Fanden die Evangelisten Material bei Josephus?

Es wäre höchstens eine grobe Verfälschung der letzten Forschungsdebatten, diese so wiederzugeben, als wenn irgendwo aktuell behauptet würde, Eusebius oder Jerome's Übersetzungen würden keinerlei "Veränderung" des authentischen Josephus gebracht haben.

Dieses hier kommt deiner Einschätzung sicher nahe. Rubio dankt hier auch Lena Einhorn für ihre Hilfe:
I am deeply grateful to Lena Einhorn, Tobias Hägerland, Ramiro Moar, Josep Montserrat, and Antonio Piñero, who attentively read an earlier draft of this paper and kindly made helpful suggestions and critical comments.

Allerdings sieht er ihre Thesen kritisch und bezeichnet sie als mutig:
Mark 15:27; Matt 27:38. In a non-published paper («A Shift in Time: Parallels between events depicted in the New Testament and later events depicted in the writings of Josephus»), Lena Einhorn has advanced the idea that several parallels among the Jewish historian and the Gospels (and Acts) suggest a deliberate time shift in the New Testament narratives, so the Jesus story should be dated in the mid-40s to early 50s and Jesus would be possibly identical to the messianic leader Josephus calls «the Egyptian». I remain, however, unconvinced by her bold arguments.

Fernando Bermejo Rubio: HAS THE HYPOTHESIS OF A SEDITIONIST JESUS BEEN DEALT A FATAL BLOW? A SYSTEMATIC ANSWER TO THE DOUBTERS

?Has the Hypothesis of a Seditionist Jesus Been Dealt a Fatal Blow? A Systematic Answer to the Doubters?, Bandue 7 (2013) 19-57.. | Fernando Bermejo-Rubio - Academia.edu.

Für unsere Diskussion ist sicher der Teil: "Objection 20" ab Seite 49 wichtig.

Mit dem Gedanken könnte ich auch leben, daß der ursprüngliche von Josephus geschriebene Text des TF ein kritischer war. Wie man ihn von Josephus gewohnt ist, wenn er sich mit Aufrührern beschäftigt.
«Why is it that Josephus does not portray Jesus as a villain of the same kind as Theudas, the Egyptian et alii, if indeed he was an anti-Roman insurrectionist?» (Tobias Hägerland, in a personal communication: e-mail, October 7th 2012)

In den dann kommenden Jahrhunderten war sicher genug Zeit und Gelegenheit die unzähligen Kopien "christlicher" zu gestalten.
 
In den dann kommenden Jahrhunderten war sicher genug Zeit und Gelegenheit die unzähligen Kopien "christlicher" zu gestalten.

Was sich vielleicht aber auch nachweisen lassen könnte? Gibt es entsprechende Nachweise oder so? Oder bleibt es bei der erneuten reinen Spekulation?
 
Mit dem Gedanken könnte ich auch leben, daß der ursprüngliche von Josephus geschriebene Text des TF ein kritischer war. Wie man ihn von Josephus gewohnt ist, wenn er sich mit Aufrührern beschäftigt.
«Why is it that Josephus does not portray Jesus as a villain of the same kind as Theudas, the Egyptian et alii, if indeed he was an anti-Roman insurrectionist?» (Tobias Hägerland, in a personal communication: e-mail, October 7th 2012)

In den dann kommenden Jahrhunderten war sicher genug Zeit und Gelegenheit die unzähligen Kopien "christlicher" zu gestalten.

Dann bliebe aber von Frau Einhorns These eigentlich nichts mehr übrig, oder? Ganz im Gegenteil: Wenn christliche Kopisten die "Altertümer" von kritischen Anmerkungen zum Täufer und zu Jesus "gereinigt" hätten, wäre es völlig widersinnig, deren Existenz anzuzweifeln.

Ich gewinne aber zunehmen den Eindruck, dass das für dich gar nicht in erster Linie eine historische Frage ist. Für deren Beantwortung ist es ja nebensächlich, ob man "mit etwas leben kann" oder "sicher mehr als genug Zeit" für eine Fälschung war (was ja praktisch für alle Schriften vor Erfindung des Buchdrucks gilt). Es mag für dich persönlich wichtig sein, dass die frühen Christen "Fälscher" gewesen sein könnten. Für die historische Forschung sollte das aber keine Rolle spielen, selbst wenn es wohl häufig nicht ganz einfach ist, persönliche Werthaltungen völlig zu ignorieren und nur den Belegen zu folgen.
 
Dann bliebe aber von Frau Einhorns These eigentlich nichts mehr übrig, oder? Ganz im Gegenteil: Wenn christliche Kopisten die "Altertümer" von kritischen Anmerkungen zum Täufer und zu Jesus "gereinigt" hätten, wäre es völlig widersinnig, deren Existenz anzuzweifeln.

Es bleibt doch immer noch die unbeantwortete Frage, warum z.B. Philon und an die 40 andere außerchristliche Schriftsteller von diesem außergewöhnlichen und einflußreichen Menschen jener Zeit. Jesus von Nazareth, so rein garnichts zu berichten wissen. Und so ist es mutig und nicht nur ängstlich „gewagt“ von Frau Einhorn, wenn sie versucht auf einem neuen Weg eine Lösung dieses Rätsels zu finden.

Ich gewinne aber zunehmen den Eindruck, dass das für dich gar nicht in erster Linie eine historische Frage ist. Für deren Beantwortung ist es ja nebensächlich, ob man "mit etwas leben kann" oder "sicher mehr als genug Zeit" für eine Fälschung war (was ja praktisch für alle Schriften vor Erfindung des Buchdrucks gilt). Es mag für dich persönlich wichtig sein, dass die frühen Christen "Fälscher" gewesen sein könnten. Für die historische Forschung sollte das aber keine Rolle spielen, selbst wenn es wohl häufig nicht ganz einfach ist, persönliche Werthaltungen völlig zu ignorieren und nur den Belegen zu folgen.

Man ist ja z.B. 750 Jahre lang ohne Verdacht den „Belegen“ gefolgt bis ein Mensch um 1600 es „gewagt“ hat den Pseudoisidor als solchen zu entlarven.
 
Es bleibt doch immer noch die unbeantwortete Frage, warum z.B. Philon und an die 40 andere außerchristliche Schriftsteller von diesem außergewöhnlichen und einflußreichen Menschen jener Zeit. Jesus von Nazareth, so rein garnichts zu berichten wissen. Und so ist es mutig und nicht nur ängstlich „gewagt“ von Frau Einhorn, wenn sie versucht auf einem neuen Weg eine Lösung dieses Rätsels zu finden.


Man ist ja z.B. 750 Jahre lang ohne Verdacht den „Belegen“ gefolgt bis ein Mensch um 1600 es „gewagt“ hat den Pseudoisidor als solchen zu entlarven.

Diesen Einwand verstehe ich jetzt nicht so ganz. Es wurde doch überhaupt nicht darüber gesprochen, inwieweit Frau Einhorns Vorstellungen mutig, ängstlich oder gewagt seien? Das ist ja auch keine sinnvolle Kategorie für eine wissenschaftliche These, die ihre Überzeugungskraft durch Belege oder Argumente gewinnen sollte. Die historische Qualität einer Quelle ergibt sich auch in keiner Weise aus einer anderen, wenn die beiden nicht in irgendeiner Weise entstehungsgeschichtlich zusammenhängen.

Vielleicht habe ich aber auch etwas unklar ausgedrückt, was ich meinte, deshalb nochmals eine kurze Erläuterung. Frau Einhorns These ist offenbar, dass die Evangelisten willkürlich Textstellen aus den Altertümern kopierten, umformulierten und anstelle der dort genannten Personen Jesus und Johannes einfügten. Später seien diese dann von christlichen Autoren auch direkt in den Text des Josephus eingetragen worden. Du hattest nun vermutet, die christlichen "Fälscher" hätten kritische Bemerkungen zu Jesus und/ oder Johannes unterdrückt oder umformuliert. Das sind allerdings zwei unterschiedliche, sich widersprechende Thesen, die auch auf ganz andere Weise zu belegen wären.
 
Es bleibt doch immer noch die unbeantwortete Frage, warum z.B. Philon und an die 40 andere außerchristliche Schriftsteller von diesem außergewöhnlichen und einflußreichen Menschen jener Zeit. Jesus von Nazareth, so rein garnichts zu berichten wissen.

Ich weiß nicht, ob sich so eine Frage jemals sinnvoll ohne ins Spekulieren abzudriften, beantworten kann. Im Zweifelsfall haben diese außerchristlichen Schriftsteller offenbar nichts berichten wollen, vielleicht weil sie Jesus nicht als außergewöhnlichen und einflussreichen Menschen angesehen haben.
Und so ist es mutig und nicht nur ängstlich „gewagt“ von Frau Einhorn, wenn sie versucht auf einem neuen Weg eine Lösung dieses Rätsels zu finden.

Nach der Diskussion im thread scheint ja nicht das Problem zu sein, dass Frau Einhorn dieser Frage nachgehen will, sondern mit welchen Methoden sie zu einer Lösung zu kommen versucht.

Man ist ja z.B. 750 Jahre lang ohne Verdacht den „Belegen“ gefolgt bis ein Mensch um 1600 es „gewagt“ hat den Pseudoisidor als solchen zu entlarven.

Aber hier wie auch sonst gilt: Es wurden handfeste Gründe dafür geliefert, dass etwas als Fälschung oder so anzusehen ist. Und nicht nur Behauptungen dazu, die sich meistens nicht belegen lassen. Das ist eben der Unterschied zwischen Wissenschaft und pseudowissenschaflichen "Alternativen".
 
Es bleibt doch immer noch die unbeantwortete Frage

Die eigentlichen unbeantworteten Fragen findest Du hier:
http://www.geschichtsforum.de/765625-post74.html

Eine dieser unbeantworteten Fragen möchte ich noch einmal zitieren:

Wie kommst Du auf eine "sehr große Gefolgschaft"? Wenn wir uns an die Darstellung der Evangelien halten, bestand der harte Kern seiner Anhänger aus zwölf Jüngern (Lukas erwähnt an einer Stelle sogar 70 oder 72 Jünger, na super!) und ein paar Frauen.

Wie "einflussreich" wird der galiläische Prediger wohl gewesen sein?



Und so ist es mutig und nicht nur ängstlich „gewagt“ von Frau Einhorn, wenn sie versucht auf einem neuen Weg eine Lösung dieses Rätsels zu finden.
Dann möchte ich für diesen Beitrag aber mindestens eine Tapferkeitsmedaille bekommen. :cool:
 
Es bleibt doch immer noch die unbeantwortete Frage, warum z.B. Philon und an die 40 andere außerchristliche Schriftsteller von diesem außergewöhnlichen und einflußreichen Menschen jener Zeit. Jesus von Nazareth, so rein garnichts zu berichten wissen.
Ich weiß nicht, ob sich so eine Frage jemals sinnvoll ohne ins Spekulieren abzudriften, beantworten kann. Im Zweifelsfall haben diese außerchristlichen Schriftsteller offenbar nichts berichten wollen, vielleicht weil sie Jesus nicht als außergewöhnlichen und einflussreichen Menschen angesehen haben.

Da gibt es eigentlich nichts zu spekulieren. Über die überaus meisten Bewohner des römischen Reiches und der angrenzen Gebiete verfügen wir über keine Infromationen. Nehmen wir Arminius, der das römische Reich mit der Varusniederlage in eine tiefe Krise stürzte... Über den wissen wir so gut wie nichts. Boudicca? Königinnenwitwe, deren Töchter vergewaltigt wurden, kaum mehr. Tacfarinas? Sertorius? Marbod? Was wissen wir über die Leute? Fast gar nichts. Wird aber selten problematisiert, weil ideologisch uninteressant - bei Jesus hingegen, den will man aus der Geschichte wegdiskutieren. Also wählt man sich heute Caesar als Jesusvorbild, morgen einen unbekannten Ägypter, der mal auf dem Ölberg war oder erklärt sämtliche Überlieferungen gleich ganz zur Lüge.
 
Wenn ich mich nicht irre, ist die Idee eher, dass Phasaelis, die Tochter von Aretas, zu einem Mann in Machairus sandte, der ihrem Vater unterstellt war, möglicherweise eine Art (Geheim-)Agent.
Um die Stelle so zu interpretieren, müsste man das Wort ὑποτελής personalisiert als "Untergebener" lesen, damit ein Agent gemeint sein kann. Im Wort ὑποτελής steckt jedoch das Wort τελέω, das u. a. "Steuern/Tribut" zahlen bedeutet. Es gibt dazu auch das Verb ὑποτελέω, das erst recht in diesem Sinn zu verstehen ist. ὑποτελής bedeutet also genaugenommen so viel wie "zur Zahlung von Tribut verpflichtet", "steuerpflichtig". Natürlich kann nicht nur ein Gebiet, sondern auch eine Person steuerpflichtig sein, aber wenn Flavius Iosephus tatsächlich einen Agenten gemeint hätte, hätte es passendere Ausdrücke gegeben als ihn als "ihrem Vater Steuerpflichtigen" zu bezeichnen. Für ein Gebiet passt das meines Erachtens dann doch eher.

Es bleibt doch immer noch die unbeantwortete Frage, warum z.B. Philon und an die 40 andere außerchristliche Schriftsteller von diesem außergewöhnlichen und einflußreichen Menschen jener Zeit. Jesus von Nazareth, so rein garnichts zu berichten wissen.
Warum hätten sie über ihn berichten sollen? Jesus war im Grunde genommen unbedeutend: ein mit ein paar Anhängern umherziehender Prediger, der sich aber nicht offen auflehnte, geschweige denn einen bewaffneten Aufstand anzettelte, und irgendwann hingerichtet wurde, weil ein paar Autoritäten seine Äußerungen missfielen. Bedeutend wurde Jesus erst nach seinem Tod, weil seine Anhängerschaft seinen Tod nicht nur überdauerte, sondern durch gezielte Missionierungen sogar noch weiter wuchs. Welche Ausmaße das einst annehmen würde, war zu Philons Lebzeiten aber wohl kaum vorhersehbar. Für die Römer waren die Christen für längere Zeit wohl auch nur kurzfristig wegen der Neronischen Verfolgung in der Hauptstadt von Interesse.
Zum Vergleich: Flavius Iosephus erwähnt etliche Aufrührer, die zu Lebzeiten bedeutend mehr anrichteten als Jesus. Wie viel haben über sie andere Autoren geschrieben? Auch Iosephus fertigt sie in der Regel mit ein paar Sätzen ab.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zitat: Kunigunde Kreuz
Wenn ich mich nicht irre, ist die Idee eher, dass Phasaelis, die Tochter von Aretas, zu einem Mann in Machairus sandte, der ihrem Vater unterstellt war, möglicherweise eine Art (Geheim-)Agent.

Zitat Ravenik:
Um die Stelle so zu interpretieren, müsste man das Wort ὑποτελής personalisiert als "Untergebener" lesen, damit ein Agent gemeint sein kann. Im Wort ὑποτελής steckt jedoch das Wort τελέω, das u. a. "Steuern/Tribut" zahlen bedeutet. Es gibt dazu auch das Verb ὑποτελέω, das erst recht in diesem Sinn zu verstehen ist. ὑποτελής bedeutet also genaugenommen so viel wie "zur Zahlung von Tribut verpflichtet", "steuerpflichtig". Natürlich kann nicht nur ein Gebiet, sondern auch eine Person steuerpflichtig sein, aber wenn Flavius Iosephus tatsächlich einen Agenten gemeint hätte, hätte es passendere Ausdrücke gegeben als ihn als "ihrem Vater Steuerpflichtigen" zu bezeichnen. Für ein Gebiet passt das meines Erachtens dann doch eher.

Zitat silesia #30:
Alles herodisch, nichts nabatäisch. Ach ja, da gibts noch den nabatäischen strategoi, der möglicherweise die geflüchtete Ehefrau in Machaerus traf und durchleitete. Bei derart hochgestellten Persönlichkeiten dürfte so eine persönliche Begleitung wohl niemanden überraschen.

Zum Glück hat ja die Tochter des Aretas einigermaßen Bescheid gewußt.


Zitat Gangflow:
Es bleibt doch immer noch die unbeantwortete Frage, warum z.B. Philon und an die 40 andere außerchristliche Schriftsteller von diesem außergewöhnlichen und einflußreichen Menschen jener Zeit. Jesus von Nazareth, so rein garnichts zu berichten wissen.

Titan Ravenik:
Warum hätten sie über ihn berichten sollen? Jesus war im Grunde genommen unbedeutend:

Selbst Paulus ist das aufgefallen und er hat sich infolgedessen für den irdischen Jesus nicht interessiert.

Zitat El Quijote:
Tacfarinas? Sertorius? Marbod? Was wissen wir über die Leute? Fast gar nichts.

Ja, wenn sie übers Wasser gelaufen, gekreuzigt und dann auferstanden wären...
 
Ja, wenn sie übers Wasser gelaufen, gekreuzigt und dann auferstanden wären...
Nee, nee, so billig kommst du nicht davon! Deine Behauptung war, dass es verwunderlich sei, dass Jesus in den außerchristlichen Quellen kaum vorkomme. Aber er war halt nur ein unbedeutender Wanderprediger. Er hat das Reich nicht in die Krise gestürzt. Der einzige bedeutende Römer, der ihn jemals zu Gesicht bekommen haben mag, war vielleicht Pontius Pilatus.
Andere, die den römischen Staat in schwere Krisen stürzten, sind noch wesentlich schwächer überliefert. Dazu gälte es Stellung zu beziehen!
 
Zum Vergleich: Flavius Iosephus erwähnt etliche Aufrührer, die zu Lebzeiten bedeutend mehr anrichteten als Jesus. Wie viel haben über sie andere Autoren geschrieben? Auch Iosephus fertigt sie in der Regel mit ein paar Sätzen ab.

Andere, die den römischen Staat in schwere Krisen stürzten, sind noch wesentlich schwächer überliefert. Dazu gälte es Stellung zu beziehen! Dazu gälte es Stellung zu beziehen!

Ähnliches hatte ich ja auch schon im Vergleich zwischen verschiedenen Aufständischen und Johannes dem Täufer geschrieben.

Da darf ich noch einmal auf meinen Beitrag hinweisen, in dem ich Gangflows "unbeantwortete Fragen" längst beantwortet hatte, und den er bis jetzt beharrlich ignoriert:
http://www.geschichtsforum.de/765625-post74.html

Um sie zu beantworten, kann man den Josephus mal durchblättern und schauen, wie lange er sich mit anderen Menschen beschäftigt, die eine Zeitlang Aufmerksamkeit erregten.
Was schreibt er zu Ezechias, "der eine große Macht besaß und von Herodes nur mit Mühe niedergehalten worden war"? Anderthalb Sätze.
Was zu seinem Sohn Simon, der "sogar nach der Königsherrschaft strebte"? Auch nur wenige Sätze.
Warum sollte er sich beim Täufer, dessen Anhänger noch nicht einmal eine bewaffnete Aktion zustande gebracht haben, wesentlich länger aufhalten?
 
Zum Glück hat ja die Tochter des Aretas einigermaßen Bescheid gewußt.

Bestimmt hat sie das. Sie wusste auch sicher, wo Machaerus lag. Das ist ja nun leider nicht bei allen vorauszusetzen, die sich über die Flucht so den Kopf zerbrechen.

Ich dachte aber mit dem Hinweis auf die "Strategen", Du hättest wenigstens mal den Text zu Ende gelesen. Offenbar aber nicht, da hierzu in der Diskussion nichts mehr außer heißer Luft kam.

Also denn die Nachholung: Josephus AJ 18.112

... ἡ δέ, προαπεστάλκει γὰρ ἐκ πλείονος εἰς τὸν Μαχαιροῦντα τῷ τε πατρὶ αὐτῆς ὑποτελεῖ, πάντων εἰς τὴν ὁδοιπορίαν ἡτοιμασμένων ὑπὸ τοῦ στρατηγοῦ ἅμα τε παρῆν καὶ ἀφωρμᾶτο εἰς τὴν Ἀραβίαν κομιδῇ τῶν στρατηγῶν ἐκ διαδοχῆς παρῆν τε ὡς τὸν πατέρα ᾗ τάχος καὶ αὐτῷ τὴν Ἡρώδου διάνοιαν ἔφραζεν...

Leute, die sich mit den Nabatäern und ihrer Zivil- und Militärverwaltung über Machaerus hinaus etwas intensiver beschäftigen, schreiben dazu:

"‘Loeb Edition: when she arrived [at Machaerus] all preparations for her journey had been made by the governor. She was thus able to start for Arabia as soon as she arrived, being passed from one governor to the next as they provided transport’.
Note however that since Machaerus was under Herodian rule, one has to assume either that there was a Nabataean official there, acting in the name of the Nabataean king, or that the strategos was a Herodian one."

Kann also ein hochrangiger Vertrauter von ihr gewesen sein, der die Flucht arrangierte, oder ein offzieller hochrangiger Gesandter ihres Vaters, der man wohl ohne Rauchzeichen Kenntnis und damit Unterstützung ihrer Flucht unterstellen kann. Diese von Josephus erwähnten bzw. beschriebenen Strategoi passen außerdem in die durch Inschriften nachvollzogene nabatäische "Verwaltungspraxis".

Josephus beschreibt hier glaubwürdig den "Staffellauf" über die Bezirks-Strategen des Aretas vermutlich nach Petra, den man sich ohne große Phantasie vorstellen kann.

Dass die Dame nicht mit einem Ziegenhirten das sicher von zwielichtigen Gestalten bevölkerte "borderland" bei Nacht und Nebel querte, sondern mit einem abgesandten Militär (vermutlich wiederum angemessen unterstützt) ihres Vaters, dürfte selbst hardcore-dünnbrett-Spekulanten plausibel erscheinen.

Bis zu anderen archäologische Erkenntnissen gilt weiter:
Machaerus -> weder nabatäisch noch chinesisch, alles herodisch.
 
Um die Stelle so zu interpretieren, müsste man das Wort ὑποτελής personalisiert als "Untergebener" lesen, damit ein Agent gemeint sein kann. Im Wort ὑποτελής steckt jedoch das Wort τελέω, das u. a. "Steuern/Tribut" zahlen bedeutet. Es gibt dazu auch das Verb ὑποτελέω, das erst recht in diesem Sinn zu verstehen ist. ὑποτελής bedeutet also genaugenommen so viel wie "zur Zahlung von Tribut verpflichtet", "steuerpflichtig". Natürlich kann nicht nur ein Gebiet, sondern auch eine Person steuerpflichtig sein, aber wenn Flavius Iosephus tatsächlich einen Agenten gemeint hätte, hätte es passendere Ausdrücke gegeben als ihn als "ihrem Vater Steuerpflichtigen" zu bezeichnen. Für ein Gebiet passt das meines Erachtens dann doch eher.

Ich glaube, dass Du Recht hast. Vom Wortlaut her scheint Dein Verständnis besser zu passen. (Ich kannte bislang nur die Interpretation mit dem Diplomaten oder Agenten.)

Was vielleicht für die andere Auffassung spricht, ist die naheliegende Überlegung, dass die "Fluchtvorbereitungen" von Machairus aus von jemandem organisiert werden "mussten", der auf Seiten von Aretas stand. Wenn man zugrunde legt, dass Machairus zu Antipas gehörte, wäre dies ohne einen Vertrauten, der dort für Phasaelis alles vorbereitet, etwas schwerer vorstellbar (Womit ich nicht behaupten will, dass dem so war. Vielleicht kennen wir einfach einige Hintergründe nicht).
 
Nee, nee, so billig kommst du nicht davon! Deine Behauptung war, dass es verwunderlich sei, dass Jesus in den außerchristlichen Quellen kaum vorkomme. Aber er war halt nur ein unbedeutender Wanderprediger. Er hat das Reich nicht in die Krise gestürzt. Der einzige bedeutende Römer, der ihn jemals zu Gesicht bekommen haben mag, war vielleicht Pontius Pilatus.
Andere, die den römischen Staat in schwere Krisen stürzten, sind noch wesentlich schwächer überliefert. Dazu gälte es Stellung zu beziehen!

Der unbedeutende Wanderprediger mußte auch noch mühsam aufgebaut werden. Da ja Paulus einen direkt aus dem Himmel kommenden Gottessohn verkündete in dem Gott selber dann auch noch Mensch geworden sein soll, mußte dieser „besondere Mensch“ auch noch glaubhaft gemacht werden. Da tat sich ein Lukas als ein ganz genauer Geschichtsschreiber hervor. Da wußte er kennerhaft alles Zeitgenössische aufzufahren: Im 15. Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter von Judäa war, und Herodes Vierfürst von Galiläa, und sein Bruder Philippus Vierfürst von Ituräa und der Landschaft Trachonitis, und Lysanias Vierfürst von Abilene, unter dem Hohenpriestertum von Annas und Kajaphas…(Luk. 3,1). Da hat er dann bei Josephus Buch 19, Kap.5 etwas nicht richtig verstanden bei seiner Zeitverschiebung: dort teilt Claudius dem Agrippa I. von seinen Besitzungen noch Abila zu, "das unter der Herrschaft des Lysanias gestanden hatte“. Zur Zeit, die uns Lukas schildert, war dieser Lysanias aber schon 60-70 Jahre tot. Dann gibt es zwischen seinem „genauen“ historischen Ablauf in seiner Apostelgeschichte und den Berichten im Galaterbrief - der ja zu den echten zählen soll - so viel Hin und Her, Verdoppelungen und Divergierendes, daß einem die Lust vergeht hier nach einer Ordnung zu suchen. Um dann zu dem gesicherten Datum von Paulus 61 in Rom zu kommen, schiebt man dann mal eben eine „ruhige“ Zeit des Paulus von 14 Jahren in Syrien und Cilicien ein.

Keine Frage, dieser 2000jährige Wirkungsgeschichte haben wir so viel zu verdanken, daß dieser Jesus es allein deshalb verdient hat einen würdigen Platz einzunehmen. Wahrscheinlich muß man sagen: um jeden Preis!
 
Der unbedeutende Wanderprediger mußte auch noch mühsam aufgebaut werden. Da ja Paulus einen direkt aus dem Himmel kommenden Gottessohn verkündete in dem Gott selber dann auch noch Mensch geworden sein soll, mußte dieser „besondere Mensch“ auch noch glaubhaft gemacht werden. Da tat sich ein Lukas als ein ganz genauer Geschichtsschreiber hervor. Da wußte er kennerhaft alles Zeitgenössische aufzufahren: Im 15. Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter von Judäa war, und Herodes Vierfürst von Galiläa, und sein Bruder Philippus Vierfürst von Ituräa und der Landschaft Trachonitis, und Lysanias Vierfürst von Abilene, unter dem Hohenpriestertum von Annas und Kajaphas…(Luk. 3,1). Da hat er dann bei Josephus Buch 19, Kap.5 etwas nicht richtig verstanden bei seiner Zeitverschiebung: dort teilt Claudius dem Agrippa I. von seinen Besitzungen noch Abila zu, "das unter der Herrschaft des Lysanias gestanden hatte“. Zur Zeit, die uns Lukas schildert, war dieser Lysanias aber schon 60-70 Jahre tot. Dann gibt es zwischen seinem „genauen“ historischen Ablauf in seiner Apostelgeschichte und den Berichten im Galaterbrief - der ja zu den echten zählen soll - so viel Hin und Her, Verdoppelungen und Divergierendes, daß einem die Lust vergeht hier nach einer Ordnung zu suchen. Um dann zu dem gesicherten Datum von Paulus 61 in Rom zu kommen, schiebt man dann mal eben eine „ruhige“ Zeit des Paulus von 14 Jahren in Syrien und Cilicien ein.

Keine Frage, dieser 2000jährige Wirkungsgeschichte haben wir so viel zu verdanken, daß dieser Jesus es allein deshalb verdient hat einen würdigen Platz einzunehmen. Wahrscheinlich muß man sagen: um jeden Preis!

Kann es sein, dass Du ein klein wenig ausweichst? ;)

Du hast natürlich darin recht, dass Jesus eine Erfindung des Paulus gewesen sein könnte. Um das mit der Sicherheit behaupten zu können, die Du offenbar für Dich gewonnen hast, bräuchte es aber schon sehr gute Gründe, nicht bloß Theorien, wie es dann vielleicht hätte sein können, wenn man diese oder jene Zusatzannahme trifft.

Dazu kommt dann, dass die von Dir referierten Thesen, die Frau Einhorn anscheinend aufgestellt hat, gewisse innere Widersprüche aufweisen. Weder konnte überzeugend dargelegt werden, wo denn eigentlich die nichtpaulinischen Christen herkamen (die ja offenbar eine wichtige Gruppe für Dich sind, wenn Du davon ausgehst, dass die Erinnerung an sie später bewusst unterdrückt wurde) noch, weshalb es kritische Berichte über eine Person geben sollte, die ja angeblich nur in der Phantasie ihrer Anhänger existierte.

Außerdem stört mich ehrlich gesagt auch ein wenig, dass Du hier immer wieder zu insinuieren scheinst, Deine Mitdiskutanten könnten sich nur nicht von einer christlichen Auslegungsgeschichte lösen. Ich will Dich keinesfalls angreifen oder eine unnötige Schärfe in die Diskussion hereinbringen, aber mir wäre es persönlich lieber, wenn Du darauf verzichten könntest. Bisher hat ja noch niemand auf Glaubensargumente zurückgegriffen, insofern gibt es eigentlich keinen guten Grund für solche Andeutungen.
 
Vielleicht noch eine kleine Analogie. Nehmen wir an, eine Historikerin würde eine Neubewertung der Person des Kaisers Gaius/ Caligula vorschlagen. In Wirklichkeit nämlich sei er ein sehr erfolgreicher Herrscher gewesen, der nur von einer ihm feindlichen Überlieferung missdeutet und verleumdet worden wäre. Eine solche These würde gewiss diskutiert werden, wenn die betreffende Forscherin gute Argumente dafür beibringen könnte.

Würde die Forscherin nun weiter gehen und behaupten, Gaius habe in Wirklichkeit deutlich länger regiert als bisher angenommen, da Claudius nur eine Erfindung der senatorischen Geschichtsschreibung sei, um Gaius Erfolge wie die Eroberung Britanniens abzusprechen, müsste sie wirklich sehr zwingende Belege vorlegen. Würde sie nur damit argumentieren, dass Tacitus auch sonst gewisse Fehler unterliefen und er außerdem Gaius ganz offenkundig nicht besonders schätzte (was beides zutrifft!), könnte sie damit die Fachwelt wohl kaum überzeugen. Das wäre dann auch kein Beleg dafür, dass Althistoriker sich nicht von einer 2000-jährigen Auslegungsgeschichte lösen können, sondern einfach die Folge einer sehr starken, aber nicht ausreichend begründeten Behauptung.
 
Vielleicht noch eine kleine Analogie. Nehmen wir an, eine Historikerin würde eine Neubewertung der Person des Kaisers Gaius/ Caligula vorschlagen. In Wirklichkeit nämlich sei er ein sehr erfolgreicher Herrscher gewesen, der nur von einer ihm feindlichen Überlieferung missdeutet und verleumdet worden wäre. Eine solche These würde gewiss diskutiert werden, wenn die betreffende Forscherin gute Argumente dafür beibringen könnte.

Nur so nebenbei - das ist schon passiert:
A. Winterling: Caligula | H-Soz-Kult


Und ein schönes Beispiel, wie man über Fachwissen zu neuen Bewertungen kommen kann, man nicht aufgrund des Mangels an solchem Wissen zu Polemik und Spekulationen greifen muss.
 
Du hast natürlich darin recht, dass Jesus eine Erfindung des Paulus gewesen sein könnte. Um das mit der Sicherheit behaupten zu können, die Du offenbar für Dich gewonnen hast, bräuchte es aber schon sehr gute Gründe, nicht bloß Theorien, wie es dann vielleicht hätte sein können, wenn man diese oder jene Zusatzannahme trifft.

Was lesen wir denn alle? Theorien, Theorien, Theorien. Das hat man im Kopf - und keine Gewissheiten! Wer bin ich, daß ich Gewissheiten hätte.

Dazu kommt dann, dass die von Dir referierten Thesen, die Frau Einhorn anscheinend aufgestellt hat, gewisse innere Widersprüche aufweisen. Weder konnte überzeugend dargelegt werden, wo denn eigentlich die nichtpaulinischen Christen herkamen (die ja offenbar eine wichtige Gruppe für Dich sind, wenn Du davon ausgehst, dass die Erinnerung an sie später bewusst unterdrückt wurde) noch, weshalb es kritische Berichte über eine Person geben sollte, die ja angeblich nur in der Phantasie ihrer Anhänger existierte.

Wenn man nur wüßte, was den Menschen damals wichtig war und was nicht. Was einen "Christen" denn wirklich ausmachte, Wer gegen wen kämpfte um die "Hoheit". Mit welchen Mitteln.
Ein wenig ahnt man davon, wenn man den Kampf des Tertullian gegen Marcion erstaunt zur Kenntnis nimmt. Marcion soll die Briefe des Paulus gehabt haben Um 140. Und der Kirchenvater Tertullian schäumte: Dieser Marcion, diese pontische Maus und Ratte! Dieser verschnittene Biber!

Da mußte sich auch ein deutscher Theologieprofessor was anhören:

Urchristentum: Ältestes Evangelium aus Ketzer-Bibel rekonstruiert - DIE WELT

Also ich bade in Theorien. - Und wenn ich ehrlich bin, das erfrischt mich.
 
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