Mashenka
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Ok, da hab ich den Artikel der Uni Heidelberg missverstanden: Anders verhält es sich in Grünpecks Werk "Speculum naturalis" aus dem Jahr 1508. Die Themen dieses Traktates sind Endzeitprophetien und flammende Mahnungen zur Umkehr – Kreuzeszeichen werden im Text nicht eigens erwähnt. In einer Illustration aber begegnen sie uns…. Denn weiter schreibt die Autorin: …vermag doch der wortgewaltige Prophet die Zeichen just zum Höhepunkt seiner Predigt heraufzubeschwören. Da ist mir nicht in den Sinn gekommen, diesen »Höhepunkt« bereits vor dem Kapitel zum Prediger zu suchen. Im betreffenden Kapitel zum Bild konnte ich jedenfalls immer noch keinen Kreuzregen ausmachen (hab’s aber auch nur schnell überflogen). Wie dem auch sei, der Kreuzregen wird in einem vorhergehenden Kapitel im Werk tatsächlich erwähnt, weshalb Du aber nicht gleich wieder spöttisch werden musst:Natürlich erwähnt Grünpeck den Kreuzregen, im selben Buch.
Im Gegensatz zu Dir stelle ich keine Behauptungen auf, die auf dem Bild nicht zu sehen sind. Dies also umzukehren, anstatt zuzugeben, dass ja, da muss man schon einiges anders sehen als dargestellt, um den Bezug zum Text herzustellen, ist schlicht eine Unterstellung, um dem Vorwurf nicht selber begegnen zu müssen. Ich hab hier (#136) all die Punkte aufgeführt, deren falsche Darstellung man »behaupten« muss, um das zu sehen, was im Text steht.Zur "Stärkung" Deiner Fantasien stellst Du schon wieder eine erfundene Behauptung auf, die schlicht falsch ist.
Behauptungen hin oder her, wir versuchen hier nichts anderes, als ein Bild zu interpretieren. Wir können es aber auch lassen und auf den Tisch klopfen und sagen, wenn’s Grünpeck schreibt, muss es auch stimmen. Eine Bildbetrachtung ist das jedenfalls nicht.
Es ist klar, dass die Bildversion von 1522 direkt zum Text umgestaltet worden ist, wobei eine beabsichtigte Aktualisierung der Zustände im Bild nicht ausgeschlossen werden kann. Korrekturen sind jedenfalls offensichtlich. So wird z.B. auch das Segelhalten betont, während die Figur offensichtlich umgestylt wurde.Eine Interpretation der Figur als Reformator - es sei dahingestellt, ob Luther oder ein anderer - ist nicht zu rechtfertigen, wenn man das Bild als das nimmt, was es ist: Eine begleitende Illustrierung des Textes.
Wir sind, glaube ich, uns wenigstens darin einig, dass es sich beim Segelhalter um eine Schlüsselfigur handeln muss. Anscheinend hat man dies auch in 1522 so gesehen, was die Änderung der Figur bestätigt. Sie muss also eine wichtige Figur darstellen, die imstande war, das Schicksal zu lenken (ob es sich um eine best. Person handelt, oder nicht, sei dahingestellt). Was verbietet im Text die Annahme eines Reformators (solange man dies auch als Vermutung darstellt)? Oder hab ich wieder was nicht gelesen, während da genau ausgeführt wird, wer unser Segelhalter sei? Eine Behauptung, dass der Mann am Segel unwichtig sei, da im Text nicht erwähnt, wäre eine falsche Auslegung des Bildes.
Übrigens: wie wichtig das Halten des Segels in Nürnberg gewesen ist, verdeutlicht auch die oben gepostete Darstellung Dürers vom Narrenboot. Da lässt der Narr das Tauwerk einfach im Wind flattern. Die Symbolik wird auch hier eingesetzt.