Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Inter kann mehrere Bedeutungen haben.
Amnes inter kann nur eines bedeuten: Zwischen den Flüssen. Und die werden explizit und namentlich genannt.

Ems und Lippe treffen sich auf der Höhe bei Paderborn. Das gibt auch die Keramik her.
Dazu brauch ich keine Keramik, um festzustellen, wo Ems und Lippe fließen.

Und jetzt die Frage, wie weit war denn der Saltus entfernt ? 30 km, 50 km, 60 km??? Wie weit ist denn nicht weit? Tacitus macht keine einzige Angabe dazu.
Richtig, macht er nicht. Aber er schreibt für das Jahr 16, dass Ems und Weser überquert wurden, für das Jahr 15, als das Varusschlachtfeld besucht wurde, wird sie nicht einmal als Bezugspunkt erwähnt. Das kann man natürlich ignorieren, wenn das nicht in die eigene Auffassung passt, dass die Varusschlacht östlich der Ems stattgefunden hat, mit quellenbasierter, seriöser historischer Arbeit hat das aber nichts mehr zu tun.


Was wir aber wissen ist, dass die Überreste der varianischen Legionen sich in der Nähe des Drusus Altar befunden haben müssen.
Verwechselst du hier nicht den Drusus-Altar und das von Drusus selbst aufgestellte Tropaion?

Zum anderen sagt Cassius Dio auch, dass man Varus an die Weser gelockt hatte.
Ja, ausdrücklich bis an, nicht darüber hinaus. Und von dort hat man ihn weggelockt. In welche Richtung das ging, darüber macht Cassius Dio keine Aussage. Da kommt dann aber wieder Tacitus ins Spiel, der die Weser nicht einmal als Bezugspunkt nennt sondern die Flüsse Ems und Lippe. Und zwar zu Beginn des Feldzuges genauso, wie zum Ende (da sogar nur die Ems).

Hachelbich ist nur 70 km vom Talkessel bei Hedemünden entfernt.
Wieso kommst du denn jetzt wieder auf das Jahrzehnte nach der Varusschlacht datierte Lager Hachelbich?

Du bist wirklich großzügig mit deinen Deutungen, sowohl was das lateinische Lexikon und die lateinische Grammatik, als auch was die Interepretation der literarischen wie archäologischen Quellen angeht. Da werden Flüsse überschritten, die in den Quellen gar nicht vorkommen, Römerlager in die Argumentation eingebaut, die erst Jahrzehnte später benutzt wurden etc. Dagegen wird ein klarer Zeithorizont von Kalkriese mit seinen Knochengruben ignoriert oder bagatellisiert.

Nochmal, um und in Hedemünden haben wir mindestens 10 Lager!
Was zeigt, dass Hedemünden, mit seinen Lagern und Übungslagern kaum der Ort einer Marschschlacht gewesen sein kann,

Das alles fehlt in Kalkriese.
Ja, in Kalkriese gibt es kein Römerlager. Wir reden ja auch von einer Marschschlacht. Irgendwo werden die Lager des Varus gelegen haben. Ob sie jemals gefunden - schließlich hat man dein geliebtes Hachelbich ja auch nicht gefunden, weil es sich oberirdisch abgezeichnet hätte - ist dabei fast unerheblich, denn wer auch immer in Kalkriese war, Varus oder jemand anders, er ist nicht dorthin geflogen. Und weil du das weißt, wundere ich mich, um ehrlich zu sein, über diese Scheinargumentation.

Kalkriese: augustäischer Zeithorizont
Hachelbich: spätflavischer Zeithorizont.
 
Ich habe mich nicht intensiv mit dem geschichtlichen Ereignis der Varusniederlage befasst, daher möchte ich nur auf einige Aspekte der Diskussion eingehen - auch wenn ich teilweise zuletzt etwas verwirrt war, und den Argumentationen nicht immer folgen konnte - sie waren mir einfach oft zu schlagwortartig.
Zum Stammesgebiet der Cherusker: nach den Quellen ist das "ethno-gentile" Zentrum der Cherusker im Weserbergland und Leinetal zu finden, dies ist jedoch nicht deckungsgleich mit dem politischen Einfluss - und Machtgebiet -
Hermundure, du schreibst Bsp. vom Bevölkerungswechsel in B1a im Eichsfeld und thüringischen Becken d.h. eine auch im archäologischen Fundmaterial nachweisbaren Wechsel vom rheinwesergermanischen Keramik, Begräbnissitten (http://www.vfgarch.uni-bonn.de/vfg/mitarbeiter/wissenschaftler-2/veroeffentlichungen/bemmann_elbe) - ich würde diesen Umbruch jedoch mit dem Sieg der Arminiuskoalition gegen Marbod 17 AD in Verbindung bringen. Einen direkten Zusammenhang mit den römischen Feldzügen 9 - 16 AD sehe ich nicht - falls sich das Einflussgebiet des "arminischen Reiches" Richtung Elbe ausgeweitet hat, dann weit über das ursprünglichere gentile Zentrum hinaus. Peter Kehne gibt für das Stammesgebiet der Cherusker zu unserem relevanten Zeitraum folgende Grenzen an:Nördlich bis zur Aller-Weserlinie, östlich bis zur Oker und Harz (der unbewohnt blieb), südlich bis zur Leine, nicht bis zur Werra, und westlich im Weserbergland auch links der Weser (Terra Inkognita? „Zur Lokalisierung, Organisation und Geschichte des Cheruskerstammes“, Tagungsband). Kurz noch zur Keramik: Kehne sieht eine Zuordnung zu einzelnen Stämmen innerhalb des rheinwesergermanischen Formenkreises kritisch, eine ältere Zuordnung der Cherusker zu einer südhannoveranischen Gruppe ist inzwischen umstritten.
Zu den antiken Quellen: in meiner Übersetzung von Strabon steht " wie den Cheruskern und ihren Vasallen, bei denen drei römische Legionen mit ihrem Anführer Quintilius Varus von einem Hinterhalt aus vernichtet wurden" -
dies lässt, wenn hier die Brukterer, Marser, Chatten gemeint sind, als in der Koalition unter dem Oberbefehl des Heerkönigs Arminius stehende Gefolgschaften, einen großen Spielraum, wo die Varusniederlage stattfand.
Zu Tacitus, Annalen, fällt mir noch auf, dass Germanicus als er von der Belagerung des Segestes hört, nach dem Chattenfeldzug umschwenkt (hinschwenkt), auch dort ist nicht von einer Überquerung der Weser die Rede, um Segestes, immerhin ein Prinzeps der Cherusker aus der Belagerung zu entsetzen - deswegen lokale Vermutungen über seinen Sitz westlich der Weser, wie Eresburg, Desenberg bei Warburg und andere...
Bei Cassius Dio findet sich auch eine Stelle zum Drususfeldzug 11 BC, dass sich die Cherusker auf das östliche Ufer der Weser zurückgezogen hätten - auch hier ein Indiz, dass das Stammesgebiet auch links der Weser war.

Hedemünden wurde übrigens nach Aussage von Dr. Grote 8 oder 7 BC aufgelassen (Münzfunde). Das Lager wird nur im Zusammenhang mit den Drususfeldzügen insbesondere 9 v. Chr. gesehen - kein Zusammenhang mit der Varusniederlage (schon hier zitiert, etwas zum Lesen:http://www.vhghessen.de/inhalt/zhg/ZHG_117_118/Bode_Tiberius.pdf )
 
Zuletzt bearbeitet:
Guten Morgen Biturigos,

wir wissen durch die "einheimische" Keramik aus der Siedlung von Waldgirmes (Rasbach 2013), dass ein Teil davon mit der vom Gräberfeld Schlotheim identisch ist. Bekanntlich wurde Waldgirmes 4/3 v. Chr. gegründet bzw. angelegt. Heißt also im Umkehrschluss, dass das westliche Thüringen schon kurz vor der Zeitenwende zum Rhein-Weser-Germanischen Horizont gehörte. Das zeigt auch der Belegungsplan des Gräberfeldes. Im frühen B1a fand ein Wechsel im Gräberfeld statt.

Übrigens hält Dr. P. Kehne am 12.05.15 im LDA Halle einen Vortrag zum Thema "Die Erfindung der Germanen – oder die Suche nach Identität".


Guten Morgen El Quijote,

"...tumulum tamen nuper Varianis legionibus structum et veterem aram Druso sitam disiecerant."

Lies mal bei Tac. Ann. II-7 nach.

Was hat Hachelbich mit den Flaviern zu tun ? NICHTS ! Es gibt bisher keine Hinweise dafür. Ich war im vergangenen Jahr in Hachelbich, im näheren Umfeld übwiegt der Anteil republikanisch/augusteische Denare. Das spricht gegen Domitian, obwohl bei Artern auch ein Denar mal von ihm gefunden wurde. Fundorte sind:

Oberbösa
Breitenworbis
Uthleben
Großleinungen
Artern

Dann gibt es noch die Aucissa-Fibeln aus Sondershausen-Bebra und Beyernaumburg. Sie liegen haargenau auf der münzdatierten augusteischen Karte, welche ich für das LDA in Halle angefertigt hatte.
 
"...tumulum tamen nuper Varianis legionibus structum et veterem aram Druso sitam disiecerant."

Lies mal bei Tac. Ann. II-7 nach.

Ich kenne die Stelle, sonst hätte ich die Frage nach der Verwechslung ja nicht stellen können. Und? Was besagt sie zu deiner Cross-Weser-Hypothese?
Noch mal die Frage: Verwechselst du evtl. einen beim Lippelager Aliso angelegten Drususaltar mit einem Siegesdenkmal (tropaion), welches Drusus angelegt hat?
 
Was hat Hachelbich mit den Flaviern zu tun ? NICHTS ! Es gibt bisher keine Hinweise dafür. Ich war im vergangenen Jahr in Hachelbich, im näheren Umfeld übwiegt der Anteil republikanisch/augusteische Denare. Das spricht gegen Domitian, obwohl bei Artern auch ein Denar mal von ihm gefunden wurde.

In der AiD steht :

" Eine Fibel aus der Mitte des 1. Jh. n Chr. gibt einen ersten Hinweis zur Zeitstellung des Lagers. "

" Für das Marschlager einer (?) Legion in der Gemarkung Hachelbich stehen bisher noch zwei Datierungsansätze zur Diskussion: die Chattenfeldzüge der zweiten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. und die Unternehmungen der ersten Hälfte des 3. Jh. "
 
In der AiD steht :

" Eine Fibel aus der Mitte des 1. Jh. n Chr. gibt einen ersten Hinweis zur Zeitstellung des Lagers. "

" Für das Marschlager einer (?) Legion in der Gemarkung Hachelbich stehen bisher noch zwei Datierungsansätze zur Diskussion: die Chattenfeldzüge der zweiten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. und die Unternehmungen der ersten Hälfte des 3. Jh. "

@ Stefan70

das war im Mai 2014. Es stellte sich später heraus, daß dass Lager viel größer ist - nämlich ca. 750 x 550 m. Was die Fibel anbelangt, so hat man nur den Fuß davon. Diese wurde auch nicht im Graben gefunden,sondern bei der Prospektion. Überhaupt lassen sich kaum Aussagen treffen. Auch bei den Schuhnägeln weißt man mittlerweile, dass diese Form ohne Noppen und Stege auch in Hedemünden, dem Kleinlager Kring und in Ulfen gefunden worden sind. Soviel dazu.
 
...
wir wissen durch die "einheimische" Keramik aus der Siedlung von Waldgirmes (Rasbach 2013), dass ein Teil davon mit der vom Gräberfeld Schlotheim identisch ist.

Moin

Mal ne Frage eines Laien: Wie zuverlässig lässt sich eigentlich der Siedlungsraum eines bestimmten Stammes (o. Ä.) durch "einheimische" Keramiken bestimmen?
Ich stelle es mir so vor, dass es durch intensiven Tausch und Handel zwischen den Stämmen zu einer argen Vermischung gekommen sein muss!?
Taugen da eigentlich solche Keramiken als Indikator für ein bestimtes Siedlungsgebiet? :grübel:
 
Mal ne Frage eines Laien: Wie zuverlässig lässt sich eigentlich der Siedlungsraum eines bestimmten Stammes (o. Ä.) durch "einheimische" Keramiken bestimmen?

Keramiken sind Gegenstände des Alltagsgebrauchs, sie gelten als konservativ auf der einen Seite aber auch als "archäologisches Leitfossil" auf der anderen Seite. Eine Münze kann Jahre und Jahrzehnte, in Einzelfällen sogar Jahrhunderte verwendet werden. Eine Keramik, die einmal kaputt ist, findet i.d.R. keine Zweitverwendung mehr, d.h. schon, aber nicht mehr als Gefäß sondern zerbröselt als Magerungsmaterial für neue Keramik. Manchmal gibt es auch Spuren ritueller Zerstörung, dann meist in Bestattungskontexten.
Eine ethnische Zuweisung von Keramik, wie hier behauptet, ist nicht möglich. Ich empfehle hierzu die Lektüre von Heiko Steuer, Kulturgruppen der jüngeren vorrömischen Eisenzeit zwischen Keltiké und dem südlichen Skandinavien. In: S. Möllers. W. Schlüter, S. Sievers (Hrsg.), Keltische Einflüsse im nördlichen Mitteleuropa während der mittleren und jüngeren vorrömischen Eisenzeit. Kolloquien zur Vor- und Frühgeschichte Bd. 9 (Bonn 2007) 255-263, der im Prinzip eine Bild der Keramikverteilung analog zu den Isoglossen in den Sprachen zeichnet, sprich, es gibt keine Przeworsk-Kultur und keine Jastorf-Kultur; deren Zentren seien nach Erstfundorten benannt und daher auch keine Zentren, es gibt einen fließenden Übergang von der einen zur anderen Kultur - was nicht hieße, dass er sich gegen Brüche in archäologischen Kulturen ausspräche.
Michael Meyer in Der deutsche Mittelgebirgsraum um die Zeitenwende, in Imperium - Konflikt - Mythos, Bd. III: Mythos, S. 58 - 66 spricht sich klar gegen eine ethnische Interpretation von Scherben aus und sagt recht deutlich, dass am Scherbenbefund keine Stammesgrenzen auszumachen sind.
Ist das jetzt überraschend? Nein.
Aber wie ich gewisse Leute kenne, wird der Forschungsstand von 2007 und 2009 jetzt sicherlich als hoffnungslos veraltet dargestellt.
 
Moin

Mal ne Frage eines Laien: Wie zuverlässig lässt sich eigentlich der Siedlungsraum eines bestimmten Stammes (o. Ä.) durch "einheimische" Keramiken bestimmen?
Ich stelle es mir so vor, dass es durch intensiven Tausch und Handel zwischen den Stämmen zu einer argen Vermischung gekommen sein muss!?
Taugen da eigentlich solche Keramiken als Indikator für ein bestimtes Siedlungsgebiet? :grübel:


Hallo Xander,

eine gute Möglichkeit Sippenverbände zu filtern ist die Horizontalstratigraphie von ehem. Siedlungen und Gräberfeldern. Einen groben Überblick findest du hierzu:

Gräberfeldanalyse ? Wikipedia

Natürlich gibt es auch schon mal das ein oder andere Grab in der "Fremde". Jedoch ist das nicht die Regel. Die archäometrische Keramikanalyse ist da sehr hilfreich. Siehe hierzu:

NHM Hallstatt Archeology - Keramikanalysen
 
Keramiken sind Gegenstände des Alltagsgebrauchs, sie gelten als konservativ auf der einen Seite aber auch als "archäologisches Leitfossil" auf der anderen Seite. Eine Münze kann Jahre und Jahrzehnte, in Einzelfällen sogar Jahrhunderte verwendet werden. Eine Keramik, die einmal kaputt ist, findet i.d.R. keine Zweitverwendung mehr, d.h. schon, aber nicht mehr als Gefäß sondern zerbröselt als Magerungsmaterial für neue Keramik. Manchmal gibt es auch Spuren ritueller Zerstörung, dann meist in Bestattungskontexten.
Eine ethnische Zuweisung von Keramik, wie hier behauptet, ist nicht möglich. Ich empfehle hierzu die Lektüre von Heiko Steuer, Kulturgruppen der jüngeren vorrömischen Eisenzeit zwischen Keltiké und dem südlichen Skandinavien. In: S. Möllers. W. Schlüter, S. Sievers (Hrsg.), Keltische Einflüsse im nördlichen Mitteleuropa während der mittleren und jüngeren vorrömischen Eisenzeit. Kolloquien zur Vor- und Frühgeschichte Bd. 9 (Bonn 2007) 255-263, der im Prinzip eine Bild der Keramikverteilung analog zu den Isoglossen in den Sprachen zeichnet, sprich, es gibt keine Przeworsk-Kultur und keine Jastorf-Kultur; deren Zentren seien nach Erstfundorten benannt und daher auch keine Zentren, es gibt einen fließenden Übergang von der einen zur anderen Kultur - was nicht hieße, dass er sich gegen Brüche in archäologischen Kulturen ausspräche.
Michael Meyer in Der deutsche Mittelgebirgsraum um die Zeitenwende, in Imperium - Konflikt - Mythos, Bd. III: Mythos, S. 58 - 66 spricht sich klar gegen eine ethnische Interpretation von Scherben aus und sagt recht deutlich, dass am Scherbenbefund keine Stammesgrenzen auszumachen sind.
Ist das jetzt überraschend? Nein.
Aber wie ich gewisse Leute kenne, wird der Forschungsstand von 2007 und 2009 jetzt sicherlich als hoffnungslos veraltet dargestellt.

Ich kenne den Aufsatz von Michael Meyer zum Großromstedter Horizont. Jedoch kennt dieser weder die 6 Stufen aus dem Gräberfeld von Schkopau, noch die neuen Befunde vom Gräberfeld aus Profen. Er hält sich nur an dem fest, was man schon seit über 20 Jahren wusste. Somit scheidet er als "Gewährsmann" aus. Sorry, das hilft nun wirlich nicht weiter.

Nochmal El Quijote, die Zeit bleibt nicht stehen. Warum fährst du nicht mal nach Halle in die Ausstellung, da bist du mal up to date. Ich lade dich auch ein. :D
 
Hallo Xander,

eine gute Möglichkeit Sippenverbände zu filtern ist die Horizontalstratigraphie von ehem. Siedlungen und Gräberfeldern. Einen groben Überblick findest du hierzu:

Gräberfeldanalyse ? Wikipedia

Natürlich gibt es auch schon mal das ein oder andere Grab in der "Fremde". Jedoch ist das nicht die Regel. Die archäometrische Keramikanalyse ist da sehr hilfreich. Siehe hierzu:

NHM Hallstatt Archeology - Keramikanalysen

Da steht aber gar nicht was du behauptest.
 
Hallo Xander, da ich genauso Laie bin wie du, kann ich dir die Frage einerseits nicht beantworten, andererseits haben sich gerade Experten oft getäuscht, vom Fach zu sein ist keine Gewähr auf Wahrheitsanspruch - ein echtes Dilemma. Daher versuche ich mich dem Problem nach bestem Wissen und Gewissen vorsichtig zu nähern:
in den antiken Quellen treten uns politische Akteure, handelnde Gemeinschaften in Wirtschafts - und Kulturräumen entgegen - oft ist uns aus diesen Quellen für die geschichtliche Zeit ein Wissen über Sozialstrukturen, Herrschaftschronologien, führende Familien (Königshäuser), Religionen und Kulte überliefert, im besten Fall auch sprachliche Eigenheiten (Namen) und Schriftstücke. Daher bin ich mit Heiko Steuer insofern nicht einverstanden, wenn er überspitzt formuliert, "es wandern nicht Stämme, sondern Leute" -wenn die fassbaren politischen Akteure (Stämme, Gefolgschaften, Bündnisse, gentes, Adel) damit komplett entwertet würden (dazu auch Im Inneren Germaniens, von K.Tausend 2009) - trotzdem macht er meiner Ansicht nach auf wichtige unterschätzte alltagskulturelle Phänomene aufmerksam: "die Leute" waren erstaunlich mobil, auch in der vorrömischen Eisenzeit, kulturelle und wirtschaftliche Kontakte sorgten über Siedlungsräume hinweg für kulturellen und ökonomischen Austausch (Moden, Stile, Aufstiegschancen, Marktchancen - nicht alles ist über eine politische Ereignisgeschichte zu erklären, und noch weniger sind die großen Akteure mit den Nationen des 19.Jahrhundert zu vergleichen, oder einem Clash of Cultures z.B. zwischen "germanischer" Jasdorfkultur und "keltischer" Latenekultur.
So verstehe ich die Kritik am Kulturenbegriff z.B. von Heiko Steuer.
Andererseits fällt es mir schwer, z.B. einen Wechsel der Keramik im böhmischen Becken technologisch (Drehscheibenware), der Rohstoffe (Graphitton), der Verzierungen / Dekore nicht mit einem Herrschafts/Bevölkerungswechsel in Verbindung zu bringen: natürlich war dies auch ein Zusammenbruch eines Wirtschaftsraums, kein ethnisches Phänomen, von der Oppidakultur mit ausgeprägter Arbeitsteilung/Spezialisierung, entwickelter Organisation und Zentralisierung, Münzwirtschaft und überregionalen Handelsbeziehungen (Exportproduktion) hin zu einer Subsistenzorientierten, einfachen lokalen und regionalen Produktion - politisch der Wechsel von den Boiern zum suebischen Marbod-Reich ( http://www.academia.edu/10698532/Zum_keltischen_Erbe_in_der_%C3%A4lteren_R%C3%B6mischen_Kaiserzeit_in_B%C3%B6hmen_und_Mitteleuropa )
Für den Zeitraum und geographischen Raum - ich weiss eigentlich immer noch nicht, worauf die fundgeschichtliche Argumentation von Hermundure hinausläuft -der oben angesprochen ist (thüringisches Becken, frühe Kaiserzeit/spätaugusteisch) ist die Lage jedoch verwickelter: haben sich dort die Hermunduren latenisiert, unter kulturellen Einfluss der "Rheinwesergermanen" (so im Reallexikon der germanischen Altertumskunde 2004 zum Gräberfeld Schlotheim, latenisierte Keramik im Gräberfeld Schopkau)? Oder eroberten Cherusker das Gebiet, dehnten ihren politischen Einfluss über eine keltisch geprägte Bevölkerung aus (Klaus Grote 2002)? Oder entsteht hier die rheinwesergermanische Kultur auf einheimischer Basis (Peschel, 1978)? Oder waren die Chatten die Träger der rheinwesergermanischen Kultur in Thüringen (Behm-Blanke 1973)? Oder die Hermunduren (von Uslar, 1938)?
Und wie lässt sich dann erklären, dass viele Siedlungen konstant besiedelt wurden, Gräberfelder konstant belegt sind ab Latene D2, und trotzdem ihre Verzierungsformen und Grabinventare veränderten (kein Bevölkerungsabbruch?oder Wechsel?)? Waren sie einfach ökonomisch verarmt? Was unterschied elbgermanische Kultur und rheinwesergermanische Kultur? Vielleicht nur die ökonomische Situation? Es müßte schließlich die Frage gestellt werden, worin der eigentliche Unterschied zwischen elbgermanischer und rheinwesergermanischer Kultur besteht, wenn nicht im wesentlichen in unterschiedlichen Gefäßformen und Verzierungselementen (Dusek, 1987).
Und was hat das jetzt mit den Römern zu tun?
 
Zuletzt bearbeitet:
Nochmal El Quijote, die Zeit bleibt nicht stehen. Warum fährst du nicht mal nach Halle in die Ausstellung, da bist du mal up to date.

Danke, ich bin auch so up to date.

"Traditionell wird in Westfalen der Übergang von der späten Eisenzeit zur römischen Kaiserzeit als 'Übergangszeit' bezeichnet, die etwa um die Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. beginnt. Sie wird charakterisiert durch 'Keramik elbgermanischer Prägung', d.h., durch das Aufkommen neuer, in der Region fremder Formen, deren Wurzeln im Elbegebiet liegen. Keramische Leitformen sind hierbei die sogenannten Situlen [...] In den letzten Jahren zeichnet sich immer mehr ab, dass diese Formen in Westfalen stellenweise schon früher, vor der Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. [...] erscheinen." (Sicherl)

"Mag eine Identifizierung von archäologischen Regionalgruppen mit den Namen in späteren antiken Quellen bezeugter politischer Einheiten aus Sicht der antiken Geographie interessant sein, so kann sie doch aus methodischer Sicht in den seltensten Fällen gelingen." (Sicherl)
 
Guten Morgen Biturigos,

wir wissen durch die "einheimische" Keramik aus der Siedlung von Waldgirmes (Rasbach 2013), dass ein Teil davon mit der vom Gräberfeld Schlotheim identisch ist. Bekanntlich wurde Waldgirmes 4/3 v. Chr. gegründet bzw. angelegt. Heißt also im Umkehrschluss, dass das westliche Thüringen schon kurz vor der Zeitenwende zum Rhein-Weser-Germanischen Horizont gehörte. Das zeigt auch der Belegungsplan des Gräberfeldes. Im frühen B1a fand ein Wechsel im Gräberfeld statt.
Ich habe Frau Rasbach angeschrieben, das ist ihre Antwort:
Sehr geehrter Herr B. ,
Die Keramik in Waldgirmes steht noch am Beginn der Entwicklung der Rhein
wesergermanischen Kultur. Von einer ethnischen Zuweisung würde ich
dringend abraten. Dazu wissen wir einfach zu wenig.
Mit besten Gruessen
Gabriele Rasbach
 
Kalkriese

Hallo,
nehmen wir mal Kalkriese als Ort DER Varusschlacht an :
wo ? hat dann Cäcina einen auf die Mütze gekriegt ????
mfG
oldhenry
 
Hallo,
nehmen wir mal Kalkriese als Ort DER Varusschlacht an :
wo ? hat dann Cäcina einen auf die Mütze gekriegt ????
mfG
oldhenry


Bei einer solchen Fragestellung juckt es mir in den Fingern, die folgende Antwort zu schreiben:

Dann hat Cäcina woanders einen aufe Mütze gekriecht.:devil:

Aber ernsthaft: der Raum, in dem die Schlachten stattgefunden haben könnten, ist ziemlich groß, seitdem ist ziemlich viel Zeit vergangen und ziemlich viel an Spuren ist in den über 2000 Jahren vergangen.
 
Hallo,
nehmen wir mal Kalkriese als Ort DER Varusschlacht an :
wo ? hat dann Cäcina einen auf die Mütze gekriegt ????

Nach Tacitus südlich oder westlich der Ems. Ich habe da vor kurzem mal eine Karte erstellt:

Suchgebiet Pontes Longi.jpg

Die Karte basiert auf der Annahme, dass der Treff- und Trennungspunkt von Caecina und Germanicus zwischen Greven und Lingen lag.
 
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