Varus-Kontingente: Stärke und Zusammensetzung

Diese nur 6 Kohorten Hilfstruppen sind für 3 Legionen wohl etwas wenig, oder?

Wir sollten eines im Hinterkopf behalten:

Varus war hier nicht auf einem Feldzug, bei dem er fast den gesamten Exercitus aktiviert hätte.

Wie sagt der "Zeitzeuge und Soldat" Velleius so schön:

Nihil erat iam in Germania quod vinci posset, praeter gentem Marcomannorum. ("Jetzt gab es nichts in Germanien, was man noch besiegen hätte können, außer dem Stamm der Markomannen.")

Varus sollte nach herrschender Meinung die Infrastruktur einer Provinz einrichten.

Das ist die naheliegende Annahme. Wenn es dort nichts zu erobern gab, muss er sich für die Legionäre ja irgendwelche anderen sinnvollen Tätigkeiten ausgedacht haben.

Auch hier gibt Dio ein paar Tipps. Es gab Städte zu gründen, Märkte einzurichten, Tribute einzutreiben, Lebensmitteltransporte zu geleiten und so weiter.

Natürlich braucht man für keine dieser Tätigkeiten immer gleich drei Legionen am selben Ort. Aber so übers Land verteilt...

Für mich (persönlich) sind diese 6 Kohorten ein Rätsel!
Was genau ist das Problem?
 
Hätte und könnte!

Genau. Unsere Quellen sind einfach viel zu dürftig. Dennoch verkaufen sich Bücher zur Varusschlacht mit immer neuen, oder meist doch den alten, unhaltbaren Spekulationen wie geschnitten Brot

Und natürlich war die Aufstockung auf 8 Legionen gewaltig!
Nein, das habe ich doch gerade erklärt. Zu Varus Zeiten waren es 5-6 Legionen. Wobei mir nicht klar ist ob Asprenas ein eigenständiges Kommando für Germania Superior hatte, wie später üblich.

Danach waren es dann irgendwann 8. Das sind nicht so viel mehr. Und irgendwann waren es auch wieder mal 6 Legionen. Unter Caligula waren es sogar mal zeitweise 10-11, aber 4 davon hat dann Claudius dummerweise wie geplant nach Britannien verfrachtet.

So gewaltig, dass ein Aufstand am Rhein losbrach!
Und dieser Aufstand hätte dem Tiberius das Genick brechen können!!

Sorry, aber dieser Aufstand, den Germanicus und Drusus friedlich beilegen konnten, hatte Null Und Nix mit der Anzahl der Legionen zu tun. Der passierte einfach nur, weil der Kaiser starb. Und der Wechsel perfekt schien, alte Forderungen auf den Tisch zu bringen.

PS: Anfangs versuchte Augustus ja die Legionen zu ersetzen. Aber er scheiterte, weil kein Römer dach Teutoburg noch zu den Legionen wollte. Ergo rekrutierte er meines Wissens erstmals römische Auxiliarkohorten. Ein weiterer Grund, warum die 6 Kohorten des Varus wohl eher keine Römer waren.

Später wurde Legionen verlegt, womit es zu den 8 Legionen kam, oder 10, oder 11 oder 6 oder zeitweise sogar nur 4.
 
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Oops,

wie viele Fässer werden denn zu diesem Thema noch aufgemacht?

Egal!

Ich werde mal hier probieren, dann dort und dann da

und irgendwann bin ich dann betrunken!

An die MOD:

Es ehrt Euch diese Sache zu entzerren.

Aber bei so vielen Beiträgen und so vielen Wiederholungen weiß ich nicht, ob uns das weiterbringt. Eigentlich ist wirklich alles doppelt oder dreifach durchgekaut.

Aber um mit ELQ zu sprechen:
Das Karussell muß sich weiterdrehen. Und ich bin nach wie vor froh, daß es sich weiterdreht. Ab und an gibt es durchaus etwas neues. Aber meistens nur aufgewärmtes...:still:

Aber wie der gemeine Westfale so sagt:
Ein Eintopf schmeckt aufgewärmt viel besser!

Ansonsten bitte ich diesen Beitrag nicht zu ernst zu nehmen...:cool:
 
Was genau ist das Problem?

Das Problem ist die Zusammensetzung dieser 6 Kohorten.
Waren es germanische Hilfstruppen?
Das wäre logisch. Ist aber nirgendwo überliefert.

Waren es Vexilationen aus anderen Legionen - also nicht aus den Legionen 17, 18 und 19?
Oder Vexilationen aus anderen Legionen und Hilfstruppen?

Und die drei Reitereinheiten?
Waren das normale römische Einheiten - also etwa 500 Mann stark?
Oder germanische Hilfstruppen, die für ihre Stärke auf dem Pferd durchaus angesehen waren?

Und viel wichtiger:

In welchen Thread poste ich jetzt diesen Beitrag?
 
Und die drei Reitereinheiten?
Waren das normale römische Einheiten - also etwa 500 Mann stark?
Oder germanische Hilfstruppen, die für ihre Stärke auf dem Pferd durchaus angesehen waren?

Nochmal: Römer können es nicht gewesen sein!
Die letzte römische Ala kämpfte meines Wissens im Bundesgenossenkrieg ca. 100 Jahre vor Varus. Es gab schon lange keine "normalen römische Reitereinheiten" mehr. Schon gar nicht 500 Mann starke.

Hier muß es sich um Hilfstruppen handeln. Höchstwahrscheinlich um die Reiterei unter dem Kommando des Arminius, die dann später desertierte.

In den Quellen ist zwar auch von römischer Reiterei die Rede, die später versuchte sich zum Rhein durchzuschlagen, aber da dürfen wir getrost von einer kleinen Einheit aus Kurierreitern und den unvermeidlichen Comites des Varus ausgehen. Irgendwelche Vorläufer der späteren Equites Legionis halt, die es 9 AD eher noch nicht offiziell gab. In jedem Fall viel zu Wenige römische Reiter für auch nur eine Ala, geschweige denn drei davon.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier muß es sich um Hilfstruppen handeln. Höchstwahrscheinlich um die Reiterei unter dem Kommando des Arminius, die dann später desertierte.
Das kann nicht sein. Velleius nennt die Alen ausdrücklich unter den niedergemetzelten Truppen.

In den Quellen ist zwar auch von römischer Reiterei die Rede, die später versuchte sich zum Rhein durchzuschlagen, aber da dürfen wir getrost von einer kleinen Einheit aus Kurierreitern und den unvermeidlichen Comites des Varus ausgehen.
Velleius nennt die Reitereinheiten, mit denen sich Vala Numonius zum Rhein durchzuschlagen versuchte, Alen. Dass es römische waren, schreibt er allerdings nicht.
 
Das Problem ist die Zusammensetzung dieser 6 Kohorten.
Waren es germanische Hilfstruppen?
Das wäre logisch. Ist aber nirgendwo überliefert.

Sicher müssen wir auf rechtsrheinischem Gebiet mit Auxiliareinheiten rechnen.

Die können aber nicht alle aus Germanen bestanden haben.

Cassius Dio schreibt von einem Lager, das den Germanen eine Weile standhalten konnte, weil es über zahlreiche Bogenschützen verfügte. Das müssen Angehörige einer nicht-germanischen Auxiliareinheit gewesen sein.
 
Velleius nennt die verloren Einheiten möglicherweise nach ihrem Rang innerhalb des römischen Militärs.
Demnach standen die legiones über den Alen, diese wiederum vor den cohortes etc. (M.A.Speidel). Eine halbe Rumpflegion für die 6 Kohorten anzunehmen scheidet damit wahrscheinlich aus. Ebensowenig sollten es nach dieser Lesart aber auch Veteranen gewesen sein, da ich diese vom Rang her noch bei den legiones sehe.
Dies verschärft aber noch das Problem. Denn diese Veteranen kann man nicht einfach wegdiskutieren. Sie müssen da gewesen sein.
Speidel geht übrigens für das ganze Reich von ca. 7000 Veteranen jährlich aus. Ich sehe da keine erkennbare Berücksichtigung von Desertationen oder vorzeitgem Ableben.

Ich glaube bei Sueton lammentieren Augustus und Tiberius über die mangelnde Qualität der Soldaten in Germanien. Die hohen Dienstzeiten der Legionäre resultieren möglicherweise aus der Tatsache heraus, dass keine neuen geeigneten Soldaten als Ersatz gefunden werden konnnten. Der Anteil der Veteranen an den Truppen könnte also sogar überproportional gewesen sein.

Man kann die literarischen Quellen sicherlich in jede gewünschte Richtung interpretieren. Für die in Kalkriese kämpfenden Truppen gibt es aber mit ziemlicher Sicherheit ein archäologisches Zeugnis über die Stärke der Kohorten. Aufgrund des nahezu identischen Münzspektrums mit Kalkriese, kann man davon ausgehen, dass Haltern in unmittelbarer zeitlicher Nähe bestand. Eine Beteiligung der Soldaten aus Haltern an den Kämpfen am Engpass scheint wahrscheinlich.

Die Kasernen in Haltern haben nun aber eine Länge von über 70m. Wenn ich nicht irre sind es damit die längsten Kasernen innerhalb der Gruppe der augusteischen Römerlager.
Sie sind ca. 10m länger als die entsprechenden Lagerplätze in Oberaden. Der Raum für die Kontubernien ist nahezu gleich. Die Kasernen wurden also sehr wahrscheinlich für mehr Soldaten ausgelegt.

Gruß
jchatt
 
Das kann nicht sein. Velleius nennt die Alen ausdrücklich unter den niedergemetzelten Truppen.


Velleius nennt die Reitereinheiten, mit denen sich Vala Numonius zum Rhein durchzuschlagen versuchte, Alen. Dass es römische waren, schreibt er allerdings nicht.

Danke für die Info. Ich dachte es wären die Truppen, mit denen Varus an der Weser loszog. Wenn es sich hier nur um die Einheiten des Exercitus handelte, die nicht desertiert sind, dann ist die Zusammensetzung 3/3/6 noch weniger ungewöhnlich.

Und in beiden Fällen können dann diese Alen keine Römer gewesen sein. Es sei denn der erfahrene Offizier Velleius hätte sich schlampig ausgedrückt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dies verschärft aber noch das Problem. Denn diese Veteranen kann man nicht einfach wegdiskutieren. Sie müssen da gewesen sein.

Sie könnten aber auch die Rumpfbesatzung der Standlager gebildet haben. Genau deshalb war man Veteran. Ruhig in der Kaserne sitzen, während die Jungen durch die Pampa marschieren. Veteranen waren von allen härteren Diensten befreit. Längere Märsche könnte man ihnen nur bei einem Feldzug zugemutet haben.

Auch waren die Veteranen als Vexillum Veteranorum organisiert. Das Vexillum ist eine Art Matrixorganisation in der Legion. So wie auch das Vexillum der Fabri, der Ballistiarii oder der Valetudinarii. Dort gab es dann einen Fachvorgesetzten, wie den Optio Valetudinarii. Die Valetudinarii standen aber immer noch auf der Mannschaftsliste ihrer Zenturie und ihr Bett stand auch dort.

So gab es dann auch einen Optio Veteranorum und einen Curator Veteranorum. Diese sehe ich aber hier eher als eine Art Interessenvertreter, wie im Falle des Optio der Beneficarier. Aber all diese Soldaten sind Teil der 5000 Mann einer Legion. Nur weil Hyginus ihnen später in einem Marschlager des Kaiser eigene Zelte zuweist, heisst das nicht, daß dies in einem augusteischen Standlager auch so war, oder sie jemals eigenständige Einheiten und Supernumerarii waren.

Wir müssen hier auch zwischen Vexillum (dauerhafte Fachorganisation) und Vexillatio (temporär eigenständige Einheit) unterscheiden. Nicht jedes Vexillum ist eine Vexillatio, aber jede Vexillatio hat ein Vexillum. Wenn Varus seine Veteranen dabei hatte, dann wurden sie nicht erwähnt, weil sie integrierter Bestandteil der Legion sind. So wie auch die römischen Kurierreiter. Auch die stehen auf der Manschaftsliste einer Zenturie und waren höchstwahrscheinlich ein Vexillum.

Am naheliegendsten ist, daß diese 6 Infanteriekohorten die üblichen nichtrömischen Hilfstruppen waren.

PS: Wenn wir der Lehrmeinung folgen, daß auch die Legionsreiterei den Zenturien zugehört, wie das auch Vegetius noch Jahrhunderte später behauptet, dann sinkt die Sollstärke einer augusteischen Legion auf ziemlich genau 4800 Mann.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber all diese Soldaten sind Teil der 5000 Mann einer Legion. Nur weil Hyginus ihnen später in einem Marschlager des Kaiser eigene Zelte zuweist, heisst das nicht, daß dies in einem augusteischen Standlager auch so war, oder sie jemals eigenständige Einheiten und Supernumerarii waren.

Wenn Sie so integraler Bestandteil der Legion waren, warum werden Sie dann bei Tacitus nicht so erwähnt.
Entweder werden sie von der Legion separiert:
"Interea legati ab senatu regressum iam apud aram Ubiorum Germanicum adeunt. duae ibi legiones, prima atque vicesima, veteranique nuper missi sub vexillo hiemabant."

oder separiert und auch räumlich entfernt stationiert:

"secuti exemplum veterani haud multo post in Raetiam mittuntur, specie defendendae provinciae ob imminentis Suebos, ceterum ut avellerentur castris trucibus adhuc non minus asperitate remedii quam sceleris memoria"

Wie stellst Du Dir das denn genau vor? Wenn die Legionen auf einen Feldzug aufbrechen, treten dann vorher n-Legionäre aus den Kohorten, Zenturien und Kontubernien heraus so dass das Dritte Treffen der Kohorten quasi nicht mit in den Kampf zog ?
Oder ist es nicht vielmehr so, dass genau für diese Zwecke jedes Jahr drei Zenturien herausgelöst wurden, so dass für militärische Aufgabenstellungen nicht vorher eigens gebildete Einheiten auseinander gerissen werden mussten?

Gruss
jchatt
 
Wenn Sie so integraler Bestandteil der Legion waren, warum werden Sie dann bei Tacitus nicht so erwähnt.

Diese Frage kann man nur aus dem Kontext heraus beantworten. Um welche Tacitus-Stellen handelt es sich denn genau?

In jedem Fall nennt Tacitus sie in beiden Fällen Veterani (sub vexillo) und nicht Cohortes.


Wie stellst Du Dir das denn genau vor? Wenn die Legionen auf einen Feldzug aufbrechen, treten dann vorher n-Legionäre aus den Kohorten, Zenturien und Kontubernien heraus so dass das Dritte Treffen der Kohorten quasi nicht mit in den Kampf zog ?

Genau so kann man das machen. Nur dass kein Treffen davon besonders betroffen ist.

Der Feldherr entscheidet über die Schlachtordnung und die Tiefe der Linien. Jeder Centurio weiß, wo seine Centurie in einer vorgegebenen Formation zu stehen hat. Ob er 40, 60 oder 80 Mann hat, kann ihm egal sein. Ist eine Tiefe von 8 Mann vorgegeben und er hat nur 40 Mann steht seine Centurie 5 Mann breit. Bei 4 Mann Tiefe steht sie 10 Mann breit. Direkt daneben kommt die nächste Centurie.

Es bleibt eine saubere Formation. Ob die Linien nun insgesamt noch breit genug sind muß der Feldherr beurteilen. Nicht der Centurio.

Wie bereits erwähnt wurden die Veteranen auf Feldzügen sehr wohl mitgenommen. Es gibt aber keinen Hinweis darauf, daß sich Varus auf einem Feldzug befand. Und hätte sie Velleius dann nicht Veterani nennen müssen statt cohortes, wenn er sie denn explizit erwähnen will, wie es auch Tacitus tat?

Oder ist es nicht vielmehr so, dass genau für diese Zwecke jedes Jahr drei Zenturien herausgelöst wurden, ...
Dafür gibt es halt keinen Beleg. Keine Centuria Veteranorum und auch kein Centurio Veteranorum. Nur der Hinweis für eine bekannte Fachorganisation mit einem Optio und einem Curator. Selbst wenn die Veterani Supernumerarii gewesen sein sollten, dann fehlt dennoch jeder Hinweis auf eine Organisation in Cohortes.
 
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Das kann nicht sein. Velleius nennt die Alen ausdrücklich unter den niedergemetzelten Truppen.

Danke für die Info. Ich dachte es wären die Truppen, mit denen Varus an der Weser loszog. Wenn es sich hier nur um die Einheiten des Exercitus handelte, die nicht desertiert sind, dann ist die Zusammensetzung 3/3/6 noch weniger ungewöhnlich.

Und Sueton sagt ausdrücklich, die drei Legionen seien mitsamt dem Heerführer, den Legaten und "allen Hilfstruppen" niedergemacht worden (tribus legionibus cum duce legatisque et auxiliis omnibus caesis).

Dass nicht alle Truppenangehörigen von Feindeshand gefallen sind, dürfte Velleius, Sueton und ihren Lesern klar gewesen sein.

Drei verlorene Legionsadler sind aber drei verlorene Legionen.
Da spielt keine Rolle, wie viele Legionäre geflohen sind, gefangengenommen wurden, Suizid begangen haben, desertiert sind oder gar nicht erst in die Schlacht gezogen sind.
 
Ich glaube bei Sueton lammentieren Augustus und Tiberius über die mangelnde Qualität der Soldaten in Germanien.

Könntest Du die Stelle mal heraussuchen? Danke.

Für die in Kalkriese kämpfenden Truppen gibt es aber mit ziemlicher Sicherheit ein archäologisches Zeugnis über die Stärke der Kohorten. Aufgrund des nahezu identischen Münzspektrums mit Kalkriese, kann man davon ausgehen, dass Haltern in unmittelbarer zeitlicher Nähe bestand. Eine Beteiligung der Soldaten aus Haltern an den Kämpfen am Engpass scheint wahrscheinlich.

Die Kasernen in Haltern haben nun aber eine Länge von über 70m. Wenn ich nicht irre sind es damit die längsten Kasernen innerhalb der Gruppe der augusteischen Römerlager.
Sie sind ca. 10m länger als die entsprechenden Lagerplätze in Oberaden. Der Raum für die Kontubernien ist nahezu gleich. Die Kasernen wurden also sehr wahrscheinlich für mehr Soldaten ausgelegt.
Auf Deiner Website gibst Du die Kasernenlänge in Haltern mit 50-70 m, die Kasernenlänge in Oberaden mit 66,6 m an. Aber egal. Aufgrund der Kasernenlänge wird sich sicher nicht klären lassen, ob Teile der in seinerzeit in Haltern stationierten Mannschaften in Kalkriese mitkämpften, und falls ja, mit wieviel Mann.

Apropos Kasernen in Haltern: Dazu ist gerade eine Dissertation von Hilke Spänhoff mit dem Titel "Die Mannschaftskasernen des römischen Militärlagers in Haltern - Legionslager oder Vexillationslager?" in Arbeit.

Die wissenschaftliche Erforschung weist bezüglich der Kasernen im Halterner Römerlager derzeit noch große Lücken auf.

Gegenstand des hier skizzierten Promotionsvorhabens ist daher eine detaillierte Studie zu der Belegung des Halterner Hauptlagers. Eine zentrale Fragestellung wird dabei sein, wie vielen Soldaten das Lager tatsächlich Raum geboten haben konnte. Die detaillierte Sichtung und Auswertung der Kasernengrundrisse soll über die Anzahl der Kasernen, die Einteilung in einzelne Kohortenblöcke und die Abgrenzung derselben untereinander Aufschluss geben. Einer genaueren Analyse bedürfen daher Grundriss und Bauweise der Kasernen, ihre Gebäudegröße und die Anzahl der nachweisbaren Contubernien. Die Auswertung erlaubt Rückschlüsse auf die prozentualen Verhältnisse von Offizieren und Soldaten. Zudem soll untersucht werden, ob Gebäudestrukturen und Befunde Hinweise auf Auxiliartruppen in Haltern liefern. Ein weitestgehend ergrabener Kohortenblock im Norden des Lagers (vgl. roter Kasten Abb.1) deutet die Struktur einer klassischen Manipelkaserne an. Daneben sind zwei Gebäude mit sog. „Jaucherinnen“ von Interesse, die oft in Ställen vorhanden waren und damit evtl. auf Reiterkasernen hinweisen könnten. Aufgrund solcher Details lassen sich innerhalb des Lagers möglicherweise Legionärs- und
Auxiliarbaracken herausarbeiten.
 
Diese Frage kann man nur aus dem Kontext heraus beantworten. Um welche Tacitus-Stellen handelt es sich denn genau?

Die beiden Stellen, die Jchatt zitiert, sind Tac.ann.1,39,1 und Tac.ann.1,44,4.

Es handelt sich um ein und dieselbe Gruppe von Veteranen. Bei der ersten Stelle sind sie noch zusammen mit den Legionen in Ara Ubiorum stationiert, bei der zweiten Stelle werden sie von den Legionen separiert und in Rätien stationiert.

Dass diese Gruppe von Anfang an, schon im Lager von Ara Ubiorum, "von der Legion separiert" gewesen sein soll, davon steht bei Tacitus nichts. Und das ist auch dem Kontext nicht zu entnehmen.
 
Die Kasernen in Haltern haben nun aber eine Länge von über 70m. Wenn ich nicht irre sind es damit die längsten Kasernen innerhalb der Gruppe der augusteischen Römerlager.
Sie sind ca. 10m länger als die entsprechenden Lagerplätze in Oberaden. Der Raum für die Kontubernien ist nahezu gleich. Die Kasernen wurden also sehr wahrscheinlich für mehr Soldaten ausgelegt.

Ich meine irgendwo einmal gelesen zu haben, daß die Zenturionen im Haltener Lager keine eigenen Häuser hatten (im Gegensatz z.B. von Anreppen). Die Zenturionen waren in den Mannschaftsbaracken untergebracht und verfügten dort am Ende über eine kleine "Wohnung".
Ivh versuche das zu prüfen.
 
Es ist dort auch nicht von den Veteranen als militärjuristisch eigenständiger Gruppe (also in Abgrenzung zu den Legionären) die Rede. Es geht eher um die Forderung nach Entlassung aufgrund der Menge und Härte der Dienstjahre (Tac. ann. I, 31 u. 36).
An einer Stelle übersetzt Gottwein tatsächlich "samt den eben erst als Reserve ausgemusterten Veteranen" (veteranique nuper missi sub vexillo Tac. ann. I, 39) Aber eigentlich steht dort nur: "und der kürzlich unter das Vexillum geschickten Veteranen", von Ausmusterung oder gar Reserve steht dort nichts. Die Ausmusterung ergibt sich nur dann, wenn man mittere als Ausmusterung verstehen will. Das ließe sich zwar mit der Forderung aus Tac. ann. I, 31 vergleichend rechtfertigen (quo veterani maturam missionem) wird aber m.E. der Stelle nicht gerecht. Dabei dürfen wir uns natürlich von der heutigen, christlich geprägten Begrifflichkeit des Wortes Mission (Aussendung) nicht irreleiten lassen. Aber zunächst einmal bedeutet mittere 'schicken' oder 'senden' und erst davon abgeleitet und im jeweiligen Kontext auch 'entlassen' (deriviert über 'fortschicken'). Und das sehe ich hier mit dem Vexillum gerade nicht gegeben, dass sie 'entlassen' wurden. 'Entlassen' ist 'entlassen' und 'zu einem Kommando gesandt' ist 'zu einem Kommando gesandt'. Hier, in Tac. ann I, 39 sind sie zu einem Kommando (sub vexillo - 'unter die Fahne') gesandt. Sie sind nicht "unter die Fahne aus dem Dienst entlassen", was ja auch keinen Sinn ergäbe.
Aus Tac. ann. I, 44 ergibt sich auch nichts, dass die Veteranen einen militärjuristischen Sonderstatus hätten, es ist allenfalls ihre Erfahrenheit, die alleridngs nach Tacitus nur als Vorwnad dient, sie aus dem Lager zu entfernen. Sie sind also nicht militärjuristisch eine eigenständige Gruppe sondern sozial und durch den gewachsenen Zusammenhalt, den die Rekruten noch nciht so haben. Es wird (mir) aus Tac. ann. I, 44 nicht ganz klar, ob man die Veteranen detachiert, um die erfahrenen Soldaten vor der Strafe zu schützen oder um einen Aufstand der Veteranen zu verhindern, weil die Strafe sich so unnötig grausam vollzieht.
 
Die Zenturionen waren in den Mannschaftsbaracken untergebracht und verfügten dort am Ende über eine kleine "Wohnung".

Das habe ich schon öfter gesehen. Sind so 3-4 Zimmer am Kopfende der Barracken. Ich dachte immer das sei Standard. Und diese etwas größeren Villen mit Atrium wären nur für Tribune und die Primi Ordines.
 
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