Mutmaßl. und tatsächl. röm. Streckenverläufe/Fundplätze n.d. 9-/10-Leugen-Hypothese

dass es durchaus als Besonderheit angesehen werden kann, der von Trier (="Rom") aus erste Etappenort an der moselabwärts führenden Straße zu sein.
a prospos Besonderheit: seit wann gab es römische Besiedlung inklusive römischem Straßenbau & Wegenetz in der Umgebung der Mosel? ...und seit wann und wie lange galt Trier als "Rom" (und bei wem)? ;) und was ficht es römische Straßenbauer an, ob Trier mal als Kaiserstadt quasi "zeites Rom" war, zumal zu dieser Zeit die Straßen um Trier herum längst angelegt vulgo gebaut waren? :winke:
 
Hast Du schon einmal darüber nachgedacht, dass eventuell Planung dahinterstecken könnte?

Ich weiß ja, was dahintersteckt:

Die ersten Abschnitte ergeben folgende Etappen:

Dreieck Potsdam - Beelitz-Heilstätten 2,4 km
Beelitz-Heilstätten - Beelitz 6,4 km
Beelitz - Brück 10,6 km
Brück - Niemegk 9,4 km
Niemegk - Klein Marzehns 12,0 km

Wenn man diese Einzelstrecken in beliebiger Weise untereinander addiert, erhält man schon 15 verschiedene Zahlen:

Dreieck Potsdam - Beelitz-Heilstätten 2,4 km
Beelitz-Heilstätten - Beelitz 6,4 km
Dreieck Potsdam - Beelitz 8,8 km
Brück - Niemegk 9,4 km
Beelitz - Brück 10,6 km
Niemegk - Klein Marzehns 12,0 km
Beelitz-Heilstätten - Brück 17,0 km
Dreieck Potsdam - Brück 19,4 km
Beelitz - Niemegk 20,0 km
Brück - Klein Marzehns 20,9 km
Beelitz-Heilstätten - Niemegk 26,4 km
Dreieck Potsdam - Niemegk 28,8 km
Beelitz - Klein Marzehns 32,0 km
Beelitz-Heilstätten - Klein Marzehns 38,4 km
Dreieck Potsdam - Klein Marzehns 40,8 km

Wenn man das auf die ersten 20 Etappen ausdehnt, sind es schon 190 Zahlen.

Darunter ist eine einzige, die sich zufällig auf genau 20,0 beläuft.

Diese eine habe ich präsentiert, die anderen 189 unter den Tisch gekehrt.
 
Eins størt mich schon die ganze Zeit:
Es wird immer von 9 oder 10 Leugen gesprochen.
Wenn man so genau war, muesste es doch eigentlich auch eine Regel geben, wann man 9 und wann man 10 genommen hat. Warum nicht immer 9 bzw. nicht immer 10? Oder, wenn die Rømer beides "gleichwertig" zugelassen haben, warum dann nicht auch 9,2 oder 9,5 oder 9,763 Leugen?
Ich wuerde nach wie vor davon ausgehen, dass die Regel "ein Tagesmarsch" gewesen sein wird. Und da ist es unerheblich, ob man 9 oder 10 oder 10,3 Leugen marschiert. Ein Platz, ob Dorf, Militærlager oder was auch immer wird immer nach topografischen/strategischen/taktischen Gesichtspunkten gebaut werden - es macht keinen Sinn, ein Militærlager im Sumpf aufzubauen, wenn's 1 km weiter trocken ist.

Gruss, muheijo
 
a prospos Besonderheit: seit wann gab es römische Besiedlung inklusive römischem Straßenbau & Wegenetz in der Umgebung der Mosel? ...und seit wann und wie lange galt Trier als "Rom" (und bei wem)? ;) und was ficht es römische Straßenbauer an, ob Trier mal als Kaiserstadt quasi "zeites Rom" war, zumal zu dieser Zeit die Straßen um Trier herum längst angelegt vulgo gebaut waren?

Du hast Dir doch Deine Fragen schon selber beantwortet.

Die Straßen wären längst angelegt gewesen, und Detzem hätte seit Bau der Straße existiert, geplant in 10-Leugen-Distanz von Trier.

Dass Detzem seine wohl ursprünglich rein formale römische Bezeichnung als Namen bewahrt hat, könnte in der späteren Prominenz des caput viae Trier begründet sein. Jedenfalls wäre es durchaus etwas Besonderes gewesen, genau 10 Leugen von der Kaiserstadt entfernt an der Moselstraße zu liegen.
 
Und die ganzen anderen Ortsnamen, die auf Leugen- und Meilenangaben zurückgehen, ignorierst du einfach, weil sie sich mit deiner Hypothese nicht vereinbaren lassen? Und kann jeder Ort, von dem aus sie gezählt werden, als quasi zweites Rom aufgefasst werden?
 
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Edit: Im Grunde genommen kann man den Ortsnamen sogar als Beleg gegen die 10-Leugen-These anführen: Wären 10-Leugen-Abstände zwischen zwei Etappen das Standardmaß gewesen, wäre der 10-Leugen-Stein von Detzem keine Besonderheit gewesen, welche die Qualität gehabt hätte, zum - zugegebenermaßen einfallslosen - Ortsnamen zu mutieren. Wesentliches Motiv für die Namensgebung ist die Unterscheidung, die Differenzierung. Der 10-Leugen-Stein wurde hier als das differenzierende Merkmal für die Ortsnamenwahl auserkoren, was belegt: 10-Leugen-Abstände waren nicht so normal, dass viele Orte das Kriterium von einem Messpunkt aus exakt 10-Leugen entfernt zu liegen, aufweisen konnten.

So streng muss man es vielleicht nicht sehen.
Da muesste man genauer schauen:
Haben schon die Rømer den Ort so benannt, oder kommt der Name aus einer spæteren Zeit, als es solche 10-Leugen-Steine nicht mehr so oft gab?
Vielleicht war ja gerade dieser Ort besonders Stolz auf den Stein, oder das einzige Unterscheidungsmerkmal zu anderen Orten der næheren Umgebung.
Vielleicht hat man damals einfach keinen besseren Namen gefunden - oder wollte ein 3., 4. oder 5. "Wiesengrund", "Kirchdorf" o.æ. vermeiden.
Wenn alle anderen Orte mit 10 Leugen-Steinen nicht danach benannt wurden, kann man es ja 1x tun.

Gruss, muheijo
 
Ich wuerde nach wie vor davon ausgehen, dass die Regel "ein Tagesmarsch" gewesen sein wird. Und da ist es unerheblich, ob man 9 oder 10 oder 10,3 Leugen marschiert. Ein Platz, ob Dorf, Militærlager oder was auch immer wird immer nach topografischen/strategischen/taktischen Gesichtspunkten gebaut werden - es macht keinen Sinn, ein Militærlager im Sumpf aufzubauen, wenn's 1 km weiter trocken ist.

So würde ich das auch sehen. Geht ja auch in die Richtung des Einwandes von zaphod vor einigen Tagen. Und in der Ebene marschierst du im Laufe eines Tages eben weiter als wenn es durch Bergland geht oder tiefe Wälder, Sümpfe oder ähnliches.

Und ich bin ganz sicher, dass die Römer intelligent genug waren vernünftige Lager- bzw. Siedlungsplätze zu finden und nicht stur bei 9 oder spätestens 10 Leugen Halt gemacht haben!

Wir haben allein in Baden-Württemberg laut Markus Junkelmann über 1000 Villen, wenn man noch alle anderen römischen Siedlungsplätze dazunimmt, kommen sicher noch einmal eine ganze Menge dazu. Und der überwiegende Teil davon konzentriert sich dabei sicherlich auf die Flusstäler von Rhein, Neckar und Donau.

Wenn man dann da genauso hergehen würde wie es Sepiola bei der Autobahn demonstriert hat, also die Entfernungen zwischen all diesen Punkten misst und dann schaut, ob man durch Addition auf 9 oder 10 Leugen kommt, dann kommt man bei der Masse von möglichen Messpunkten sicherlich zu genügend Treffern. Und wahrscheinlich auch bei vielen anderen Entfernungen.
 
So streng muss man es vielleicht nicht sehen.
Da muesste man genauer schauen:
Haben schon die Rømer den Ort so benannt, oder kommt der Name aus einer spæteren Zeit, als es solche 10-Leugen-Steine nicht mehr so oft gab?
Vielleicht war ja gerade dieser Ort besonders Stolz auf den Stein, oder das einzige Unterscheidungsmerkmal zu anderen Orten der næheren Umgebung.
Vielleicht hat man damals einfach keinen besseren Namen gefunden - oder wollte ein 3., 4. oder 5. "Wiesengrund", "Kirchdorf" o.æ. vermeiden.
Wenn alle anderen Orte mit 10 Leugen-Steinen nicht danach benannt wurden, kann man es ja 1x tun.

Ich verstehe deinen Einwand nicht. Du sagst doch nichts anderes als ich auch. Und was meinst du mit "streng"?
 
Ich verstehe deinen Einwand nicht. Du sagst doch nichts anderes als ich auch. Und was meinst du mit "streng"?

Ich versuch's mal anders:
Auch wenn sich die 9/10-Leugen-These als richtig erweisen wuerde, also viele, gar alle Abstænde dieser Entfernung entspræchen - kønnte dennoch ein Ort nach solch einem Stein benannt worden sein.
Der Name spricht weder fuer noch gegen die These.

Gruss, muheijo
 
Natürlich könnte er das. Das wäre aber eher unwahrscheinlich, eben weil der namensgebende Zehn-Leugen-Stein kein Unterscheidungskriterium wäre, wenn Zehn-Leugen-Abstände zwischen Orten der Normalfall gewesen wären.

Hinzu kommen die anderen Ortsnamen, die auf verschiedene Meilen- und Leugen-Abstände verweisen. Sepiola wies auf Trier-Quint hin, ich auf die italienischen Ortsnamen, die auf Meilensteine zurückgehen.

Wir haben da Ortsnamen die ihren Namen von ihrer Entfernung vom jeweiligen Meßpunkt von

  • einer Meile
  • drei Meilen
  • vier Meilen
  • fünf Meilen und fünf Leugen
  • sechs Meilen
  • sieben Meilen
  • acht Meilen
  • zehn Meilen und zehn Leugen
  • zwölf Meilen
  • fünfzehn Meilen und
  • dreißig Meilen
haben. Der vom 10. Leugen-Stein abgeleitete Ortsname Detzem lässt sich damit aus zwei Gründen nicht für die These anführen sondern widerspricht ihr eigentlich.
 
Soweit ok.

Jetzt zu Belginum/Wederath und Dumnissus (Kirchberg bzw. Kirchberg-Denzen).
[...]
Das Lager, auf das du dich beziehst, war also nur eine kurzfristige Episode in der Geschichte einer lokalen Siedlung, die sowohl deutlich früher begann als auch deutlich länger dauerte als das Militärlager belegt war. Daher halte ich das Militärlager bei Belginum für irrelevant für eine Streckenberechnung.

Nach meiner Vermutung gehen die 9- und 10-Leugen-Distanzen auf die Anfänge des römischen Straßenbaus zurück. Daher halte ich das frühkaiserzeitliche Lager im Gegenteil für relevanter als den später an der Straße entstandenen Vicus.

Die Frage – bezogen auf deine These - ist also: Wo ist der Startpunkt der Messung?

Ob man, wie in der Karte dargestellt, querab des Lagers auf der Straße misst, oder von der Lagermitte bzw. von einem der Tore, die Distanz zur Straßenkreuzung Dumnissus beträgt jeweils 20 km ± 1 %.

Ok, dann zu Dumnissus:
Der Vicus Dumnissus kann mit ziemlicher Sicherheit im heutigen Kirchberg lokalisiert werden. Aber das war es auch schon.
Da ergibt sich nämlich schon zu Beginn ein Problem:
[...]
Damit ergibt sich für deine These mal wieder die Frage, von wo genau gemessen werden kann/sollte und es gibt Varianzen von mindestens einem Kilometer oder mehr.

Dumnissus war in der Antike eine wichtige Straßenkreuzung. Hier wurde die Ausoniusstraße von einer Straße gekreuzt, die heute unter dem touristischen Namen "Keltenweg Nahe–Mosel" bekannt ist. (Siehe Anhang)

Und genau der Kreuzungspunkt dieser beiden Straßen ist 20,00 km vom Lager Wederath entfernt. Auf dem "Keltenweg" in Richtung Süden sind es von dieser Kreuzung ebenfalls genau 20 km zum caput viae dieser Straße in Kirn an der Nahe.

[Edit] Und vom Lager Wederath zur Mosel nach Niederemmel bzw. Neumagen-Dhron liegt die Wegdistanz bei 10 Leugen. Hier ist allerdings der antike Straßenverlauf durch die heutigen Weinberge nicht bekannt, so das eine gewisse Unsicherheit bleibt. Caput viae dürfte hier wohl ursprünglich Niederemmel gewesen sein.

Diese relative Siedlungsdichte und da die Funktionen der verschiedenen villae rusticae nicht bekannt sind (Gab es auch mansiones - also villae rusticae, die als Gasthäuser und Pferdewechselstationen für Reisende dienten - darunter? – Wir wissen es nicht.) machen deine Berechnungen noch unsicherer.

Und daher ist es schön, in diesem Fall als Punkte eine alte Straßenkreuzung und ein altes Militärlager zu haben, aus der Zeit bevor der zivile Bauboom begann.
 

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Noch einmal kurz zum Messpunkt beim Lager Wederath.

Wenn man sich hier das Luftbild anschaut, sieht es ganz so aus, als habe es hier ebenfalls eine Straßenkreuzung gegeben, zu einer Zeit, als das Lager existierte:
 

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Irgendwie fände ich es sinnvoller, wenn erst einmal die von verschiedenen Seiten vorgebrachten allgemeinen Punkte geklärt werden würde, als wieder alle möglichen Routen in den Ring zu werfen und diese zu "diskutieren", ohne dass überhaupt klar ist, nach welchen Kriterien gemessen werden soll.
Oder ist das einzige Kriterium wirklich das, dass die römischen Fundstätten Mitteleuropas so miteinander verbunden werden, dass irgendwie 9 oder eben auch 10 Leugen herauskommen?:still::grübel:
 
Irgendwie fände ich es sinnvoller, wenn erst einmal die von verschiedenen Seiten vorgebrachten allgemeinen Punkte geklärt werden würde, als wieder alle möglichen Routen in den Ring zu werfen und diese zu "diskutieren", ohne dass überhaupt klar ist, nach welchen Kriterien gemessen werden soll.

Zumindest @Nemetonas Frage zu den genauen Messpunkten dürfte jetzt hinreichend beantwortet sein.

Auf @El Quijotes sehr interessante Ortsnamenliste einzugehen, fehlt mir im Moment einfach die Zeit (sorry!). Schon eine einzige Stichprobe ergab ein unbefriedigendes Ergebnis – 3 km anstatt 3 m.p. – Nicht jeder Zahlenortsname geht zudem auf eine Entfernung zurück, oft sind es auch die Nummern militärischer Einheiten, die sich dahinter verbergen.

Wie schon erwähnt ist es Kontext in der Fachwelt, dass die Römer in der Wahl ihrer Messpunkte inkonsequent gewesen sind. Einmal wurde von einem Kastell- oder Stadttor gemessen, ein andermal vom Mittelpunkt eines Ortes bzw. einer Kreuzung.

Und wenn hier die antike Kreuzung Dumnissus diskutiert wird, halte ich es durchaus für sinnvoll zu erwähnen, dass von hier aus auf der kreuzenden antiken Route nach genau 20 km auch Kirn an der Nahe erreichen konnte.
 
Wie schon erwähnt ist es Kontext in der Fachwelt, dass die Römer in der Wahl ihrer Messpunkte inkonsequent gewesen sind. Einmal wurde von einem Kastell- oder Stadttor gemessen, ein andermal vom Mittelpunkt eines Ortes bzw. einer Kreuzung.
Aha, da war man also nicht sonderlich konsequent, aber dann sollen sie so konsequent gewesen sein, dass sie stur nach 9 oder spätestens 10 Leugen ihre Siedlungen, Straßenkreuzungen, Militärstützpunkte oder Villen angelegt haben, vollkommen unabhängig von den topographischen Gegebenheiten?
 
Wie schon erwähnt ist es Kontext in der Fachwelt, dass die Römer in der Wahl ihrer Messpunkte inkonsequent gewesen sind. Einmal wurde von einem Kastell- oder Stadttor gemessen, ein andermal vom Mittelpunkt eines Ortes bzw. einer Kreuzung.

Sicher ist, dass die Römer immer ganz genau 20,0 oder 22,2 km abgemessen haben.
Da waren sie extrem pingelig.
Von wo sie gemessen haben, war ihnen schnuppe.

Mit derselben Methode sind auch die deutschen Autobahnkonstrukteure immer wieder auf genau 20,0 km gekommen.
 
Aha, da war man also nicht sonderlich konsequent, aber dann sollen sie so konsequent gewesen sein, dass sie stur nach 9 oder spätestens 10 Leugen ihre Siedlungen, Straßenkreuzungen, Militärstützpunkte oder Villen angelegt haben, vollkommen unabhängig von den topographischen Gegebenheiten?

  1. Ein römisches Ideallager ist pers se schon einmal eine Straßenkreuzung
  2. Aus Kastellen entwickelten sich sehr häufig zivile Siedlungen
  3. Wir kennen die genauen Regeln des römischen Vermessungswesens und Straßenbaus nicht
  4. Ich bin trotz meines im Nachhinein etwas unglücklich gewählten Forumsnamens nicht allwissend.
 
Mit derselben Methode sind auch die deutschen Autobahnkonstrukteure immer wieder auf genau 20,0 km gekommen.

Ja genau. Die Praxis des pingelig Messens war bei den Römern der Zeitenwende wie bei den (Gallo-Slavo-)Germanen des 20. Jahrhunderts sehr verbreitet, und wenn ich recht erinnere hatte der Kilometer auch in Reichsdeutschland die Landmeile oder Stunde längst abgelöst.

Dass 9 Leugen genau 20 km entsprechen kann Zufall sein oder aber mit dem Erddurchmesser in Zusammenhang stehen. Die Begründer des Meters dürften die alte Leuga zumindest gekannt haben.
 
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