Erster Indochinakrieg - Schlacht von Dien Bien Phu 1954

Die japanischen Modelle in der VPA, die Umstellungen erfolgten seit 1950, hatten 70mm, japanische Type-92 "Bataillon Guns". Davon dürften einige wenige vor Ort gewesen sein.

Bei den 75mm (zwei Typen in der vietnamesischen Schreibweise DKZ/SKZ) handelte es sich vermutlich um Beutewaffen, amerikanische 75mm M20, oder ihre chinesischen Kopien, die 75mm Type 52.

Zu Keegan ist zu sagen, dass er eigentlich in seinen Publikationen grundsätzlich nur vorhandene Literatur auswertet, und nett präsentiert. Der gibt in den Fragen nichts Neues her.

Der Aufsatz von Boylan wertet alle Thesen zur VPA-Ausstattung aus. Ich habe das mal vereinfachend in die Anlage gepackt. Quelle: JoMH 2014, S. 1351.
 

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Die japanischen Modelle in der VPA, die Umstellungen erfolgten seit 1950, hatten 70mm, japanische Type-92 "Bataillon Guns". Davon dürften einige wenige vor Ort gewesen sein.

Bei den 75mm (zwei Typen in der vietnamesischen Schreibweise DKZ/SKZ) handelte es sich vermutlich um Beutewaffen, amerikanische 75mm M20, oder ihre chinesischen Kopien, die 75mm Type 52.


Die DKZ/SKZ waren die Vietnamesischen Kopien (SKZ in 57 mm). Eine der ersten schweren Waffen die sie selber in kleinen Werkstätten produzierten.

Das waren jedoch Rückstossfreie Geschütze die i.d.R. nicht als Artillerie sondern als Infanterieunterstützungswaffen gerechnet werden. Die Vietnamesen hatten jedoch einen damit ausgestattetes Bataillion im Artillerieregiment 237.

Bei der abgeworfenen 75.er Munition könnte auch die für die M116 Feldhaubitzen gemeint sein, die ebenfalls in größerer Anzahl während des 2 WK an die Chinesen geliefert und ebenso von den Franzosen genutzt wurden: http://en.wikipedia.org/wiki/M116_howitzer

Mir ist nicht bekannt, dass die Franzosen in Dien Bien Phu auch die M20 vor Ort hatten. Auf jeden Fall ist es nicht in deren Artillerie gelistet obwohl die französische Armee sie damals auch verwendete.

Der Vietminh verwendete auch die Japanische 7,5 cm Gebirgskanone Typ 41: http://en.wikipedia.org/wiki/Type_41_75_mm_Mountain_Gun
 
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Bin gerade fündig geworden: Das 35e régiment d'artillerie parachutiste war mit den Rückstossfreien geschützen M20 ausgestattet und vor Ort.

 
[1]Das waren jedoch Rückstossfreie Geschütze die i.d.R. nicht als Artillerie sondern als Infanterieunterstützungswaffen gerechnet werden. Die Vietnamesen hatten jedoch einen damit ausgestattetes Bataillion im Artillerieregiment 237.

[2]Mir ist nicht bekannt, dass die Franzosen in Dien Bien Phu auch die M20 vor Ort hatten. Auf jeden Fall ist es nicht in deren Artillerie gelistet obwohl die französische Armee sie damals auch verwendete.

[3]Der Vietminh verwendete auch die Japanische 7,5 cm Gebirgskanone Typ 41: Type 41 75 mm Mountain Gun - Wikipedia, the free encyclopedia

[4]Bin gerade fündig geworden: Das 35e régiment d'artillerie parachutiste war mit den Rückstossfreien geschützen M20 ausgestattet und vor Ort

Die paar vermuteten Beute-Waffen, amerikanische M20, stammten wohl aus dem Korea-Krieg oder aus Lieferungen nach China.

[1] In der diversen Literatur (Fall, Brancion, Windrow etc.) wird sie dazu gerechnet.

Das 237. Artillerie-Regiment war an sich ein GrW-Regiment, siehe hier:
413th Mortar Battalion (36 x 82mm mortars)
224th Rocket Artillery Battalion (12 x 102mm multiple rocket launchers)

Das dritte, ein DKZ Battalion (12 x 75mm DKZ) - Đại-Bác Không Giật/cannon no shock - , dessen Numerierung unsicher ist, kam erst in der letzten April-Woche hinzu, Order vom 22.4.1954. Da war die Sache fast durch, die hatten keinen wesentlichen Einfluss. Der Grund für die "Verspätung" und nachträgliche Zuführung des Bataillons war die Umschulung von 57er auf 75er.


[2] , [4] Das ergibt sich wie folgt: zahlenmäßig fest stehen die 10 75er der frz. M24-Panzer. Bei den von Dir angesprochenen französischen 75er DKZ geht es nur um die Anzahl von 2. Die wurden im Februar angefordert, um auf zwei östlichen "strongpoints" eingebaut zu werden (um vor Ort über dieses Kaliber zu verfügen, da ansonsten erst die M24 den Hügel hoch geschickt werden müssten). Die Anfrage wurde abgelehnt. Während der Belagerung wurden schließlich 2 Stück am 2.4.1954 per Fallschirm abgesetzt. Die 2 75erDKZ machen aber den Kohl nicht fett.

[3] nicht vor Dien Bien Phu.
 
Der US-Militärhistoriker Douglas Porch (Kurz-Buio auf der US-WIKI, hat wohl Forschungsschwerpunkt Frankreich) hat in der aktuellem MHQ Dien Bien Phu aus einem interessanten Blickwinkel betrachtet.

Er sieht die Festung nicht als Versuch, "Austerlitz in den Dschungel" (also klassische europäische Kriegführung) zu bringen. Er sieht die Wurzeln der eigenwilligen Strategie vielmehr in den Lehren der "Godfathers of Irregular Warfare" T.E. Lawrence (von Arabien) und Order Wingate.

Nach dem ersten Weltkrieg suchten die Militärs nach Möglichkeiten, das blutige Gemetzel des Stellungskrieges zu vermeiden. Das deutsche Konzept des verbundenen Einsatzes aller Waffen war offensiv auf die Durchdringung von Grabensystemen ausgerichtet. Die Franzosen stärkten die Defensive durch den Bau der Maginotlinie. Der Einsatz strategischer Bomber sollte die Gräben schlicht ignorieren, Fallschirmjäger drüber springen.

Die Briten, immer offen für exzentrische Lösungen, warfen ihren Blick auch auf die Erfolge Lawrence´ auf dem nahöstlichen Kriegsschauplatz. Nach Dünkirchen versuchten die Briten dann auch, überall auf dem Kontinent den Widerstand gegen die Nazi-Herrschaft zu verstärken durch die Unterstützung Aufständischer mit Material und Einsatz von Spezialeinheien (SOE - Special Operations Executive). Die Ergebnisse waren uneinheitlich, wir haben hier mindestens schon die Resistance und den Widerstand auf dem Balkan diskutiert.

Einen anderen als den Lawrenceschen Ansatz, der auf die "Levée en masse" der Besetzten setzte, wählte Order Wingate. Wingate baute auf Spezialeinheiten, die sich bei ihren Einsätzen hinter der feindlichen Front auf einfache, aber gut befestigte Strongholds oder Boxes stützen konnten. Den Einsatz von "Bauern mit Mistgabeln" lehnte er als "hugaboo" ab. Dabei band auch Wingate lokale Kräfte massiv ein, nur eben gut trainiert. Wingate arbeitete intensiv mit der Haganah. In Äthiopien baute er die Gideon-Forces auf, die die Italiener bereits 1941 zur Kapitulation zwangen. Bekannt wurde er aber vor allem durch den Einsatz der "Chindits", im wesentlichen indischer Soldaten, in Birma gegen die Japaner.

Porch sieht die Erfolge Lawrence´und Wingates gelinde gesagt kritisch. Er sieht ihre Konzepte als eine Folge der britischen Schwäche, ihre Wirkung überbewertet. Die Glorifizierung irregulärer Kriegführung hält er folgerichtig für gefährlich. Durch die Überschätzung der Erfolge von Spezialeinheiten werde die Illusion geschürt, "Kriege ohne Schlachten" gewinnen zu können. Der Blick auf die tatsächlichen militärischen Erfordernisse werde durch die Lawrence von Arabien - Romantik versperrt.

Hier baut er nun die Brücke zu Frankreich in Indochina. Porch meint, Frankreich versuchte durch den Einsatz lokaler anti-kommunistischer Kräfte, meist rekrutiert aus Minderheiten ("Montagnards") eine Art Resistance in den vom Vietminh beherrschten Gebieten aufzubauen. Gedankenkette "Arabischer Widerstand - Resistance - Montagnards".

Die Festung Dien Bien Phu sieht Porch als "Box" im Sinne von Wingate. Dien Bien Phu sollte in den Tonkin Highlands ein Stronghold für die Montagnards sein.

Tatsächlich bauten die Franzosen 1953 ein Widerstandsnetz aus Montagnards unter Führung französischer Spezialeinheiten auf, die kurzzeitig durchaus erfolgreich operierten. Nachdem Giaps Vietminh aber reagierten, blieb den Kämpfern nur der Rückzug. Salan improvisierte den befestigten Flugplatz Na San (nicht weit von Dien Bien Phu). Hier holte sich der Vietminh tatsächlich eine blutige Nase.

Trotz der Niederlagen der Montagnards sahen die Franzosen in den Kämpfen um Na San einen Lichtblick im ansonsten trostlosen Kriegsverlauf. Na San wurde zwar bereits 1953 wieder aufgegeben, es wurde aber geplant, 40.000 Montagnards auszurüsten und eine ausgedehnte Zone der irregulären Kriegsführung weit weg vom noch französisch beherrschten Delta des roten Flusses (Gebiet Haiphong - Hanoi) im Hochland von Tonkin einzurichten.

Die Viet Minh drehten aber den Spieß um. Durch massive Angriffe auf die schwachen aufständischen Kräfte lockten sie die Franzosen aus dem sicheren Delta: Die Franzosen bekamen frühzeitig Wind von den geplanten Viet Minh-Aktionen und richteten Dien Bien Phu als Wingateschen Stronghold ein. Dien Bien Phu war aber nicht Na San. Giap bekam von seinen chinesischen Verbündeten (die nach dem Ende des Koreakrieges ´53 reichlich Surplus-Material hatten)alles was er brauchte, um die Festung zu schleifen.

Persönliches Fazit: ich kann der Gedankenkette von Porch nicht folgen. Nach meinen Beobachtungen würden sich französische Offiziere eher die Ohren abschneiden, als ausgerechnet britischen Ratschlägen zu lauschen. Andere Parallelen als Lawrence und Wingate sind m.E. naheliegender: Romantische Helden à la Lawrence hatten die Franzosen beispielsweise in Nordafrika genug und in Dien Bien Phu würde ich selbst weder Stronghold noch Austerlitz als vielmehr die Maginot-Linie wieder erkennen.

Trotzdem ist der Artikel sehr interessant, insbesondere die Weiterung auf Na San und der Blick auf die Montagnards. Leider verzichtet Porch mindestens in diesem Artikel auf Quellenverweise, etwa Schriftverkehr französischer Offiziere. Die stehen möglicherweise in seinem Buch "Counterinsurgency: Origins, Development and Myths of the New Way of War".
 
Der Vergleich mit Wingate&Co erscheint abstrus, das sehe ich ähnlich.

Die französischen Absichten, bzw. die des Verantwortlichen Navarre, sind stark durch die vorlaufenden Kampagnen geprägt und sahen für Ende 1953/54 eine zweigeteilte Strategie zwischen Nord- und Südindochina vor. Trotz einiger Erfolge würde man es in der Kampagne 1953/54, die von frz. Seite vom VIet Minh erwartet wurde, mit einem halben Dutzend Divisionen zu tun haben. Die Ausrüstung wurde dabei sogar noch unterschätzt.

Dem Norden war dabei eine defensive Strategie zugedacht, wobei gleichzeitig mehrere VM-Divisionen angelockt und geschlagen werden sollten, um für 1954/55 erstmals wieder Offensivmöglichkeiten zu eröffnen.

Kern war dabei, dem weitgehenden Kontrollverlust im Nordwesten Nordvietnams entgegen zu wirken, und mit einem zentralen Defensivplatz den VM-Verbänden den Weg zum Mekong bzw. nach Laos hinein zu verlegen. Völlig richtig wurde angenommen, dass dieser Platz - für eine Schlacht in Nordvietnam - VM-Divisionen zwingend binden würde (da nach den Erfahrungen der VM-Vormarsch gegen Laos und den Mekong gerichtet sein würde - da lag man richtig).

Es folgten die Überlegungen, einen militärgeographisch geeigneten Ost auszuwählen, der mit den Kampagnenüberlegungen übereinstimmte, Blockadewirkung gegen den Mekong und Laos entfalten würde, und von der Luftwaffenunterstützung günstig liegt.

Die dabei entstandenen gravierenden Fehlkalkulationen (VM-Artillerie und Flak etc.) sind bekannt.

Kern war aber gerade nicht, einen verteilten Kleinkrieg a la Wingate zu führen, oder sich mit SEO-ähnlichen Kleineinheiten auf zahlreiche Scharmützel einzzulassen, sondern einen zentralen Schlachtort gegen die VM-Führung zu forcieren, und dort größere Verbände (in denen der VM 1951/53 aufgetreten war) erst zu binden, dann zu schlagen. Und das war eingebunden in eine gleichzeitige Offensivstrategie in Süden.

Die wesentliche Bedeutung des Faktors, dem VM den Weg zum Mekong zu verlegen, und Laos zu blockieren, war Navarre politisch vorgegeben. Man befürchtete hier politische Erschütterungen in Frankreich, nach dem durchwachsenen Verlauf des Kolonialkrieges, ein Signal des Vormarsches des VM und eine unhaltbare Situation, wenn sich der Krieg über Laos und den Mekong bis in den Süden massiv ausweitet.

Von Porch stammt auch die These, dass es bei der geographischen Wahl, Mekong und Laos eigentlich um die Kontrolle des Opiums gegangen sei. Wie oben dargestellt, gab es rationale militärisch-strategische Erwägungen, die damit nichts zu tun hatten.
 
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