Wo siedelten die Hermunduren?

Ihr stellt euch mal wieder an. Die wohnten natürlich in Hermundurien. Ist doch klar, oder. :winke:

Wie du weiter vorn lesen kannst, ist das Siedlungsgebiet der Hermunduren und ihre Identität mit den Thüringern zumindest umstritten. Der schon erwähnte Matthias Springer ist der Ansicht, dass die Quellen auf ein Siedlungsgebiet rechts der Elbe und im Donauraum hinweisen, was dann etwa die Region Südpolen/Westukraine bedeuten würde. Die Frühzeit der Thüringer: Archäologie, Sprache, Geschichte - Google Books

Natürlich ist Matthias Springer nicht der Weisheit letzter Schluss, denn es gibt andere Historiker, die eine andere Meinung vertreten. So z.B. die Autoren dieses Werks: Joachim Herrmann (Hrsg.), Die Germanen, Band 2, Berlin (Ost) 1983, S. 399 ff.
 
Ja Dekumatland, die Meldung kam vor ein paar Jahren im Fernsehen, ich glaube, von 3-sat. Leider hat man nie wieder etwas davon gehört.
 
Springer sagt "rechts der Elbe und im Donauraum". Und da sind wir rasch in Tschechien, Südpolen, in der Slowakei und der Westukraine.

Hamburg-Altona liegt auch rechts der Elbe und trotzdem nicht in der Ukraine.
(Springer schreibt natürlich auch nichts von Altona, ebensowenig wie er von der Ukraine schreibt.)

Sinnvoller wäre es, einmal den ganzen Artikel zu lesen, anstatt dem Autor Aussagen unterzujubeln, die er gar nicht macht.
 
Hamburg-Altona liegt auch rechts der Elbe und trotzdem nicht in der Ukraine.

Was macht dich da so sicher?

Sinnvoller wäre es, einmal den ganzen Artikel zu lesen, anstatt dem Autor Aussagen unterzujubeln, die er gar nicht macht.

Sinnvoller wäre es einen Atlas hervorzuholen und zu schauen, wo "rechts der Elbe und im Donauraum" zu verorten ist. Wenn du bei Hamburg-Altona landest, hast du dich leider verirrt. Ich empfehle dir, besser beim Thread "saltus" zu bleiben.
 
Sinnvoller wäre es einen Atlas hervorzuholen und zu schauen, wo "rechts der Elbe und im Donauraum" zu verorten ist.
wenn man denn wüsste, was die Römer unter "rechts der Elbe" verstanden: es hat durchaus geografische auswirkungen, ob man ab Melnik die Moldau (die stromaufwärts Richtung Donauraum weist) als Quellfluß der Elbe versteht oder die Elbe selber. ...und "Donauraum"... oh weh, der reicht ja von Donaueschingen im Schwarzwald bis ans schwarze Meer...

Die Erdkunde (Geographie) ist eine kapriziöse Disziplin :D:D
 
Als Fazit bleibt, dass das Siedlungsgebiet der Hermunduren umstritten ist. Die eine Fraktion sieht sie zwischen Main, Saale und Elbe und betrachtet die Hermunduren als Vorgänger der Thüringer.

Die andere Fraktion - wie Matthias Springer - versetzt die Hermunduren in eine Reguin "rechts der Elbe und im Donauraum", wo es viele Möglichkeiten der Verortung gibt. Allerdings keine auch nur in etwa präzise. :grübel:
 
Sinnvoller wäre es einen Atlas hervorzuholen und zu schauen, wo "rechts der Elbe und im Donauraum" zu verorten ist.
Das ist wirklich eine gute Idee.
Schau doch einfach mal nach.
Du wirst feststellen, dass der Donauraum gar nicht rechts von der Elbe liegt.

Wenn Springer vom Donauraum spricht, meint er ganz bestimmt nicht die Ukraine.

Springer schrieb:
Die taciteischen Ermunduren, also auch die gegen die Chatten kämpfenden, befinden sich aber nun einmal im Donauraum. Das heißt, auch ihr Kampf gegen die Chatten muß sich im südlichen Deutschland abgespielt haben, vermutlich an der Südgrenze des chattischen Gebiets.
 
Wenn Springer vom Donauraum spricht, meint er ganz bestimmt nicht die Ukraine.

Rechts der Elbe und Donauraum - schau mal nach. Da landest du in Tschechien, der Slowakei und der Westukraine. Zu betrachten ist natürlich der Großraum, in dem Völkerbewegungen erfolgten und der ist nicht eng umgrenzt.
 
Rechts der Elbe und Donauraum - schau mal nach. Da landest du in Tschechien, der Slowakei und der Westukraine. Zu betrachten ist natürlich der Großraum, in dem Völkerbewegungen erfolgten und der ist nicht eng umgrenzt.
Da möchte ich dann doch noch mal was aus Sepiolas Zitat hervorheben:
Wenn Springer vom Donauraum spricht, meint er ganz bestimmt nicht die Ukraine.
Springer schrieb:
Die taciteischen Ermunduren, also auch die gegen die Chatten kämpfenden, befinden sich aber nun einmal im Donauraum. Das heißt, auch ihr Kampf gegen die Chatten muß sich im südlichen Deutschland abgespielt haben, vermutlich an der Südgrenze des chattischen Gebiets.
 
Klar ist jedoch, dass sich die Quelle der Elbe sich im Norden Tschechiens, praktisch direkt an der Grenze zu Polen befindet.

Schaut euch doch mal die Karte der Elbe und ihre Nebenflüsse an.
Strabon und Velleius Paterculus schreiben, die Hermunduren würden (nur noch) rechts der Elbe siedeln und zwar direkt an der Elbe. Die Elbe sei gewissermaßen der Grenzfluss.

Tacitus schreibt, die Hermunduren siedelten dort, wo die Elbe entspringt. Er bezieht sich aber auf seine Gegenwart, rund 100 Jahre nach Strabon und Velleius Paterculus. (Wenn Tacitus jetzt die Moldau für den Oberlauf der Elbe gehalten haben sollte, könnte das ja auch für Strabon und Velleius Paterculus zutreffend sein.)

Dass die Hermunduren an der Donau siedeln würden, schreibt Tacitus jedoch nicht. Er schreibt nur, dass die Hermunduren nicht wie die anderen Stämme nur am Donauufer mit den Römern handeln dürfen, sondern auch in den Städten der Provinz Rätien. Daraus ergibt sich, dass die Hermunduren zu jener Zeit die Donau überquerten, dass heißt aber nicht, dass sie an der Donau siedelten. Sicherlich war die Provinz Raetia zu der Zeit den Hermunduren am nächsten, sonst hätte ja Tacitus geschrieben, dass die Hermunduren, in der Germania superior einkaufen, denn es ist davon auszugehen, dass sie den kürzesten Weg ins Imperium nahmen. Die Donau bildet den östlichen Teil des rätischen Limes, zwischen Regensburg und Passau. Irgendwo nördlich davon, siedelten die Hermunduren. Dort sind auch die Quellen der Moldau.

Ein Siedlungsgebiet der Hermunduren nach Tacitus Gemania könnte man daher im Böhmerwald vermuten, wenn man unterstellt, dass er die Moldau für den Oberlauf der Elbe hielt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Tacitus schreibt, die Hermunduren siedelten dort, wo die Elbe entspringt. [...]

Deshalb schrieb ich:
Nun gut, wo auch immer Tacitus die Elbequelle annahm... Die Eger/Ohře wäre vielleicht ein guter Kandidat. Oder der Berounka-Zufluss Mies.
Dagegen, mit gleicher Plausibilität Dekumatland (ich nenne mich aufgrund der chronologischen Reihenfolge der Postings zuerst):
warum nicht die Moldau?
Angesichts der gemeinsamen Grenze mit den Chatten würde ich allerdings nach wie vor eher einen der westlichen Elbe-Quellflüsse ansetzen.

Trotz meiner Vorbehalte gegenüber der Entzerrung der ptolemaiischen Karte im germanischen Raum durch Kleineberg et al. möchte ich noch mal darauf hinweisen, dass die Elbequelle bei Ptolemaios überliefert ist (ἄλβιος ποταμοῦ ἐκβολαὶ λα´ νϡ´δʺ - αἰ πηγαὶ τοῦ ποταμοῦ λθ´ ν´), wir können also zumindest mal schauen, ob die entzerrte Elbequelle bei Ptolemaios in die Nähe eines der Elbequellflüsse kommt und müssen nicht unbedingt weiter im Dunkeln stochern. Ich will mal schauen, ob ich es am Montag in die Bib schaffe.


Dass die Hermunduren an der Donau siedeln würden, schreibt Tacitus jedoch nicht.

Wie interpretierst du dann diese Angaben (Tac. Germ, 41, wie in #1)?
Propior, ut, quo modo paulo ante Rhenum, sic nunc Danuvium sequar, Hermundurorum civitas, fida Romanis; eoque solis Germanorum non in ripa commercium, sed penitus atque in splendidissima Raetiae provinciae colonia.​
 
Zugegebenermaßen kann man die Stelle nur so interpretieren, dass Tacitus die Stämme an der Donau genauso abarbeitet wie zuvor die am Rhein. Er müsste als wieder mit dem Ufer anfangen. Dass die Hermunduren aber wirklich direkt (ohne Puffezone) am Donauufer siedelten schreibt nicht wortwörtlich.

Mies und Eger liegen deutlich weiter nordwestlich. Von den Quellen dieser Flüsse ist es nicht mehr weit zur thüringischen Saale und zur fränkischen Saale, die aus eytmologischen Gründen als Grenzfluss zu den Chatten infragekommen. Bei Annahme der fränkischen Saale als salzführenden Grenzfluss und der Mies oder Eger als Elbequelle wären die Siedlungsgebiete von Chatten und Hermunduren in der Fläche zumindest nicht so stark aufgebläht wie sonst üblicherweise (also mit Hermunduren in Thüringen) auf den Karten dargestellt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine sehr interessante Argumentation zur Lokalisierung der Hermunduren lässt sich bei Wislicenus "Die Geschichte der Elbgermanen... " Leseprobe bei google books, nachlesen. Für ihn ist auch die Meinung Ptolemaios` zur Elbquelle klar.
 
Bei archive.org lässt sich das Buch im Ganzen lesen, die fragliche Stelle S. 26 f. Trotzdem würde ich erst gerne in Kleineberg et al. schauen.
 
Haben wir irgendwo im nicht-römischen Germanien Ortsnamen, die seit der Antike unverändert geblieben sind?

Es gibt den umstrittenen Versuch die Daten von Ptolemaios zu späteren Siedlungen zuzuordnen (siehe: http://www.geschichtsforum.de/f28/die-entzerrte-karte-des-claudios-ptolemaios-28243/index3.html) Allerdings ist da auch keine auch nur entfernte Namensähnlichkeit gegeben. Desweiteren kann die Zuordnung auch archäologisch nicht bestätigt werden, weil in den entsprechenden Städten keine Funde aus der Antike vorliegen.
Wie bitte? Wie ware es mit Munitium und Hannoversch-Münden bzw. Hedemünden. Oder Bogadium->Boke, 2km westlich Anreppen. Für den altsächsischen (Lango-)Bardengau um Bardowik gibt es zwar keine archäologischen Belege, aber pollenanalytisch ist Siedlungskontinuität ohne nennenswerten Rückgang während der Völkerwanderungszeit belegt.
Dann sind da noch die Ortsnamen auf -lar, für die frühgermanischer oder gar keltischer Ursprung angenommen wird [Kommentare zu dieser Annahme sind explizit erwünscht - die Information stammt aus dem Wikipedia-Artikel zur Geschichte Wetzlars]. In jedem Fall gibt es für Wetzlar, Fritzlar und Uslar Siedlungsbelege aus der späten Eisen- bzw. frührömischen Kaiserzeit, im Falle Goslars sollte es mich auch sehr wundern, wenn der Rammelsberg komplett geräumt worden wäre..

Was die Elbequelle der Römer angeht: Die Hauptverkehrsroute von der Donau nordwärts (schon von den Bandkeramikern genutzt) läuft entlang von Morava/March, Thaya und Srvatka/ Schwarza zur Böhmisch-mährischen Höhe. Nördlich davon kann man dann entweder der Sazava, einem Moldau-Nebenfluss, oder dem Elb-Nebenfluss Doubrava folgen. Beide entspringen in den Saarer Bergen bei Zdar nad Sazavou (Saar), und einer dieser beiden Flüsse dürfte derjenige sein, den die Römer vom Mittelmeer (Aquilea) entlang der Bernsteinstrasse kommend zuerst erreichten, und folglich für die Elbquelle hielten.
 
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