Der christliche Kanon

Sepiola

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Als Einführung erst einmal ein Zitat von Lukas Bormann, Professor für Neues Testament (Geschichte und Literatur des Urchristentums) an der Universität Erlangen-Nürnberg:

Keine der Schriften des Alten oder des Neuen Testaments ist für die Schriftensammlung, die wir Bibel nennen, verfasst worden. Die Schriften des Alten und des Neuen Testaments sind über einen langen Zeitraum je für sich überliefert worden, ehe sie Teil der Bibel wurden. Den Prozess der Auswahl der Schriften, die zu den heiligen Schriften gezählt werden, nennt man Kanonisierung, das Ergebnis dieses Prozesses: den Kanon. Die Erforschung dieser Vorgänge, die Kanongeschichte, ist ein wichtiges Gebiet der Spezialforschung, auf die im Rahmen einer Bibelkunde nicht näher eingegangen werden kann.

In der letzten Phase der Kanongeschichte hat vermutlich die Sammlung der neutestamentlichen Schriften und ihre Zusammenstellung mit den Schriften des griechischen Alten Testaments (so genannte Septuaginta) dazu geführt, dass auch im Judentum genauer über die Festlegung bestimmter Schriften als heilige Schriften nachgedacht wurde. Die Rabbinen des ersten Jahrhunderts entschieden sich dafür, nur die Schriften als heilige Schriften zu betrachten, die in Hebräisch abgefasst waren. Im rabbinischen Kontext bedeutet „heilig“, dass eine besondere rituelle Behandlung des Schreibmaterials für nötig gehalten wurde. Die Berührung der Schriftrollen, auf denen die heiligen Texte geschrieben sind, verunreinige die Hände und erfordere deswegen besondere Umgangsweisen, die für die übrigen Schriften nicht gelten (Mischna, Jadajim 3,5). Der so genannte rabbinische Kanon ist etwa um 100 n.Chr. festgelegt worden. Er unterscheidet sich in Inhalt und Aufbau erheblich von der griechischen Übersetzung des Alten Testaments, der Septuaginta.

Die Alte Kirche hat hingegen weiterhin das griechische Alte Testament als heilige Schrift verstanden. Da die Rabbinen die Schriften, die nur auf Griechisch zugänglich waren, ausgeschlossen hatten, entstand ein Überhang der biblischen Bücher im christlichen alttestamentlichen Kanon gegenüber den Büchern, die im rabbinischen Kanon aufgenommen worden waren. Diesen Überhang nennt man deuterokanonische Schriften (kath.) oder Apokryphen des Alten Testaments (Luther).
UTB Bibelkunde : Der jüdische Kanon und die Bibel

Zur Zeit der ersten Christen gab es "den" jüdischen Kanon noch gar nicht.

Bei einigen Gruppen beschränkte sich der Kanon auf den Pentateuch (Fünf Bücher Mose); bei den Samaritanern ist das heute noch der Fall*. Auch für die Sadduzäer waren offensichtlich nur diese Bücher maßgeblich.
Nach der Zerstörung des Tempels setzte sich der oben genannte rabbinische Kanon durch, dessen genauer Umfang aber im 1. Jh. noch umstritten war. Das zeigt die Diskussion um die Bücher Kohelet (Prediger) und Hohelied.
Und auch die griechische Septuaginta hatte keinen eindeutig bestimmbaren Umfang.
Im 2. Jahrhundert setzt die Kanonisierung der nicht-jüdischen christlichen Schriften ein.
Um die Mitte des Jahrhunderts traf Markion eine sehr begrenzte Auswahl aus diesen Schriften (zehn Paulubriefe und ein Evangelium). Markion setzte sich jedoch nicht durch; er galt (nicht nur wegen des Kanons) fortan als Ketzer.
Der Kanon Muratori, vermutlich aus dem späten 2. Jh. hat bereits große Ähnlichkeit mit dem späteren Kanon des Neuen Testaments.
Es fehlen fünf Bücher (Hebräerbrief, beide Petrusbriefe, der Jakobusbrief und der 3. Johannesbrief), dafür sind fünf weitere Schriften aufgelistet:
Zwei Briefe des Paulus, an die Laodicäer und an die Alexandriner (dies beiden seien gefälscht), die Weisheit der Freunde des Salomo (gehört eigentlich zur Septuaginta), die Offenbarung des Petrus (sei nicht allgemein anerkannt) und der Hirt des Hermas (der sei erst ganz vor kurzem geschrieben worden und zähle daher weder zu den Schriften der Propheten noch zu den Schriften der Apostel.)

In der lateinischen Kirche war die Kanonbildung um 400 im wesentlichen abgeschlossen. Die Synoden von Hippo und Karthago listen einen (damals von Rom bestätigten) Kanon auf, der bis heute in der römisch-katholischen Kirche Gültigkeit hat. Für die anderen Kirchen waren diese Beschlüsse jedoch nicht bindend. Da gab es weiter ein paar kleine Unstimmigkeiten.

"Schließlich wurden auf der Trullanischen Synode (691/692) verschiedene apostolische Beschlüsse und Entscheidungen vergangener Synoden sowie viele Kirchenväter bestätigt. Im Blick auf den Kanon bedeutete das weiterhin eine völlig unklare Position, da sich die genannten Beschlüsse vielfach widersprachen und den Abstimmenden offenbar unbekannt waren. Dann werden die Kanons der Syrischen Kirche, der Armenischen Kirche, die Georgische Kirche, der Koptischen Kirche und der Äthiopischen Kirche besprochen. Auch wenn es im Blick auf viele neutestamentliche Schriften, wie etwa die Evangelien, große Einigkeit gab, blieben andere wie die Johannesoffenbarung viele Jahrhunderte umstritten."
http://accordance.jotto.eu/download/pdf/Rez_Metzger_Kanon.pdf





* https://www.bibelwissenschaft.de/wi...aner/ch/df2e7e481b2f10e9f7eb054e4f3b7853/#h6:
Erst mit der Kanonisierung der Heiligen Schriften durch das Judentum am Ende des 1. Jh.n. fallen die Samaritaner durch ihre Ablehnung der Prophetenbücher und Schriften (Ketubim) tatsächlich aus der neu definierten Größe „Judentum“ heraus, nicht aber aus einer theologisch weiter verstandenen Größe „Israel“.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zum Stand des neutestamentlichen Kanons am Anfang des 4. Jahrhunderts ist die Kirchengeschichte des Eusebius eine gute Quelle.

Es dürfte am Platze sein, hier die erwähnten Schriften des Neuen Testamentes zusammenzufassen. An die erste Stelle ist die heilige Vierzahl der Evangelien zu setzen, an welche sich die Apostelgeschichte anschließt. Nach dieser sind die Briefe des Paulus einzureihen. Sodann ist der sog. erste Brief des Johannes und in gleicher Weise der des Petrus für echt zu erklären. Zu diesen Schriften kann noch, wenn man es für gut hält, die Offenbarung des Johannes gezählt werden, über welche verschiedene Meinungen bestehen, die wir bei Gelegenheit angeben werden. Die erwähnten Schriften gehören zu den anerkannten. Zu den bestrittenen aber, welche indes gleichwohl bei den meisten in Ansehen stehen, werden gerechnet der sog. Jakobusbrief, der Brief des Judas, der zweite Brief des Petrus und der sog. zweite und dritte Johannesbrief, welche entweder dem Evangelisten oder einem anderen Johannes zuzuschreiben sind. Zu den unechten Schriften sind zu zählen die Paulusakten, der sog. Hirt, die Offenbarung des Petrus, ferner der sog. Barnabasbrief, die sog. Apostellehre und, wie ich schon sagte, auch noch, wenn man will, die Offenbarung des Johannes, welche, wie erwähnt, von den einen verworfen, von anderen aber zu den echten Schriften gerechnet wird. Zu den unechten zählten nun manche auch das Hebräerevangelium, das vor allem bei den Hebräern, welche sich zum Christentum bekehrt haben, Ansehen genießt. Mögen auch alle diese Schriften zu den bestrittenen gehören, so hielten wir es doch für notwendig, auch sie aufzuzählen, zum Unterschied von den in der kirchlichen Überlieferung allgemein als wahr und unverfälscht anerkannten Schriften und denen, welche daneben, wenn auch nicht zum Kanon gehörig und sogar bestritten, gleichwohl bei sehr vielen Kirchenmännern Beachtung finden, und in der Absicht, daß wir sie kennen und kennen die Schriften, die von den Häretikern unter dem Namen von Aposteln z. B. eines Petrus, eines Thomas, eines Matthias in Umlauf gesetzt worden sind oder Evangelien von noch anderen Männern oder die Akten eines Andreas, Johannes oder weiterer Apostel enthalten. Kein in der Überlieferung anerkannter kirchlicher Schriftsteller hat diese letzteren Schriften irgendwo der Erwähnung gewürdigt. Überdies weicht auch die Art ihrer Darstellung von der der Apostel ab. Auch ihre Gedanken und das in ihnen zum Ausdruck kommende Streben stehen im stärksten Gegensatz zu der wahren, echten Lehre und geben dadurch deutlich zu erkennen, daß sie Häretiker zu Autoren haben. Man darf sie daher nicht einmal zu den unechten Schriften zählen, sondern muß sie als vollendeten Unsinn und als religionswidrig verwerfen.
https://www.unifr.ch/bkv/kapitel49-24.htm



3. Von Petrus wird ein Brief, der sog. erste, allgemein benützt. Ihn haben schon die alten Kirchenlehrer als unwidersprochen echt in ihren Schriften verwertet. Bezüglich des sog. zweiten Petrusbriefes wurden wir zwar belehrt, daß er nicht zur Bibel gehöre; doch erschien er vielen als lehrreich, so daß sie ihn den anderen Schriften einreihten. Jedoch die Petrusakten, das Petrusevangelium, die Petruspredigt und die Petrusapokalypse sind, soviel wir wissen, nie zu den katholischen Schriften gezählt worden; kein Kirchenschriftsteller der älteren oder neueren Zeit verwertet sie als Zeugen. Im weiteren Verlaufe meiner KG werde ich mir daran gelegen sein lassen, nicht nur die Schriftsteller der Reihe nach aufzuzählen, sondern auch zu zeigen, welche von ihnen gelegentlich diese oder jene angefochtene Schrift benützt haben, und was sie von den Schriften sagen, die biblisch und echt sind, und was von denen, die es nicht sind. Die Schriften, welche den Namen des Petrus tragen, habe ich somit aufgezählt; doch ist davon, wie ich gefunden habe, nur ein einziger Brief echt und von den alten Kirchenlehrern allgemein anerkannt. Von Paulus aber sind sicher und bestimmt die vierzehn Briefe verfaßt. Es wäre indes nicht recht, außer acht zu lassen, daß manche behaupteten, der Brief an die Hebräer sei von der römischen Kirche nicht als paulinisch anerkannt worden, und denselben deshalb verwarfen. Wie übrigens früher über den Hebräerbrief geurteilt wurde, werde ich noch bei Gelegenheit mitteilen. Nach meinen Erkundigungen gehören auf jeden Fall die sog. Paulusakten nicht zu den unzweifelhaft echten Schriften. Wenn man behauptet, Hermas, der nebst anderen vom gleichen Apostel am Schlusse des Römerbriefes bei Anführung der Namen erwähnt wird, sei der Verfasser des „Hirten“, so ist zu bemerken: diese Schrift ist zwar von einigen beanstandet worden, so daß sie nicht zu den allgemein anerkannten Schriften gezählt werden kann, wird aber von anderen als unentbehrlich vor allem für den Anfangsunterricht erklärt, so daß sie, soviel wir wissen, auch bereits in einigen Kirchen öffentlich verlesen und, wie ich erfahren habe, von einigen der ältesten Schriftsteller benützt worden ist. Soviel sei zur Belehrung über die unbestrittenen und über die nicht allgemein anerkannten Schriften gesagt.
https://www.unifr.ch/bkv/kapitel49-2.htm

Im Vergleich mit dem Muratori-Kanon stellt man fest, dass 19 der 27 heutigen neutestamentlichen Schriften bereits unumstritten waren:

- die vier Evangelien (Matthäus, Markus, Lukas, Johannes)
- die Apostelgeschichte des Lukas
- 13 Paulusbriefe (Römer, 1. + 2. Korinther, Galater, Epheser, Philipper, Kolosser, 1. + 2. Thessalonicher, 1. + 2. Timotheus, Titus, Philemon)
- der 1. Johannesbrief

Brief an die Hebräer:
Nicht im Muratori-Kanon. zählt ihn als 14. Paulusbrief, doch mit der Anmerkung, "daß manche behaupteten, der Brief an die Hebräer sei von der römischen Kirche nicht als paulinisch anerkannt worden, und denselben deshalb verwarfen."

Brief des Jakobus: Nicht im Muratori-Kanon, laut Eusebius umstritten

1. Brief des Petrus
: Nicht im Muratori-Kanon, laut Eusebius allgemein benützt.

2. Brief des Petrus: Nicht im Muratori-Kanon, laut Eusebius umstritten: "... wurden wir zwar belehrt, daß er nicht zur Bibel gehöre; doch erschien er vielen als lehrreich, so daß sie ihn den anderen Schriften einreihten"
2. Brief des Johannes: Im Muratori-Kanon enthalten, laut Eusebius umstritten

3. Brief des Johannes: Nicht im Muratori-Kanon, laut Eusebius umstritten

Brief des Judas: Im Muratori-Kanon enthalten, laut Eusebius umstritten

Offenbarung des Johannes: im Muratori-Kanon enthalten, laut Eusebius umstritten

Hirt des Hermas: Im Muratori-Kanon nicht für die öffentliche Lesung empfohlen. Laut Eusebius nicht allgemein anerkannt, aber trotzdem "in einigen Kirchen öffentlich verlesen."

Ein weiteres interessantes Verzeichnis des gesamten Bibelkanons enthält der Codex Claromontanus:
List of Books in Codex Claromontanus
Das Verzeichnis ist vermutlich nicht ganz lückenlos abgeschrieben; interessant sind hier die Bücher, die im Kanon von Hippo und Karthago nicht enthalten sind:
- im AT das 4. Makkabäerbuch
- im NT der Barnabasbrief, der Hirt des Hermas, die Paulusakten und die Offenbarung des Petrus.
Vielleicht entstand dieses Verzeichnis ebenfalls um 300, jedenfalls erwähnt Eusebius alle vier NT-Schriften in einem Atemzug: "Zu den unechten Schriften sind zu zählen die Paulusakten, der sog. Hirt, die Offenbarung des Petrus, ferner der sog. Barnabasbrief."
Hier handelt es sich offenbar um Schriften, die verbreitet waren und in einigen Gemeinden kanonischen Rang hatten, aber nie allgemein anerkannt waren.
 
Um die Mitte des Jahrhunderts traf Markion eine sehr begrenzte Auswahl aus diesen Schriften (zehn Paulubriefe und ein Evangelium). Markion setzte sich jedoch nicht durch; er galt (nicht nur wegen des Kanons) fortan als Ketzer.

Das Thema ´Marcion´ hatten wir schon so oft, dass ich es hier nicht zu vertiefen brauche. Fakt ist, dass durch seine Initiative, einen ersten christlichen Kanon zu erstellen, alle weiteren kanonischen Tendenzen überhaupt erst ausgelöst wurden. Der katholische Kanon entstand einzig als Gegenreaktion gegen Marcions kanonischen Anspruch.

Jochen Bohn, "Marcion und die Wirklichkeitsmacht des Christentums, in "Ideen – Macht – Utopie", S. 204:

Marcions Religion, seine Theologie und Kirche werden zum Modell, an dem sich die wachsende Großkirche abzuarbeiten und aufzurichten beginnt. Sie „tritt in das Schema des Gegners über“, indem sie „stückweise seinen Thesen andere entgegensetzt“. Marcions Klärung und Institutionalisierung des christlichen Glaubens wird durch eine formal und intentional ähnliche, inhaltlich aber geradezu entgegen gesetzte religiöse Alternative zurückgedrängt (...)

(Lukas Bormann)

Im rabbinischen Kontext bedeutet „heilig“, dass eine besondere rituelle Behandlung des Schreibmaterials für nötig gehalten wurde. Die Berührung der Schriftrollen, auf denen die heiligen Texte geschrieben sind, verunreinige die Hände und erfordere deswegen besondere Umgangsweisen, die für die übrigen Schriften nicht gelten (Mischna, Jadajim 3,5).

Dieses Detail verdient eine besondere Beachtung, auch wenn es für das Threadthema nicht von direkter Bedeutung ist.

Die Tora wird im Judentum explizit und implizit stark mit dem Weiblichen konnotiert, was in Bezug auf das Berührungstabu einige interessante psychoanalytische Schlüsse erlaubt, die an dieser Stelle aber irrelevant sind. Es sei nur darauf hingewiesen, dass (a) der jüdische Psychoanalytiker Theodor Reik die Tora als Symbol der "unterdrückten Mutter" interpretiert, dass (b) in der jüdischen Weisheitsliteratur die "Frau Weisheit" mit der Tora identifiziert wird, dass (c) die Tora (= das Gesetz) im Tanach an einer wichtigen Stelle mit der Mutter (und nicht dem Vater) assoziiert wird:

Sprüche 6, 20:
Mein Kind, bewahre die Gebote deines Vaters und lass nicht fahren das Gesetz deiner Mutter,

und dass es (d) im Judentum die Vorstellung einer Heirat mit der Tora gibt, wie sie z.B. bei Pinchas Lapide zum Ausdruck kommt, wenn er davon spricht, dass Jahwe am Berg Sinai seine Tochter (die Tora) mit Israel vermählt habe. Der Weiblichkeitsbezug der Tora ist (e) ganz evident im Kontext des liturgischen Rituals der ´Entkleidung der Tora´, die Assoziationen zur Entkleidung einer Frau nahe legt. Im Verlauf der Liturgie wird zunächst der ´Mantel´ der Tora und dann die Rolle selbst geküsst.

Zu all dem passt natürlich, dass (f) die jüdische Religionszugehörigkeit nur über die mütterliche Linie tradiert wird.
]
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Das Thema ´Marcion´ hatten wir schon so oft, dass ich es hier nicht zu vertiefen brauche. Fakt ist, dass durch seine Initiative, einen ersten christlichen Kanon zu erstellen, alle weiteren kanonischen Tendenzen überhaupt erst ausgelöst wurden. Der katholische Kanon entstand einzig als Gegenreaktion gegen Marcions kanonischen Anspruch.
Einen "katholischen Kanon" gab es erst rund 250 Jahre nach Markion.
'Da ist die Hebamme nicht mehr schuld.'

"Marcion und die Wirklichkeitsmacht des Christentums, in "Ideen – Macht – Utopie", S. 204
Hier im Zusammenhang nachzulesen:
https://www.unibw.de/theologie/institut/bohn/publbohn/marcion

Was den Kanon betrifft, so muss erwähnt werden, dass Marcion den vorhandenen (aus dem Judentum stammenden) Kanon erst einmal verwarf.

Jochen Bohn schrieb:
Dann befreit er die christliche Botschaft von der Belastung durch den jüdischen Kanon und versucht erstmals, ein geklärtes Evangelium, ein gegen den Demiurgen gerichtetes Testament zu konstruieren. Marcion bereinigt die urchristlichen Zeugnisse von allen jüdischen Verfälschungen, die er hier zu entdecken meint...
Chan schrieb:
Dieses Detail verdient eine besondere Beachtung, auch wenn es für das Threadthema nicht von direkter Bedeutung ist.
Das hat mit dem Threadthema überhaupt nichts zu tun. Warum machst Du nicht ein eigenes Thema auf?
 
Einen "katholischen Kanon" gab es erst rund 250 Jahre nach Markion.
'Da ist die Hebamme nicht mehr schuld.'

Ganz allein steht Chan mit seiner Meinung nicht: Die alte Tante Wiki gibt im Eintrag "Marcion" der Hebamme noch die Schuld:

In der Kirche beschleunigte die Herausforderung durch Marcion die Bildung des umfangreichen und ungekürzten biblischen Kanons ...

250 Jahre sind vor dem Auge der Kirche halt nur ein Wimpernschlag.
 
Ganz allein steht Chan mit seiner Meinung nicht:
Das ist ja schon mal durchaus bemerkenswert! :D

Die alte Tante Wiki gibt im Eintrag "Marcion" der Hebamme noch die Schuld:

In der Kirche beschleunigte die Herausforderung durch Marcion die Bildung des umfangreichen und ungekürzten biblischen Kanons ...

250 Jahre sind vor dem Auge der Kirche halt nur ein Wimpernschlag.
Wobei es in diesem Artikel mit Belegen für diese Meinung doch wieder mau aussieht.
Die Quellenlage für die Kanonbildung ist nun mal leider dürftig.
Wir wissen, dass die christliche Kirche bereits vor Markion über einen umfangreichen, aber nicht genau abgegrenzten (jüdischen) Kanon verfügten - den Markion komplett über Bord warf. Die Bildung eines genau abgegrenzten Kanon hat Markion eher nicht beschleunigt - vielleicht sogar im Gegenteil. Die Kanonlisten bleiben noch lange Zeit unscharf.
 
Wobei es in diesem Artikel mit Belegen für diese Meinung doch wieder mau aussieht.
Die Quellenlage für die Kanonbildung ist nun mal leider dürftig.
Wir wissen, dass die christliche Kirche bereits vor Markion über einen umfangreichen, aber nicht genau abgegrenzten (jüdischen) Kanon verfügten - den Markion komplett über Bord warf. Die Bildung eines genau abgegrenzten Kanon hat Markion eher nicht beschleunigt - vielleicht sogar im Gegenteil. Die Kanonlisten bleiben noch lange Zeit unscharf.

Danke sehr!

Bzgl. Kanonbildung haben eben solche Hinweise auf Wikipedia höchstens fragwürdigen Unterhaltungswert.

Nur zur Veranschaulichung dessen und als Beispiel die "Suggested Readings" aus dem Oxford Handbook of Early Christianity, betreffend (höchst komprimierten!) Artikel Christlichen Kanon (der trotz Komprimierung in der Differenziertheit um Ligen höher zu veranschlagen ist als solche Wiki-Einträge):

"The volumes edited by McDonald and Sanders (2002) and Auwers and de Jonge (2003) offer excellent points of entry for both testaments, and Snoek (1998) provides an outstanding annotated bibliography. For the Septuagint, consult Hengel (2002) and Dorival and Munnich (1995). For the New Testament canon, consult Gamble (2002), de Jonge (2003), and Metzger (1987); for recent German literature see Markschies (2001) and Lips (2004).

Gamble (2002) and Metzger (1987) typically offer, respectively, brief and more detailed starting points for some traditional topoi only alluded to above, such as the ‘criteria of selection’ (e.g. antiquity, catholicity, or agreement with the rule of faith; cf. also McDonald 2002b and Ludlow 2003), or the extent to which various factors (e.g. persecution and martyrdom, growth and expansion, or various ‘heresies’) contributed to the shaping and closing of the canon (see also Ferguson 2002; Perkins 2002).

On the socio-historical context of canon formation, and circumstances that shaped, influenced, or gave rise to particular lists, consult Brakke (1994), Schaper (1998), Davies (2002), Chapman (2003), and Markschies (2003); for sociological and anthropological perspectives on canon formation (e.g. canon formation as an exercise of power), Chapman (2003). Regarding the significance of textual criticism and codicology to canon history and formation, see Epp (2002); on the impact of the shift from roll to codex, Kraft (2002), Schmidt (2002), and, more broadly, Gamble (1995). For canon formation and Christian attitudes towards Judaism, see Simon (1997) and Tomson (1998); for possible Jewish influence on the Christian canon (was it perhaps ‘benignly imitative’ of Jewish developments?), Zevit (1998: 158).

Ripe for further research are issues such as the extent of regional and chronological variation, and the associated methodological problems of properly utilizing scattered reports from different regions and times to write a single narrative (how does one avoid the temptation to generalize about ‘the church’ or ‘the early Christian movement’ when the only evidence is a sparse collection of ‘snapshots’ from various regions?); selection and use of models or metaphors to characterize canon history (might other metaphors better serve than the common ‘conflict’ or ‘crisis’ ones? See Markschies (2003: 175–82) and Chapman (2003)); and the role and impact of liturgical usage and practice."
 
Danke sehr!

Bzgl. Kanonbildung haben eben solche Hinweise auf Wikipedia höchstens fragwürdigen Unterhaltungswert.

Nur zur Veranschaulichung dessen und als Beispiel die "Suggested Readings" aus dem Oxford Handbook of Early Christianity, betreffend (höchst komprimierten!) Artikel Christlichen Kanon (der trotz Komprimierung in der Differenziertheit um Ligen höher zu veranschlagen ist als solche Wiki-Einträge):

Falsches Paste and Copy.

Du hast nur die Literaturliste zum Artikel kopiert (sieht gut aus, danke).

Kannst du den (höchst komprimierten!) Artikel nachschieben?
 
Die Quellenlage für die Kanonbildung ist nun mal leider dürftig.
Wir wissen, dass die christliche Kirche bereits vor Markion über einen umfangreichen, aber nicht genau abgegrenzten (jüdischen) Kanon verfügten - den Markion komplett über Bord warf. Die Bildung eines genau abgegrenzten Kanon hat Markion eher nicht beschleunigt - vielleicht sogar im Gegenteil. Die Kanonlisten bleiben noch lange Zeit unscharf.

Das von dir formulierte Threadthema lautet: Der christliche Kanon. Insofern sind Hinweise auf einen "umfangreichen... (jüdischen) Kanon" gar nicht relevant - wenn wir unter "christlich" einen Kanon verstehen, der explizit auf die Lehren des Christus Bezug nimmt.

Wir haben darüber hinaus offensichtlich unterschiedliche Auffassungen vom Kanon-Begriff. Ein Kanon ist in jedem Fall normativ, also von einer Autorität oder autoritären Institution für eine Religionsgruppe verbindlich festgelegt. Wo kann davon in Bezug auf die Christen vor Marcion auch nur im Ansatz die Rede sein? Was Marcion betrifft, kann er sehr wohl als Autorität gelten, da die von ihm geführte Gemeinde umfangreicher war als die katholische Gemeinde, dieser an Bedeutung also keineswegs nachstand.

Der Theologe Hans von Campenhausen stellt in seinem Werk "Die Entstehung der christlichen Bibel" auf S. 175 (Nachwort von Christoph Markschies) über Marcion unmissverständlich fest:

Der erste christliche Kanon bleibt in jedem Fall seine eigenste Schöpfung, bei der ihm kein Kirchenmann und kein Gnostiker vorangegangen ist.
Hans Conzelmann in "Geschichte des Urchristentums" (S. 126) über Marcions Kanon:

Der erste christliche Kanon schließt also das Alte Testament aus.
Mehr dazu demnächst.
 
Zuletzt bearbeitet:
Falsches Paste and Copy.

Du hast nur die Literaturliste zum Artikel kopiert (sieht gut aus, danke).

Kannst du den (höchst komprimierten!) Artikel nachschieben?

Falsch gelesen.:winke:

Das sind (nur) mit entsprechenden Hinweisen die Vertiefungsempfehlungen zu bestimmten Aspekten, Jahrhunderten, regionalen Entwicklungen etc.

Die Literaturliste kommt anschließend und hat die Überschrift Bibliographie.

Der Aufsatz selbst ist zu lang.
Daher die Empfehlung, für den Einstieg in das Oxford-Handbuch zu schauen, Kapitel 20 (The Biblical Canon - Michael W. Holmes), S. 406 - 421, sodann bis 426 die Bibliographie zum Artikel.
 
Das von dir formulierte Threadthema lautet: Der christliche Kanon. Insofern sind Hinweise auf einen "umfangreichen... (jüdischen) Kanon" gar nicht relevant - wenn wir unter "christlich" einen Kanon verstehen, der explizit auf die Lehren des Christus Bezug nimmt.

Sehr richtig, Thema ist der christliche Kanon. Und der besteht nun mal seit jeher und zum ganz überwiegenden Teil aus Schriften jüdischer Herkunft. Das ist nun mal so, daran hat Markion nichts geändert, daran haben die Hardliner unter den "Deutschen Christen" nichts geändert, und daran wirst auch Du nichts ändern.

Wir haben darüber hinaus offensichtlich unterschiedliche Auffassungen vom Kanon-Begriff.
Eigentlich nicht.
Eine übergeordnete christliche Autorität gab es nie; Kanonentscheidungen betrafen immer nur einen Teil der Christenheit.
Einen einheitlichen christlichen Kanon hat es nie gegeben.


Was Marcion betrifft, kann er sehr wohl als Autorität gelten, da die von ihm geführte Gemeinde umfangreicher war als die katholische Gemeinde
Behauptungen über Anhängerzahlen sind unüberprüfbar und vollkommen unseriös.

Und sogar wenn es dafür irgendeinen Quellenbeleg geben würde, galt Markion nur für seine eigenen Anhänger als Autorität, für die "katholische Gemeinde" (was immer das sein soll) eben nicht.

Der Theologe Hans von Campenhausen stellt in seinem Werk "Die Entstehung der christlichen Bibel" auf S. 175 (Nachwort von Christoph Markschies) über Marcion unmissverständlich fest:
Wo er recht hat, hat er recht. Markion war höchst originell, und sein Kanon ebenfalls.
 
Zuletzt bearbeitet:
dass (c) die Tora (= das Gesetz) im Tanach an einer wichtigen Stelle mit der Mutter (und nicht dem Vater) assoziiert wird:

Sprüche 6, 20:
Mein Kind, bewahre die Gebote deines Vaters und lass nicht fahren das Gesetz deiner Mutter,

Das Wort torah (gemeinhin übersetzt mit 'Gesetz') kommt ja von j-r-h, 'unterweisen'. Im hebräischen Original der zitierten Stelle steht torot, also die Plural-, nicht die Singularfassung des Wortes. Ich würde daher eher mit 'Unterweisungen/Lehren der Mutter' übersetzen; natürlich ginge auch 'Gesetze'. Die obige Behauptung jedoch, dass die Torah mit der Mutter assoziiert würde und das anhand dieser Stelle belegen zu wollen, halte ich für fehlgehend. Die Torah ist natürlich voller torot...

Das führt dann zu weiteren Fragen:

Es sei nur darauf hingewiesen, dass (a) der jüdische Psychoanalytiker Theodor Reik die Tora als Symbol der "unterdrückten Mutter" interpretiert,...
Wie kommt Reik darauf? Oder, besser formuliert, um keine Ausweichdiskussionen über die akademische Leistung von Reik führen zu müssen: Was sind seine Argumente dafür?

...dass (b) in der jüdischen Weisheitsliteratur die "Frau Weisheit" mit der Tora identifiziert wird...
Das Konzept der Allegoriebildung wird dir bekannt sein... ḥokhmah /arab. ḥikmah ist nun mal ein feminines Wort. Die Freiheit führt das Volk? Germania? Britannia? Alles Frauengestalten, weil die dahinterliegenden Worte feminin sind. Dagegen "der Tod" = eine meist männliche anthropomorphe Gestalt - nicht aber in romanischsprachigen Ländern, wo la morte/la muerte/a morte traditionell eher eine weibliche Gestalt ist. Schnöde Grammatik bestimmt das Geschlecht der Allegorie. Insofern würde ich auch hier nicht so weit gehen, zu behaupten, dass die Torah als personifizierte ḥokhmah ein Beleg, ja nichtmals ein Indiz für eine Symbolik unterdrückter Weiblichkeit ist, im Ggt. (in der Torah steht sogar eine ganze Menge Zeugs drin, was frauenfeindlich ist oder zumindest so interpretiert werden kann und wurde).

Aber wie das so ist, so ist die Bibel doch ein sehr diversifiziertes Buch, gerade was die Rolle der Frau anbelangt. Gibt es auf der einen Seite die recht strengen Reinheitsgesetze, welche Frauen geradezu marginalisieren, gibt es auf der andere Seite das erotische Hohelied, die Story von Susanna/Shoshanna und starke Frauen, wie Rut oder Esther oder auch Verführerinnen wie Delila. Von mir aus zurück zum christlichen Kanon.
 
Ganz allein steht Chan mit seiner Meinung nicht: Die alte Tante Wiki gibt im Eintrag "Marcion" der Hebamme noch die Schuld:

In der Kirche beschleunigte die Herausforderung durch Marcion die Bildung des umfangreichen und ungekürzten biblischen Kanons ...

Bin gerade darauf gestoßen, dass die Tante möglicherweise ein Zitat von Bruce M. Metzger* verwurstet (ohne ihn als Autor zu nennen).
Der äußert die Annahme, "daß Markions Kanon die Herausbildung eines kirchlichen Kanons beschleunigte, ein Prozeß, der bereits seit der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts in Gang kam."

Wenn man Metzgers Satz zu Ende liest, wird man feststellen, dass Metzger Marcion nicht für die "Hebamme" hält...



* Der Kanon des Neuen Testaments, 2. Auflage (Ostfildern 2012)
 
Bin gerade darauf gestoßen, dass die Tante möglicherweise ein Zitat von Bruce M. Metzger* verwurstet (ohne ihn als Autor zu nennen).
Der äußert die Annahme, "daß Markions Kanon die Herausbildung eines kirchlichen Kanons beschleunigte, ein Prozeß, der bereits seit der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts in Gang kam."

Wenn man Metzgers Satz zu Ende liest, wird man feststellen, dass Metzger Marcion nicht für die "Hebamme" hält...

* Der Kanon des Neuen Testaments, 2. Auflage (Ostfildern 2012)

Verwurstet trifft die Sache.:winke:

Oben ist die Komplexität des Kontextes angerissen worden, was mit der Frage des Verständnisses eines "Kanons" anfängt, sich über regionale Besonderheiten (zB Ägypten) bzw. Intentionen fortsetzt.

Notwendig sind Betrachtungen und Annäherungen an das Thema, die "carefully balanced" sind. Gerade daran fehlt es bei den einseitigen Betrachtungen von Chan, bei denen (gerade passende) Textfetzen aus einer komplexen Forschungsdiskussion geschnitten werden.

"A further arena of controversy has been over Marcion’s historical significance. Did he indeed have a major, if not unparalleled, influence on subsequent Church doctrine, on the canon, and on ecclesial structures? Few would go so far as an unqualified affirmation; more common has been a carefully balanced attempt to question whether he had any ‘direct influence on the development of the doctrine of the Great Church’ while still acknowledging his considerable significance for the second century...

Perhaps most important here has been whether Marcion instigated the idea of a ‘canon’ through his selection of a Gospel and apostolic corpus and whether he provoked the Church into its own, somewhat expanded, alternative. [This is argued in John Knox, Marcion and the New Testament: An Essay in the Early History of the Canon (Chicago: University of Chicago Press, 1942), and has been taken up by many since.]...
Inevitably, such debates again bring Marcion out of his second-century context and invite assessment of his continuing significance."

Lieu: Marcion and the Making of a Heretic, 2015.

Sowohl diese Monographie als auch der oben zitierte Abriss aus der Oxford Enzyklopädie bringen ausführliche Betrachtungen zu der Entwicklung in der Forschung, die sich eben nicht simplifizierend zusammenschneiden lässt.
 
Behauptungen über Anhängerzahlen sind unüberprüfbar und vollkommen unseriös.

Und sogar wenn es dafür irgendeinen Quellenbeleg geben würde, galt Markion nur für seine eigenen Anhänger als Autorität, für die "katholische Gemeinde" (was immer das sein soll) eben nicht.

Genau.

Der Unsinn über angeblich messbare Anhängerzahlen und spekulative Quoten wurde schon hier kolportiert:

http://www.geschichtsforum.de/f30/marcioniten-paulus-mysterien-50910/index2.html

Sehr richtig, Thema ist der christliche Kanon. Und der besteht nun mal seit jeher und zum ganz überwiegenden Teil aus Schriften jüdischer Herkunft. Das ist nun mal so, daran hat Markion nichts geändert, daran haben die Hardliner unter den "Deutschen Christen" nichts geändert, und daran wirst auch Du nichts ändern.

Und weil das so ist, startet beispielsweise auch die Oxford Ezyklopädie den Abschnitt zum Christlichen Kanon mit der Betrachtung der Teile jüdischer Herkunft.

"A "significant portion of the Christian scriptures was taken over from the Jewish milieu out of which the Christian movement emerged. Therefore, study of the ‘biblical canon’ in early Christianity must start by attempting to determine exactly what the early Christian movement took over as its founding scriptures.

The regnant answer given to this question for much of the nineteenth and twentieth centuries was relatively uncomplicated: the Christian movement received from ‘Judaism’ a closed and textually stable canon of scripture, whose contents and text were essentially identical to the Masoretic Hebrew Bible. This, it was widely thought, was the ‘Bible’ of Jesus, Paul, and Jerome, to which the Protestant Reformers returned, and upon which nearly all modern translations of the Hebrew scriptures are based. The Pentateuch had been closed or ‘canonized’ by c. 400 BCE, the Prophets by c. 200 BCE, and the Writings achieved near final form by around the turn of the eras. Lingering doubts about some books in the Writings (e.g. Song of Songs or Ecclesiastes) were resolved at a rabbinic council held at Jamnia (Yavneh) sometime around 90 CE, at which the canonical status of these books was affirmed—a way of putting the matter which implies that the contents and form of this final section were already essentially established (cf. Chapman 2000: 3–70; 2003: 30–2; Lewis 2002: 146–51; Sanders 2002: 252–4)."

Wer das anders sieht, kann den Herausgebern mal einen Tipp geben, dass sie angeblich auf dem falschen Pferd sitzen würden, und das Thema nicht begriffen hätten. Vielleicht wird dann der Forschungsstand umgeschrieben. Oder auch nicht.
 
Sehr richtig, Thema ist der christliche Kanon. Und der besteht nun mal seit jeher und zum ganz überwiegenden Teil aus Schriften jüdischer Herkunft. Das ist nun mal so, daran hat Markion nichts geändert, daran haben die Hardliner unter den "Deutschen Christen" nichts geändert, und daran wirst auch Du nichts ändern.

Eine Verständnisfrage: Gibt es eine Verbindung des Kanon des Kirchenrechts (die über die Jahrhunderte an den Konzilien beschlossenen Bestimmungen zum Teil juristischer Art) zum christlichen Kanon (Bibeltexte) ? Oder ist das ebenfalls als Kanon bezeichnete Kirchenrecht sogar Bestandteil des christlichen Kanons (oder det. des "katholischen" Kanons ?).
 
Eine Verständnisfrage: Gibt es eine Verbindung des Kanon des Kirchenrechts (die über die Jahrhunderte an den Konzilien beschlossenen Bestimmungen zum Teil juristischer Art) zum christlichen Kanon (Bibeltexte) ? Oder ist das ebenfalls als Kanon bezeichnete Kirchenrecht sogar Bestandteil des christlichen Kanons (oder det. des "katholischen" Kanons ?).

Der kirchenrechtliche canones apostolici Nr. 85 beinhaltet auch einen Biblischen Kanon:

"Let the following books be esteemed venerable and holy by all of you, both clergy and laity.

Of the Old Testament:

the five books of Moses, Genesis, Exodus, Leviticus, Numbers, and Deuteronomy; one of Joshua the son of Nun; one of the Judges; one of Ruth; four of the Kings; two of Paralipomena (the books of Chronicles); two of Ezra; one of Esther; [one of Judith;] three of the Maccabees; one of Job; the one hundred and fifty Psalms; three books of Solomon: Proverbs, Ecclesiastes, Song of Songs; the sixteen of the Prophets. And see that those newly come to discipleship become acquainted with the Wisdom of the learned Sirach.

And ours, that is, of the New Testament,

are the four Gospels, of Matthew, Mark, Luke, John; the fourteen epistles of Paul; two epistles of Peter; three of John; one of James; one of Jude; two epistles of Clement; and the Constitutions dedicated to you, the bishops, by me, Clement, in eight books, which it is not appropriate to make public before all, because of the mysteries contained in them; and the Acts of us, the Apostles."

The Canon of Scripture according to "The Apostolic Canons"

Insofern ist das ein Teil der geschichtlichen Entwicklung des biblischen Kanons und das kann als Verbindung gesehen werden.
 
Dennoch ist es ein Homonym.

Also kann man sagen, dass es sich um zwei unterschiedliche Schriftübernahmen mit derselben Bezeichnung handelt, wobei gelegentlich ein biblischer Kanon auch in das Kirchenrecht aufgenommen wurde.
Da man jetzt bei einer Heiligsprechung auch noch von einer Kanonisierung spricht, zeigt mir, dass die Einschätzung des Griechischen als "klarste Sprache" überhaupt reichlich übertrieben ist. -:)

Merci für die Antworten.
 
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