Die Gründung Roms

Es sei denn, man fasst den Begriff 'Region' größer, als ich es hier tue...

Sicher muss der Begriff noch sehr, sehr überschaubar gefasst werden. Die kaum 20 km entfernte Nachbarstadt Veii war noch lange eine sehr ernstzunehmende Konkurrenz und wurde erst um 396 v. Chr. niedergerungen.

Die Überlieferungen aus römischer Frühzeit sind im Detail wenig vertrauenswürdig, den einen oder anderen wahren Kern können wir ihnen aber zugestehen.

Wenn die Küste bei Ostia "schon immer" zu Rom gehört hätte, wäre schwer zu erklären, warum Livius (1,33) schreibt, dass die Gegend erst von Veii erobert werden musste:

"Silva Maesia Veientibus adempta usque ad mare imperium prolatum et in ore Tiberis Ostia urbs condita, salinae circa factae..."

(Indem man den Veientern den Maesischen Wald wegnahm, wurde der Machtbereich bis zum Meer vorgeschoben, und an der Tibermündung wurde die Stadt Ostia gegründet und Salinen darum herum angelegt.)

Auch in späterer Zeit muss die römische Kontrolle dieses Gebiets zumindest gefährdet gewesen sein (Liv. 7,19):

"cognitum est depopulatum agrum circa Romanas salinas praedaeque partem in Caeritum fines avectam"

(es wurde bekannt, dass die Gegend um die römischen Salinen geplündert und ein Teil der Beute ins Gebiet der Caeriten weggeschafft worden war.)
 
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In Bringmann "Geschichte der römischen Republik" (Beck, 2002) steht im ersten Kapitel dies präzise
"Unter Stadt ist hier nicht die amorphe Masse von Einzel - und Streusiedlungen verstanden, die sich seit dem 10.Jahrhundert (anscheinend schon früher, Bitu) über die Hügel verteilten, sondern die Organisation der Bürgerschaft um einen religiösen und politischen Mittelpunkt, der einen sichtbaren Niederschlag in Gestalt von öffentlichen Bauten, wie Tempeln, Versammlungsstätten und Amtsgebäuden, sowie Brücken, Entwässerungsanlagen und Wegen gefunden hat.
Die dünkt mir eine Überspitzung des Begriffs "Stadt". Wesentliche Aspekte - Handel, Gerichtswesen, Religion, Selbstverwaltung/ Wahl politischer Führer etc. - können auch im Freien stattfinden. Dies war bei Germanen, Kelten, selbst Griechen und republikansichen Römern, der Fall (und in Appenzell bis in die 1980er). Wer einen Vieh- oder Pferdemarkt pflastert, oder gar in eine Markthalle verlegt, ist ziemlich blöd (die Münchener Wiesn und das Hamburger Heiligengeistfeld tragen ihre Namen nicht grundlos).
Erst Verschriftlichung schaft den Bedarf an wetterfesten Aufbewahrungsorten für die Dokumente (soweit nicht in Ton gebrannt). Natürlich war Verschriftlichung ein kultureller Quantensprung, der dann u.a. zum Bau von Archiven, Amtsgebäuden, Tempeln für "heilige Schriften" etc. führte. Aus dem Mangel solcher Gebäude aber auf fehlende urbane Funktionalität im oben beschriebenen Sinn zu schließen, halte ich als gelernter Wirtschaftsgeograph für ungerechtfertigt [Architekten mögen ein anderes Verständnis von "Stadt" zugrundelegen - dies sei ihnen unbenommen].
Augusto, eine städtische Verdichtung würde auf eine sich entwickelnde soziale Differenzierung schließen lassen, Handwerkerviertel, von Menschen, die keine landwirtschaftliche Produktion mehr betreiben, in späterer Zeit eine "Proletarisierung" der städtischen Bevölkerung.
Solche Differenzierung ist in der späten Bronze- frühen Eisenzeit im südlichen Latium und den Albaner Bergen, zu beobachten, siehe meinen Post weiter oben. Ich denke, die Annahme, der Siedlungskern von Rom hätte ähnliche Entwicklung genommen haben, ist gerechtfertigt. Archäologische Belege für städtisches (Metall-)Handwerk auf den Hügeln scheinen allerdings noch zu fehlen.
Du hast oben eine äthiopische Stadt als Beispiel genommen, wenn nicht konkrete archäologische Funde (ja, Pfostenlöcher ;) ) vorliegen, ist dies theoretisch.
Zu dem äthiopischen Beispiel sollte ich vielleicht noch ergänzen, daß, wer in Bahir Dar die richtigen Orte kennt (was bei unserem Fahrer der Fall war), dort abends und nachts ziemlich viel Spaß in "Tavernen" mit selbtgebrautem Teff-Bier und Livemusik (scat-artiger Gesang zu Sitar/Laute und Handtrommeln) haben kann - eine urbane Funktion, die archäologisch schwer aufspürbar ist.
Pfostenlöcher: Ich bin mir nicht sicher, wie weit/ab wann diese zu erwarten sind. Der in den Pressemeldungen (Links von divico u.a.) angeführte eisenzeitliche Baustil (reetgedeckte Grubenhäuser mit Pfostensetzungen) scheint mir mir mitteleuropäisch, und kam vermutlich erst mit den Urnenfeld-Leuten über die Alpen. Die sind ab dem 9. Jhd. v. Chr. in Norditalien gut belegt. Das 12.-9. Jhd. v. Chr. zeigt sich in der Poebene praktisch ohne Siedlungsbefund. Entweder hockte dort wirklich niemand, was ich aufgrund von Verkehrslage, Agrarpotential und dem ab dem 9. Jhd. einsetzenden kulturellen "Boom" für unwahrscheinlich hielte. Oder es wurde mit archäologisch fast spurenlosem Material wie z.B. getrockneten Lehmziegeln gebaut. In letzterem Fall, und unter der Annahme, daß der Urnenfeld-Einfluß etwas Zeit auf dem Weg vom der Poebene nach Latium brauchte, sich dort vielleicht auch nur beschränkt durchsetzte, wäre nicht mit allzuvielen Pfostenlöchern zu rechnen.
[Hierzu als Anmerkung, daß ich alles andere als Experte für das spätbronzezeitliche/ früheisenzeitliche Italien bin, und ich mich gerne anders/ besser belehren lasse].
Schau dir mal unten eine Rekonstruktion anhand der Funde von Manching an, eines der flächenmäßig größten zentralkeltischen Oppida, die Stadtstrukturen erkennen lässt, und daher trotz einer Größe von 380 Hektar und 7,2 km Stadtmauer nur 5000 bis 10000 Einwohner hatte.
Da das früheisenzeitliche Rom auch noch mit diversen ungünstigen Siedlungsvorausetzungen zu kämpfen hatte, der Kapitol ist z.B. sehr steil, die Täler waren versumpft, und mussten erst planiert und entwässert werden, kann meiner Ansicht nach von einer Siedlungshöchstfläche nur schwer hochgerechnet werden, wieviele Menschen dort lebten.
Du hast schön die Gründe angeführt, warum Manching und das frühe Rom nicht vergleichbar sind: Manching bezog die Handels- und Verkehrsflächen mit in die Ummauerung ein. In Rom lagen sie in der Ebene (Forum Boiarum, Tiberfurt und zu ihr führende Straßen), außerhalb des Siedlungsbereichs auf den Hügeln.
@sepiola: Veji (oder Veli) lag nördlich der Tiberfurt, und stritt sich natürlich mit Rom um Kontrolle derselben. Südlich bzw. östlich des Tibers hatte Rom schenbar wenig ernstzunehmende Konkurrenz.
Das Tiberdelta umfaßte diverse für Salzabbau genutzte Lagunen. Daß man sich um die entlang des Tiber-Nordarms zeitweise mit Veji bzw. den Etuskern stritt, ist nachvollziehbar, stellt aber römische Kontrolle der weiter südlich im Delta gelegenen Salinen nicht grundsätzlich in Frage.
Klar ist, daß die Ankunft der Etrusker etwa im 8. Jhd. v. Chr. zu wesentlichen Machtverschiebungen im westlichen Mittelitalien führte. Auch das frühe Rom stand ja zeitweise unter etruskischer Herrschaft. Rückschlüsse über die späte Bronze-/ frühe Eisenzeit, vor Ankunft der Etrusker, kann man aus dem römisch-etruskischen Komlikt aber kaum ableiten.
 
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Die dünkt mir eine Überspitzung des Begriffs "Stadt". Wesentliche Aspekte - Handel, Gerichtswesen, Religion, Selbstverwaltung/ Wahl politischer Führer etc. - können auch im Freien stattfinden.

Da kann ich nur zustimmen.
Wie sollen wir nun "Stadt" definieren?
Das ist tatsächlich keine triviale Frage, zumal wenn zur Beurteilung nur archäologische Befunde zur Verfügung stehen und sonst nichts.

Wenn wir auf eine Definition verzichten, können wir natürlich ganz nach Gutdünken jede grüne Wiese zum "urbanen Zentrum" erklären, nur weil dort die Möglichkeit besteht, sich zu beliebigen Zwecken zu versammeln.

Die Problematik ist beschrieben bei Urban Sprawl: What is Urbanization and Why does it Matter? (In: Mediterranean Urbanization 800-600 BC - Proceedings of the British Academy 126 - Oxford, New York 2005)

Sprawl verwendet eine (in eigenen Worten) minimalistische Definition und sagt:

"What is important about towns is not that they necessarily do or involve any thing in particular, but that they make possible a whole range of economic, social, and political activities which cannot be managed, or managed as effectively, in other forms of settlement. Those possibilities are released not by particular types of bureaucracy, literacy, or footwear, but by the fact of a relatively large population being gathered relatively densely."

Es gibt also keine Einzelmerkmale, die eine Stadt definieren (bestimmte Formen von Bürokratie, Alphabetisierung oder Schuhwerk), sondern eine ganze Bandbreite von wirtschaftlichen, sozialen und politischen Aktivitäten, die insgesamt nur in einer Siedlungsform mit relativ hoher Bevölkerungszahl und Bevölkerungsdichte richtig funktionieren können.

Im Fall des vorgeschichtlichen Rom liegen bislang keine seriöse Angaben zur Bevölkerungszahl und Bevölkerungsdichte vor.
Rom von vornherein zur urbanen Siedlung zu erklären und daraus Bevölkerungszahl und -dichte "hochzurechnen", ist keine Methode, sondern ein Zirkelschluss. Daran verbesseren auch ad-hoc-Hypothesen und aus den Fingern gesogene Behauptungen wie "Das Vieh weidete natürlich unten am Tiber" nichts.

@sepiola: Veji (oder Veli) lag nördlich der Tiberfurt, und stritt sich natürlich mit Rom um Kontrolle derselben.
Nicht nur um die Tiberfurt, sondern auch um den Küstenstreifen um Ostia. Der muss laut Livius samt dem angrenzenden Maesischen Wald unter der Kontrolle Veiis gewesn sein.

Rückschlüsse über die späte Bronze-/ frühe Eisenzeit, vor Ankunft der Etrusker, kann man aus dem römisch-etruskischen Komlikt aber kaum ableiten.
Ganz genau.
Und erst recht kann man keine Rückschlüsse über die Situation vor dem römisch-etruskischen Konflikt ableiten.
 
Egal wie groß Rom wann war, wer das Kapitol besetzte, beherrschte die Tiberquerung und damit zwei wichtige Handelswege. Damit hatte diese Stelle schon vor Gründung Roms überregionale Bedeutung. Es sei denn, man fasst den Begriff 'Region' größer, als ich es hier tue...
Tiberquerungen mit Handelswegen gab es auch an deren Stellen des Tiberlaufs, insbesondere bei der nördlich Roms am Tiber liegenden Stadt Fidenae. Von entsprechend heftigen Auseinandersetzungen zwischen Rom und Fidenae - auch im Kontext des Konflikts mit dem nahen Veii - weiß die römische Überlieferung zu berichten.

@sepiola: Veji (oder Veli) lag nördlich der Tiberfurt, und stritt sich natürlich mit Rom um Kontrolle derselben. Südlich bzw. östlich des Tibers hatte Rom schenbar wenig ernstzunehmende Konkurrenz.
Das Tiberdelta umfaßte diverse für Salzabbau genutzte Lagunen. Daß man sich um die entlang des Tiber-Nordarms zeitweise mit Veji bzw. den Etuskern stritt, ist nachvollziehbar, stellt aber römische Kontrolle der weiter südlich im Delta gelegenen Salinen nicht grundsätzlich in Frage.
Die Kontrolle Roms über den Unterlauf des Tiber südlich von Rom und seine Umgebung konnte sich erst ergeben, nachdem Rom diese Gegend "freigeräumt" hatte. Darüber wissen wir leider nicht wirklich etwas, da sogar die sagenhaften Überlieferungen kaum etwas hergeben. Ich verweise aber zunächst darauf, dass südöstlich Roms Alba Longa lag, das - zumindest der Überlieferung zufolge - die ursprüngliche Hegemonialmacht Latiums war, bis es (angeblich unter König Tullus Hostilius im frühen 7. Jhdt. v. Chr.) von Rom zerstört wurde. Für die Zeit davor allerdings sollte man in Betracht ziehen, dass vielleicht auch Alba Longa Interesse an der Tibermündung und den Lagunen hatte. Die Küstengegend selbst war natürlich auch nicht unbewohnt, dort lagen Städte wie Caere, Laurentum, Lavinium und Ardea. Wie mächtig welche dieser Städte wann mal war und eventuell die Tibermündung kontrollieren konnte, lässt sich unmöglich sagen. Wenn wir vom 10./9. Jhdt. v. Chr. sprechen, bewegen wir uns nun mal in einer Zeit, die historisch praktisch nicht fassbar ist. Somit ist es aber rein spekulativ davon auszugehen, dass Rom bzw. seine Vorgängersiedlung bereits zu dieser Zeit die Tibermündung kontrolliert und dort Salinen betrieben habe, was einen städtischen Reichtum begründen konnte. Sepiola hat dankenswerter Weise bereits darauf hingewiesen, dass sogar nach eigener römischer Überlieferung Rom erst unter König Ancus Marcius die Kontrolle über den Maesischen Wald (der bis dahin den Veientern gehört habe) und die Tibermündung erlangt habe. Historisch halbwegs zuverlässig dürfte die auch schon zitierte Information sein, dass Rom noch im Jahr 353 die Salinen nicht effektiv vor dem Zugriff Caeres schützen konnte. Bereits kurz davor, 356, hatten die Tarquinier und die Falisker die Salinen angegriffen (Livius 7,17). Auch für eine Zeit etwas früher, als Rom gerade von den Galliern erobert wurde, wird berichtet (Livius 5,45), dass die Etrusker die Situation ausnutzten und sich bei den Salinen breitmachten. Dass Rom sie zu dieser Zeit nicht schützen konnte, ist zwar klar, aber auch dieser Vorfall zeigt, dass sie begehrt und umkämpft waren. Und da willst Du annehmen, dass Rom bereits zu einer Zeit, als es seiner eigenen Überlieferung nach noch nicht einmal existierte, diese Region beherrscht hätte?
 
Da es mit den oben angesprochenen Etymologien eher zu tun hat, als mit den Pelasgern und wichtig zur Erläuterung des folgenden Posts ist, habe ich meinen folgenden Beitrag hierhin kopiert:

So, nachgeschlagen. Aus der Wortkunde von Habenstein:

§ 28: "Substantive auf -ium, abgeleitet von Adjektiven und Substantiven, haben ursprünglich begriffliche Bedeutung, dienen aber dann auch zur Bezeichnung des Ortes oder der Räumlichkeit, wo jemand sich aufhält oder seine Tätigkeit ausübt."

§ 22: "Substantive auf -ia (manche nur im Plural vorkommend) und auf -ium, abgeleitet von Verben, haben ursprünglich begriffliche Bedeutung, oft aber sinnlich faßbare Bedeutung angenommen."

Das '-tium' hatte ich mir aus einem Werk über die Geographie des Ptolemaios gemerkt. Es wurde dort analog eines Griechischen Suffix erklärt. Autor und Titel müsste ich nachsehen. Obwohl die Wortkunde älter ist, halte ich Habenstein für zuverlässiger.

Da es sich um eine Ortsbezeichnung handelt, wird nach Substantiven oder Adjektiven gesucht.

Sepiola hat in Post #2 dankenswerter Weise den Palatium-Eintrag von Wiktionary verlinkt. Dort werden

Pales, die italische Göttin der Schäfer und Herden, sowie

Palus, eine Palisaden- oder Pfahlumzäunung genannt, die mit dem von mir genannten Verb in etymologischer Verbindung steht.

Aufgrund der Sagen liegt eher Pales nahe, da von einer Mauer, nicht von einer Palisade die Rede ist und auch ein Hirtenheiligtum dort lokalisiert wird, wie im Ursprungsthread erwähnt. Ausschließen wird man Palus nicht können, da das zweite 'a' von Palatium sicher nur aus Gründen des Wohlklangs dort hin kam.
 
Angeregt durch die Erwähnung der Römischen Frühgeschichte im Etruskerthread habe ich in Niebuhrs Römischer Geschichte dazu geschmökert. Dabei fiel mir eine Bemerkung zu Pales auf:

Ihr Festtag, der 21. April galt gleichzeitig als Stiftungstag Roms. Das stärkt die Vermutung, dass der Name 'Palatium' mit ihr zusammenhängt.

Dazu fiel mir etwas zum geheimen Namen Roms auf. So einen kultischen Namen sollen ja die Etruskerstädte alle gehabt haben. Die Cicerones in Rom nennen ja gerne die Umkehrung des Namen 'Roma', also 'Amor', die Liebe, respektive der Liebesgott, während in Handbüchern gerne 'Valentia' (etwa: "von der Stärke abstammend") genannt wird.

Bekanntlich ließ die Sage die Gründung Roms zunächst kurz nach dem Trojanischen Krieg erfolgen. Dann fiel auf, dass so eine zu große Lücke entstand, in die man die wahrscheinlich fiktive Geschichte Alba Longas einfügte. In Wirklichkeit war Alba wohl nur der zentrale Kultplatz der Latiner. Eine andere Konsequenz der Mythenkorrektur war nun die Verdoppelung der Gründung Roms. Mitunter wurde erzählt, dass kurz nach dem Trojanischen Krieg schon einmal eine Stadt Rom gegründet worden war, aber wieder unterging. Mitunter wird dieses erste Rom aber auch mit anderen Namen bezeichnet. Ein Name 'Anchise' zieht z.B. einfach den Namen des Vaters des Aeneas heran und ist sicher eine späte Erfindung. Aber es wird auch der Name 'Nemoria', angeblich nach Numitor, König von Alba und Großvater von Romulus und Remus genannt.

Nur, dass 'Nemoria' soviel wie 'die Waldreiche' heißt und für Rom ja tatsächlich noch in historischer Zeit so einige heilige Haine erwähnt sind, während sonstige Orstnamen weitere Wäldchen oder Baumnamen bereithalten.

Im Gegensatz dazu ist 'Numitor', wenn ich mich richtig erinnere von 'numen', dem 'göttlichen Willen' oder 'der Gottheit' abgeleitet. Die genannte Etymologie ist also eher unwahrscheinlich.

Vielleicht kommt also eher 'Nemoria' als 'geheimer' Name Roms in Betracht.

Interessant ist dass, weil 'Roma' ein Etruskischer Name ist. Wenn aber Rom eine Latinische oder Latinisch-Sabinische Gründung ist, wie heute meist angenommen, müsste es zunächst einen anderen Namen gegeben haben.

(Niebuhr argumentiert allerdings dafür, dass Rom zunächst eine Etruskische Stadt war, bevor sich Latiner und Sabiner ansiedelten. Das entnimmt er aus Ortssagen und allgemeinen Tatsachen, wie z.B. der Macht der Etrusker zu verschiedenen Zeiten. Die Sage referiert er nur, um ihre älteste Schicht im Sinne der Literaturgeschichte herauszuarbeiten, nicht um sie zur Informationsgewinnung für die Geschichte zu benutzen. Heute stellt die Archäologie, wenn ich es richtig im Kopf habe, drei unterschiedliche Gruppen auf dem Gebiet Roms heraus: 2 Gruppen mit Bezug zu verschiedenen Teilen Latiums und 1 mit Bezug zu den Sabinern. Später kamen Niederlassungen von Etruskern hinzu. Das entspricht dann wieder eher der Sage.)
 
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So wie ich mich nun belesen habe, kommt der Name Roma von den Etruskern.
Aber wie du schreibst, hjwien, bist du nicht sicher?
Existiert keine Quelle?
Das würde mich jetzt sehr interessieren, ob i-wie eine Quelle existieren könnte?
 
Eine gute Frage, wie sicher das ist.

In den entsprechenden Werken finden sich immer wieder Formulierungen wie bei Alfred Heuss, Römische Geschichte, Paderborn, München, Wien 2000, S. 7:

"...und ihr einen etruskischen Namen gegeben. Roma=Ruma ist ein etruskisches Wort, wahrscheinlich ein Familienname, und würde dann auf den uns unbekannten etruskischen Adeligen zurückweisen, der die Stadtgründung durchgeführt hat."

Das mit der Etruskischen Gründung geht natürlich noch auf den älteren Forschungsstand oder vielleicht besser gesagt, auf die Frage, was als Gründung Roms betrachtet werden soll zurück, woanders wird diese Namenserklärung, oft nur als Tatsache referiert. Ich habe mir schon notiert, es mal im Pauly-Wissowa und auch im Kleinen und im Neuen Pauly nachzuschlagen.

Dass das Etruskische 'Ruma-' dem lateinischen 'Roma' entspricht ist wohl nicht zu leugnen. Bei Massimo Pallattino, Etruskologie (ältere deutsche Übersetzungen firmieren auch als 'Die Etrusker), findet man den Hinweis in der Wortliste, die eigentlich Orts- und Personennamen ausklammert, unter 'rumach' ('römisch'). Der Hinweis auf 'ruma-' findet sich in Klammern, weshalb ich mir nicht sicher bin, ob das 'ruma-' nur erschlossen ist.

Am 'rumach' läßt sich natürlich nicht rütteln. Es ist in einem Grab überliefert, dass einen Gneve Tarchunies Rumach, auf Latein Gnaeus Tarquinius Romanus, nennt. Damit ist wahrscheinlich Lucius Tarquinius Priscus gemeint, wie aus der in Lyon aufgefundenen Rede des Claudius hervorgeht. (Eine Übersetzung habe ich nicht gefunden. Dafür hier ein Foto.) Lucius (nach Georges 'im Licht/ am Tage geboren') ist wohl aus dem Etruskischen Adels-, resp. Königstitel Lucumo (nach Georges Etruskisch 'Lauchme', 'besessen, erleuchtet') herausspintisiert worden, da man den Vornamen nicht mehr kannte. Dabei wurde der Titel 'Lucumo' schon von den historischen Römern als Name missinterpretiert.

Noch ein Wort gibt es, das damit in Verbindung stehen kann: Die 3 ersten Tribus hießen Ramnes, Tities, Luceres (Z.B. Alfred Heuss, wie oben, S.8). Ähnlich wie 'Roma' mit 'Ruma' kann hier 'Ramnes' mit 'Remus' in Verbindung gebracht werden. Mir fällt allerdings gerade nicht ein, wo ich das gefunden habe. Romulus und Remus repräsentieren vielleicht verschiedene Ethnien. Man könnte also vermuten, dass in verschiedenen Sprachen 'Roma-' = 'Ruma-' = 'Ramne-'. Allerdings werden die Namen der ursprünglichen Tribus auch als Etruskische Familiennamen interpretiert. Dennoch bleibt die Ähnlichkeit zu 'Remus', 'Tatius' und 'Lucumo', bzw. 'Lucius' so auffällig, dass ein Zufall unwahrscheinlich erscheint.

Angesichts dessen, dass hier Namen vorliegen, die mangels genauen Wissens wohl aufgrund der Annahme, das Rom eine Etruskische Stadt war, interpretiert wurden, würde ich sagen, dass es nicht sehr sicher sein muss. (Niebuhr ging übrigens davon aus, dass der ältere Etruskische Name von einem lateinischen 'Roma' verdrängt wurde.)

Ja, wenn wir die Luceres symbolisch als Etrusker und die Taties als Sabiner sähen, müssten wir die Ramnes als Latiner sehen. Dann müsste man Rom als lateinischen Begriff sehen. Oder aber als ein Etruskisches Wort, welches für den Latinischen Bevölkerungsteil steht. Auch wenn wir also irgendeinen Zusammenhang bejahen, ist dieser letzte Absatz nur eine Möglichkeit, zwar elegant wirkend, aber ohne jeden sicheren Grund.

(Noch eine Bemerkung zu 'Numitor'. Der Name ist vom Verb 'numerare' abgeleitet, das zählen, rechnen, schätzen bedeutet, aber mit 'numen' zusammenhängt. Ich wollte nicht zu sehr ins Details gehen, aber hier würde es mir sicher irgendwann jemand vorwerfen.)
 
Georges nennt für 'Roma' etruskischen Ursprung.

(Lateinisch 'ruma' ist übrigens die säugende Brust, 'Rumina' die Göttin der Säugenden.)

Für Ramnes, Luceres und Tities beansprucht Georges die ethnische Zuorndung zu Latinern, Etruskern und Sabinern, wie oben vermutet. Für ihn sind 'Ramnes' und 'Luceres' etruskischen Ursprungs, während er 'Tities' von 'Titus', nicht von 'Tatius' ableitet und als gewöhnliche Bildung eines Tribusnamens sieht.

(Auch wenn ein Römischer 'illustris' dem Etruskischen 'Lucumo' der Bedeutung nach halbwegs entspricht, muss natürlich kein Zusammenhang bestehen.)
 
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(Lateinisch 'ruma' ist übrigens die säugende Brust, 'Rumina' die Göttin der Säugenden.)

Das kenne ich nämlich auch, mit dem Hinweis, daß die Brust eben auch eine Ausbuchtung ist. Der Tiber mit einem entweder älteren oder Alternativnamen Rumon wäre der Buchtenreiche, und in ebenso einer Bucht sind die beiden Zwillinge ja angelandet, weil dort die Strömungen nachlassen.
 
ja klar, doch ich dachte (als ich das fragte) evtl. an eine Quelle von den Römern oder Etruskern, Sabinern etc....
 
Das kenne ich nämlich auch, mit dem Hinweis, daß die Brust eben auch eine Ausbuchtung ist. Der Tiber mit einem entweder älteren oder Alternativnamen Rumon wäre der Buchtenreiche, und in ebenso einer Bucht sind die beiden Zwillinge ja angelandet, weil dort die Strömungen nachlassen.

Und zwischen Palatin und Tiber stand der 'ficus ruminalis' (zu deutsch etwa 'Feigenbaum des Säugens'), unter dem die Wölfin die Dort angespülten Zwillinge gesäugt haben soll und der später auf das Forum Romanum zum Lacus Curtius versetzt wurde. Vielleicht war er ja bevor die Sagenbildung zuschlug ursprünglich eine Marke für die Biegung des Flusses. Aber das ist Spekulation.

Mit der Form 'Rumon' ist aber immer noch das Problem verbunden, dass im Lateinischen eher 'o' zu 'u' wird.
 
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Zu Rumon ist mir noch etwas aufgefallen:

Im Lateinischen sind Flussnamen ja -mit ein paar femininen Ausnahmen- Maskulinum.

'Rumon' ist aber Neutrum ('-on' wurde ja zu '-um'). Also kommt der Name vielleicht nur für die Flussbiegung in Betracht. Wenn dann jemand in seine Richtung gezeigt und gefragt hätte, wohin es geht, hätte er den Akkusativ 'ruma' gehört. Somit wäre der Name ähnlich zustande gekommen wie Istanbul und älter als die Gründung des Staatswesens.
 
Was genau meinst du mit "eindeutig römisch"?

Wenn es auch Siedlungsspuren innerhalb Roms sein dürfen, die in die Zeit vor 600 v. Chr. datiert werden, dann scheint es da das eine oder andere zu geben. So im Bereich des Caesarforums, wo man u.a. eine Hütte aus dem 9. Jh. v. Chr. und eine Ziegelbrennerei aus dem 8./7. Jh. v. Chr. gefunden hat.

Etwas später finden sich auf dem Caesarforum offenbar weitere Häuser und eine Straße, die aber schon in die Mitte des 6. Jh. v. Chr. gehören sollen.

Quelle:
Antike Welt: Sonderheft: Die Kaiserforen Roms
S. 14f.: Von der archaischen Siedlung bis zum republikanischen Viertel.
 
"Eindeutig Römisches" kann zu Beginn der Römischen Geschichte nicht verlangt werden, da es sich die Römische Kultur natürlich erst noch herausbilden musste. Aber auch, wenn immer wieder gesagt wird, wie wenig wir davon wissen, so ist doch in Rom vergleichsweise viel gefunden worden. Wie schon tela aufführte, wissen wir z.B. dass die Foren recht früh besiedelt wurden. Auch auf dem Palatin und dem Quirinal gibt es Spuren. Und anhand von Grabfunden kann man wohl sogar Latinische und Sabinische Gruppen unterscheiden.
 
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