Was für chirurgische Verfahren sind denn überhaupt bekannt, welche mit einfachsten Techniken durchgeführt wurden ?
Mir fällt da nur ein dass in Afrika Ameisenkiefer verwendet wurden um Wundränder zu schließen. Man presste die Wunde zusammen und drückte Ameisen so dagegen, dass die Kiefer beim Beißen die Wundränder schlossen. Dann wurde der Kopf abgepetzt und die Kiefer hielten weiter zusammen. So etwas hat ein Steinzeitvolk sicherlich auch beherrscht.
Aber eine Schädeltrepanation? Kann man von außen einem Schädel überhaupt anmerken dass er hohen Innendruck hat ?
Indirekt bestimmt. Mit evt. nem Schlag auf oder Wunde am Kopf und wenn die Schmerzen zunehmen oder intellektuellen Fähigkeiten schwinden, kann man dann schon - auch ohne moderne Medizin aber lange tradierten vorsgeschichtlichen "medizinischen" Kenntnissen annehmen, dass da ein Innendruck im Schädel besser abgeführt werden sollte, als dass der Mensch direkt stirbt. - Unsere vorgeschichtlichen Vorfahren waren nicht blöd, nur weil sie keine Smartphones oder medizinische Apparaturen mit einem "Bling" kannten. - Sie waren im größeren Maße mit natürlichen Überlebenstechniken vertraut als der/die heutige Elftklässler/in oder der Lehrkörper (oder - sorry - der Historiker) in Deutschland.
Techniken für die Trepanation? Seit der Steinzeit? (Ja, auch erfolgreich steinzeitlich, also Patient/in überlebte) - Guck mal in die archäologische Literatur. Da gibt es eine ganze Menge entsprechender Befunde in der Vorgeschchte.
Nachgewiesen sind mindestens folgende Techniken:
1. Schaben
Die Schädelhaut wurde um das zu trepanierende Areal herum (Steg stehen lassen) eingeschnitten und aufgeklappt. Das Trepanationsloch im Schädelknochen wurde durch Abschaben des Knochens durch einen scharfen Gegenstand (z. B. Feuersteinklinge) erreicht. - Hinweis: Das Loch ist Außen größer als Innen, weite Trichterform und Schabespuren weisen auf die Schabetechnik hin. Es gab Langzeitüberlebende.
2. Bohren
Vorbereitung der Schädelhaut wie oben.
Das Trepanationsloch (oder teilweise in Befunden auch mehrere Löcher) wurde/n mit Hilfe von Hohlbohreren aus der Schädeldecke rausgebohrt.
Teilweise gibt es Hinweise, dass mehrere Bohrungen nebeneinanderlagen und damit das Loch in der Schädeldecke auf diesem Weg vergrößerten.
Auch hier gibt es Hinweise auf Langzeitüberlebende.
Sägen oder Schneiden war eher nicht so gefragt, könnte im Einzelfall bei Schädelverletztungen aber auch gemacht worden sein.
Übrigens - Auch wenn es nicht die Trepanationen selbst betrifft: Zumindest im Frühmittelalter gibt es einige Skelettfunden von Männern, die Jahrzehnte vor ihrem Tod eine gewaltsame Verletzung des Schädelknochens durch Beil oder Schwert erfahren hatten und überlebten.
Steigt einfach mal in die Archäologie ein - reine Historie allein bringt gar nichts - erst recht nicht für diese Zeit. Ihr stellt da oft nur Fragen, die von der Archäologie (teilweise seit Jahrzehnten) beantwortet werden können.
VG
Nemetona