Osiris-Mythos

Zudem wird Adam eben nicht kastriert. An der Stelle steht:
ויפל יהוה אלהים תרדמה על־האדם ויישן ויקח אחת מצלעתיו ויסגר בשר תחתנה׃
Dieses מצלעתיו lässt sich segmentieren in die Bestandteil מן (min, 'aus, von'), הַ (ha, Artikel), dem Lexem צלע, welches - wie seine semitischen Cognaten - 'Rippe' oder 'Seite' bedeutet, dem femininen Pluralmorphem ות-, hier, für den Pentateuch typisch in defektiver Schreibweiseund dem Possesivpronomen für seine, יו ayo. Das /n/ der Präposition min und das ha des Artikels werden kontrahiert, das ha verändert nur noch die Vokalisierung des Wortes und übrig bleibt "aus seinen Rippen". Man könnte auch "aus seinen Seiten" übersetzen, dann müsste man aber unterstellen, dass Adam mindestens drei Seiten hatte, weil hier der Plural, nicht der Dual verwendet wird. Unterstellen wir, dass die Verfasser dieses Textes sich Adam als ganz normalen, normal bestückten Mann vorstellten, dann ergibt eigentlich nur die Rippe einen Sinn.
 
Mir ging es bei dem Bogen nur um den angeführten Bezug von Aphrodite und Mesopotamien, wobei schon Ravenik auf die zwei Geburtsversionen hingewiesen hat, die mW bei Platon dazu führen, zwei unterschiedliche Aphrodite anzunehmen (auch wegen der aus den Geburtsgeschichten resultierenden unterschiedlichen "Rängen" im Pantheon).

Der beleglose Bezug zur biblischen Adam-Geschichte stammt von Chan.
 
(Vorbemerkung: An mich gerichtete ´kritische´ Beiträge, in denen schon auf den ersten Blick auffallend emotional ´argumentiert´ wird, nehme ich nicht zur Kenntnis. In solchen Fällen neige ich dazu, auch weitere an mich gerichtete Beiträge dieser User eine Zeitlang zu ignorieren, also erst gar nicht zu lesen. Ich bitte dafür um Verständnis. Wenn ich auf einen Artikel nicht antworte, heißt das aber nicht automatisch, dass dieser User zu dieser Kategorie gehört.)

Was Apophis betrifft, finde ich die Stelle in meinem Archiv, die seine (hypothetische) frühere Weiblichkeit behandelt, immer noch nicht. Allerdings habe ich herausgefunden, dass eine Ägyptologin die Apophis-Schlange definitiv als weiblich bezeichnet. Vielleicht kann ich das per Email mit ihr im Detail abklären (einen Mailaustausch hatten wir bereits).

Bis dahin sehe ich das mit Apophis so:

„Er" ist als die Figur, als die er im Apophis-vs.-Re-Mythos des Neuen Reichs auftritt, von vornherein männlich (die politischen Gründe dafür nannte ich in meiner gestrigen Antwort an Muspilli), stellt aber unter seinem Aspekt als Chaosschlange ein Derivat des älteren Typs weiblicher Chaosschlangen dar, wie sie z.B. im Ogdoad-Mythos des Alten Reichs erscheinen. Diese Chaosschlangen repräsentieren den Urzustand der Welt, bevor aus ihnen - und ihren Partnern, den Froschgöttern - der Herrschergott Atum hervorgeht, sie sind also nicht "böse", sondern Derivate der archaischen, oft mit Schlangen assoziierten Urmutter-Göttin. Bekanntlich ist auch Gaia, die griechische Ur- und Erdmutter, die Göttin des Chaos, d.h. des Urzustandes. Bei Apophis tritt, insofern er gegen den Herrschergott Re kämpft, ein aktives Schaden-Wollen hinzu, also jener triviale Aspekt der Schlange, der sich ihrer natürlichen Gefährlichkeit für den Menschen verdankt. Objektiv gesehen, ist Apophis aber auch als Feind des Re nicht "böse", sofern er einfach nur die Gegner des Pharao verkörpert, also die Gegner eines Autokraten, dessen Macht und Reichtum sich einzig der ökonomischen Ausbeutung des allergrößten Teils der Bevölkerung verdankt. Die dem Pharao dienende Priesterschaft schuf den Apophis-Mythos als eine religiöse Ideologie (im Marx´schen Sinne), um eine Analogie zwischen Pharao und politischen Feinden einerseits und Sonnengott und Schlangenmonster andererseits herzustellen und so die Fiktion zu erzeugen, dass jeder Gegner des Pharaos "böse" ist, weil er die Harmonie der Welt destabilisiert, so wie das Schlangenmonster den Kreislauf der lebenerzeugenden Sonne und damit die Stabilität der Welt gefährdet, denn würde Re besiegt, ginge die Sonne nicht mehr auf und die Weltharmonie bräche zusammen. Selbstredend war der Glaube an die lebenstiftende Macht der Sonne aber nicht per se politisch, sondern wurde nur politisch instrumentalisiert.

Fazit:

Was meiner Meinung nach nicht bezweifelt werden kann, ist die ideelle Abkunft der Chaosschlange (sowohl im Ogdoad-Mythos als auch im Apophis-Mythos) von der archaischen Idee einer mit Schlangen assoziierten Erdgöttin.

PS. Die Python-Schlange hat in der griechischen Mythologie übrigens einen gender change absolviert. In der frühesten Version des Mythos (Homer) ist sie weiblich, in späteren Versionen männlich. Ähnlich wie im ägyptischen Mythos um Re vs. Apophis ist auch im griechischen Mythos ein Sonnengott (Apollo) der Gegner der Finsternis und Chaos repräsentierenden Schlange. Auf einen anderen göttlichen gender change (bei Ischtar) weise ich im folgenden Beitrag hin.
 
Der beleglose Bezug zur biblischen Adam-Geschichte stammt von Chan.

Diesen Bezug werde ich die Tage noch näher thematisieren, er wird u.a. von zwei bekannten Psychoanalytikern hergestellt. Dass das Thema hier ein Burner wird, damit habe ich von vornherein gerechnet...

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(Auf aktuelle Antworten an mich gehe ich aus Zeitmangel heute nicht ein, sondern erst in 2 Tagen. Ich bitte dafür um Verständnis)

Es scheint Unklarheit über meine Aussagen über die "Negativierung des Weiblichen" in der Religionsgeschichte zu bestehen, obwohl ich Hinweise auf wichtige Stationen dieses Prozesses gab (= Ischtar im Gilgamesch-Epos, Tiamat im Enuma-Elish-Mythos, Eva im Genesis-Mythos). Ich versuche das nachstehend zu klären.

Ich gehe in diesem Beitrag nur auf einige wichtige Stationen des Prozesses im mesopotamischen Bereich ein, die direkt oder indirekt Einfluss auf die israelitische Theologie hatten, vermittelt über das Studium babylonischer Literatur durch exilisch-israelitische Priester im Babylon des 6. Jh. BCE. Auf die Entwicklung in der ägyptischen Religionsgeschichte, die deutlich weniger göttinnenfeindlich als die mesopotamische war, aber dennoch wichtige Beiträge zur Entwertung der Göttin leistete (vor allem in der Amun- und Ptah-Theologie), gehe ich in einem gesonderten Beitrag ein, mit dem in den nächsten 2 Tagen zu rechnen ist. Auf diese Weise nähern wir uns wieder mehr dem ägyptischen Thema des Threads an.

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Unter "Negativierung des Weiblichen" ist zum einen die "Dämonisierung des Weiblichen" zu verstehen, zum andern aber auch die Entwertung des Weiblichen, also der Statusverlust wichtiger Göttinnen innerhalb der diversen Götterhierarchien. In diesem Fall wird nicht der moralische Wert der Göttin, sondern ihr hierarchischer Status "negiert", d.h. sie wird degradiert.

Beispiele:

Entwertung Inannas

Die Fruchtbarkeits- und Himmelsgöttin Inanna (belegt ab Ende des 4. Jt. BCE) war in der sumerischen Mythologie zunächst vaterlos, d.h. es stand hierarchisch kein Gott über ihr, auch kein genealogischer Vater. Als einzige Gottheit hatte sie in allen großen sumerischen Städten Tempel, was ihre überragende Bedeutung belegt. Ab 2700 BCE erscheint in der sumerischen Mythologie erstmals der Himmelsgott An als gleichwertig neben Inanna, der später ihr Vater wird und noch später ihr Großvater. In anderen Mythen wird der Mondgott Nanna ihr Vater. All das ist eine Degradierung und Entwertung mit den Mitteln mythologischer Genealogie. Der Name "An" ist ungewöhnlich, er bedeutet nur "Himmel", aber nicht "Herr des Himmels", ihm fehlt also das Partikel "En" = Herr, das andere Hochgötternamen wie Enlil (= Herr des Windes) und Enki (= Herr der Erde) aufweisen. Die Vermutung liegt nahe, dass An ein nicht historisch gewachsenes Kunstprodukt ist, von Priestern ad hoc geschaffen, um Inannas Herrschaft über den Himmel (Nin.Anna = Herrin des Himmels) zunächst einzuschränken und dann zu übernehmen.

Dämonisierung Inannas

"Dämonisierung" ist hier doppelt zu verstehen, zum einen als Zuschreibung kriegerischer Attribute, zum andern als Zuschreibung amoralischer Attribute. Beides widerspricht der ursprünglichen Charakterisierung der Inanna als friedlich und ´gut´.

Kriegerische, ja blutrünstige Aspekte erhielt Inanna, als sich der akkadische Usurpator Sargon um 2300 zum Herrscher über die sumerischen Stadtstaaten aufschwang und das erste Großreich der Geschichte schuf. Der Warlord Sargon konnte aufgrund der pan-sumerischen Beliebtheit Inannas auf diese Göttin nicht verzichten, brauchte sie aber (auch) als Kriegsgöttin, also sorgte er dafür, dass die blutrünstige akkadische Kriegsgöttin Ischtar mit Inanna mythologisch ´verschmolzen´ wurde. Übrigens war diese Ischtar, und das ist mehr als nur eine Hypothese, ursprünglich ein männlicher Kriegsgott (Eschtar), ist also ein prominentes Beispiel für den gender change einer Gottheit (in diesem Fall von männlich zu weiblich). Dafür sprechen vor allem Namen aus dieser Zeit ("Eschtar ist mein Krieger" und "Eschtar ist mein Held"). Durch ihre Angleichung an Ischtar adaptierte die friedliche und lebenstiftende Inanna kriegerische Attribute und wurde schließlich ganz zu ´Ischtar´, einer Mischung aus Himmels-, Fruchtbarkeits- und Kriegsgöttin. Darin zeigt sich auch eine Maskulinisierung des Weiblichen, denn Kriegsführung war eine Angelegenheit und Erfindung der Männer (ab dem 5. Jt. BCE).

Inanna/Ischtars moralische Entwertung äußert sich literarisch im neubabylonischen Gilgamesch-Epos, von dem Fragmente aus der Zeit um 1800 BCE überliefert sind und das in seiner vollständigen Fassung seit 1100 vorliegt. Die Handlung wird in die Zeit des halbmythischen Gilgamesch zurückprojiziert (König von Uruk um 2700), spiegelt aber die geistige Haltung des späten 2. Jt. wieder. In ihr weist Gilgamesch die sexuellen Avancen der Göttin Ischtar brüsk zurück und beschimpft sie u.a. als treulose Hure, die es es schon mit vielen Männern getrieben habe, nur um sie ins Verderben zu stürzen. Ein solches Verhalten wäre im 3. Jt. BCE wegen der hohen Wertschätzung der Inanna bzw. Ischtar völlig ausgeschlossen gewesen. Sinn dieser Darstellung im Epos war die Stärkung der Position des Königsgottes Marduk im neubabylonischen Pantheon, deren Autarkie gefährdet wäre, hätte sich Gilgamesch (der mythische Repräsentant des neubabylonischen Königs) mit der Göttin eingelassen, d.h. der König brauchte, anders als die Könige des 2. Jts., die Göttin nicht, um seine Herrschaft zu legitimieren, seine Bindung an Marduk war ausreichend und Marduk also mächtig genug, um königliche Herrschaft von sich aus zu legitimieren.

Dämonisierung und Entwertung Tiamats im Enuma-Elisch-Epos

Das Epos "Enuma Elish" war ein bedeutender "heiliger Text", der vemutlich um 1200 BCE in Babylon entstand und jährlich auszugsweise beim wichtigsten religiösen Fest Babylons, dem Aikutu (Neujahrsfest), im Marduk-Tempel rezitiert wurde. Der Text schildert u.a. die brutale Tötung der Urmutter-Göttin Tiamat durch den Kriegergott Marduk, die aus den beiden Hälften der von ihm zerrissenen Tiamat Himmel und Erde erschafft. Auffallend ist, dass Tiamat, eine Ableitung der alten sumerischen Muttergöttin Nammu, als schlangenartiges Monster charakterisiert wird, also definitiv als Ungeheuer, dabei aber ihre Züge als Mutter aller Götter beibehält (die sie tötende Marduk gehört zu ihren Nachkommen). Die Grundaussage besteht darin, dass die Muttergöttin (als Schlange wohlgemerkt) das Chaos repräsentiert, das vernichtet werden muss, damit eine Welt- bzw. Staatsordnung hergestellt werden kann. Diese Aufgabe erledigt Marduk, der Herrschergott, des neubabylonischen Pantheons, mithilfe seiner Keule und kräftiger Fußtritte.

Auffallend sind die Parallelen zum älteren ägyptischen Mythos um Re und Apophis, wobei Marduk die Eigenschaften von Re und Seth in sich vereint - er ist zugleich Herrscher der Welt und Sieger über die Chaosschlange.
 
Diesen Bezug werde ich die Tage noch näher thematisieren, er wird u.a. von zwei bekannten Psychoanalytikern hergestellt.

Die mögen ja noch so bekannt sein (du hältst sie jedenfalls vehement geheim), aber offenbar war ihnen egal, dass die genannte Vokabel 'Seite' oder 'Rippe' bedeutet, im Plural steht und somit sowohl von lexikalischer als auch numeralischer Seite eine Übersetzung oder Interpretation als Phallus unstimmig ist. Es sei denn natürlich, man unterstellt - wie ich oben bereits schrieb - eine Vorstellung, dass der als 'Mensch' (Adam) vorgestellte in der Vorstellung der Verfasser eben nicht wie ein Mensch aussah und mehrere (und zwar mindestens drei) Phalloi hatte. Dann wäre unter Zuhilfename mehrerer Hilfshypothesen :pfeif: wenigstens das Numerusproblem "gelöst". Das lexikalische allerdings noch nicht.
 
Warum sollte der Schöpfergott seine Schöpfung, von der Er sagt, sie sei gut, symbolisch kastrieren? Der arme einsame Adam sollte doch nur eine Gefährtin bekommen...

Das Zerstörende und gleichzeitig vorbereitete Werdende haben wir doch bei Noah...

So langsam werde ich konfus... die Bibel scheint auch nicht mehr das zu sein, was sie mal war... ... ... ...
 
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Dann wäre unter Zuhilfename mehrerer Hilfshypothesen :pfeif: wenigstens das Numerusproblem "gelöst". Das lexikalische allerdings noch nicht.
Ist doch schnurz, ob Rippen, Fortpflanzungsorgane oder was auch immer... oder eben nicht schnurz, Fortpflanzungsorgane lassen einen viel größeren Spielraum für Spekulationen, Rippen sind da etwas doof... =)

(Nebenbei und in Klammern bemerkt: Ein menschenähnliches Geschöpf, das in Brustkorbhöhe mindestens einen Phallus aufweist, hätte schon die damaligen Menschen zu künstlerischer Darstellung gereizt... mir ist aber nichts in der Richtung bekannt... ... ...)
 
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Unter "Negativierung des Weiblichen" ist zum einen die "Dämonisierung des Weiblichen" zu verstehen, zum andern aber auch die Entwertung des Weiblichen, also der Statusverlust wichtiger Göttinnen innerhalb der diversen Götterhierarchien. In diesem Fall wird nicht der moralische Wert der Göttin, sondern ihr hierarchischer Status "negiert", d.h. sie wird degradiert.

Ich finde, was du hier so ausführlich darlegst, ist eine überdehnte Interpretation. Wenn es wirklich einen solchen Abstieg in der Akzeptanz des Weiblichen gab, so müssen ja in der vorangegangenen Epoche paradiesische Zustände für die Frauen geherrscht haben.

Aber welche Epoche soll das denn gewesen sein?
 
Ehrlich gesagt wenn ich Götter mit Schlangen assozieren würde, würde ich eher männliche damit assozieren. Immerhin gibt es gewisse Ähnlichkeit zwischen dem menschlichen Glied und einer Schlange.

Hatten wir das vorindoeuropäische Matriachate schon und du hast dich aus der Diskussion ausgeklingt. Ohne meine Fragen irgendwie zu beantworten.
 
Ist doch schnurz, ob Rippen, Fortpflanzungsorgane oder was auch immer... oder eben nicht schnurz, Fortpflanzungsorgane lassen einen viel größeren Spielraum für Spekulationen, Rippen sind da etwas doof... =)

:rofl:

Den Eindruck habe ich auch.

Seeschlange, Kobra, alles schnurz, Hauptsache Schlange. Einmalige Entmannung im Totenkult, Entmannung im Geburtsmythos, das reicht für Spekulationen.:D

Das Schöne ist ja, dass man für alles im Schmelztopf über Jahrtausende irgendeinen Bezug findet und jede Theorie bestätigt findet. Und über allem schwebt der dämonische Geist der Maskulinisierung des Weiblichen, sozusagen der antike Megatrend zum Androgynen.
 
... der antike Megatrend zum Androgynen.
Das klingt nach einem Thema für eine Doktorarbeit:

Der antike Megatrend zum Androgynen unter besonderer Berücksichtigung prätranssexueller Ausprägungen in der Schlangenmythologie des vorderen und mittleren Orients und der Antizipation möglicher Auswirkungen auf die Moderne durch die antike orientalische Beeinflussung der griechisch-römischen Götterwelt

Es sollten dringend Forschungsgelder bereitgestellt werden.
 
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Sinn dieser Darstellung im Epos war die Stärkung der Position des Königsgottes Marduk im neubabylonischen Pantheon, deren Autarkie gefährdet wäre, hätte sich Gilgamesch (der mythische Repräsentant des neubabylonischen Königs) mit der Göttin eingelassen, d.h. der König brauchte, anders als die Könige des 2. Jts., die Göttin nicht, um seine Herrschaft zu legitimieren, seine Bindung an Marduk war ausreichend und Marduk also mächtig genug, um königliche Herrschaft von sich aus zu legitimieren.

Hier muss es natürlich heißen: "anders als die Könige des 3. Jts.,...". Sorry für den Tippfehler.

Warum sollte der Schöpfergott seine Schöpfung, von der Er sagt, sie sei gut, symbolisch kastrieren? Der arme einsame Adam sollte doch nur eine Gefährtin bekommen...

Einige Psychoanalytiker sehen das komplexer. Die Angelegenheit sollte aus psychoanalytischer Sicht jedenfalls so betrachtet werden, wie die Psychoanalyse die Dinge nun einmal betrachtet: nicht vordergründig auf der manifesten Textebene, sondern hintergründig den Gesamtkontext einbeziehend, d.h. den religionswissenschaftlichen Hintergrund der jüdischen Mythologisierung des Schöpfungsprozesses. Der Genesistext ist nun einmal das Phantasieprodukt von Menschen (die israelitischen Priesterautoren im exilischen Babylon) und damit, wie jedes Phantasieprodukt, den assoziativen Mechanismen des Unbewussten unterworfen.

Freud und in seiner Nachfolge Lacan hielten den Kastrationskomplex und damit die Kastrationsangst für einen fundamentalen Faktor im unbewussten Denken, basierend auf der Angst des Sohnes vor der väterlichen Macht. Diese Angst steht für Freud im Zusammenhang mit dem ödipalen Wunsch des Sohnes, die Mutter zu besitzen, wobei der Vater als Rivale um die Gunst der Mutter dasteht. Im Falle der Genesisgeschichte ist eine solche Situation in nuce gegeben: Jahwe als Vatergott, Eva als vermenschlichte Muttergöttin (was ihr Name und ihr Titel in Gen 3,20 klar indizieren) und der Sohn (Adam). Diese Betrachtungsweise liest allerdings schon zwischen den Zeilen, der manifeste Text macht aus Eva ein menschliches Derivat des Adam.

Zugleich enthält dieser Text aber auch Spuren des Verdrängten, d.h. der Verdrängung der Muttergöttin aus der Theologie, eben in Gestalt des eingestreuten Epithetons "Mutter alles Lebendigen" und darüber hinaus, nicht minder deutlich, in Gestalt des Namens der Eva (Hawwa), der zum einen "Schlange" bedeutet (das traditionelle Muttergöttinsymbol) und zum andern auch der Name einer semitischen Fruchtbarkeitsgöttin ist - also ein klassischer Fall von ´Wiederkehr des Verdrängten´.

Ich belasse es hier bei diesen Andeutungen. In die eigentlichen argumentativen Details gehe ich in 2 oder 3 Tagen unter Bezugnahme auf die Analysen zweier bekannter Psychoanalytiker.
 
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Einige Psychoanalytiker sehen das komplexer. Die Angelegenheit sollte aus psychoanalytischer Sicht jedenfalls so betrachtet werden, wie die Psychoanalyse die Dinge nun einmal betrachtet: nicht vordergründig auf der manifesten Textebene, sondern hintergründig den Gesamtkontext einbeziehend, d.h. den religionswissenschaftlichen Hintergrund der jüdischen Mythologisierung des Schöpfungsprozesses. Der Genesistext ist nun einmal das Phantasieprodukt von Menschen (die israelitischen Priesterautoren im exilischen Babylon) und damit, wie jedes Phantasieprodukt, den assoziativen Mechanismen des Unbewussten unterworfen.

Der Originaltext verwendet aber nun mal das Wort für Rippe/Seite in der Mehrzahl (Plural, d.h. mindestens 3, da es in semitischen Sprachen für die Zweiheit den Dual gibt). Da muss man schon lexikalisch und numeralisch tricksen, um da noch eine Deutung á la Phallus herauszubekommen. Das ist nicht Psychoanalyse sondern Scharlatanerie.
 
Freud und in seiner Nachfolge Lacan hielten den Kastrationskomplex und damit die Kastrationsangst für einen fundamentalen Faktor im unbewussten Denken, basierend auf der Angst des Sohnes vor der väterlichen Macht. Diese Angst steht für Freud im Zusammenhang mit dem ödipalen Wunsch des Sohnes, die Mutter zu besitzen, wobei der Vater als Rivale um die Gunst der Mutter dasteht. Im Falle der Genesisgeschichte ist eine solche Situation in nuce gegeben: Jahwe als Vatergott, Eva als vermenschlichte Muttergöttin (was ihr Name und ihr Titel in Gen 3,20 klar indizieren) und der Sohn (Adam). Diese Betrachtungsweise liest allerdings schon zwischen den Zeilen, der manifeste Text macht aus Eva ein menschliches Derivat des Adam.
1. Nun gibt es ja auch noch die Möglichkeit, den ödipalen Wunsch zu überwinden, was ein gesunder erwachsener Mann geschafft haben sollte. Demnach müsste Eva, Adams Frau, ähnliche Züge wie die Mutter aufweisen. Die ganze Sache hat nur einen Haken: Adam und Eva sind geschaffen, nicht gezeugt. Zudem würde ich Adam nicht die mangelnde Überwindung des Ödipuskomplexes unterstellen. (Folgendes ist nicht ganz ernst gemeint ;) : Das einzige, was vielleicht etwas dämlich war? Er hat auf Eva gehört und den blöden Apfel/die blöde Feige oder was auch immer gegessen. Und schon war die Misere da. Aus und vorbei mit dem Paradeise. Das reicht doch wohl an Ärgernis, muss nicht auch noch eine kaputte Psyche dazukommen. :winke:)

2. Eva wird nicht losgelöst von Adam als Derivat gesehen. Adam und Eva sind als Einheit gedacht, was ich hier aber nicht weiter vertiefe, weil ich im Geschichtsforum und nicht in einem Theologieforum schreibe.

3. EQ hat schon mehrfach darauf hingewiesen: Es handelt sich hier um Rippen und nicht um verirrte Phalloi. Und schon Erich Fromm ist mit der Kastrationsangst anders umgegangen, von den Gegnern der Psychoanalyse einmal abgesehen. Und selbst Altvater Freud hat eine Zigarre immer noch als Zigarre gelten lassen. Da erwarte ich von Dir, werter Chan, dass Rippen Rippen bleiben. Auch hier lasse ich mich nicht weiter aus, weil ich im GF und nicht in einem Psychologieforum schreibe.
 
Einige Psychoanalytiker sehen das komplexer. Die Angelegenheit sollte aus psychoanalytischer Sicht jedenfalls so betrachtet werden, wie die Psychoanalyse die Dinge nun einmal betrachtet:
"Die Psychoanalyse" gibt es nicht, es gibt neben der Psychodynamik Freuds und seiner Schüler, eine Vielzahl an wissenschaftlich mal mehr und mal weniger gut fundierten methodischen oder therapeutischen Ansätzen, die alles andere als singulär oder gar widerspruchsfrei sind.

Freud und in seiner Nachfolge Lacan
Weder Sigmund Freud noch Jacques Lacan arbeiteten psychologisch-wissenschaftlich, daher ist bei ihren Theorien Vorsicht geboten: es sind nur Theorien, die sich, insbesondere bei Lacan, einer wissenschaftlichen Überprüfung entziehen. Seine einschlägigen Arbeiten sind, flapsig gesagt, nichts weiter als Textinterpretation.
Freuds Psychodynamik des Unbewussten war zu seiner Zeit richtungsweisend für die Psychologie, sollte aber heutzutage wirklich nicht mehr überbewertet und vor allem nicht überinterpretiert werden.

Ich belasse es hier bei diesen Andeutungen. In die eigentlichen argumentativen Details gehe ich in 2 oder 3 Tagen unter Bezugnahme auf die Analysen zweier bekannter Psychoanalytiker.
Ich bin gespannt, deine bisherigen Andeutungen klingen mehr nach hermeneutischer Allegorese, denn nach psychologischem Fundament.
 
Ich schrieb:

Unter "Negativierung des Weiblichen" ist zum einen die "Dämonisierung des Weiblichen" zu verstehen, zum andern aber auch die Entwertung des Weiblichen, also der Statusverlust wichtiger Göttinnen innerhalb der diversen Götterhierarchien. In diesem Fall wird nicht der moralische Wert der Göttin, sondern ihr hierarchischer Status "negiert", d.h. sie wird degradiert.

Dazu du:

Ich finde, was du hier so ausführlich darlegst, ist eine überdehnte Interpretation. Wenn es wirklich einen solchen Abstieg in der Akzeptanz des Weiblichen gab, so müssen ja in der vorangegangenen Epoche paradiesische Zustände für die Frauen geherrscht haben.

Aber welche Epoche soll das denn gewesen sein?

Ich meine aber doch, einige Belege für die Abwertung der Frau im theologischen Denken Mesopotamiens geliefert zu haben. Immerhin beziehen sich diese Belege auf zentrale Göttinnen und wichtige religiöse Schriften. Der damit dokumentierte Abwertungsprozess lässt sich nicht leugnen. Auch die soziale Stellung der Frau kam in Mesopotamien immer mehr unter die Räder. Unter Hammurabi war es einer Frau bei Todesstrafe (Ertränken) verboten, ihrem Ehemann den Sex zu verweigern. Das war neu. 700 Jahre vorher durfte ein Ehemann seiner Frau die Zähne einschlagen, wenn sie etwas sagte, das ihm nicht passte. Da diese Praktiken durch jeweils neue Gesetze legal wurden, bedeutet das, dass sie vorher nicht legal waren, was auf eine fortschreitende Verschlechterung der juristischen Lage der Frau hinweist. Im 3. Jt. durfte eine Frau sich allerdings noch aus eigener Entscheidung von ihrem Mann scheiden lassen, ohne dass dieser umgekehrt sie ´sitzen´ lassen durfte. Im 2. Jt. aber, unter Hammurabi, kehrte sich das um: Der Mann durfte sich nach Belieben scheiden lassen, während der Frau dieses Recht stark beschnitten wurden. Tötete ein Mann im 3. Jt. eine nicht-adlige Frau, wurde er hingerichtet. Unter Hammurabi im 2. Jt. musste er in diesem Fall nur eine Geldstrafe zahlen. Auch wenn er eine Adlige tötete, musste er nicht sterben, sondern als Strafe "nur" seine eigene Tochter töten. Frauen durften zudem bis zu 3 Jahre lang als Sklaven gepfändet werden, um finanzielle Schulden des Mannes zu kompensieren. Diese Praxis wie auch alle anderen genannten repressiven Praktiken haben unmöglich ´schon immer´ bestanden, sie sind eindeutig Stationen eines historischen Abwertungsprozesses, der in der monotheistischen Theorie und Praxis gipfelte.

Noch um 3000 BCE wurden die sumerischen Tempel ausschließlich von Frauen (Priesterinnen) verwaltet, was ihnen auch eine große ökonomische Macht einräumte, da die Tempel das Zentrum der städtischen Ökonomie waren. Ein- und zweitausend Jahre später war das längst in die Hände der männlichen Könige übergegangen.

Noch um 2300 hatte eine Frau (Enheduanna) das mächtigste Priesteramt im akkadischen Reich inne - in späteren Zeiten absolut undenkbar.

Ein alter Innana-Mythos (Die Heirat des Dumuzi) legt nahe, dass in vorschriftlicher Zeit, vielleicht noch im 4. Jt., ein Mann nicht den Vater seiner Geliebten, sondern ihre Mutter um Erlaubnis für die Heirat ihrer Tochter fragen musste (Dumuzi hält bei Inannas Mutter Ningal um die Hand ihrer Tochter an / Inannas Vater spielt überhaupt keine Rolle dabei). Das ist ein (mythologisch indizierter) Beleg für prä-patriarchalische, also matrifokale Regeln bei der Paarbildung. Dass Harald Haarmann Mythen als indirekte historische Informationsquelle akzeptiert und diesem Thema sogar ein ganzes (neues) Buch widmet, haben wir beide ja kürzlich besprochen.

Schließlich gipfelte der Abwertungs-Prozess (auch infolge der Entwicklung in der ägyptischen Theologie, auf die ich noch gesondert eingehen werde) im strikt maskulin-monotheistischen Denken der Israeliten/Juden, wo ´die Frau´ weder als Göttin symbolisiert wurde noch als Priesterin tätig sein durfte, sondern auf eine dem Mann strikt untergeordnete soziale Rolle beschränkt war.
 
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Unter Hammurabi war es einer Frau bei Todesstrafe (Ertränken) verboten, ihrem Ehemann den Sex zu verweigern. Das war neu.

Diesel Passus finde ich nicht, wohl aber, dass Ehebrecher (und zwar beide) ertränkt werden sollen, der Mann jedoch das Recht hat, die Frau zu begnadigen. Ansonsten wird zwar Gewalt gegen Frauen thematisiert, aber als Delikt. Und natürlich als Gewaltstrafe.

Im 3. Jt. durfte eine Frau sich allerdings noch aus eigener Entscheidung von ihrem Mann scheiden lassen, ohne dass dieser umgekehrt sie ´sitzen´ lassen durfte.
Welchem Text entnimmst du das?
 
Ich sagte nicht, dass Eva entgöttlicht wurde, sondern dass sie die Entgöttlichung der traditionellen altorientalischen Fruchtbarkeitsgöttin verkörpert.
Ich verweise auf Mose 1,27. Es handelt sich bei Adam und Eva demnach um zwei gleichwertige Menschen, denn als Mann und Frau schuf er sie. Da wird weder eine Göttin, noch ein Gott entthront. Die Geschlechtlichkeit wird bejaht und weder be- noch entwertet. Das sieht doch zunächst nach Fortschritt und nicht nach Rückschritt aus. Die sich anschließende Aufgabenverteilung ist aus heutiger Sicht in der Regel fragwürdig. Jedoch die Prophetin Hulda hatte beispielweise schon ein eigenes Lehrhaus und erklärte Männern die Schrift. Dass das immerhin schriftlich festgehalten wurde, selbst wenn es diese Prophetin gar nicht gegeben haben sollte, zeigt doch auch schon etwas oder nicht? Man hätte das doch auch einfach weglassen können.

Was ist eigentlich so erstrebenswert daran auf Biegen und Brechen zu beweisen, dass in früheren Zeiten Göttinnen vorherrschten? Das wäre das Ganze doch nur andersherum und auch nicht wirklich zielführend. Unterdrückung und Macht sind und bleiben Unterdrückung und Macht.
 
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