Karl der Große: Wie viele Frauen hatte er?

Tun sie. Aber erst Jahre nach der hier diskutierten Zeit. Und sie mögen auch in der eigenen Erfahrung einer parallelen Herrschaft mit seinem Bruder entstanden sein. Da muss man ja nicht nur christliche Ideologie bemühen. Es ist auch die Frage, inwieweit die Idee der kaiserlichen Gestaltungsfreiheit hineinspielt. In seinen ganzen Facetten ist das eine sehr interessante Frage.

Aber für den Übergang von Pippin zur nächsten Herrschergeneration spielte das noch keine Rolle. Wo sind Quellen, die belegen, dass die lex salica unter Pippin in dieser Hinsicht aufgehoben wurde? Zu Karl und Ludwig gibt es Quellen zu dem Thema.

Beim Herrschaftsantritt von Karlmann und Karl zeigt sich die lex salica doch noch in voller Geltung.
 
Tun sie. Aber erst Jahre nach der hier diskutierten Zeit.

Wie bitte? Ich dachte, wir reden über Pippin den Buckligen, Karl den Jüngeren, Karlmann/Pippin von Italien und Ludwig den Frommen.

Pippin wurde 781 König von Italien, Ludwig König von Aquitanien, für Karl den Jüngeren war offensichtlich der gesamte Rest vorgesehen.
 
Offensichtlich aber dürfte Karl nach den Nachfolgeregelungen für seine Söhne (die ausschließlich aus der Ehe mit Hildegard waren) zumindest eine Aufteilung seines Reiches unter ihnen vorgesehen haben.
Das tatsächliche Problem war wohl eher der Kaisertitel, der erstens die Krönung durch den Papst voraussetzte und den offensichtlich nur einer von ihnen "erben" konnte.

Dass dem ältesten Sohn bzw. Familienmitglied eine gewisse Sonderstellung als Familienoberhaupt zugestanden wurde, dürfte damals üblich gewesen sein und findet sich auch noch im späten Mittelalter. Das könnte bei Karl und Karlmann vielleicht einen Konflikt gewesen sein.

Dass letztlich nur einer von Karls Söhnen überlebte, war eher Zufall, außerdem stellte sich für diesen (Ludwig den Frommen) dann die Frage, inwieweit seine Neffen ebenfalls erbberechtigt waren.

Ludwig I. der Fromme hatte ursprünglich sein Reich unter den Söhnen aus seiner ersten Ehe aufgeteilt. Als er einen weiteren Sohn aus der 2. Ehe hatte, führte das zu Konflikten, die letztlich dadurch gelöst wurden, dass einer seiner Söhne aus der 1. Ehe starb und der Sohn aus 2. Ehe (der spätere Karl II. der Kahle) dann souzusagen dessen Anteil am Reich zufiel.
 
Wie bitte? Ich dachte, wir reden über Pippin den Buckligen, Karl den Jüngeren, Karlmann/Pippin von Italien und Ludwig den Frommen.

Pippin wurde 781 König von Italien, Ludwig König von Aquitanien, für Karl den Jüngeren war offensichtlich der gesamte Rest vorgesehen.

Hm, und ich dachte es ging um Karlmann, Karl den Großen und die wenigen Informationen zu Karls frühen Ehen.
 
Warum wohl Desiderius Sohn Adelchis, der mit Gerberga nach Verona geflohen war, nach der Einnahme von Verona ausgerechnet nach Konstantinopel flüchtete? Dafür findet sich sicher auch eine Erklärung.

Findet sich, aber das hier ist zu kurz gegriffen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Adelchis

Teresa hat schon den Kontext erläutert und die Erklärung plausibel geliefert:
Vielleicht ist ein Blick auf die politische Lage ganz aufschlussreich.
Nachdem Karl der Große das Langobardenreich (in Norditalien) erobert hatte und der Papst sein öffentlicher Verbündeter war, bot sich als Fluchtort nur mehr der Süden der Appenninenhalbinsel an.
...
Der Süden der Appeninnenhalbinsel war zu dieser Zeit zumindest offiziell unter byzantischer Oberherrschaft, auch wenn sich dort inzwischen Herrschaften gebildet und behauptet hatten, die weitgehend selbständig waren. Insofern dürfte wohl für diesen Adelchis eine Zuflucht bei den Byzantinern eine naheliegende Lösung gewesen sein.
...
Dass er zuletzt ins Byzantinische Reich gebracht wurde oder dort ins Exil ging, also nicht mehr auf der Appeninenhalbinsel präsent war, dürfte für den Papst allerdings die ideale Lösung gewesen sein: kein langobardischer Thronanwärter mehr im "eigenen Lande". Es bestand nur mehr die Gefahr, dass ihn Byzantiner als Vorwand für eine neue "Rückeroberung" der nördlichen Appeninnenhalbinsel verwenden könnten, aber für diesen Fall gab es schließlich den Verbündeten Karl den Großen.

Bereits die Hinweg nach Verona kann den Hintergrund haben, auf byzantinische Unterstützung bzw. sogar ein Eingreifen zu hoffen:

"Further, Byzantine armies, then operating in the Balkans, easily could reach Verona through the low alpine passes that led to Friuli"
(Bachrach, S. 356).

Die Aufnahme und Unterstützung von Adelchis macht auch aus byzantinischer Sicht Sinn, wenn man einen Exponenten unter Kontrolle bringt:

"While Adelchis resided in Constantinople, the imperial government was prepared to use him as a pawn in various East Roman diplomatic initiatives concerning Italy"
(Bachrach, S. 366)

Bereits die Flucht aus Verona (über die adriatische Küste, dann weiter nach Pavia) könnte mit byzantinischer Hilfe stattgefunden haben.
"PCL, p. 218, takes note of Adelchis’ successful flight from Verona; and Agnellus, LPER., ch. 160, records the tradition that Adelchis fled to Epirus. PCR, ch. 7, which likely is incorrect in declaring that Adelchis fled from Verona to Pisa at this time. By contrast, it is probable that at a later date, i.e. after the fall of Pavia, he subsequently embarked from the port of Pisa for Constantinople."
(Bachmach, S. 365)

Stimmt die Angabe in den Quellen, müsste er durch die Belagerung nach Pavia hinein geschlüpft sein, dann wieder heraus und nach Konstantinopel.

Die gelungene Flucht kann man auch als Fehlschlag für Karl interpretieren.

"There, he was royally welcomed, i.e. honored by the emperor, Constantine V, who granted him the title of patricius. Clearly, the Byzantine government intended at some future time to use Adelchis to further east-Roman interests in Italy when an appropriate opportunity might arise ... ARF, an. 774. The use of men such as Adelchis was and continued to be basic Byzantine policy for centuries. See Bachrach, Anatomy..."
(Bachrach, S. 392)
 
Bereits die Flucht aus Verona (über die adriatische Küste, dann weiter nach Pavia) könnte mit byzantinischer Hilfe stattgefunden haben.

Da kann doch was nicht stimmen. Wohl: "...dann weiter nach Konstantinopel"

"PCL, p. 218, takes note of Adelchis’ successful flight from Verona; and Agnellus, LPER., ch. 160, records the tradition that Adelchis fled to Epirus. PCR, ch. 7, which likely is incorrect in declaring that Adelchis fled from Verona to Pisa at this time. By contrast, it is probable that at a later date, i.e. after the fall of Pavia, he subsequently embarked from the port of Pisa for Constantinople."
(Bachmach, S. 365)

Auch hier: Warum erst nach Pisa. Und nicht über das Adriatische Meer?
 
Hm, und ich dachte es ging um Karlmann, Karl den Großen und die wenigen Informationen zu Karls frühen Ehen.

Das dachte ich eigentlich auch. Aber so ist das: Weil die Quellenlage unbefriedigend ist, wird spekuliert, dass ja alles auch ganz anders gewesen sein könnte, und um die Spekulationen zu stützen, kommt man von Hölzken auf Stöcksken, wie man bei uns sagt.

Ich möchte nun die Sachlage nach meinem Kenntniststand darlegen:

Pippin der Kleine hatte die Aufteilung seines Reiches unter seinen Söhnen Karl und Karlmann verfügt, die nach seinem Tod auch durchgeführt wurde. Beide waren also gleichberechtigte Könige in einem fränkischen Teilreich. Das Verhältnis der Brüder zueinander war schlecht, ob es nun daran lag, dass einer oder beide lieber Alleinherrscher gewesen wäre oder ob sie sich einfach nicht leiden konnten, wissen wir nicht.

Karl war mit Himiltrud verheiratet, Karlmann mit Gerberga, von beiden Frauen ist die Herkunft unbekannt. Aus beiden Ehen ging ein Sohn hervor, der den Namen Pippin erhielt.

767 war Papst Paul I. gestorben, danach kam es zu Unruhen in Rom, mit der Wahl von Gegenpäpsten und gewalttätigen Auseinandersetzungen. Etwa 769 entwickelte Bertrada diplomatische Aktivitäten, sie reiste ins Langobardenreich, nach Bayern und Rom. Eventuell meinte sie, Karlmanns Reich sei bedroht, das ans Langobardenreich grenzte. Das Ergebnis ihrer Bemühungen war ein Bündnis mit dem Langobardenkönig Desiderius, dessen Tochter Karl und dessen Sohn und Thronfolger ihre Tochter Gisela heiraten sollte. Karl trennte sich von Himiltrud und heiratete tatsächlich die Langobardenprinzessin, deren Namen nicht überliefert wurde.

Es ist chronologisch nicht klar, wann Karl die Langobardenprinzessin wieder verstieß. Johannes Fried geht davon aus, das dies bereits Anfang 771 der Fall war, also deutlich vor Karlmanns Tod, und Karl im Frühjahr desselben Jahres Hildegard heiratete. Auch diese Ehe war politisch motiviert, denn Hildegard entstammte über ihre Mutter dem alten alemannische Herzogsgeschlecht. Fried schreibt dazu:

"Alemannien aber, dessen Führungsschicht Karl mit dieser Ehe zweifellos zu gewinnen trachtete, gehörte zum Reich seines Bruders. Der Konflikt mit diesem schien unausweichlich; und mehr als das. Denn durch Alemannien führten wichtigste Paßstraßen nach Italien, wohin Karl offenkundig mit seiner dritten Ehe zu blicken begann." (S. 128)

In der Forschung wird allgemein davon ausgegangen, dass ein Krieg zwischen Karl und Karlmann unmittelbar bevorstand, als Karlmann im Dezember 771 starb. Maßgebliche wichtige Große aus Karlmanns Reich schlossen sich Karl an und salbten ihn zu ihrem König. Einige andere flohen mit Gerberga und ihren Kindern zum Langobardenkönig, der nun die Neffen als Druckmittel ggen Karl benutzen konnte. 773 zog Karl gegen das Langobardenreich in den Krieg.

Ich stütze mich bei dieser Darstellung auf folgende Literatur:

Johannes Fried: Karl der Große. Glaube und Gewalt. Eine Biographie, München 2013, S. 123 ff.
Rudollf Schieffer: Die Karolinger, 4. Aufl. Stuttgart 2006, S. 71 ff.
Jörg W. Busch: Die Herrschaften der Karolinger, München 2011, S. 20 ff.
LG
Frederuna
 
... kommt man von Hölzken auf Stöcksken, wie man bei uns sagt.

Da argumentiert Riothamus über etliche Beiträge, dass Karls Nachfolge durch salisches Recht geregelt wurde.
Weist man darauf hin, dass das wohl unter Karl nicht der Fall war, heißt es, man schweife ab.
Thema waren die Ehen Karls, seine Gattinnen, seine Kinder, sein Bruder, die Regelung der Thronfolge und die Gründe dafür. Dazu die teilweise unplausiblen und widersprüchlichen Darstellungen in den Quellen.
 
Aber klar. Und 781 liegt tatsächlich "Jahre nach der hier diskutierten Zeit".
Da war Ludwig schließlich schon drei, und Pippin gar vier.

13 Jahre würde ich zumindest nicht gleichzeitig nennen.

Einzig aus der Tatsache, dass Pippin sein Reich aufteilte, mag man einen existierenden Änderungswunsch irgendwelcher Kreise (welche? warum? woraus abzuleiten?) ableiten. Doch ist die einfachere Erklärung wohl, dass es nicht aufgrund der Teilung zu Streit kommen sollte.

Und, wie gesagt, es fehlen Quellen, die von einer (teilweisen) Aufhebung der lex salica sprechen. Das ist kein Gegenbeweis, aber ein "die Quellen sind so dunkel, Karl muss illegitim an die Herrschaft gekommen sein, weil Pippin nur einen Erben wollte" ist Fantasy, um nicht zu sagen kontrafaktisch, da ja Pippin selbst handelte.

Ob die späteren Kinder Karls ein Legitimitätsproblem hatten, ist natürlich eine andere Frage. Dann müsste das Dunkel aber schon durch Karl in die Quellen gekommen sein, da am Ende ja nur Ludwig übrig blieb.

Die Frage nach den Vettern und Neffen ist dabei nochmal eine andere Dimension.
 
@Riothamus

Wenn du auf meine Beiträge antwortest, solltest du mir nicht die Argumentation Gangflows unterstellen. Ich hab nirgends Karl als illegitim bezeichnet oder behauptet, dass Pippin nur einen Erben gewollt hätte.
 
Da argumentiert Riothamus über etliche Beiträge, dass Karls Nachfolge durch salisches Recht geregelt wurde.
Weist man darauf hin, dass das wohl unter Karl nicht der Fall war, heißt es, man schweife ab.
Thema waren die Ehen Karls, seine Gattinnen, seine Kinder, sein Bruder, die Regelung der Thronfolge und die Gründe dafür. Dazu die teilweise unplausiblen und widersprüchlichen Darstellungen in den Quellen.

Ich habe die ganze Zeit zu Pippin des Kurzen Nachfolge argumentiert und lediglich angemerkt, dass eine Änderung der Erbschaftsregelung erst unter Karl und später bei Ludwig erscheint. Dass Du zeitlich woanders unterwegs warst habe ich dabei nicht gemerkt.

M.E. waren die Themen folgende:

1- Im Vordergrund und als Ausgangspunkt die Frauen Karls und die schlechte Quellenlage dazu.

2- Die Legitimität Karls, bzw. Karlmanns, die angezweifelt wurde, und auf die ich mich bezog.

3- Die Nachfolgeregelungen Karls und Ludwigs hinsichtlich ihrer Auswirkung auf die Quellen und deren Verständnis aus dem Bezug auf die Legitimität Ludwigs.

4- Widersprüche in den Berichten, wie sie Gangflow mit silesia diskutiert.

5- Frederuna fasste die Ereignisse dankenswerterweise in einer Übersicht zusammen.
 
Zuletzt bearbeitet:
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3- Die Nachfolgeregelungen Karls und Ludwigs hinsichtlich ihrer Auswirkung auf die Quellen und deren Verständnis aus dem Bezug auf die Legitimität Ludwigs.
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Ach, doch tatsächlich?

Auf welche Personen bezogst Du Dich in Post #74?

Offensichtlich auf Karl und Karlmann, keinem von beiden wird dort Illegitimität unterstellt, auch wird kein Wille Pippins nach nur einem Nachfolger postuliert.

Aber danke für die Diskussion.
 
Es tut mir leid, Dich falsch verstanden zu haben.

Jetzt verstehe ich nur nicht, warum Du angezweifelt hast, dass Karlmann seinen Sohn 'Pippin' nennen durfte? Darauf bezog sich die Argumentation hinsichtlich des salischen Rechts, weil ich davon ausging, dass Du die Rechtmäßigkeit der Nachfolge Karlmanns anzweifelst. Was mich zugegebenermaßen wunderte.

Ich habe Dir in Post #84 auch kein Abschweifen vorgeworfen, sondern nur konstatiert, dass ich zu einem völlig anderen Thema schrieb. Jedenfalls wollte ich das ausdrücken.
 
Es zieht sich durch die gesamte Geschichte der Karolinger, dass ein Bruder dem anderen Nicht-Ehelichkeit unterstellt, um seine eigenen Ansprüche durchzusetzen, und natürlich auch einen Schreiber findet, der dies der Nachwelt festhält.
Schon Karl Martell wurde dies unterstellt

Karl Martell war also gar nicht unehelich?
Ist das gesichert?

(Und Arnulf von Kärnten vielleicht auch nicht?)
 
Das dachte ich eigentlich auch. Aber so ist das: Weil die Quellenlage unbefriedigend ist, wird spekuliert, dass ja alles auch ganz anders gewesen sein könnte, und um die Spekulationen zu stützen, kommt man von Hölzken auf Stöcksken, wie man bei uns sagt.

Ich möchte nun die Sachlage nach meinem Kenntniststand darlegen:

Pippin der Kleine hatte die Aufteilung seines Reiches unter seinen Söhnen Karl und Karlmann verfügt, die nach seinem Tod auch durchgeführt wurde. Beide waren also gleichberechtigte Könige in einem fränkischen Teilreich. Das Verhältnis der Brüder zueinander war schlecht, ob es nun daran lag, dass einer oder beide lieber Alleinherrscher gewesen wäre oder ob sie sich einfach nicht leiden konnten, wissen wir nicht.

Karl war mit Himiltrud verheiratet, Karlmann mit Gerberga, von beiden Frauen ist die Herkunft unbekannt. Aus beiden Ehen ging ein Sohn hervor, der den Namen Pippin erhielt.

"Karl war mit Himiltrud vereheiratet" - dass behauptet Stephan III im "Langobardenbrief" und zwar ohne, so meine ich, den Namen Himiltruds zu nennen. Einhard hingegen bzeichnet in der "Vita Caroli" Himiltrud als Konkubine Karls. Bei diesen widersprechenden Aussagen muss doch spekuliert werden !
Hat Stephan III recht oder will er nur eine Verbindung Karls mit den Langobarden (Stephans Gegnern) verhindern ?
Hat Einhard recht oder will er nur nachträglich rechtfertigen, dass Karl Himiltrud aus machtpolitischen Überlegungen "widerrechtlich" verliess ?

Für Pippin den Buckligen und seine Erbaussichten war die Frage der Legitimiät der ersten Ehe seines Vaters jedenfalls entscheidend - es ging um Herrschaft als König oder (im besten Fall) um Herrschaft als Klosterabt was zum Mindesten für ihn doch etwas mehr war als Hölzken und Stöcksken -:)
 
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