Cassius Dio als Überlieferer älterer Quellen - seine Glaubwürdigkeit

Der Artikel in der "Welt" ist ja schon mal abschreckend genug. Da finden sich die üblichen unbelegten "Fakten" (Arminius als Geisel in Rom erzogen etc.); umso ärger, dass behauptet wird, die Dokumentation würde sich eng an die Quellen halten. Von einem "Unwetter von gigantischem Ausmaß" ist nicht einmal bei Cassius Dio die Rede. Hingegen lässt sich den Quellen entnehmen, dass es sehr wohl Überlebende der Schlacht gab. Dass Arminius die Aufklärungsabteilung kommandierte und die Römer wegen ihrer Desertion durch unwegsames Gelände ziehen mussten, und das mit den zurückgelassenen 70 Katapulten muss wohl in einer Quelle, die nur die Macher kennen, stehen.
 
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Der Artikel in der "Welt" ist ja schon mal abschreckend genug. Da finden sich die üblichen unbelegten "Fakten" (Arminius als Geisel in Rom erzogen etc.); umso ärger, dass behauptet wird, die Dokumentation würde sich eng an die Quellen halten. Von einem "Unwetter von gigantischem Ausmaß" ist nicht einmal bei Cassius Dio die Rede. Hingegen lässt sich den Quellen entnehmen, dass es sehr wohl Überlebende der Schlacht gab. Dass Arminius die Aufklärungsabteilung kommandierte und die Römer wegen ihrer Desertion durch unwegsames Gelände ziehen mussten, und das mit den zurückgelassenen 70 Katapulten muss wohl in einer Quelle, die nur die Macher kennen, stehen.

Das waren 200 Katapulte.

Quelle: die o. g. Dokumentation.

Die Dokumentation greift einiges an Mythen und Legenden zur Schlacht wieder auf, bei denen die Quellen sehr stark interpretiert werden müssen. Möglicherweise war Arminius Geisel bei den Römern, möglicherweise nicht.

Interessant fand ich zumindest die Darstellung, in denen die Römer erst einmal sich quasi den Weg freisägen mußten. Da ist natürlich auch der alte Topos, dass Germanien eine Art Urwald war und Roms Truppen im wahrsten Sinne des Wortes im Walde standen.
 
Das waren 200 Katapulte.

Quelle: die o. g. Dokumentation.

Meint ihr mit Katapulte Torsionsgeschuetze/Balliste? Weil mir wäre es schleierhaft warum die Römer an der Grenze zu Germanien Katapulte lagern/mitschleppen sollten, da in Germanien größere Städte zur Belagerung ganz klar Mangelware waren.
 
Vermutlich. Der lateinische Ausdruck catapulta bzw. das griechische katapeltes sind missverständlich; sie bezeichneten ursprünglich keine Steinschleudermaschinen, sondern eine Vorrichtung zum Verschießen von Bolzen.
 
Meint ihr mit Katapulte Torsionsgeschuetze/Balliste? Weil mir wäre es schleierhaft warum die Römer an der Grenze zu Germanien Katapulte lagern/mitschleppen sollten, da in Germanien größere Städte zur Belagerung ganz klar Mangelware waren.

Katapulte werden in den Quellen m. W. nicht erwähnt. Man kann allerdings davon ausgehen, dass diese zur Standardausrüstung einer römischen Legion gehörten, und deshalb waren auch die Varus-Legionen damit ausgestattet.
 
Vermutlich. Der lateinische Ausdruck catapulta bzw. das griechische katapeltes sind missverständlich; sie bezeichneten ursprünglich keine Steinschleudermaschinen, sondern eine Vorrichtung zum Verschießen von Bolzen.

Dankeschön, gut zu wissen. Macht dann natürlich Sinn.

Katapulte werden in den Quellen m. W. nicht erwähnt. Man kann allerdings davon ausgehen, dass diese zur Standardausrüstung einer römischen Legion gehörten, und deshalb waren auch die Varus-Legionen damit ausgestattet.

Das ist mir bekannt, jedoch die Rumschlepperei dieser, muss wirklich aufwendig gewesen sein, weil in geringer Stückzahl würde sich dieser Aufwand erst garnicht rentieren (vorallem in der Schlacht, Personal, Know-How, Instandsetzung, etc.). Flavius Josphus hat ja mW über die Belagerungstechniken der Römer eine Abhandlung hinterlassen.
 
Eine eigene Abhandlung nicht. Er erwähnt aber Geschütze in seiner Geschichte des "Jüdischen Krieges".
 
Katapulte werden in den Quellen m. W. nicht erwähnt. Man kann allerdings davon ausgehen, dass diese zur Standardausrüstung einer römischen Legion gehörten, und deshalb waren auch die Varus-Legionen damit ausgestattet.

Vorsicht ... nur weil Vegetius was von 60 (?) mobilen Geschützen je Legion schreibt (er schreibt ja viel, wenn der Tag lang ist) und wir auf der Trajansäule im 2ten Jhdt. carroballista abgebildet sehen, und es auch wenige Funde von kleineren Geschützen aus dem frühen 1. Jhdt. gibt, muß das nicht heissen, daß 9 AD mobile Geschütze bereits zur Standardausstattung einer Legion gehörten.

Josephus schreibt wohl etwas über kleinere Geschütze, die Mauerkronen unter Beschuß nehmen, also keine reinen Belagerungsgeschütze. Aber das war lange Zeit später, als sich bereits sehr Vieles geändert hatte in der römischen Armee.
 
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Im letzten Kapitel des 2. Buches schreibt Vegetius von 55 carroballistae und 10 onagri pro Legion.
 
Im letzten Kapitel des 2. Buches schreibt Vegetius von 55 carroballistae und 10 onagri pro Legion.

Danke.

Ich hatte noch 1 Ballista pro Centuria im Kopf. Aber bei Vegetius hat ja eine Centurie 111 Mann und 5 bilden eine Kohorte. Da eine solche grundlegende Reform, sonst nirgends erwähnt wird, mache ich auch hinter die Geschütze ein großes Fragezeichen. Wobei bei Vegetius "die alten Legionen" irgendwas zwischen Augustus und Diokletian bedeuten kann. Auf Varus können wir ausgehend von Vegetius kaum ernsthaft schließen.
 
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Vieleicht mal unabhängig von der elenden Varusfrage:

Im Fundspektrum von Kalkriese (und dort waren ja Römer anwesend) finden sich auch entsprechende Geschosse solcher Katapulte. Somit kann man wohl davon ausgehen, daß zumindest größere Abteilungen mit solchen auch ausgestattet waren.
 
Vieleicht mal unabhängig von der elenden Varusfrage:

Im Fundspektrum von Kalkriese (und dort waren ja Römer anwesend) finden sich auch entsprechende Geschosse solcher Katapulte. Somit kann man wohl davon ausgehen, daß zumindest größere Abteilungen mit solchen auch ausgestattet waren.
@salvus

Das man Geschosse von Katapulten oder jedwede andere Munition in Kalkriese gefunden hat ist mir nun aber neu...- habe ich da was verpasst oder Du etwas verpeilt?
 
@salvus

Das man Geschosse von Katapulten oder jedwede andere Munition in Kalkriese gefunden hat ist mir nun aber neu...- habe ich da was verpasst oder Du etwas verpeilt?

Ich habe da eigentlich nichts verpeilt. Man hat in Kalkriese solche Geschossspitzen gefunden - zwar wenige, aber sie finden sich im Fundmaterial.
Vergl. hierzu:
2000 Jahre Varusschlacht, Band Konflkt - Kalkriese und die Varusschlacht
Seite 58 Abb. 3 bzw. "Die Flur Oberesch: Das Fundmaterial"
 
Im Fundspektrum von Kalkriese (und dort waren ja Römer anwesend) finden sich auch entsprechende Geschosse solcher Katapulte.

Sind das unzweifelhaft Katapultbolzen, und wenn ja in welcher Menge?
Am Harzhorn über 200 Jahre später ist die Fundlage ziemlich eindeutig. Kalkriese soll ja weit weniger üppig ausfallen.

Somit kann man wohl davon ausgehen, daß zumindest größere Abteilungen mit solchen auch ausgestattet waren.

Auf Basis solch mutiger Schlußfolgerungen wurden schon oft über Jahrhunderte hinweg historische "Fakten" geschaffen, die selbst von den renommiertesten Historikern immer und immer wieder kritiklos abgeschrieben wurden.
 
Wenn ich mich recht entsinne, wird in der Forschung (bei Baltrusch oder Harnecker, da bin ich nicht mehr ganz sicher) tatsächlich davon ausgegangen, dass die Römer auch größere Ballisten einsetzten, weil man die entsprechende Munition gefunden hat. Das spräche dann schon für die Möglichkeit, dass man diese beim Rückzug zurückgelassen haben könnte.
 
@salvus

das Buch habe ich nicht. Habe aber das gefunden.
Thema : Das Phänomen Varusschlacht : Schlachtfelder in der archäologischen Überlieferung ? die Fallstudie Kalkriese : Seite 2

Da ist immerhin mal ein Bolzen. Aber keine Katapultmuni. Der Bolzen wurde sicherlich mit einem Skorpion verschossen. Skorpione konnte man noch reltiv leicht transportieren und sie wurde gegen Personal eingesetzt nicht gegen Befestigungen.
Balliste ? Wikipedia

Vielen Dank für den Link.
Dies entspricht meinen Erkenntnissen. In der von mir genannten Quelle ist von Geschossspitzen die Rede. Die Abbildung ist deckungsgleich mit dem von dir genannten Link. Ob es sich um ein Katapultgeschoss oder aber um Munition für einen Scorpio handelt, entzieht sich meiner Kenntnis.
 
Skorpion müßte schon hinhauen. Mit Katapulten wurden nur Steine und ev. Brandgeschosse verschossen.
 
Cassius Dio

Wie glaubwürdig Cassius Dio sein mag hängt auch von seinen benutzten Quellen ab. Sein Werk umfasst eine extrem lange Zeit, müsste also auf unterschiedlichen Quellen fußen. Ich denke an Bleckmanns spannenden Versuch anhand von Quellenkritik Cassus Dio (Starb Ende des 3.Jhts.) als Quelle für den Ersten Karthagischen Krieg neu zu gewichten. Die Schwierigkeiten werden in der Rezension angesprochen. Das Werk ist imho durchaus lesenswert.

B. Bleckmann: Nobilität im Ersten Punischen Krieg | H-Soz-Kult

...auch wenn man Bleckmann in seiner Analyse vollkommen zustimmen möchte, bliebe die Frage der Überlieferung bei Cassius Dio im Kontext der Varusschlacht davon unberührt. Die übrigen Quellen zur Varusschlacht sind so dispart, dass es zu wenige Übereinstimmungen gibt, um den Ablauf (gemeinsam mit den anderen Autoren) einigermaßen sicher rekonstruieren zu können.
 
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