besaßen zwischen Lippstadt und Schloss Neuhaus an verschiedenen Stellen Allod, da sie die Herren von Störmede durch Heirat der Erbtochter beerbt hatten. Dann standen sie in der Ministerialität verschiedener Herren und hatten auch von verschiedenen Herren und nach verschiedenem Recht freie Lehen inne. Es war nicht einmal klar, zu welcher Landesherrschaft der Kern ihres Besitzes gehörte. Und hätten die Lipper besser aufgepasst, hätte der Paderborner Bischof vielleicht das Nachsehen gehabt. Nach den Urteilen -es waren, wenn ich mich recht erinnere 9 Prozesse - wurde der Streit schnell zu einem Präzedenzfall. Auch bei einem nachfolgenden Streit um einen Teil desselben Erbes in der 2. Hälfte des 18.Jh. wurden die meisten Gebiete des Lehnsrechts berührt. Dies Urteil wurde gedruckt und ist in den meisten deutschen rechtshistorischen Bibliotheken zu finden - und zumindest nach den ersten Urteilen konnten einige Güter auch Frauen innehaben.
 
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Kann ich leider nicht nachvollziehen.

Fakt ist, dass in Frankreich die weibliche Erbfolge mit Begründung der Lex Salica erst ausgeschlossen wurde, als sich die Frage einer weiblichen Nachfolge tatsächlich gestellt hat (14. Jahrhundert). Diese Regelung entstand also nicht mit Blick auf diese Möglichkeit, sondern erst, als sie tatsächlich gegeben war.

In deinem Beitrag # 19 und meiner Antwort ging es allein um die Pragmatische Sanktion bzw. die Erbfolge in den habsburgischen Ländern und ihre Unteilbarkeit. Dort galt die Lex Salica, die eine weibliche Erbfolge ausschloss. Die Pragmatische Sanktion bedeutete eine Abkehr davon, indem beim Aussterben des männlichen Stammes die Erbfolge der weiblichen Nachkommen nach dem Recht der Erstgeburt eintreten sollte.

Kaiser Karl VI. suchte darüber hinaus die Erbfolge seiner Tochter Maria Theresia durch Verzichtsakte der Töchter Josephs I. (verstorbener Bruder des Kaisers) und die Anerkennung der Thronfolgeordnung von Seiten der Stände der Erbländer zu sichern. Dem gleichen Ziel sollten Garantieerklärungen deutscher und ausländischer Mächte dienen.

Dass Thronfolgeordnungen in anderen europäischen Staaten andere Regelungen vorsahen, steht auf einem ganz anderen Blatt. Bekanntlich gelangten in England, Spanien, Portugal und Russland auch Frauen auf den Thron. Regentschaften von Frauen für minderjährige Söhne gab es häufiger.

Allerdings hat aufgrund der Lex Salica weder im Heiligen Römischen Reich noch in Frankreich jemals eine Frau den Thron aus eigenem Recht als regierende Monarchin bestiegen.
 
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