Steinzeit-OP auf Amrum

dekumatland

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Damals war Amrum noch keine Insel: der Patient, von dem hier berichtet wird, musste also nicht als solutreischer Inselhopper;) (siehe dort) hierher kommen.

In den 50er Jahren gaben die Dünen ein Großsteingrab frei. Heute ist es Bestandteil eines archäologischen Parks, der prima ausgeschildert/erläutert ist und den Besucher auf eine Zeitreise durch die Dünen mitnimmt. Das Steinzeitgrab mit der Schädeltrapanation ist Bestandteil dieses historisch-archäologischen "Lehrpfads".

Angehängt ein paar Fotos von der Beschilderung und dem Grab.
 

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Das Thema Trepanation fand ich schon immer schaurig-faszinierend http://www.geschichtsforum.de/232025-post12.html

Die gängigste Begründung ist die, dass sie angewandt wurde, um den Schädel bei Kopfverletzungen von Innendruck zu entlasten. Andererseits sehe ich auch eine Parallele zu z. B. südamerikanischen Praktiken der Schädeldeformation, um die Zugehörigkeit zur Adels- bzw. Priesterkaste zu dokumentieren. Dabei habe ich die Frage aufgeworfen, ob die Trepanation nicht auch die Gehirnfunktionen verändern könnte, was für Priester / Schamanen für die Ausübung ihres Amtes hilfreich sein könnte.

Kann jemand etwas zu dem Thema beitragen ?
 
um die Zugehörigkeit zur Adels- bzw. Priesterkaste zu dokumentieren. Dabei habe ich die Frage aufgeworfen, ob die Trepanation nicht auch die Gehirnfunktionen verändern könnte, was für Priester / Schamanen für die Ausübung ihres Amtes hilfreich sein könnte.
was die steinzeitlichen ausgesägten/gebohrten Löcher in Schädeln betrifft, so glaube ich nicht, dass damit Adelszugehörigkeit demonstriert werden sollte: denn dieses Auswahlverfahren war ja nur zu knapp über 50% der Eingriffe erfolgreich (wenn man damit rechnen muss, dass beinah die Hälfte aller Schädelloch-Adels-Aspiranten den steinernen OP-Tisch nicht verlassen...)
 
was die steinzeitlichen ausgesägten/gebohrten Löcher in Schädeln betrifft, so glaube ich nicht, dass damit Adelszugehörigkeit demonstriert werden sollte: denn dieses Auswahlverfahren war ja nur zu knapp über 50% der Eingriffe erfolgreich (wenn man damit rechnen muss, dass beinah die Hälfte aller Schädelloch-Adels-Aspiranten den steinernen OP-Tisch nicht verlassen...)

Das ist ein guter Einwand, aber man müsste auch abschätzen können wie häufig der Eingriff war und welchen Aufwand er darstellte.
 
Gerade das könnte doch als "Beweis" gewertet worden sein, dass die Überlebenden den höheren Mächten gefällig sind ... Und falls es um die Auswahl von Priestern ging, meldeten sich die Kandidaten vielleicht nicht freiwillig.
Aber ich bin kein Freund von Spekulationen. Genau wird man es nie wissen. Ich habe einmal gelesen, dass man damit bösen Geistern, die chronische Kopfschmerzen (für die in Wahrheit z. B. ein Tumor verantwortlich war) verursachten, das Entweichen ermöglichen wollte. Das ist natürlich auch nur Spekulation.
 
Gerade das könnte doch als "Beweis" gewertet worden sein, dass die Überlebenden den höheren Mächten gefällig sind ... Und falls es um die Auswahl von Priestern ging, meldeten sich die Kandidaten vielleicht nicht freiwillig.
Aber ich bin kein Freund von Spekulationen. Genau wird man es nie wissen. Ich habe einmal gelesen, dass man damit bösen Geistern, die chronische Kopfschmerzen (für die in Wahrheit z. B. ein Tumor verantwortlich war) verursachten, das Entweichen ermöglichen wollte. Das ist natürlich auch nur Spekulation.

Es könnt auch sein, dass ein medizinischer Nutzen vorhanden war.
Heute macht man z.B. um ansonsten tödlichen Hirndruck aufgrund einer zerebralen Verletzung abzubauen.
Der Steinzeitmensch mit seinem Schädel ja recht oft in eine "Keule" hineingelaufen.
Jetzt bräuchten wir noch einen Mediziner..:)
 
Was für chirurgische Verfahren sind denn überhaupt bekannt, welche mit einfachsten Techniken durchgeführt wurden ?
Mir fällt da nur ein dass in Afrika Ameisenkiefer verwendet wurden um Wundränder zu schließen. Man presste die Wunde zusammen und drückte Ameisen so dagegen, dass die Kiefer beim Beißen die Wundränder schlossen. Dann wurde der Kopf abgepetzt und die Kiefer hielten weiter zusammen. So etwas hat ein Steinzeitvolk sicherlich auch beherrscht.

Aber eine Schädeltrepanation? Kann man von außen einem Schädel überhaupt anmerken dass er hohen Innendruck hat ?
 
Von allein werden die Löcher kaum entstanden sein, und soweit ich weiß, kann man auch feststellen, dass sie nicht erst post mortem gemacht wurden.
 
ja sicher. Anhand von Heilungsspuren der Wundränder geht das vorzüglich. Ich frage mich nur wie man ein solches Verfahren entwickelt hat. Irgendwie muss ja mal jemand auf die Idee gekommen sein dass man einem schwerstverletzten helfen kann indem man ihm ein Loch in den Kopf macht.
 
Was für chirurgische Verfahren sind denn überhaupt bekannt, welche mit einfachsten Techniken durchgeführt wurden ?
Mir fällt da nur ein dass in Afrika Ameisenkiefer verwendet wurden um Wundränder zu schließen. Man presste die Wunde zusammen und drückte Ameisen so dagegen, dass die Kiefer beim Beißen die Wundränder schlossen. Dann wurde der Kopf abgepetzt und die Kiefer hielten weiter zusammen. So etwas hat ein Steinzeitvolk sicherlich auch beherrscht.

Aber eine Schädeltrepanation? Kann man von außen einem Schädel überhaupt anmerken dass er hohen Innendruck hat ?

Gute Frage.
Kann man sich vorstellen.
Wenn der "Steinzeitpatient" eine Kopfverletzung erleidet und dann schielt und kotzt und aphatisch wird, dann könnte, falls er kann, ein Zeitgenosse die richtige Diagnose stellen. Denkbar wäre das.

@Ravenik,
ich denke Spekulieren macht schon Spass, wenn die Spekulation erkennbar bleibt.
 
Was für chirurgische Verfahren sind denn überhaupt bekannt, welche mit einfachsten Techniken durchgeführt wurden ?
Eben, ich sehe hier auch eine große Lücke. Was ist denn das für eine Medizin, in der Blinddarmoperationen unbekannt sind (vermute ich mal), in der man aber Operationen am offenen Schädel durchführt ?
 
Dass sie durchgeführt wurden, ist doch wohl unbestreitbar, ebenso dass zumindest manche Patienten den Eingriff überlebt haben (Heilungsspuren). Die Frage ist allein die nach dem Sinn.
 
Eben, ich sehe hier auch eine große Lücke. Was ist denn das für eine Medizin, in der Blinddarmoperationen unbekannt sind (vermute ich mal), in der man aber Operationen am offenen Schädel durchführt ?

Steinzeitmedizin?
Kann man vielleicht mit dem damaligen Werkzeug leichter einen Schädel öffnen als einen Blinddarm herausschneiden?
Und wie ist das heute? Was ist schwerer zu bewerkstelligen?
Sehr "amüsant", wenn man das so nennen darf, finde ich das Trepanationsbesteck von 1750.
Die erste Blinddarm-OP fand laut Wiki 1735 statt.

Hätte sie allerdings in der Steinzeit stattgefünden, so gäbe es hierfür keine Zeugnisse.
 
Trepanation

Hallo

Ich würde mal in die Richtung spekulieren, das die Vorstufe der Trepanation um bei Hirntraumata den Innendruck zu lindern, offene Schädelfrakturen waren, die man gesäubert, bzw. aus denen man Knochensplitter entfernt hat. Von da ist es nicht mehr weit, aktiv am Schädel zu operieren.

Kann man vielleicht mit dem damaligen Werkzeug leichter einen Schädel öffnen als einen Blinddarm herausschneiden?
Und wie ist das heute? Was ist schwerer zu bewerkstelligen?
Beides sollte mit den kleinen Steinklingen kein Problem sein, nur ob sie
a. eine Blinddarmentzüdnung von einem Blähbauch untercsheiden konnten und den Blinddarm operieren würden, wage ich zu bezweifeln, da ist das oberflächige Rumschnibblen am Schädel und am Gehirn einfacher als im Bauchbereich, da sind dann nämlich Haut, Fazien und Muskeln wieder zusammenzunähen, vom Nähen des Blinddarms, bzw der Hygiene im Bauchraum will ich jetzt mal außen vorlassen (wenn sich nämlich der Inhalt des Blinddarms in die Bauchhöhle erhießt, Prost Mahlzeit, Penezillin kannten die Neandertaler noch nicht.


mfg
schwedenmann
 
Hallo

Ich würde mal in die Richtung spekulieren, das die Vorstufe der Trepanation um bei Hirntraumata den Innendruck zu lindern, offene Schädelfrakturen waren, die man gesäubert, bzw. aus denen man Knochensplitter entfernt hat. Von da ist es nicht mehr weit, aktiv am Schädel zu operieren....
Ja, so könnte das gelaufen sein.
Wir wissen ja auch nicht, wie viele der Patienten (ob genesen oder nicht) tatsächlich einer solchen OP bedurften.
Man denke da an den Aderlass, der sich so hartnäckig im Repertoir hielt.
 
ich konnte es mir zuerst überhaupt nicht vorstellen, das in der Steinzeit Trepanationen durchgeführt wurden. Ich denke, diese wurden aus kulturellen Gründen durchgeführt, um Dämonen entkommen können, die im Körper ihr "Unwesen" treiben (hab ich im Netz gelesen, weiß aber nicht, ob es stimmt).
Ich frage mich nur, mit welchen Gegenständen sie die Schädel geöffnet haben, sicher nicht mit Faustkeilen... Ohjee... welchen Schmerz muss wohl der Betroffene bei diesem Vorgang ausgestanden haben!
 
Ich denke, diese wurden aus kulturellen Gründen durchgeführt, um Dämonen entkommen können, die im Körper ihr "Unwesen" treiben (hab ich im Netz gelesen, weiß aber nicht, ob es stimmt).
Ob das stimmt, kann man gar nicht wissen, da es nunmal leider keine zeitgenössischen Aufzeichnungen gibt, in denen der Sinn der Prozedur beschrieben würde. Somit kann man gar nicht mehr als mutmaßen. Aber wenn es um die Prähistorie geht, wird gerne alles mit Kult, Schamanismus und Geistern in Verbindung gebracht - ob zu recht oder zu unrecht, bleibt offen.
 
Ja mit "Faustkeilen" war mehr humoristisch gemeint. Ich hätte da einen Smilie setzen sollen...
Diese Prozedur wurde ja angeblich mit einer schmalen, scharfen Klinge oder mit einem kräftigen Schaber ausgeschlagenen Feuerstein durchgeführt.
Doch noch immer kann ich es mir nicht so recht vorstellen, das Trapanationen in der Steinzeit wirklich durchgeführt worden sind... Hhmm...:confused:

EDIT:
@ Dekumatland: Danke für den Link. Hab ich gelesen.
 
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