Welchen Teil des Ultimatums hat Serbien 1914 nicht erfüllt?

@solwac

Wir kommen hier wohl langam vom Thema weg.:winke:
Ich wollte hier auch nicht die Kämpfe selbst einbeziehen, wohl aber auf die unterschiedlichen Ebenen (Diplomatie, Militär, Politik) hinweisen. Bis zur Stellung des Ultimatums und Beurteilung der serbischen Antwort als unzureichend waren sich die meisten noch einig, aber was dann?
 
Hier scheiden sich die Meinungen und Bewertungen der Ereignisse doch sehr. Die Krise kam in die entscheidene Phase mit der russischen "Teilmobilmachung." Russland und Frankreich haben genau wie Österreich-Ungarn und das Deutsche Reich einen großen Teil der Verantwortung zu schultern.

Einzig Großbritannien kann für sich in Anspruch nehmen, sich um den Firieden bemüht zu haben und diese sehr schwere Krise nicht eskaliert zu haben.
 
Falkenhayn hat seine Meinung, das Wilhelm keinen Krieg mehr wolle, aber unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Daran ist nicht zu rütteln und zu relativieren.
Dazu habe ich überhaupt nichts kommentiert, weder relativiert noch gerüttelt.

Wenn meine Aussage unklar geblieben sein sollte: Der Kern ist vielmehr der, dass ich etwas zur Interpretation dieses Sinneswandels geschrieben habe und der geht auch auf das britische Signal zurück, nicht singulär auf die serbische Antwortnote (Röhl).

Wilhelm wurde selektiv, manipulativ informiert. Die Auswah der Kopien traf Jagow und die war tendenziös; eben Desinformation im Sinne des AA. Ausgehende Erlasse beispielsweise erhielt er nie zu Gesicht.

Wilhelm seine Randbemerkungen sind peinlich, unsympathisch aber auch nicht soo ernstzunehmen. Warum? Sein Handeln unterschied sich eben von dem unerträglichen Gekritzel auf den diplomatischen Schriftstücken.
Alles richtig, spielt aber keine Rolle für die Informationslage Wilhelms in dieser Frage. Es ist realitätsfern, dass Wilhelm nicht vor der Ankunft in Potsdam, am 27.7. in den Konferenzen über die unzureichende Antwort Serbiens, den Abbruch der diplomatischen Beziehungen und der Zuspitzung mit Russland informiert war (und auch nicht, als er sich laut Röhl am 27.7. abends schlafen legte). Als Randnotiz: Persönlich ordnete er wegen der Zuspitzung auf der Rückfahrt nach Kiel die "kleine Mobilisierung" der Westlichen Ostsee (Müller, Hopman) an, mit Bewachung durch SMS Kaiser, Rostock und der V. und VII. T-Flottille, direkt bei Admiral Bachmann an, was Tirpitz damit kommentierte, er verhalte sich nun als Soldat.


Berlins Diplomaten aber sollten die Note nicht zu Gesicht bekommen, ohne einen beigefügten schriftlichen Kommentar von seiten des Ballhausplatzes. Erst um 23.30 Uhr abends am 27.Juli, trotz Nachfrage des AA, ging das serbische Dokument aus Wien beim Auswärtigen Amt ein; ohne Erläuterungen!
Das Detail ist nicht entscheidend, weil die Kenntnis bereits früher gegeben war. Aber konträr dazu schreibt Otte, July Crisis, dass Wilhelms Papiervorlage die von Jovanovic am 27.7. an Berlin gesandte Mitteilung war. Ob es diese war, oder die österreichische mit Kommentierung, kann aber offen bleiben, weil es für die Informationslage an 26. und 27.7. nichts hergibt.

Die österreichische Verteilung vom gleichen Tag hatte auch nichts mit Verzögerungen für Berlin zu tun, sondern lag daran, dass alle europäischen Botschaften den serbischen Text mit rechts gesetzten österreichischen Kommentierungen erhielten. Diese Kommentare brauchten vermutlich ihre Zeit zur Abfassung.

Auch das spielt aber keine Rolle, da Europa am 26.7. und 27.7. - manche schon am 25.7. - über die insgesamt entgegenkommende, Teile der Forderungen aber zurückweisende serbische Antwortnote und den Abbruch der Beziehungen und die Abreise von Giesl und die Kriegsdrohung gegen Serbien informiert waren.

Am 28.07. morgens schrieb Wilhelm pesönlich, protkollwidrig, an Jagow. Dort steht u.a. zu lesen: nach Durchlesung der Serbischen Antwort, die ich heute Morgen erhielt, bin ich der Überzeugung,
Es geht um die inhaltliche Kenntnisnahme, nicht darum, dass er dieses am 28.7. nochmals gelesen hat. Das exakte "wording" hat in Europa sonst niemand interessiert, sondern die Substanz der Antwortnote: freundlich, große Teile akzeptierend, einige nicht (und selbst die wurden bereits mit den Punkten 5 und 6 in den europäischen Hauptstädten diskutiert). Wie hier ersichtlich:

1. Bereits am 25.7. abends schickt DeWelle (belgischer Botschafter in Belgrad) an Davignon (belgischer Außenminister) den Text der serbischen Antwortnote. (BELD4)

2. Am 25.7. abends wird Lichnowsky von Grey mit den Grundzügen des Antwortentwurfs konfrontiert (weitgehende Akzeptanz, Zurückweisung von einigen Punkten), die der britische Botschafter in Belgrad am gleichen Tag aus dem Außenministerium erhalten hat. (Berchtold/Mensdorf, 26.7.1914, ÖD29)

3. Die Sonderausgaben in Berlin vom Abend des 25.7. bringen die Nachricht, dass die serbische Antwortnote nicht in vollem Umfang dem öu-Ultimatum nachkomme, plus Abreise von Giesl und Abbruch der diplomatischen Beziehungen. (FD47, Cambon/Bienvenu-Martin, 25.7.1914)

4- Am 26.7. informiert Berchtold alle öu-Botschafter, dass die Forderungen nicht komplett akzeptiert wurden, und die diplomatischen Beziehungen abgebrochen sind. (Berchtold/Botschafter 26.7.1914 ÖD30)

5. Am 27.7. schickt er den kommentierten Text der serbischen Antwort an alle Botschaften (ÖD34).

6. Jovanovic gibt die serbische Antwort am 27.7.1914 offiziell heraus. Am 26.7. sind der deutsche Botschafter in Paris, Petersburg und London dort jeweils unterrichtet und mit der Note dipkomatisch konfrontiert, zT sogar in Pressegesprächen.

Wenn man es ironisch formuliert:
Nur in einem kleinen Dorf mitten in Europa, in Potsdam, soll Wilhelm also nichts von der Antwortnote vor dem 28.7. gewusst haben und ist völlig überrascht, als er den Text morgens am 28.7. erstmals zum Frühstück liest. Und nachdem ganz Europa seit zwei Tagen im Aufruhr ist, fällt ihm auf, dass die Antwort ja eigentlich ganz zufriedenstellend sein.
 
Du hast Recht. Wilhelm muss schon am 25.07 zumindest in Umrissen informiert gewesen sein.

Ich finde im Tagebuch von Moritz von Lyncker unter dem 25.07.1914 die entscheidenen Zeilen, das sich die serbische Regierung weigert die österreichischen Forderungen zu erfüllen und beabsichtigt ihren Sitz nach Nisch zu verlegen.

Auch in Hopmanns Tagebuch findet sich ein dich bestätigender Eintrag. Er erfuhr vom Wolffschen Telegrafenbüro über die Antwort Serbiens und das diese für Wien ungenügend sei.

Wilhelm drahtete aber noch am 26.07. an seiner Frau, das er sich kurz in Berlin orientieren will und dann weiter nach Wilhelmshöhe reisen möchte, wo er gern den Sommer verbrachte. Steht auch bei Lyncker und darüber hinaus bei Hoffmann.

Ist doch eigentlich erstaunlich, das sich angesichts dieser Verschärfung, Wilhelm nach Wilhelmshöhe begeben möchte. Glaubte er also am 26.07. nachmittags noch Russland würde zusehen oder hatte er sich bereits jetzt befunden, das die serbische Antwortnote ausreichend sei und die Krise auf dem Verhandlungswege beendet werden könnte?

Abends am 25.07.kam ein Kabel, das über ein Gespräch Pourtales mit Sasonow informierte, das Russland nicht dulden würde, das Serbien vernichtet werde.Pourtales hat geantwortet, ob sich Russland an die Seite von Königsmördern stellen wolle. Jedenfalls war noch der Eindruck vorherrschend, als ob die russische Regierung nicht sofort zum Kriege schreiten wolle. Wilhelm hielt an seinen Reiseplänen nach Wilhelmshöhe fest.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wilhelm muss schon am 25.07 zumindest in Umrissen informiert gewesen sein.
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Wilhelm drahtete aber noch am 26.07. an seiner Frau, das er sich kurz in Berlin orientieren will und dann weiter nach Wilhelmshöhe reisen möchte, wo er gern den Sommer verbrachte. Steht auch bei Lyncker und darüber hinaus bei Hoffmann.

Ist doch eigentlich erstaunlich, das sich angesichts dieser Verschärfung, Wilhelm nach Wilhelmshöhe begeben möchte. Glaubte er also am 26.07. nachmittags noch Russland würde zusehen oder hatte er sich bereits jetzt befunden, das die serbische Antwortnote ausreichend sei und die Krise auf dem Verhandlungswege beendet werden könnte?
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Jedenfalls war noch der Eindruck vorherrschend, als ob die russische Regierung nicht sofort zum Kriege schreiten wolle. Wilhelm hielt an seinen Reiseplänen nach Wilhelmshöhe fest.

Auf dem 25.7. wollte ich gar nicht bestehen, wichtig war mir: vor der Notiz am 28.7. morgens.

Ausgeschifft, im Zug nach Kiel nach Potsdam erhielt er ein Memo von Bethmann. Wilhelm war optimistisch, Russland raushalten zu können. Über den Realitätsgrad kann man streiten, die Warnungen waren jedenfalls klar ausgesprochen. Seine "private kleine Teilmobilmachung" für die Westliche Ostsee ggü. Admiral Bachmann wurde jedenfalls von der Marine wegen möglicher desaströser Wirkungen auf Russland sofort wieder aufgehoben.

Zu dem Memo schreibt Röhl:

"On the train journey from Kiel to Potsdam the Kaiser received a memorandum from the Reich Chancellor listing the matters that would be on the agenda when he arrived in Potsdam: Austria would in all probability not be able to undertake military operations before 12 August; Serbia, who had accepted almost every point in the ultimatum, would adopt a purely defensive posture if attacked; England, France and Italy desired peace; Russia, seemed according to latest reports to wish to start negotiations with Vienna. Germany’s position was still that the Austro-Serbian conflict was an affair that concerned only those two states; Russia had been warned ‘most emphatically’ by Bethmann ‘about the consequences of any military measures that might in any sense be directed against us’."

Also: Agenda für Potsdam, Österreich beginnt Operationen nicht vor dem 12.8., Serbien hat fast alles akzeptiert, nimmt ggf. defensive Haltung ein, GB/FRA/ITA wollen Frieden, Russland könnte mit Wien verhandlungswillig sein, und sei über Konsequenzen irgendwelcher militärischen Maßnahmen sehr eindringlich gewarnt worden.
 
Ganz interessant ist die schnelle Information an GB, über das sich Belgrad wohl nachvollziehbar mäßigenden Einfluss auf Wien erwartete.

Jedenfalls wurde der Tenor der Antwort schon mittags am 25.7. an den britischen Botschafter durchgestochen. Bemerkenswert ist weiter, dass der von ihm informierte Grey dies unverzüglich an Lichnowsky weitergab, um die deutsche Seite auf dem Laufenden zu halten. Vermutlich ist das dadurch bedingt, dass man Berlin - wie in anderen Themen diskutiert - als Drahtzieher der Zuspitzung hinter der ultimativen Note Wiens sah, und als Rückendecker für den Fall des Krieges.

"Mr. Crackanthorpe to Sir Edward Grey.
Belgrade, July 25, 1914.
D. 12:30 P.M.
R. 8 P.M.
Tel. (No. 52.)

Reply to Austrian note is now being drawn up at Council of Ministers. Under Secretary of State for Foreign Affairs informs me that it will be drawn up in most conciliatory terms and will meet Austrian demands in as large measure as possible. He gave me in advance brief summary of projected reply.

Servian Government consent to publication of declaration in "Official Gazette." The ten points are accepted with reserves. Servian Government declare themselves ready to agree to mixed commission of enquiry, provided that appointment of such commission can be proved to be in accordance with international usage. They consent to dismiss and prosecute those officers whose guilt can be clearly proved, and they have already arrested officer mentioned in Austrian note. They agree to suppress Narodna Odbrana.

Opinion of Servian Government is that, unless Austrian Government desire war at any cost, they will accept full satisfaction offered in Servian reply."
(BD21)

Kurz: Maximales Entgegenkommen, Einschränkungen im Punkt Souveränität. Die Antwort wird so sein, dass sie für ÖU akzeptabel ist, wenn ÖU nicht um jeden Preis Krieg vom Zaun zu brechen beabsichtigt.

Und die Weitergabe:


"Sir Edward Grey to the German Ambassador.
July 25, 1914.

Dear Prince Lichnowsky
I enclose a forecast that I have just received of the Servian reply.(1) It seems to me that it ought to produce a favourable impression at Vienna, but it is difficult for anybody but an ally to suggest to the Austrian Government what view they should take of it.

I hope that if the Servian reply when received in Vienna corresponds to this forecast, the German Government may feel able to influence the Austrian Government to take a favourable view of it.

Yours sincerely,
E. GREY.

Enclosure: First 2 paragraphs of Mr. Crackanthorpe's telegram No. 52.(1)

This was telegraphed verbatim in English to Berlin by the German Ambassador."
 
Noch eine interessante Randnotiz. Berthelot der zwischen dem 18.07. und dem 29.07.14 das französische Außenministerium leitete, Vivani war ja mit Poincare unterwegs, erteilte den serbischen Botschafter am 24.07. den Rat, das Ultimatum nicht a limine abzulehnen, sondern sich auf die Forderungen einzulassen, die mit seiner Ehre und Souveranität im Einklag stehen.

Ebenfalls am 25.07. wurde in Petersburg die sogenannte Teilmobilmachung beschlossen. Dies war auch sicher durch das Beistandsversprechens vom Vortage von Paleologue möglich geworden. Das bedeutete jedenfalls eine gewaltige Streitmacht von 1,1 Millionen Soldaten.

Sasonow bestellte nachmittage am 25.07. sowohl den britschen Botschafter Buchanan und den französischen Botschafter Paleologue ein, um diese über die aktuelle Beschlusslage der russischen Regierung zu informieren.

Buchanan brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, das Grey noch genügend Zeit zur Bewahrung des Friedens zur Verfügung hat.

Paleologue befürwortete den Beschluss des russischen Ministerrats zur Teilmobilmachung.

Buchanan berichtet Grey über das Gespräch mit Sasonow, das die Lage höchst gefährlich sei. Russland sei der französischen Unterstützung sicher und wird alles Risikien eines Krieges bewußt eingehen. In Kürze wird Großbritannien sich entscheiden nüssen, ob es Russland aktiv unterstützt oder ihm die Freundschaft kündigt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zur gefährlichen Lage mit dem öu Ultimatum, dessen Sinn und Zweck von den Zuschauern und Akteuren durchaus erkannt wurde:

Eine Auswahl der Wertungen zum öu Ultimatum: die größten pessimistischen Erwartungen übertroffen, exzessiv, kriegerisch, ein Vorwand zum Krieg mit dem Ziel der Auslöschung Serbiens, wird die Haltung zu Serbien trotz des Mordes in Europa außerhalb von Deutschland und ÖU zum Kippen bringen, DR steht hinter dieser Aktion. Nehmen wir dazu die Meinung abseits der Großmächte, die hier nicht als Treiber oder Akteure oder Betroffene vor dem 25.7.1914 gelten können: Belgien, Niederlande, Schweiz, Schweden, Norwegen.

Diese Wertung betrifft die betont gesetzte kurze Frist von 48 Stunden nach einem Zuwarten von 3 Wochen, den Inhalt, die scharfe Form. Im Kontext steht außerdem, dass in Europa die Spatzen von den Dächern pfiffen: Deutschland steht hinter diesem scharfen Vorgehen zur Kriegsvorbereitung, während deutscherseits durch die Botschafter und Berlin die Mitwirkung an dem Ultimatum, ja sogar Kenntnis vom österreichischen Text bis zum 23.7. komplett bestritten wurde.

Dieser so wahrgenommene "exzessive" Text der öu-Note veranlasste Belgien am 24.7.1914, einen Tag nach Übergabe des Ultimatums und 24 Stunden vor Ablauf, seine Botschafter in Paris, London, Wien und Berlin dringend vor dem Ausbruch eines Krieges zu waren, und - belgische "Kriegsvorbereitung" - bereits vorsorglich den Text einer Neutralitätsdeklaration an alle Botschafter zu übergeben. Dieses erfolgte aus Angst vor einer deutschen Invasion in Belgien im Fall des Kriegs mit Frankreich. Man hatte den Sinn und Zweck des Ultimatums voll verstanden.

So auch in Den Haag. Der niederländische Militärchef Snjders musste sofort seinen Skandinavien-Urlaub wegen der Kriegsgefahr nach dem österreichischen Ultimatum abbrechen (den er zuvor nur angetreten hatte, weil deutsche Politiker und Militärs sich auch im Urlaub befanden, was als Entspannung gedeutet worden war). Und am 25.7. ging aus Köln das berüchtigte Telegramm mit den 6 Buchstaben Api-Api ein (Api: malayisch für "Feuer" - abgesandt vom früheren Kolonialoffizier J. le Roy). Daraufhin wurde am 26.7. in Den Haag vor Eintreffen von Snjiders die sofortige Teilmobilmachung wegen des befürchteten deutschen Angriffs beschlossen (seit 1909 war der Schlieffen-Moltke-Plan in der alten Fassung bekannt, der noch die Verletzung des Territoriums der Niederlande vorsah), sämtliche geplanten Brückensprengungen wurden vorbereitet. Die Informationsquelle für de Roys Api-Api-Telegramm ist unbekannt.

van Tuyll, Hubert P.: The Dutch Mobilization of 1914: Reading the `Enemy''s Intentions. JoMH 2000, S. 711-737.*
Wolf, Susanne: Guarded Neutrality - Diplomacy and Internment in the Netherlands during First World War, S. 21 ff.

Das ist der Kontext auch für die russischen Krisensitzungen ab dem 24.7.1914 mit den bekannten Ergebnissen.

Man kann auch die globalen Finanzmärkte sprechen und über Erwartungen "abstimmen" lassen: in Erwartung des Krieges begann am 24.7. mit dem österreichischen Ultimatum ein weltweiter Run auf den Ankauf britischen Pfundes GBP, zwecks Reserven für die Bezahlung von Verbindlichkeiten in London. Hier deckten sich die neutralen Schuldner inkl. USA weltweit ein, um im Kriegsfall zahlungsfähig zu sein. Das war nur der direkte Beginn: Zeitgleich erklärten zahlreiche Länder als Schuldner in GBP in London Zahlungseinstellungen bzw. Zahlungsmoratorien. (nur nachträglich zur Entwicklung: Ab dem 27.7. führte der rasante Anstieg des Wechselkurses binnen 48 Stunden dazu, dass Rechnungsstellungen auf GBP-Basis unmöglich wurden, so dass die Zahlungsfähigkeit auf GBP-Basis für zahlreiche Länder beseitigt war). - parallel verschärften sich die Einlagenabzüge in Deutschland bei den Banken und Sparkassen dramatisch und die Goldreserven der Zentralbank schmolzen durch den Run seit dem 23.7. dahin wie Schnee in der Sonne.

Nebenbei: dieser Run in der "City" ist eine der Ursachen, die die britische Haltung ab dem 30.7. zum Kippen brachten, weil dies politisch nicht durchhaltbar war. Ein weiterer ist die fundamentale politische Analyse vom 23./24.7. (Crowe), ein dritter die Annahme der durchschlagenden Wirkung der "Armageddon"-Planung.

* siehe kurz: http://net.lib.byu.edu/estu/wwi/comment/tuyll2.htm
 
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Danke für die Infos über die Reaktionen!

Du sprichst ja vom Kippen der britischen Haltung ab dem 30.7., hat sich das auch in den Wirtschaftsdaten widergespiegelt?
 
Interessant.

Hier noch ein paar Anmerkungen zur Entstehung des Ultimatums.

Am 08.Juli trafen sich Berchtold und Tisza.Tisza meinte, das Serbien nicht ungestraft davon kommen dürfe. Aber es sei seines Erachtens nach wichtig, das Serbien die Möglichkeit gegeben werde, den Krieg in Form einer schweren diplomatischen Niederlage zu vermeiden, um eine Aktion der Monarchie vor der Welt zu rechtfertigen. Daher sollte an Serbien eine Note in gemessenen aber nicht drohenden Tone gerichtet werden. Das wäre aus Sicht Tisza ein Mittelweg, der einen friedlichen Erfolg nicht ausschloss. Berchtold meinte, diese Alternative sei zu unsicher, da sie keine gewähr dafür biete, daß sich die Situation für die Monarchie bessere. Er erwähnte den serbischen Zersetzungsprozess in den südslawischen Gebieten der Monarchie.

Am 09.Juli traf Berchtold den Kaiser in Ischl. Berchtold stellte die verschiedenen Möglichkeiten, auch das Memo von Tisza und die Vorstellungen des Ministerrates vor. Lesen wir hierzu wieder Berchtold im Originalton.

" Der Kaiser beurteilte die Sachlage wie die vorgebrachten Argumente und Gegenargumente in seiner gewohnten klaren, objektiven und vornehmen Art. Meinte, daß wir nicht zurück könnten und ließ sich über den Inhalt der an Serbien zu richtenden Foderungen Vortrag erstatten. Dieselben sollten in der Weise formuliert werden, daß wir im Fall der Annahme derselben ein Mittel in die Hand bekommen, die Einhaltung der von Serbien zu gebenden Zusicherungen wirksam zu kontrollieren.

Tisza seine Idee wurde also berücksichtigt. Franz-Joseph erkannte auch die Nachteile des Hinausschiebens von militärischen Vorbereitungen.


Serbien hatte noch vor Übergabe der Antwort am 25.07. auf das Ultimatum durch Pasic persönlich, die Mobilmachung in die Wege geleitet und auch die Verlegung des Regierungssitzes von Belgrad nach Nisch.
Sichere Hinweise auf eine Erwartung der Eröffnung der Kampfhandlungen seitens Österreich-Ungarns. Nur, es geschah praktisch nichts.

Warum?

Berchtold erteilte hierzu Professor Luciano Magrini in Mailand nach dem Krieg Auskunft.

"Es ist richtig, daß ich, insolange wir in Fühlung mit Rußland standen, an die Möglichkeit glaubte, daß ein europäischer Krieg vermeidbar sei. Daß ich am 26.VII. als Giesl Referat über den Abbruch der diplomatischen Beziehungen erstattete, noch optimistisch gewesen wäre, entspricht vielleicht nicht den Tatsachen. Immerhin stimmt es, soweit meine Erinnerungen reichen, daß ich damals den Ausspruch getan:"Dies ist noch nicht der Krieg." Auch war es damals Serbien immer noch möglich, einzulenken und den Krieg zu verhüten. Mein Bestreben ging dahin, alles zu vermeiden, was geeignet erschien, Rußland in den Konflikt hineinzuziehen, daher auch meine Bedenken gegen Conrads Drängen zur Mobilmachung."

Das war jetzt aber mehr als problematisch angesichts der sogenannten russischen Teilmobilmachung, die natürlich von der Monarchie schnell bemerkt wurde. Die Lage hatte sich extrem verschärft.

Zitate Berchtolds aus Hugo Hantsch, Leopold Graf Berchtold, Band 2
 
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Danke für die Infos über die Reaktionen!

Du sprichst ja vom Kippen der britischen Haltung ab dem 30.7., hat sich das auch in den Wirtschaftsdaten widergespiegelt?

Ich meinte das umgekehrt: der eintretende Kollaps der Märkte ist ein wichtiger Faktor gewesen, der GB von der bis 23.7. vorzufindenden Haltung - es wird keinen Krieg geben, wenn es einen gibt, wird er GB nicht tangieren - abgebracht hat.

Das ist aber hier OT, angedeutet ist das in diesem Thema:
http://www.geschichtsforum.de/712449-post22.html
 
Ich meinte das umgekehrt: der eintretende Kollaps der Märkte ist ein wichtiger Faktor gewesen, der GB von der bis 23.7. vorzufindenden Haltung - es wird keinen Krieg geben, wenn es einen gibt, wird er GB nicht tangieren - abgebracht hat.

Das ist aber hier OT, angedeutet ist das in diesem Thema:
http://www.geschichtsforum.de/712449-post22.html
OK, ich hatte es so nicht verstanden. Also war es politisch nicht mehr durchsetzbar gegen die Wirtschaft zu handeln.
 
OK, ich hatte es so nicht verstanden. Also war es politisch nicht mehr durchsetzbar gegen die Wirtschaft zu handeln.

Ob das letztlich durchsetzbar gewesen wäre, würde ich offenlassen. Der Faktor trat, wie wirtschaftshistorische Analysen nahelegen, neben die politischen (Lageanalysen) und militärischen Optionen (Lambert). Die Quintessenz findet man dann in der Grey-Rede bzw. zuvor in der Auseinandersetzung im Kabinett.

Siehe zu weiteren Verlauf auch hier:
http://www.geschichtsforum.de/415177-post16.html
 
Zuletzt bearbeitet:
...so fiele einem der Begriff des „Schurkenstaates“ ein oder eine „Achse des Bösen“ ein. Nun will ich hier keine Entführung ins Gegenwärtige betreiben. Die Parallele scheint mir jedoch hilfreich zu sein eine Linie dazu zu erschmecken.)

Off topic:

Um die Parallele noch mal aufzugreifen, weil offensichtlich einige Publikationen diese Wahrnehmung auch befördern und jüngst verstärkt haben. Hier wird das Bild des "gerechten Krieges" angesprochen, und das ist höchst zweifelhaft, wenn man sich mit Völkerrecht 1870/1914 beschäftigt.

Ohne Frage war Serbien aus Sicht/Perzeption von ÖU/DR ein "Schurkenstaat", um den Begriff zu benutzen. Sowohl von deutscher als auch von österreichischer Seite wurde das noch zugespitzt auf Formulierungen, es handele sich um einen Staat, der außerhalb jeder Zivilisation stehe. Das kann man in dem Sinne interpretieren, auf ihn finden völkerrechtliche Prinzipien wie zwischen den übrigen europäischen Staaten keine Anwendung, er sei quasi "rechtlos", seine "Beseitigung" verletzt sozusagen wie bei einer Verbrecherbande entsprechend keine außenpolitischen Gepflogenheiten. Zitate erspare ich mir dazu.

Diese Wertung ist politisch "inspiriert". Aus heutiger moralischer oder völkerrechtlicher Sicht nehmen sich die hochimperialistischen "Gepflogenheiten" und Ziele der Großmächte DR/ÖU nichts mit denen von Serbien, auf wenn diese von Großserbien als Balkanimperium träumten.

Dein Hinweis auf das "Erschmecken" ist völlig richtig, wenn man darunter die Wahrnehmung Serbiens durch ÖU/DR versteht (wobei andererseits keine Großmacht Problem damit hatte, dort gute Geschäfte zu machen, oder "Verbrecherbanden" zu finanzieren, inkl. ÖU und DR).

Das ist Teil des Verständnisses seitens DR/ÖU, hier seit dem 5.7.1914 einen Krieg zu erwägen, hilft aber - weil sich die imperialistischen gegenseitigen Tendenzen nichts nehmen - bei einer Wertung der Verantwortlichkeiten in der Frage der Eskalation zum Großen Europäischen Krieg nicht weiter, weil der nicht dadurch begründet werden kann, ein imperialistischer Schurke habe nach eigener Anschauung mit einem noch größeren imperialisitschen Schurken aufräumen wollen.

Die gegenseitige Abwägung führt zu nichts.

/off topic
 
Ohne Frage war Serbien aus Sicht/Perzeption von ÖU/DR ein "Schurkenstaat", um den Begriff zu benutzen. Sowohl von deutscher als auch von österreichischer Seite wurde das noch zugespitzt auf Formulierungen, es handele sich um einen Staat, der außerhalb jeder Zivilisation stehe, wobei andererseits keine Großmacht Problem damit hatte, dort gute Geschäfte zu machen, oder "Verbrecherbanden" zu finanzieren, inkl. ÖU und DR).


Das Deutsche Reich und die Donaumonarchie haben an Serbien Kriegsgerät verkauft. Deutschland hatte kurz vor der ersten Marokkokrise ein größeres Rüstungsgeschäft in Serbien und Bulgarien getätigt, wo man den Österreichern nur "Peanuts" übrig gelassen hatte. Die Vertreter der K.K- Monarchie waren darüber sehr verärgert, zumal das AA Wien auch nicht über die Termine für die Konferenz von Algeciras informiert hatte, die die Österreicher aus der Presse erfuhren.

Dafür ließ sich die Donaumonarchie den "brillianten Sekundantendienst in der Mensur" (Zitat Kaiser Wilhelm II. zur österreichischen Unterstützung in Algeciras) teuer bezahlen: Mit deutscher Hilfe übte man erheblichem Druck auf Serbien aus, das ohne jegliche Gegenleistung oder Kompensation der Donaumonarchie Geschütze der Skodawerke ankaufen musste. Zu dieser Zeit zeichnete sich bereits der sogenannte "Schweinekrieg von 1906 ab. http://de.wikipedia.org/wiki/Schweinekrieg_1906

Das Geschäft mit den Skodageschützen war ein persönlicher Einfall Kaiser Franz Joseph I., und es war dieses Geschäft als gezielte Brüskierung der serbischen Regierung gedacht.
 
Fakt ist, das Serbien nur aufgrund entsprechender russischer Zusicherungen diese Forderung abgelehnt hat.

Ich hatte schon dargestellt, dass das ("Fakt") nicht zutreffend ist.
Hierzu noch ein Nachsatz, da diese These zuletzt von Clark aufgestellt wurde.

Clark im Original:

"It was probably [1] the news from Russia that dispelled the mood of fatalism [3] in Belgrade and dissuaded the ministers from attempting to avoid war by acquiescing in the demands of the ultimatum. 35 Spalajković’s telegram of 24 July conveying Sazonov’s vague assurance of support arrived in Belgrade in two parts, the first at 4.17 a.m. and the second at 10 a.m. on 25 July [4]. The telegram hinting at Russian mobilization arrived at 11.30 a.m. on the same day [5], in good time to reach the Serbian ministers before they had drafted their reply [6] to the Austrian note.36

[Fußnote 35]:
On the impact of the telegrams from Russia, see Albertini, [7] Origins, vol. 2, pp. 354–6; and specifically on Sazonov’s rejection of points 5 and 6 of the ultimatum, see Magrini, Il dramma di Seraievo, p. 206; Stokes, ‘Serbian Documents’; cf. Mark Cornwall, ‘Serbia’, in Keith M. Wilson (ed.), Decisions for War 1914 (London, 1995), pp. 79–80. Cornwall, whose analysis of developments in Belgrade is unsurpassed [2], argues that the wording of the telegrams from St Petersburg was too vague to satisfy Pašić beyond any doubt that the Russians intended to come to Serbia’s aid. It is true that Sazonov was vague – as indeed he was bound to be – on the details of what Russia would do and when, but my own view is that the steady crescendo of indications in Spalajković’s cables must have sufficed to reassure the Serbian leadership that the Russians were on track to intervene. But it must be conceded that Serbian determination to resist was strong from the start [8], as is implied by Belgrade’s handling of the crisis from the outset.

[Fußnote 36]:
On telegram transit and arrival times, see the editors’ note on Spalajković to Pašić, St Petersburg, sent midnight 24 July 1914, DSP, vol. 7/2, doc. 527, and Stokes, ‘Serbian Documents’."




Die Reihenfolge der Kommentare habe ich zum besseren Verständnis abweichend von der Text- und Fußnotenfolge bei Clark gewählt.

[1] ob Clark mit "probably" hier wahrscheinlich, vermutlich oder mutmaßlich meint, und Unsicherheitsvorbehalt ausdrücken will, kann dahingestellt bleiben, weil der Rest gravierende Fehler aufweist.

[2] Korrekt, Cornwalls minutiöse Analyse in Keith Wilsons "Decisions for War" - Kapitel "Serbia" ist unübertroffen und Stand der Forschung. Das ist hier beachtenswert, weil Clark sodann
- Cornwalls Ergebnis begründungslos verwirft,
- Aussagen Cornwalls ausläßt und auf der Grundlage kontrafaktisch zu Cornwalls Ereignisablauf argumentiert.

[3] Das ist Unsinn. Cornwall hat nachgewiesen, dass insbesondere Punkt 5 und 6 von Beginn an (24.7.) nicht nachgegeben werden sollten, und dass die Haltung der serbischen Regierung nach Entgegennahme des Ultimatums sich nicht verhärtet, sondern im Gegenteil (!) sich vielmehr aufgeweicht hat. Cornwall: "As we have seen, the Serbian Cabinet ... had at first been very resistant to Austria's demands; then during their long session on the 24th they had ... softened a little, but were probably still resolved to resist the crucial points 5 and 6 of the ultimatum and were taken military precautions accordingly. It was highly unlikely, exect under extreme pressure, that they would concede these two points ... Only Russian pressure, added to that of other powers, might extract the utmost concessions."

[4] hier geht es um das berühmte "fehlende" und das zweite Telegramm. Clarks 10 Uhr, 25.7.1914, ist falsch. Selbst der von ihm zitierte Stokes [Fußnote 36], läßt offen, ob das Telegramm vor 16.00 Uhr am 25.7. die serbische Regierung, also eineinhalb Stunden vor Weggang zur Übergabe der Antwort erreichte, oder danach. Albertini verneint das. Stokes hält den Punkt (16.00 Uhr) außerdem für uninteressant: "in a broader sense it is not really crucial if Splajkovics telegram arrived bei 4 p.m. It is intirely possible that the serbs could have decided in those hectic hours to revise (basiert veraltet auf Albertini, siehe abweichend Cornwall) their answer to point six without any russian encouragement."

[5] Das ist Unsinn. Das Telegramm mit Ankündigung der russischen Krtiegsvorbereitungsphase erreicht Serbien am 26.7., einen Tag später. Außerdem sind dass die drei neuen Telegramme vom 26.7., die Clark hier durcheinander bringt. (Stokes, Fußnote 14, S. 83) Die Zeitangaben sind außerdem völlig unlogisch, wenn Clark das angebliche - quellenseitig nicht existente - 3. Telegramm meinen sollte: kurz vor 12 Uhr, 25.7. wurde die Kriegsvorbereitungsphase besprochen, erst am späten Nachmittag, fast zeitgleich mit der Übergabe der serbischen Antwort, unterzeichnet.

Clark vermixt hier die Telegramme vom 25.7. und 26.7.

[6] der erste "draft" stammt vom 24.7., nicht erst vom 25.7., und er wurde aufgeweicht, und nicht verhärtet. "in good time to reach before" ist Unsinn. Möglicherweise meint Clark hier nun wieder die nebulösen (Forschungsstand!) Berichte über russischen Beistand vom 24.7., dann geht aber die Verwirrung zu seinen Lasten. Dass er dies benutzt, um den serbischen Widerstand gegen Punkt 5 und 6 als russisch beeinflusst anzusehen, steht konträr zu dem von ihm zitierten Stokes und Cornwall. Dass er hier auf einen veralteten Stand von Albertini zurückgreift,* ist - bestenfalls - schlampig recherchiert oder - falls Absicht - tendenziös.

[7] veraltet. Warum wird nicht die gegenteilige neuere Darstellung von Stokes oder Cornwall zitiert?

[8] hier zitiert er Cornwall als "unsurpassed", und verwirft anschließend begründungslos - überraschernderweise! - sein Ergebnis, obendrein mit einer völlig unlogischen Argumentation:
a) "it must be conceded that Serbian determination to resist was strong from the start" - das ist richtig und heißt gerade übereinstimmend mit Stoke und Cornwall, dass es nicht die russischen Meldungen waren, die hier eine Wendung gebracht haben könnten.
b) "but my own view is that the steady crescendo of indications in Spalajković’s cables must have sufficed to reassure the Serbian leadership"

Worauf sein "own view" und "must have sufficed" basiert, weiß er wohl nur selber, jedenfalls nicht auf Stokes oder Cornwall. Danach bekommt man den Eindruck, dass er die beiden Autoren nicht gelesen oder nicht begriffen hat (angeblich hat er Cornwall laut Vorwort sogar interviewt).

Diese Darstellung ist daher fehlerlastig und auch unbegründet-spekulativ. Die Argumentationen der Literatur nach Stand der Forschung werden von ihm "ausgeblendet". In diesem wichtigen Punkt würden einem solche Schnitzer wie hier von Clark in jeder Seminararbeit um die Ohren gehauen werden.

Stokes: The Serbian Documents from 1914 - a preview, Journal of Modern History 1976, Supplement zu 3, S. 69-83.
Cornwall, Serbia, in: Keith Wilson (ed.) - decisions for War, 1995, S. 55 - 97

* was übrigens auch Mombauer passiert, allerdings mit der Vermutung, dass wohl keine Antwort außer völlige Unterwerfung ÖU vom Krieg abgehalten hätte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Welchen Spielraum hatten die verschiedenen Beteiligten eigentlich bei der Interpretation des Ultimatums?

Irgendwann mal (im Schulunterricht?) hatte ich mal aufgeschnappt, dass das Ultimatum eigene Ermittlungen von k.u.k.-Beamten in Serbien forderte während Serbien dies als unvereinbar mit der Souveränität abgelehnt hätte. Gab es Formulierungen, die dies stützen würden?

Die tatsächlich gewählte Formulierung der Teilnahme an Ermittlungen ist uns heute gar nicht so fremd und wurde damals schon innerhalb eines Staates als nicht unmöglich angesehen (man denke an private Ermittler, die mit der Polizei zusammen arbeiten).

Hätte es da einen Kompromiss geben können?
Und sei es nur um die jeweilig andere Seite zu diskreditieren...
 
Welchen Spielraum hatten die verschiedenen Beteiligten eigentlich bei der Interpretation des Ultimatums?

Theoretisch jeden, praktisch und faktisch kann man sich nur an dem tatsächlichen Ablauf orientieren.

Oben ist schon darauf hingewiesen worden: die Teilnahme öu-Vertreter an den Untersuchungen wäre eine Bagatelle gewesen, eine Argumentation lautet darauf, dass Serbien hätte nachgeben können, und das es so etwas schon bereits gegeben hat.

Wäre es eine Bagatelle, stellt sich die Frage, wieso ÖU wegen der Ablehnung den Großen Europäischen Krieg durch den Abgriff auf Serbien riskiert und wieso Russland in Antwort auf diesen Angriff seinerseits Gleiches wegen dieser Bagatelle vornimmt. Und wieso das Deutsche Reich wegen einer Bagatelle den Blankoscheck "einlöst".

Bereits daran wird deutlich, dass es in dieser Frage nur um die "Verpackung" ging, nicht um den Kern der Lage.

Wie oben dargestellt, wurde das Ultimatum bereits in der Weise formuliert, dass es in der Kombination von Inhalt und Frist ÖU ermöglichen sollte, den Krieg gegen Serbien zu führen, wobei man sich in der Schlussphase an den Illusionen festhielt, diesen Krieg lokalisieren zu können, was bereits vor dem Ultimatum durch die Positionierungen ausgeschlossen war.
 
Theoretisch jeden, praktisch und faktisch kann man sich nur an dem tatsächlichen Ablauf orientieren.
Ich will auf damalige sprachliche Konventionen im Bereich der Diplomatie hinaus.

Es sind Diplomaten und vor allem die Presse mit mehreren Muttersprachen beteiligt und die Macht solcher Worte hat Europa 1870 erlebt.

Gab es in anderen Bereichen gemeinsame Tätigkeiten mit Beteiligten aus mehreren Ländern, die in Bezug auf die Hoheitsrechte vergleichbar sind?
 
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