Idistaviso

Hallo zusammen,

nochmals weise ich darauf hin, dass die Grundlage meiner Argumentation auf einen Artikel von Franz Miltner beruht, dessen Argumentation ich absolut nachvollziehen kann und mir demzufolge zu eigen gemacht habe.

hier ist nochmal Miltners Arbeit nachzulesen: http://www.rhm.uni-koeln.de/095/Miltner.pdf

Bei aller Kritikwürdigkeit Miltners politischer Ansichten schmälert das aber nicht seine Sachkenntnis bezüglich der alten Geschichte.
Tacitus´ Beschreibungen der Details des ruhmvollen Sieges reihen sich ein in seine stereotypen Schilderungen des undurchdringlichen, von Sümpfen durchzogenen, germanischen Dschungels, welche nur noch von Cassius Dio "übertroffen" werden. Dies ist stark tendenziöse Berichterstattung. Verständlich aus römischer Sicht.

Ich versuche doch nur, anlehnend an Miltner, hier einen möglichst realistischen Kern herauszufiltern und mag da nicht immer richtig liegen.

Unabhängig davon: Natürlich bin ich als Junge und auch später als Ausbilder beim Militär fast pausenlos auf Bäume gestiegen - wenn erreichbare Äste vorhanden waren! Einem fast glatten Buchenstamm, dessen unterste Äste erst bei 4, 5 Metern Höhe beginnen, kann man nur durch Umklammerung beikommen, wobei man abwechselnd die umklammernden Beine und dann die Arme nach oben schiebt. Das dauert aber und auf der Flücht würde mir nicht im Traum einfallen ein solches Unterfangen zu beginnen. Anders ist es bei den Bäumen, wo die Äste bereits in Sprunghöhe beginnen. Allerdings habe ich da nur die vage Möglichkeit unbemerkt zu bleiben. Sobald ich entdeckt werde, bin ich verloren. Allerdings muss ich immer schmunzeln, wenn in diesem Fall der Baum gefällt werden soll.
Diese Bäume sind nie sehr hoch. Mit einem gut geworfenen Speer, oder mehrere gleichzeitig von verschiedenen Seiten, wäre ein Flüchtling innerhalb weniger Sekunden erledigt. Besser geht das noch mit Pfeil und Bogen, aber den Baum extra zu fällen... und was ist, wenn der Flüchling doch noch ein paar Pfeile hat?
Nein, diese umstürzenden Bäume waren mit Bedacht zum Niederstürzen von den Germanen in dem beschriebenen Hochwald vorbereitet worden. Und in/auf diesen saßen mit Sicherheit keine Germanen. Eher in der Krone eines oder mehrerer günstig stehender Nachbarbäume. So könnten die Leute den vorbereiteten Baum mittels einiger Seile, man bedenke die gute Hebelwirkung in der Höhe, leicht zum Kippen bringen.
Das am Ende sich nicht mehr alle Germanen absetzen konnten und ihren letzten Job als Zielscheibe der vorher gebeutelten Bogenschützen antreten mussten, war sicher Realität.

Aber genug davon. Wie oben schon geschrieben, so wichtig sind die Einzelheiten nun auch wieder nicht.

Grüße
Ostfale
 
Ich versuche doch nur, [...] hier einen möglichst realistischen Kern herauszufiltern...
Das wäre legitim, nur tust du genau das leider nicht.
Unsere einzige Quelle zu den Sachverhalten in Germanien der Jahre 15 und 16 ist Tacitus. Wir können Tacitus also nur textimmanent auf Widersprüche und Unwahrscheinliches bis Unmögliches untersuchen bzw. wohlwollend gegenüber Doublettenhypothesen nach Doubletten suchen. Stattdessen greifst du dir gehäuft Angaben von Tacitus heraus und verkehrst diese in ihr Gegenteil. Es kann ja sein, das Tacitus etwas den Römer zuschreibt, was tatsächlich die Germanen machten oder umgekehrt. Nur wird sich das auf Basis der auf uns gekommenen Quellen niemals zeigen lassen.

Genauso wenig kann ich beweisen, dass es nicht die Angrivarier sondern die Ampsivarier waren, die in Germanicus Rücken rebellierten. Ich kann aber auf die Indizien verweisen die dafür sprechen, nämlich die Landung an der Ems und der Marsch von dort an die Weser und das bei einer verderbten Stelle im Wort ein Kopist auf Angrivarier kommen musste, da die Angrivrier noch mehrfach vorkommen, die Ampsivarier in diesem taciteischen Buche aber kein einziges weiteres Mal. Beide Stammesnamen unterscheiden sich im Schriftbild kaum von einander. Wenn man statt der Angrivarier die Ampsivarier setzen würde, hätte man die kognitive Dissonanz, welche diese Stelle auslöst, jedenfalls eliminiert, was mit allen anderen Hilfshypothesen (ja, auch die Ampsivarierthese ist nur eine Hilfshypothese) nicht der Fall ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nein, diese umstürzenden Bäume waren mit Bedacht zum Niederstürzen von den Germanen in dem beschriebenen Hochwald vorbereitet worden. Und in/auf diesen saßen mit Sicherheit keine Germanen. Eher in der Krone eines oder mehrerer günstig stehender Nachbarbäume. So könnten die Leute den vorbereiteten Baum mittels einiger Seile, man bedenke die gute Hebelwirkung in der Höhe, leicht zum Kippen bringen.
Und warum taten sie es dann nicht? Als die Römer in den Wald vordrangen, um die auf die Bäume Geflüchteten auszuschalten, hätten die auf den Bäumen Sitzenden die Römer doch genau dort gehabt, wo sie sie haben wollten, wenn Deine Spekulation (denn mehr ist es nicht) stimmen würde. Stattdessen ließen sie sich widerstandslos ausschalten? Und das soll Sinn ergeben?

Im Übrigen verstehe ich gar nicht, wieso diese Baum-Episode gar so betont wird. Man könnte meinen, dass ein halbes Heer in die Bäume geflohen sei. Tacitus schreibt aber nur relativ unbestimmt von "quidam", also "einigen". Mehr als ein, zwei Dutzend müssen das gar nicht gewesen sein. Dazu passt auch, dass Tacitus weiter schreibt, die Bogenschützen hätten sie "per ludibrium"="zur Kurzweil" heruntergeschossen. Sie machten sich also einen Spaß daraus, der "Ernst" des Gefechts war für sie offenbar vorbei. Dass manche nicht heruntergeschossen wurden, sondern die Bäume gefällt wurden, erstaunt mich auch nicht: Wenn das Astwerk allzu dicht ist, kann man nicht mehr hindurchschießen.
 
Hallo El Quijote,

vielen Dank für Dein Bemühen um weichere Formulierungen. Warum sollen wir uns auch wegen der schnöden Geschichte verbal an den Kragen gehen.
Schau, natürlich haben wir nur den überlieferten Text. Doch halte ich es für durchaus legitim, den Menschen in entscheidenden Funktionen damals (Arminius, Germanicus) einige militärische Intelligenz zuzugestehen, ja sogar, ihnen bei all ihrem Tun einen Plan zu unterstellen (davon berichtet ja auch Tacitus).
Und wenn Tacitus schreibt, dass Germanicus nahe der Emsmündung die Flotte auf der falschen, linken Seite anlanden lässt, dann im Gezeitengebiet eine Brücke bauen lässt, kommen mir starke Zweifel an der Richtigkeit des berichteten Geschehens und Germanicus, der ja nicht zum ersten mal eine Flotte befehligt und auch die Gezeiten kennen sollte, stände als ziemlicher Dilettant da, was er mit Sicherheit nicht war!

Wenn dann Kessler ziemlich umfassend und begründet nachweist, dass hier eine Verwechselung mit dem tatsächlichen Abläufen an der mittleren Weser, somit eine Doppelung, vorliegt, habe ich zwei Möglichkeiten:
1. Ich kann das lächelnd als haltlose Hypothese, weil besserwissend über die Handlungen informiert, ablehnen und befinde mich dabei in guter Gesellschaft mit dutzenden Experten - die auch nur die gleichen Texte vorliegen haben oder hatten, oder
2. Ich versuche die dargelegten Gedankengänge nachzuvollziehen und (!) mit meinen gesammelten praktischen Erfahrungen/Erkenntnissen abzugleichen, so ich denn in diesem Bereich welche besitze.
Ich für meine Person ertappe mich dabei, dass nach Variante 2 gehandelt, bestimmte Aussagen der Autoren für mich schlüssig und daher richtig erscheinen.

Sieh es mir nach, aber diese Arbeitsweise gefällt mir besser, als ewig nur theoretisierend mit erhobenen Finger auf die communis opinio zu verweisen. Das bringt mich nicht weiter!

Was lässt Goethe doch den Mephisto kurz nach dem Osterspaziergang sagen? "Ich bin der Geist, der stets verneint. Der stets das Böse will und doch das Gute meint!"
Der Kerl ist nach meinem Geschmack!

Schöne Ostern nochmal!

Ostfale
 
Und? Auch er spekuliert viel herum. Dass die Germanen in den Bäumen als Scharfschützen fungierten, ist ebenso reine Spekulation wie das Ansägen der Bäume.

Im Übrigen möchte ich noch einmal betonen, dass es überhaupt keinen Grund gibt, die Sache mit den Germanen in den Bäumen so aufzubauschen. Tacitus behandelt sie in einem Satz, und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass es sich um eine große Zahl handelte. Für die von Miltner spekulierten Kriegslisten wäre aber eine größere Zahl erforderlich gewesen, für die es jedoch keinen Anhaltspunkt gibt.
 
@ ELQ,

wenn ich die Angrivarier (zwischen Weser und Elbe) im Rücken habe, dann habe ich folglich auch die Ems hinter mir. Du selbst hast den Münzhorizont vom Kölner Domareal ins Spiel gebracht, welcher stratigraphisch sogar abgesichert ist, und jetzt soll dieser zu Gunsten der Ems nicht gelten ??? Wenn ich keine Germanicuszeitlichen Münzfunde zwischen Rhein und Weser habe, dann gibt es nur zwei Möglichkeiten:

1. entweder hat Tacitus die Ems mit der Weser verwechselt

2. oder der Münzhorizont in Köln passt nicht mehr

Grüße
 
Keinen Anhaltspunkt? Der liegt doch auf der Hand, Ravenik.
Wenn, ich betone wenn, es diese Scharfschützen in den Bäumen gab, dann machen sie nur Sinn in großer Anzahl, da sonst ohne Wirkung.

Führen wir uns nochmal das Gelände vor Augen.
Auf der einen Seite der Fluss, den die Römer grade überquert hatten. Die andere Seite der Ebene wird von Höhenzügen, dicht mit Gehölz und Wäldern bestanden, gebildet.
Am Ende (im Rücken) der Ebene steht dieser Hochwald, frei von Unterholz.
Germanicus will schnell weiter, nimmt den Kampf aus der Marschordnung heraus auf. Sicherheitshalber lässt Arminius noch die Waldränder der seitlichen Höhenzüge vom Gegner gut sichtbar mit einem Teil seiner Truppen besetzen.

Welchen Weg wird der Heerzug der Römer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlickeit nehmen, liebe Freunde? Natürlich den durch den gut passierbar erscheinenden Hochwald!

Wenn diese Tatsache klar ist, gilt es, den Römern den Zug durch den Hochwald so schwer wie möglich zu machen. Durch welche Maßnahmen kann das geschehen?
1. So viele Kämpfer wie möglich dorthin schicken!
Als offenbar wurde, dass die Römer diesen Weg nehmen, fand die Umgruppierung der Germanen statt. Die am Rand des Hochwaldes befindlichen Truppen ziehen schnell den Römern entgegen, diese kämpfend zu binden und zurückweichend in den Hochwald ziehend. Die seitlich die Waldränder besetzenden Heeresteile suchen umgehend den Hochwald auf und nehmen dort ihre Positionen ein.
2. Gefährliche Teile des Gegners schwächen.
Die Cherusker selbst übernehmen das und greifen den römischen Heerzug zuerst an, offenbar mit dem Ziel die Bogenschützen möglichst auszuschalten.
3. Im Hochwald selbst Fallen für den Gegner vorbereiten. Man präparierte Bäume, die dann leicht zum Sturz gebracht werden konnten und postierte Dutzende, vielleicht sogar Hunderte von Kämpfern in den hohen Baumkronen. Selbst die vorhandenen Bäume überhaupt hinderten die Römer am Formationskampf.

Diese möglichen Vorbereitungen hätte jeder einigermaßen talentierte Feldherr getroffen.

Germanicus selbst erfährt ja durch Überläufer von der Festlegung des Schlachtfeldes durch Arminius, der sich mit seinen Verbündeten im Hain des Herkules (Donar) versammelte. Vielleicht war dies sogar der Hochwald? Den Gegner im Hain des eigenen Gottes zu bekämpfen, möglicherweise sogar mit dessen Unterstützung, war offenbar eine der besten Motivationen für die Germanen.

Sicher, alles Spekulation, aber unrealistisch und nicht möglich? Wohl kaum, als taktischer Plan ist dieses Szenario einem Feldherren allemal angemessener als Berichte von planlos umherrennenden Truppen, panisch fliehenden Kämpfern, feigen Anführern, plötzlich umstürzenden Bäumen und hingemetzelten fliehenden Gegnern, soweit das Auge reicht.

Mir reichen die Anhaltspunkte...
 
Zuletzt bearbeitet:
off-topic
Keinen Anhaltspunkt? (...)
Germanicus selbst erfährt ja durch Überläufer von der Festlegung des Schlachtfeldes durch Arminius, der sich mit seinen Verbündeten im Hain des Herkules (Donar) versammelte.
welchen konkreten Anhaltspunkt gibt es für die Vermutung, dass Cherusker und andere german. Stämme schon imganz frühen 1.Jh. an die erst mindestens 5-6 Jahrhunderte später bezeugten Götter wie Donar etc. glaubten? (sind Gleichsetzungen wie Merkur = Wodan, Herkules = Donar/Thor etc. nicht eher Früchte der Gelehrsamkeit des 19. Jhs. als interpretatio romana?)
 
Hallo ELQ,

"Genauso wenig kann ich beweisen, dass es nicht die Angrivarier sondern die Ampsivarier waren, die in Germanicus Rücken rebellierten. Ich kann aber auf die Indizien verweisen die dafür sprechen, nämlich die Landung an der Ems und der Marsch von dort an die Weser und das bei einer verderbten Stelle im Wort ein Kopist auf Angrivarier kommen musste, da die Angrivrier noch mehrfach vorkommen, die Ampsivarier in diesem taciteischen Buche aber kein einziges weiteres Mal. Beide Stammesnamen unterscheiden sich im Schriftbild kaum von einander. Wenn man statt der Angrivarier die Ampsivarier setzen würde, hätte man die kognitive Dissonanz, welche diese Stelle auslöst, jedenfalls eliminiert, was mit allen anderen Hilfshypothesen (ja, auch die Ampsivarierthese ist nur eine Hilfshypothese) nicht der Fall ist."

Aus archäologischer Sicht scheidet die Ems aus(siehe Publikation Harnecker NLD). Die Römer sind meiner Meinung nach an der Weser gelandet und dann Richtung Aller-Leine gezogen, da habe ich auch Hinweise was die Münzen betrifft (u.a. Bremen). Das die Chauken sich als Hilfstruppen angeboten haben (Funde Lüneburger Heide), passt das hervorragend ins Bild. Nochmal - Tiberius operierte zwischen 9-11 n. Chr. zwischen Rhein und Weser, warum sollte Germanicus dorthin zurückkehren? sein Ziel war die Mitte Germaniens. Wo diese sich befand wissen wir - der Elbstrom teilt Germanien in zwei Teile.

Frohe Ostern

Grüße
 
@ Ostfale:
Vieles, was Du da schreibst, steht zwar bei Miltner, nicht aber bei Tacitus.

Zunächst einmal meinst Du: Wenn die Germanen in den Bäumen als Scharfschützen fungierten, müssen sie in großer Zahl vorhanden gewesen sein, um effektiv zu sein. Bei Tacitus steht aber weder, dass sie als Scharfschützen fungierten, noch dass sie in großer Zahl vorhanden waren. Tacitus handelt die Episode in einem Satz ab, und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass das mehr als ein Schmankerl am Rande war, wie es bei vielen Militärschriftstellern zu finden ist. Es ist hochspekulativ, an diesen Germanen im Baum Arminius' gesamten vermeintlichen Schlachtplan aufzuhängen.

Dann vermutest Du, dass dieser Wald der zuvor erwähnte Hain des Hercules gewesen sein könnte. Das würde doch erst recht gegen Deine bzw. Miltners Theorie mit den präparierten Bäumen sprechen: Die Germanen sollen vorgehabt haben, ihren eigenen heiligen Hain zu verwüsten, indem sie haufenweise Bäume umstürzen?

Noch nicht beantwortet hast Du meine Frage, wieso die Germanen in den Bäumen inaktiv blieben, als die Römer - wie angeblich von den Germanen gewünscht - in den Wald vordrangen, statt auf sie zu schießen und die Bäume umfallen zu lassen.

Weiters zu Arminius' vermeintlichem Plan: Wenn er, wie Du, davon ausgegangen wäre, dass die Römer auf jeden Fall durch den Hochwald marschieren wollten, und daher dort Fallen vorbereitete, wieso ließ er dann seine Cherusker die Römer angreifen (um sie in den Wald zu locken?) statt zu warten, bis diese ohnehin in den Wald vordringen?
 
Tiberius operierte zwischen 9-11 n. Chr. zwischen Rhein und Weser, warum sollte Germanicus dorthin zurückkehren? sein Ziel war die Mitte Germaniens. Wo diese sich befand wissen wir - der Elbstrom teilt Germanien in zwei Teile.

Vielleicht verstehe ich die (rhetorische) Frage nicht ganz, aber:

Wenn Germanicus vom (Nieder-)Rhein aus zur Elbe marschieren wollte, musste er zwangsläufig auch durch das Gebiet zwischen Rhein und Weser marschieren.

Weiterleitungshinweis
 
Hermundure, wenn Du sagst, dass Germanicus nicht zwischen Rhein und Weser operierte, sagst Du, dass er nicht gegen Marser, Chatten und Brukterer kämpfte. Auch das Varusschlachtfeld besuchte er dann wohl nicht. Dass hieße, Tacitus hätte das alles erfunden. Damit viele er aber als Quelle aus. Wenn Du solche Fundamentalkritik anbringst, darfst Du Annalen, Historien, Germania und Agricola nicht zur Argumentation nutzen.

Allerdings muss man konstatieren, dass sich Tiberius hinter den Rhein zurückgezogen hat. Den westlichen Teil mag man von Besiedlung durch evt. feindliche Stämme freigehalten haben. Aber es gab genug Raum bis zur Weser, wo sich die Germanen wieder frei entfalten konnten. Damit ist aber die Annahme, Germanicus habe nicht zwischen Rhein und Weser operieren können, vollkommen unbegründet.

Und auch wenn Tacitus darüber hinweggeht: Germanicus überfiel mitten im Frieden Völker, mit denen erst vor kurzem Übereinkünfte erzielt worden sein müssen. Warum? Aus Rache. Aus Ruhmsucht. Aus Notwendigkeit, die Legionen zu beschäftigen. Um sich zu profilieren. Um Römer zu befreien. Um die res gestae des Augustus zu bestätigen. Um Beute zu machen. Um einen Generationenkonflikt auszuleben. Um seinen kleinen Sohn zu beeindrucken. Um ein für alle mal zu klären, dass die im Grenzbereich herrschende Panik unbegründet war. Um der Langeweile zu entgehen. Um seiner Frau zu entfliehen. Um seinen Militarismus auszuleben.

Ich könnte noch weiter machen. Aber ohne Motiv wäre er nicht nach Germanien gezogen. Und selbst wenn er an die Elbe wollte, musste er erst bis zur Weser. Und da hatten dann Marser, Brukterer, Chatten, Angrivarier, Cherusker und meinetwegen auch Ampsivarier etwas dagegen. Also ist es sogar äußerst unwahrscheinlich, dass er nicht zwischen Rhein und Weser operieren musste.
 
Hermundure, wenn Du sagst, dass Germanicus nicht zwischen Rhein und Weser operierte, sagst Du, dass er nicht gegen Marser, Chatten und Brukterer kämpfte. Auch das Varusschlachtfeld besuchte er dann wohl nicht. Dass hieße, Tacitus hätte das alles erfunden. Damit viele er aber als Quelle aus. Wenn Du solche Fundamentalkritik anbringst, darfst Du Annalen, Historien, Germania und Agricola nicht zur Argumentation nutzen.

Allerdings muss man konstatieren, dass sich Tiberius hinter den Rhein zurückgezogen hat. Den westlichen Teil mag man von Besiedlung durch evt. feindliche Stämme freigehalten haben. Aber es gab genug Raum bis zur Weser, wo sich die Germanen wieder frei entfalten konnten. Damit ist aber die Annahme, Germanicus habe nicht zwischen Rhein und Weser operieren können, vollkommen unbegründet.

Und auch wenn Tacitus darüber hinweggeht: Germanicus überfiel mitten im Frieden Völker, mit denen erst vor kurzem Übereinkünfte erzielt worden sein müssen. Warum? Aus Rache. Aus Ruhmsucht. Aus Notwendigkeit, die Legionen zu beschäftigen. Um sich zu profilieren. Um Römer zu befreien. Um die res gestae des Augustus zu bestätigen. Um Beute zu machen. Um einen Generationenkonflikt auszuleben. Um seinen kleinen Sohn zu beeindrucken. Um ein für alle mal zu klären, dass die im Grenzbereich herrschende Panik unbegründet war. Um der Langeweile zu entgehen. Um seiner Frau zu entfliehen. Um seinen Militarismus auszuleben.

Ich könnte noch weiter machen. Aber ohne Motiv wäre er nicht nach Germanien gezogen. Und selbst wenn er an die Elbe wollte, musste er erst bis zur Weser. Und da hatten dann Marser, Brukterer, Chatten, Angrivarier, Cherusker und meinetwegen auch Ampsivarier etwas dagegen. Also ist es sogar äußerst unwahrscheinlich, dass er nicht zwischen Rhein und Weser operieren musste.
Salve,
ja, entweder ignoriert der Hermundure all Deine Kenntnisse oder Tacitus hat Recht, aber die von Dir genannten Völker lebten nicht dort, wo Du sie verortest. Das Gebiet der Cherusker wurde ja auch durch die Kalkriese-Anhänger arg strapaziert. Wie gesagt, wenn man ein bisschen recherchiert lebten die Völker sicher nicht an heute eindeutig bekannten Orten, auch wenn das gern so dargestellt wird.:grübel:
 
Das Gebiet der Cherusker wurde ja auch durch die Kalkriese-Anhänger arg strapaziert.

Welche Anhänger sollen das bitte sein? Es steht ja nirgends geschrieben, in welchem Stammesgebiet die Varusschlacht stattfand. Das kann im Gebiet der Cherusker, aber genausogut auch im Gebiet eines der anderen Stämme gewesen sein, die sich Arminius angeschlossen hatten.


Wie gesagt, wenn man ein bisschen recherchiert lebten die Völker sicher nicht an heute eindeutig bekannten Orten, auch wenn das gern so dargestellt wird.:grübel:
Das versuch mal dem Hermunduren beizubringen. Der "weiß" doch "ganz genau", wer wo lebte...

(http://www.geschichtsforum.de/763729-post16.html und folgende Beiträge)
 
Hallo Ravenik,

wie kommst Du auf die Frage, wieso die Baumkämpfer inaktiv blieben? Tacitus schreibt nichts über die Geschehnisse während des Kampfes im Hochwald, ja wir erfahren nur, dass Germanicus das Zeichen zum Angriff in Richtung Hochwald gibt ("Folgt den römischen Vögeln...!"). Dann schreibt er nur noch, wie lange das Gemetzel ging, sicher aus gutem Grund.
Ist Dir aufgefallen, dass die Römer in der ganzen Schlacht nur reagierten, nicht selbst die Initiative ergreifen konnten?
Arminius sucht das Schlachtfeld aus, Arminius stellt seine Truppen, speziell die Cherusker, so auf, dass die Römer ihre Reiterei einsetzen müssen um ihn von seiner Anhöhe zu werfen. Als diese sich seitlich und in seinem Rücken befindet, also nicht mehr unmittelbar beim römischen Heer operiert, geht er zum Angriff auf die Bogenschützen los, durchbricht den römischen Heerzug und rettet sich und sicher auch den Großteil seiner Truppen. Dabei hat er die römischen Bogenschützen geschwächt und die Hilfstruppen aus ihrer ursprünglichen Aufstellung abgezogen.
Als inzwischen klar wird, dass die Römer tatsächlich den Weg durch den Hochwald nehmen wollten, lässt er sie angreifen (damit sie aufgrund der gleichzeitigen Truppenverschiebung keine anderen Entscheidungen mehr treffen können - Abbruch/Umgehen der Höhen etc.) und die übrigen Germanen sich im Hochwald sammeln.
Dort findet dann der eigentliche Hauptkampf statt, von dem wir aber rein gar nichts erfahren außer die ungefähre Dauer. Diesen Kampf führten offenbar die Legionen selbst, sie sind die einzigen Truppenteile, die durch Arminius nicht aus dem Verband gezogen wurden.
Uns sind Beispiele bekannt, und eines ragt heraus, wo ein zahlenmäßig weit überlegenes römische Heer nach Ausschaltung seiner Hilfstruppen durch simple Umklammerung auf freiem Feld vernichtet wurde. Wie muss das erst in einem unbekannten Wald ablaufen, wo auch von oben eingegriffen werden kann?
Sicher, hier wurde das Heer des Germanicus nicht vernichtet. Aber es war offenbar ein hartes Ringen, die Zeitdauer spricht dafür und letzlich haben die Römer das Feld behauptet, was aber wiederum nicht darauf schließen lässt, dass hier ein germanisches Heer vernichtet wurde.
Gerade die Tatsache, dass uns der Berichterstatter hier nicht mehr anbietet als Zeitdauer und Länge des Kampfplatzes, garniert mit ein paar Kleinigkeiten (einige werden durch Bogenschützen heruntergeholt, andere durch Bäume erschlagen, weitere ertrinken) und Allgemeinplätzen "Das war ein großer Sieg und nicht blutig für uns!", zeigt doch, dass es eigentlich nichts Rühmenswertes zu berichten gab (Zum Ablauf des Geschehens am Angivarierwall erfahren wir deutlich mehr, sogar der dortigen Reiterei wurde ein Unentschieden bescheinigt - da hatte sie wohl mal nicht versagt).

Ja richtig, Bäume in einem heiligen Hain sollten heilig sein, Aber was wissen wir schon über das religiöse Verständnis der alten Germanen. Wir urteilen hier nach unserer heutigen Auffassung, aber war das damals so? Aber das mit dem Hain war ja auch von mir nur eine Frage. Den Donar hab ich nur aus der Übersetzung von Strodtbeck/Gottwein übernommen. Mir ist egal, wie der damals hieß, aber es muss ein kriegerischer Held und Halbgott gewesen sein, ähnlich dem Herakles. Und so einer könnte für seine Germanen auch in einem wichtigen Kampf ein paar Bäume "zur Verfügung gestellt haben".

Grüße
Ostfale
 
Deine "Baumkämpfer" gab es doch gar nicht, du hast dich da in deine oder auch Miltners fixe Idee verrannt. Tacitus schreibt, dass sich vereinzelte Germanen nach der Schlacht in Bäumen zu verstecken suchten. Und diese dort von römischen Bogenschützen beschossen wurden. Aus den römischen Bogenschützen, die die in die Bäume geflüchteten Germanen vom Boden aus beschossen, machst du germanische Scharfschützen, die in den Bäumen saßen. Aber das ist User Ostfale, nicht Tacitus.
 
Wenn Du solche Fundamentalkritik anbringst, darfst Du Annalen, Historien, Germania und Agricola nicht zur Argumentation nutzen.

Hermundure "nutzt" die Quellen auf seine Weise.
Wenn da nicht drinsteht, was sich mit seinen Vorstellungen deckt, werden die Quellen halt umgeschrieben.

Wenn Cassius Dio an einer Stelle schreibt, Drusus habe die Weser nicht überschritten, dann nimmt man eine kleine Textänderung vor - und schon steht da, Drusus habe die Weser überschritten: http://www.geschichtsforum.de/743517-post4253.html

Wenn Tacitus schreibt, dass die Barbaren ihre Wohnsitze nicht aufgegeben, sondern im Gegenteil die Römer angegriffen hätten, dann nimmt man eine kleine Textänderung vor - und schon steht da, sie hätten ihre Wohnsitze aufgegeben: http://www.geschichtsforum.de/764642-post97.html

Das Verfahren funktioniert auch mit mittelalterlichen Quellen - siehe die jüngste Thietmar-Diskussion.
http://www.geschichtsforum.de/764945-post112.html
http://www.geschichtsforum.de/764949-post114.html
Obwohl der überlieferte Text von Thietmar persönlich korrekturgelesen wurde, bleibt Hermundure bei seiner Behauptung, der Text sei nach Thietmar "korrigiert" worden. (Da müssen wohl ganz geschickte Fälscher am Werk gewesen sein.)
 
Ja ja, ist schon gut. Tacitus schreibt das und damit ist es so.
Aber hat schon ein bissel Spaß gemacht, dem tendenziösen Geschreibsel ein wenig militärische Taktik unterzumischen.
 
Zurück
Oben