Hallo Udo,
für Waldgirmes, Haltern und Kalkriese gibt es zwar keinen postvarianischen Münzhorizont, jedoch für erstere beide stratigraphische Anhaltspunkte, die man in die Überlegungen der Feldzüge 10/11 n. Chr. unter Tiberius und Germanicus mit in Betracht ziehen muss - die limites des Tiberius. Denn in Waldgirmes hatte man ein bronzenes Fragment der Statue unter einer erneuerten Straßendecke gefunden (Rasbach 2013). In Dorsten-Holsterhausen (Kühlborn 2009) schneidet ein Spitzgraben die alte Straße. Beides zeigt an, dass irgend jemand
nach Varus nochmal da gewesen sein muss. Das Münzspektrum ist noch das selbe wie zu Varus. Das ändert sich erst 14/15 n. Chr. im rechtsrheinischen. Wir wissen über die Feldzüge des Tiberius im Jahre 10/11 n. Chr. so gut wie gar nichts. Cassius Dio sagt, dass man sich nicht weit vomRhein weg getraut hat (C. Dio Buch 56 - 25). Jedoch sagt Velleius wiederum, dass man zu WASSER und zu LANDE der Feinde Macht erschütterte (Vell. II - 121 für das Jahr 10 n. Chr.).
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Grüße
Dass Tiberius einige Schauplätze besucht hat, steht außer Zweifel. Es gibt Anhaltspunkte die dafür sprechen:
"Als er im nächsten Jahr (11 n. Chr.) sich wieder nach Germanien begeben hatte und bemerkte, das Varus' Niederlage eine Folge der Verwegenheit und Unbedachtsamkeit des Anführers gewesen war, tat er keinen Schritt anders, als auf Beschluss des Kriegsrates..."
Sueton, Tiberius - 18
Die Niederlage des Varus wurde also untersucht - nämlich ein Jahr zuvor (10 n. Chr.).Für die Leitung der Untersuchung hatte man Tiberius beauftragt. Das eigentliche Schlachtfeld hatte dieser dabei nicht besucht, dass hätte Sueton gesagt. Aber er war im BRUKTERERLAND (Ems und Lippe).
"Doch fehlte nicht viel, dass er mitten im Glück von einem Brukterer ermordet wäre..."
Sueton, Tiberius - 19
Somit könnten es auch Truppenteile des Tiberius gewesen sein, die die kläglichen Überreste der armen Teufel 2 Jahre später bei Kalkriese beerdigten.
Das Tiberius bei der Beerdigung der Leichenteile nicht selbst Hand angelegt hatte (im Gegensatz zu Germanicus), geht aus Tacitus hervor. Denn ein Imperator und Augur hatte diese Aufgabe nicht zu übernehmen (O-Ton Tiberius laut Tacitus). Somit können die
wenigen Gegenstempel IMP L (Lituus) auch von den Truppen des Tiberius stammen (Haltern, Kalkriese). Jener war bekanntlich auch Imperator und Augur.
Neben Tacitus sagt auch Sueton, dass die Gebeine der Gefallenen aus der Varus-Schlacht unter einem Hügel bestattet wurden:
"Um die alten zerstreuten Gebeine derer, welche in der Varusschlacht gefallen waren, unter
e i n e m Grabhügel zu bestatten, begann er <Germanicus> zuerst
mit eigener Hand sie aufzulesen und zusammen zu tragen. Selbst gegen seine Kritiker <Tiberius>, wer sie auch waren (Tiberius konnte Sueton nicht als solchen darstellen - Majestätsbeleidigung posthum), und wie bedeutend auch der Anlass, war er milde..."
Sueton, Caligula - 3