Idistaviso

Mir ist noch aufgefallen, dass die Pipinsburg Gruppe, also die Proto-Cherusker, wenn man so will, gerade im Bereich Bodenwerder über die Weser nach Westen ausgreift. Das passt doch zur Ith-Theorie, auch wenn ich da selbst etwas skeptisch bin.
 
Es bezieht sich darauf, dass die Pipinsburger Gruppe der sog. Kontaktzone der vorrömischen Eisenzeit das vermutete Siedlungsgebiet der Cherusker einnimmt. Der Bregriff 'Protocherusker' ist zwar etwas provokativ, beschreibt aber immerhin, dass Zufall hier schon nicht mehr in Frage kommt, auch wenn wir nicht wissen, wie die Pipinsburger Gruppe mit den Cheruskern der Zeitenwende genau zusammenhängt. Es ist vermutet worden, dass die Cherusker entstanden, indem eine Führungsschicht die Kontrolle einer anderen Ethnie übernahm. Daher sollte man vielleicht nach der Tacitus-Stelle der Germania vielleicht besser von Proto-Fosen oder Proto-Fosern reden. Wie auch immer, darauf kommt es hier nicht an, da man für die Cherusker ein ähnliches oder dasselbe Gebiet annimmt.

Eine Karte findet sich im 3.Band des Katalogs zur Varusschlachtausstellung Imperium-Konflikt-Mythos, wenn ich mich recht erinnere auf S.56 in einem Artikel, die die Kontaktzone zum Thema hat.

Eine Ursprungsdiskussion für die Cherusker wollte ich nicht aufmachen. Für die Kennzeichnung, dass man nicht von Cheruskern reden kann, aber es aller Wahrscheinlichkeit nach irgendeinen Zusammenhang gibt, erschien mir 'Proto-Cherusker' passend.
 
Meine Frage zielte nicht so sehr auf die Korrelation Cherusker-Fundgruppe ab, auch wenn mich das freilich schon aufmerksam macht: Meine Frage zielt vornehmlich auf das damit zusammen hängende Fundmaterial, die dabei meiner Ansicht nach im Hintergrund stehen dürfte und sogar mit den sog. Pipinsburgen in Zusammenhang gebracht werden, was ich gerade mal nicht als Problem ansprechen wollte, daß diese als eher mittelalterlich gelten. Mich irritiert außerdem noch, daß du dann auch von einer "Gruppe" sprichst.
 
Der Artikel ist von Bernhard Sicherl und heißt: Namenlose Stämme - Nordwestdeutschland am Vorabend der römischen Okkupation.

Er findet sich auf den Seiten 43-57 eines nicht ganz leicht anzugebenden Buches, da die drei Teile verschiedene Herausgeber haben. Außerdem hat der Katalog der Deutschen Nationalbibliothek offensichtlich falsche Angaben, da sie einander widersprechen. Konkret werden an verschiedenen Stellen verschiedene Herausgeber benannt. Um ganz korrekt zu sein, dürfte wohl folgender Bandwurm herauskommen, da ja die Angaben im Druckwerk die rechtlich gültigen sind:

LWL-Römermuseum in Haltern am See, Varusschlacht im Osnabrücker Land GmbH, Museum und Park Kalkriese, Landesverband Lippe, 2000 Jahre Varusschlacht: Imperium Konflikt Mythos, Stuttgart 2009, Band III Mythos.

(Die Nationalbibliothek gibt den III. Band als 1. an!)

Da will man mal in den Katalog der Nationalbibliothek schauen, weil die Angaben im Buch unvollständig sind, dann so etwas.

Ach, ja, hier der Link zum Eintrag.

EDIT2: Der Artikel geht auch auf die Klassifizierung als Gruppe ein und behandelt ebenso die Zuschreibung von aus Schriftquellen bekannten Ethnien.

Was die Pipinsburg angeht, war ja nicht verboten, dass die Franken einen Platz befestigten, der schon mal genutzt wurde. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo El Quijote,
nun, die Fußball-WM ist vorbei, weiter geht´s:

Du schriebst:
"Wir haben also das Gemetzel und die Schilderung vom Gemetzel an dem Germanen und wie sich Germanen versuchen in den Bäumen zu verstecken, die im Rahmen dieses Gemetzels von den sagittarii runtergeholt werden, woran sich anschließt: "andere wurden durch gestürzt gewordene Bäume geschädigt". Die Übersetzungslehre fordert nun, dass ein Satz in der Zielsprache idiomatisch klingen muss. "andere wurden durch gestürzt gewordene Bäume geschädigt" klingt aber alles andere als gut im Deutschen, "durch fällen der Bäume" drückt aber genau das aus.

Anstatt uns auf das Machbare zu konzentrieren, schwelgen wir in Details zu PPP. Na gut, zu obigem folgendes.
Niemand klettert ohne Hilfe auf ausgewachsene Buchen, geht nicht. In den letzten Wochen hatte ich Muße, mich mehrere Tage an der mittleren Weser aufzuhalten und habe mir einige dieser Kathedralenwälder angesehen. Natürlich gibt es, besonders an den Rändern auch da und dort eine erkletterbare Buche, die dann aber keine bedeutende Höhe aufweist. Einen dort Schutz suchenden Menschen kann leicht mit Speer oder Bogen beigekommen werden, da er sehr selten höher als drei, vier Meter kommt. Genauso ist es mit dort vereinzelt stehenden Eichen oder anderem Bewuchs. Damit gehört Tacitus´ Erzählung von flüchtenden Kletterern aufgrund der praktischen Unmöglichkeit in das Reich der Dichtung. Natürlich passt diese Schilderung in die gesamte Beschreibung des grandiosen Gemetzels, jedoch wenn überhaupt Germanen in den mindestens 12 bis 15 Meter hohen Kronen der Buchen versteckt waren, sind sie schon in Vorbereitung der Schlacht zu einem bestimmten militärischen Zweck dort hinaufgebracht worden - die Römer zu bekämpfen!
Nach wie vor halte ich es für ziemlich unsinnig, wegen ein paar Germanen, die offensichtlich nicht durch Pfeile zu treffen waren, ganze Bäume zu fällen, zumal Du, wie oben zu lesen, das Partizip "umgestürzten" (ist bei diesem Verb auch wirklich schwer, wenn dort "schubsen" -als Partizip - verwendet worden wäre, ließe sich das passiv besser darstellen) des "besseren Ausdrucks wegen" auf "durch fällen der Bäume" ersetzt (Wo ist hier das Partizip, mein Freund?).
Du mahnst mich, mit meinen Ausführungen am Tacitustext zu bleiben und stellst meine, aufgrund der Tatsachen oder militärischen Überlegungen, anders lautenden Interpretationen der Textinformationen als nicht wissenschaftlich dar.
Du liegst richtig, ich versuche, aus den verwirrenden Darstellungen des Römers einen mir plausibel erscheinenden Schlachtverlauf zu rekonstruieren. Schau, selbst Du bist von römischen und germanischen Heeren ausgegangen, die wie in wilder Flucht die Stellung wechseln. Nun, wenigstens das haben wir aufgeklärt.
Aber vorerst genug davon.
Ich will noch ein wenig zurückgehen zum Fluss, den Germanicus genommen hat. In der Dissertation "Tradition über Germanicus" von Gerhard Kessler (1905) hat sich damals der junge Mann mit den wahrscheinlichen Vorlagen des Tacitus (und auch C. Dios) beschäftigt und erkannt, dass beiden eine gemeinsame Hauptquelle zur Verfügung stand, deren Verfasser sich in unmittelbarer Nähe des Germanicus aufgehalten haben muss, gut informiert über Truppen, Befehlshaber und Gelände war, ansonsten aber kein schlechtes Wort über den Heerführer verlor. Tacitus nun muss noch mindestens eine zweite Quelle vorliegen gehabt haben, die sehr allgemein, dafür aber ausschmückend ausführlich gehalten war, und auch negative Bewertungen zum Handeln abgab. Interessanterweise kommt er zu dem Schluss, was schon Delbrück lobend bemerkt, dass Tacitus in die kurze Schilderung der Fahrt der Flotte bis zur mittleren Weser, mit anschließender linksseitiger Ausschiffung und Brückenbau, danach die schwimmende Überquerung der Weser durch die Brukterer - unwissend, dass die andere Quelle genau dieses Ereignisse beschrieb, selbige hier einschob und deshalb an der Emsmündung das im Gezeitenbereich völlig blösdsinnige linksseitige Ausschiffen (verbunden mit Kritik an Germanicus), Brückenbau und das Schwimmen der Brukterer als vorhergehende Handlung einschob, damit eine Dopplung fabrizierte. Natürlich konnte Tacitus anschließend über den Weg bis zur Weser nichts schreiben, außer das Stertinius die in seinem Rücken (an der Ems?) rebellierenden Angrivarier maßregelte (wovon Tacitus nach der Angrivarierwall-Schlacht nochmal berichtet - auch Doppelung, aber hier nahe der Weser waren sie wirklich im Rücken der Römer!).
Das anerkennend, machen auch die Überlegungen zur Feldzugsplanung des Germanicus wieder einen klaren Sinn.
Aber sicher ermahnst Du mich gleich wieder, dass eine Inaugural-Dissertation nichts mit wissenschaftlicher Arbeit zu tun hat, der Mann verweist ja ganze Phasen (nicht nur die obige) des Tacitusberichts in das Reich der Phantasie!

Grüße
Ostfale
 
Ich bin müde und hab ein schlechtes, frustrierendes Wi-Fi, daher behelfe ich mir mal mit einem Zitat:


Du verstehst es immer noch nicht. Es geht nicht darum, was ich glaube, sondern was Tacitus schreibt und was du daraus machst. Ich greife immer nur dann ein, wenn du den Tacitus-Text vergewaltigst, indem du Teilsätze aus dem Kontext reißt oder Tacitus Dinge unterschiebst, die er nicht schreibt.
Du musst wirklich nicht jedes Mal, wenn ich deine Ausführungen mit Tacitus tatsächlichem Text abgleiche, meinen, ich würde das Tacitus alles glauben. Korrekte Textwiedergabe und Glaube daran sind zwei verschiedene Paar Schuh.
 
Zu den Buchen im Weserbergland bin ich dank Schlaflosigkeit über etwas gestolpert, was die Kathedralenwälder in Zweifel ziehen lässt und Kletterpartien ermöglicht.

Die Süntel-Buche war einst im Weserbergland, mindestens vom Wiehengebirge bis zum Süntel, also im fraglichen Gebiet, verbreitet. Teilweise bildete sie ganze Wälder. Auf diese Buchen konnte man ohne weiteres klettern.
 
Hallo Riothamus,

das mag gut sein, ich bezog mich aber auf den speziell beschriebenen Wald, der sich auf der Ebene im Rücken der Germanen befand (Annales 2, 16:
„pone tergum insurgebat silva, editis in altum ramis et pura humo inter arborum truncos.“). In diesem hat sich, so meine Auffassung, der Hauptkampf - von Arminius geplant - abgespielt.
Die Aktionen vorher, die germanische Truppenverschiebung (die am Hochwald stehenden gehen auf die Römer zu - die in den seitlichen Wäldern postierten wechseln in Richtung Hochwald) und der geplante - warum wohl hatte Arminius die Cherusker derart gesondert platziert? - seitliche Angriff der germanischen "Elitetruppen", speziell auf die Bogenschützen (Warum ausgerechnet die?), können doch nicht der Hauptkampf gewesen sein!
Dazu schreibt Tacitus nichts, fasst das ganze Geschehen nur kurz als (natürlich, was sonst?) siegreiches Gemetzel zusammen. Lediglich drei Dinge hebt er hervor:
- massenhaft flüchten Germanen über die Weser, sogar der Uferrand bricht unter dem Gewicht ein, und ertrinken selbstredend,
- die vorher ausgeschalteten Bogenschützen kommen jetzt und
- Bäume stürzen nieder, werden natürlich von Legionären gefällt (statt z.B. mit herbeigeholtem Holz ein schönes Feuer um den Baum zu entfachen, strengt viel weniger an und war sicher "unterhaltsamer"...). Warum müssen eigentlich noch Bäume gefällt werden, wo doch die Bogenschützen hier ein feines "Übungsfeld" hatten?

Aber das ist auch nicht wirklich wichtig, was im Einzelnen passierte. Fakt ist, dass Arminius sich kurze Zeit später mit einem eigentlich gemetzeltem Heer wiederum am Angrivarierwall zu einer entscheidenden Schlacht stellte. Und dieser Fakt erzeugt nun mal erhebliche Zweifel an der Gemetzeldarstellung des Tacitus (oder seiner Quelle).

Schöne Ostern!
Ostfale
 
Trotzdem hast Du gegen die Erkletterbarkeit von Buchen polemisiert und von Kathedralwäldern gesprochen. Um diese muss es sich aber nicht gehandelt haben:

1. Der Wald befand sich hinter den Germanen, die zum Teil in der Ebene, zum Teil am Rand der Höhe standen. Dann kommt der Gegensatz Ebene und Waldrand. Da liegt es nahe, den Wald auf der Höhe zu verorten.
2. Zudem wird das '-viso' als Wiese interpretiert. Die Ebene wird also eher baumlos gewesen sein. Jedenfalls kein Wald.
3. Kannte Tacitus Süntelbuchen oder beschrieb er die Bäume, die er kannte? Bekanntlich vielen diese heimischen Bäume erst im 19. Jh. auf. (Und auch Süntelbuchen haben ein dichtes Blätterdach, dass wie bei anderen Buchen auch allzu dichtem Unterholz entgegensteht.)
3. Süntelbuchen wachsen auch gut in der Ebene. Überall, wo andere Buchen auch wachsen können.
4. 'In die Höhe ragende Zweige/Äste' treffen auf so ziemlich jeden Baum zu. Süntelbuchen werden 12-15m hoch.

Damit sind diese Bäume nicht auszuschließen, ein Kathedralwald nicht beweisbar. Insbesondere, wenn man an das erwähnte Erklettern der Bäume denkt.

Mir wurde mal für eine recht einfache Erklärung einiger Seltsamkeiten des Berichts Anachronismus vorgeworfen. Also muss ich da ausführlicher werden. Aber das werde ich später machen, zu Idistaviso habe ich sowieso noch ein paar Antworten zu schreiben. Und es ist einfacher und leichter zu verstehen, wenn ich es der Reihe nach erledige.

(Ebenen, die nicht baumbestanden sind, sind in Mitteleuropa selten. Jedenfalls, wenn wir Eingriffe des Menschen ausschließen. Vielleicht kann das helfen die Suche des Ortes einzuschränken. Wo an der Weser wuchsen aus in der Natur liegenden Gründen keine Bäume? Ich bin kein Geograph, aber die Naturräume Deutschlands dürften vollständig beschrieben sein.)
 
Nun, das Erklettern von simplen ausgewachsenen Rotbuchen fordert eine erhebliche sportliche Qualität. Ich schrieb dies im Zusammenhang von Selbstversuchen in Kathedralwäldern mit solchen Bäumen. Natürlich bezog sich das nicht auf Bäume, die schon sehr weit unten Äste bilden, zumal diese sich naturgemäß in Einzel- oder Randstellung befinden. Aber bleiben wir beim Text.
Tacitus schreibt einmal von einem Wald, der sich im Rücken (der Ebene) befindet. Besonderheit hier: Kein Unterholz zwischen den hochragenden Bäumen/Ästen (ramis kann beides bedeuten).
Danach schreibt er: "campum et prima silvarum barbara acies tenuit" (Die Ebene und den Saum der Wälder - silvarum ist plural - hielt das Barbarenheer besetzt.
Er unterscheidet also schon zwischen "normalen" Wäldern, sicherlich mit einer Menge Süntelbuchen bestückt, die sich offenbar an/auf den seitlichen Höhen befanden und eben jenem besonderen hochstämmigen Wald im Rücken der Ebene.
Am Rande der Wälder lauerten die Germanen, also sowohl seitlich (quasi parallel zur Weser) und auch vor dem Hochwald, die Ebene sperrend (also etwa im 90°-Winkel dazu).

Erst als den Germanen klar war, wohin der Stoß der Hauptmacht der Römer ging - nämlich Richtung Hochwald (hier ließen sich die Adler nieder - die fliegen stets hochaufragende Landplätze an, die nach unten für sie sicher sind, oder?), fand die den Römern merkwürdige Umgruppierung der beiden Germanenheere statt:
Die vor dem Hochwald befindlichen Truppen zogen den Römern auf der Ebene entgegen, die anderen Germanen besetzten den dahinterliegenden Hochwald um hier den Hauptkampf zu erwarten.

Als dann die Bogenschützen versuchten, die Baumleute herabzuschießen, macht das nur Sinn, wenn der normale Legionär dem angeblichen Flüchtling nicht hinterhersteigen kann. Bei Süntelbuchen ist das sicher kein Problem, erst recht nicht muss man diese umständlich fällen. Was soll der Unsinn!
Diese Germanen befanden sich in den Wipfeln der hochaufragenden Bäume, die anfangs beschrieben werden. Dort waren sie während der Kampfhandlungen im Hochwald in hervorragender Position. Mir erscheint es taktisch durchaus sinnvoll, die Römer kämpfend möglichst in diesen Hochwald zu ziehen um sie hier durch vorbereitete Maßnahmen verschiedenster Art, auch durch fast bis zum Fällpunkt durchgeschlagene Bäume, die zur gegebenen Zeit mit ein wenig Druck oder Zug zum Stürzen gebracht werden können, zu bekämpfen.
Arminius hat sich in allen Kämpfen, sei es durch die Vernichtung der Varuslegionen, die Scheinfluchten in mehreren Gefechten, das Abraten des Lagersturms an den Langen Brücken, als hervorragender Taktiker erwiesen. So einer wird den Teufel tun, sein Heer unmittelbar in oder an der Grenze seines Kerngebietes ohne Vorbereitung und taktischen Plan gegen acht Legionen und deren Hilfstruppen antreten zu lassen.
Aber gut, das steht alles nicht so bei Tacitus. ist also nur pure Erfindung...

Tacitus übrigens war bei seinem Bericht auf Quellen angewiesen. Der von mir oben zitierte Gerhard Kessler kommt auf mindestens zwei.
1. Die Hauptquelle: eine Person, die sich in der unmittelbaren Nähe von Germanicus aufgehalten haben muss, selbigen bewundert und, obwohl ziemlich detailliert, jede Aktion positiv darstellt.
2 Quelle Zwei: Jemand, der mit etwas Abstand, aber kritisch wertend und ansonsten recht allgemein, sprich ohne Details, berichtet hat.
Daher kommt es auch, dass Tacitus von einem einzelnen Geschehen, da zweimal unterschiedlich beschrieben, auch zweimal als verschiedene Ereignisse berichtet hat (Bsp: Meuterei 14 - Gefangennahme des Germanicus - einmal als Held, einmal als ziemlich kleinlauter Depp; oder in 16: Flussüberquerung mittels Brücke an der Emsmündung, im Gezeitengebiet (!), Bataver schwimmen, geraten in Not, danach bekämpft Stertinius die Angrivarier im Rücken(!) der Römer - das Gleiche passiert dann nochmal viel detaillierter beschrieben an der Weser, wobei hier die ganze Geschichte mehr Sinn macht - Brückenbau, trotzdem schwimmen die Bataver und geraten in Not, später, nach der Schlacht am Angrivarierwall bekämpft dann Stertinius nochmals die Angrivarier, jetzt tatsächlich im Rücken der Römer, und diese unterwerfen sich).
Diese Analyse von Kessler macht für mich Sinn, da dann logischerweise, nämlich zeit- und proviantsparend und daher militärisch sinnvoll, viel überraschender, die Germanicusflotte an der Ems vorbei direkt in die Weser gefahren sein müsste und an deren Mittellauf, in der Nähe oder am Ort Amisia das Heer ausgeschifft hat.
Tacitus hatte, so meine wilde Spekulation, nie eine Ahnung, dass es Orte namens Amisia und Lupia in Germanien gab, und macht aus seiner Sicht das beste draus. Nur wir haben jetzt den schwarzen Peter, da wir uns wissenschaftlich strikt an den überlieferten Text halten müssen, da alles andere nur Vermutungen sind. Ich denke anders...

Zum Schlachtort: nördlich des Ith, auf der Strecke Hameln - Elze finden wir kurz nach Hameln die Orte Hilligsfeld und Klein Hilligsfeld, quasi daneben kann man eine bewaldete Anhöhe namens Hilligswald besuchen. Letzterer befindet sich im grunde auf der Ebene zwischen Weser und den längs liegenden Höhen. Aber keine Ahnung, woher die Namen kommen und wann sie auftauchen.

Ostfale
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn ich mich recht erinnere, hatte ich den Begriff des Kathedralwalds in die Diskussion eingeführt. Er ist dann teilweise begierig aufgegriffen worden. Aber auch Rot- und Hainbuchen verbuschen am Waldrand; es ist das Innere des Waldes, wo die Buchen auf der Suche nach dem Sonnenlicht aufschießen und daher die charakteristischen langen, glatten, säulenartigen Stämme ausbilden, die, wenn nicht gerade Ilex anzutreffen ist, zu dem Eindruck führen, dass man sich in einer Kathedrale befände. Am Waldrand besteht die Notwendigkeit nicht, hier kommt genug Licht von der Seite, die Buchen bilden hier früher Äste aus.
 
Entschuldige, wenn ich heute nicht antworte, in den Ostertagen werde ich noch genügend Zeit haben.

Nur drei Bemerkungen:

Römische Feldherren hatten Berichte abzuliefern. Daher würde ich Germanicus als Quelle nicht ausschließen.

In poetischem Gebrauch kann ramus tatsächlich für Baum stehen. Als pars pro toto. Bei Tacitus eher nicht.

Ramus kann auch als Gebirgsausläufer übersetzt werden. Aber auch, wenn dies in entsprechender Literatur üblich wurde -im Georges wird Plinius zitiert- werde ich jetzt nicht editis zurechtbiegen, um den Wald auf dem Gebirge zu verorten.

Wir haben hier schlicht und einfach wieder eine Stelle, an der Tacitus seine schöne Sprache vorführt, und dadurch alles undeutlich macht.

Anscheinend bist Du als Kind nicht auf Bäume geklettert und hast sie auch nicht gegen Spielkameraden verteidigt.

Also: Auf Bäume Klettern ist unsinnig, weil es entweder nicht geht, oder jemand hinterherklettern könnte?

Ein in die Enge Getriebener soll nicht die letzte Möglichkeit ergreifen, um etwas länger zu leben?

Das empfinde nun ich als Unsinn.
 
Zuletzt bearbeitet:
Als dann die Bogenschützen versuchten, die Baumleute herabzuschießen, macht das nur Sinn, wenn der normale Legionär dem angeblichen Flüchtling nicht hinterhersteigen kann. Bei Süntelbuchen ist das sicher kein Problem, erst recht nicht muss man diese umständlich fällen. Was soll der Unsinn!
Würdest Du auf einen Baum klettern, auf dem ein möglicherweise Bewaffneter sitzt, der sich verzweifelt um sein Leben wehrt?
 
Besonderheit hier: Kein Unterholz zwischen den hochragenden Bäumen/Ästen (ramis kann beides bedeuten).
In der Sache richtig, nur die Bezugsworte sind die falschen: Tacitus beschreibt hier den Kathedralwald, die Äste nach oben gestreckt (in altum ramis) (ramus ist nicht Baum/Stamm oder Ast sondern Ast oder Zweig) und zwischen den Stämmen (truncos) der blanke Boden: et pura humo inter arborum truncos.
Insofern sind wir uns hier in der Sache mal einig.



Als dann die Bogenschützen versuchten, die Baumleute herabzuschießen, macht das nur Sinn, wenn der normale Legionär dem angeblichen Flüchtling nicht hinterhersteigen kann.
Was auch immer bei Idistaviso damals tatsächlich passiert ist: wenn römischerseits Bogenschützen dort beteiligt waren, warum sollten diese nicht versucht haben, die Germanen aus den Bäumen zu schießen? Das erschließt sich nicht.

Im Übrigen, nur als Abgleich zwischen dem, was Tacitus darstellt und was du daraus machst:
Tacitus | Ostale
Germanen fliehen bei absehbarer Niederlage in die Baumkronen | Germanen haben sich bereits vor der Schlacht in den Baumkronen versteckt
Germanen werden aus den Bäumen geschossen | -
Bäume werden gefällt, um Germanen runterzuholen | Germanen haben Bäume präpariert, dass sie umfielen.

Zum letzten Punkt eine Verständnisfrage, wie du dir das vorstellst: Haben die Germanen die Bäume, in denen sie selber saßen, vorher präpariert, damit eben diese Bäume den Römern auf die Köpfe fielen?

Wenn ich jemanden im Sommer hinter die ersten Reihen eines Buchenwaldes stelle - auch eines Hochwaldes - kann man - es sei denn, es hat frische Fällaktionen am Waldrand gegeben - im Übrigen nicht sehen, wie viele Leute dort im Wald stehen. Die Römer wußten zwar, dass die Germanen dort waren, sie hatten ja vorher (angeblich) mit Arminius ein Streitgespräch erlebt und einen Überläufer oder Gefangenen zum Sprechen gebracht, aber selbst wenn sie einigermaßen genau über die Stärke der germanischen Verbände informiert waren, solange diese im Wald standen und die Römer davor, hatten sie (die Römer) überhaupt keinen Plan, wer wann und wo in welcher Stärke hervorbrechen würde.
 

Anhänge

  • 15938d1457703391-die-etymologie-von-idistaviso-16nchr2.jpg
    15938d1457703391-die-etymologie-von-idistaviso-16nchr2.jpg
    164 KB · Aufrufe: 420
Kommt drauf an, Ravenik, so ein Baumkämpfer wird wohl mit Pfeil und Bogen bewaffnet gewesen sein. Wenn er keine Pfeile mehr hat, wäre ihm mit einem Pilum schon beizukommen gewesen.
 
Ich muss bei dem Nachgang von Idistaviso immer wieder an die Barbareien denken, die uns aus der jüngeren Geschichte bekannt sind. Da wurde Genozide zwar zum Teil fabrikmäßig begangen, zum Teil haben sich aber die Häscher auch einen grausamen Spaß daraus gemacht, das Leiden ihrer Opfer zu verlängern.
Warum sollen die Römer nach der siegreichen Schlacht in einer Position der Stärke sich diesbezüglich anders verhalten haben als Angehörige moderner Armeen oder Milizen? Zumal sie noch kein Völkerrecht kannten, gegen welches sie hätten verstoßen können.
 
Zurück
Oben