Wie erklären sich die Hugonen?

Nein, so weit waren wir nicht, du vermutetest etwas völlig anderes.

Entweder sind es zwei Namen, oder es ist ein Name. Darum geht es doch in der Rübekeil-Stelle. Es kommt darauf an, was man betrachtet. Betrachtet man die Franken, geht es um einen Namen. Im fraglichen Satz geht es um die Bedeutung des Namens. Der Satz ist losgelöst von der Argumentation. Daher kommt ihm kein Sinn zu. Vereinfacht formuliert.

Das ist so einfach, dass ich gerade dass Gefühl habe bei der Rübekeil-Diskussion veralbert zu werden. Zudem fällt mir nicht ein, wie ich es noch erklären kann.

Edit: Velleius und Ptolemaios sind nun nicht gerade zuverlässig überliefert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich lese mir das ganze morgen noch mal durch. Das kann ja eigentlich nur kreatives Aneinandervorbeireden sein.
 
Edit: Velleius und Ptolemaios sind nun nicht gerade zuverlässig überliefert.

Ptolemaios immerhin in einer großen Anzahl von Handschriften. Bei Tausenden von Ortsnamen, die den Abschreibern zum größten Teil nicht geläufig waren, gibt es natürlich eine Unmenge von Abschreibfehlern, Buchstabendrehern und dergleichen.
Die Kauchoi werden aber immerhin viermal genannt, und bei Stückelberger/Graßhoff finde ich zu keiner der vier Stellen eine Schreibvariante.

Viel schlechter sieht es mit den Peutinger-Tafeln aus. Die zählen für Dich mit, aber Velleius und Ptolemaios zählen nicht?

Sueton auch nicht?

Gabinio Secundo Cauchis gente Germanica superatis cognomen Cauchius usurpare concessit.
(Claudius 24)
 
Ich lese mir das ganze morgen noch mal durch. Das kann ja eigentlich nur kreatives Aneinandervorbeireden sein.

Kommt mir inzwischen auch so vor. Wenn sich beide Gesprächspartner veralbert vorkommen, stimmt irgendwas nicht.



Entweder sind es zwei Namen, oder es ist ein Name. Darum geht es doch in der Rübekeil-Stelle.


Also mal Schritt für Schritt.
Als erstes korrigiere ich mich.

Ich streiche "Es sind zwei deutlich unterschiedliche Namen" und schreibe korrekt:

1. Wir sehen hier zwei deutlich unterschiedliche Namensformen: Hugones (*Huganiz) und Chauci (*Hauhōz).

2. Die beiden Formen müssen nicht zwingend etwas miteinander zu tun. Z. B. könnte Hug- von den "Denkern" und Hauh- von den "Erhabenen" kommen.

3. Die beiden Formen könnten aber etwas miteinander zu tun haben. In diesem Fall muss (wenn sprachwissenschaftlich argumentiert werden soll) zu den Erklärungen "Ablaut" und "grammatischer Wechsel" gegriffen werden.

4. Diese beiden Erscheinungen sind im Germanischen bereits verfestigt. Beispiel aus dem heutigen Deutschen: "ziehen" gehört zu "zog" und zum "Zug". Diese Formen sind in ihrer Bedeutung und Funktion festgelegt. Aus "ziehen" können keine "Ziegen" werden, und ein Wort "Zuh" existiert nicht. Beispiel aus dem Germanischen für dieselbe Wortfamilie: Der "Zügel" führt mit Altenglisch "tygel" auf *tugilaz. Einen "Zühel" (*tuhilaz) hat es nie gegeben. (Und der Ziegel hat wieder eine ganz andere Herkunft.)

5. Die Form "Hugones" kann sich also nicht völlig spontan aus "Chauci/Hauhōz" entwickelt haben oder umgekehrt.


Ist bis hier noch alles nachvollziehbar oder findest Du einen Denkfehler?
 
(Kann mir mal jemand erklären, wie man die diakritischen Zeichen bei Huganiz schreibt und liest?)
Wie man ein u mit Makron und Breve gleichzeitig schreibt, habe ich nicht herausgefunden.

Mit beiden Zeichen gleichzeitig soll offensichtlich ausgedrückt werden, dass die Länge des u unentschieden ist. Es sind also zwei Rekonstruktionen möglich: *Hŭganiz oder *Hūganiz.
 
liegt die Frage Nähe, ob sich Cugerner in Hugonen verwandeln konnte.

Wenn man die Hugonen von den Cugernern ableiten wollte, müsste man voraussetzen, dass die in bairischen Sprachgebieten stecken gebliebene Verschiebung k > χ wie im Funkenflug an den Niederrhein gekommen wäre, um da genau einen Namen anzustecken. Auch damit kann ich mich nur schwer anfreunden.

Wenn wir allerdings davon ausgeht, das der anlautende Reibelaut von den Römern mal als ch, mal als c transkribiert wurde (siehe cauchi / chauki), wäre es nicht ausgeschlossen, die Cugernen als *Hugernen zu lesen. Unerklärt bleiben freilich die Schreibweisen Guberni/Cuberni.

Maurits Gysseling, Toponymisch Woordenboek van België, Nederland, Luxemburg, Noord-Frankrijk en West-Duitsland (vóór 1226):

Zu germ. hugu- m. "Geist, Verstand", mit Suffix wie in Basternae, also "die Geistigen"? Das b einiger Belege bietet aber Schwierigkeiten.

Maurits Gysseling: Toponymisch Woordenboek (1960) p. 252

Henning Kaufmann (Untersuchungen zu altdeutschen Rufnamen, München 1965) schließt sich Gysseling an.

(Die "Zuweisung gewisser Formen von Hugu- zum Stamme Hauha-", bezeichnet er als "längst widerlegt".)


EDIT: Gerade sehe ich, dass mit "Χυβερ[]" eine mögliche Schreibvariante mit Reibelaut belegt ist:
Reallexikon der Germanischen Altertumskunde ("Linkshreinische Germanen")
 
Zuletzt bearbeitet:
Mittlerweile kann man darauf wetten, dass Wikipedia Unsinn schreibt.

Ich kann es kaum lesen, aber die Kugerner kommen nicht vor. Aber es steht nicht dagegen, er nennt Beispiele für 'k'. Muss ich also weiter raten... Es scheint mir aber näher zu liegen, als die Chauken.

Keks und weiteres später.
 
Wenn wir allerdings davon ausgeht, das der anlautende Reibelaut von den Römern mal als ch, mal als c transkribiert wurde (siehe cauchi / chauki), wäre es nicht ausgeschlossen, die Cugernen als *Hugernen zu lesen. Unerklärt bleiben freilich die Schreibweisen Guberni/Cuberni.

Maurits Gysseling, Toponymisch Woordenboek van België, Nederland, Luxemburg, Noord-Frankrijk en West-Duitsland (vóór 1226):

Zu germ. hugu- m. "Geist, Verstand", mit Suffix wie in Basternae, also "die Geistigen"? Das b einiger Belege bietet aber Schwierigkeiten.

Maurits Gysseling: Toponymisch Woordenboek (1960) p. 252

Henning Kaufmann (Untersuchungen zu altdeutschen Rufnamen, München 1965) schließt sich Gysseling an.

(Die "Zuweisung gewisser Formen von Hugu- zum Stamme Hauha-", bezeichnet er als "längst widerlegt".)


EDIT: Gerade sehe ich, dass mit "Χυβερ[]" eine mögliche Schreibvariante mit Reibelaut belegt ist:
Reallexikon der Germanischen Altertumskunde ("Linkshreinische Germanen")

Danke, das beruhigt wieder.

Könnten das G Gelehrten Ursprungs sein? Wenn der Laut für Römische Ohren eineindeutig war, mögen sie sich des Zusammenhangs der Buchstaben C un G erinnert haben.

Oder ein bloßer Schreibfehler?
 
Hu ich kann euch zwar nicht folgen, hatte aber das unbestimmte Gefühl, dass Ihr nicht weiterkommt als Rübekeil, den ich quer gelesen habe-ich habe aber auch nichts weiter beizutragen als einen assoziativen Wackelturm, und die Frage: warum eigentlich nicht Hugonen nach einem unbekannten Dux francorum? Zahlreiche mittelalterliche Quellen scheinen dies nach deiner Einleitung Riothamus genau so zu behaupten- mein Wackelturm geht in eine andere Richtung, da ich aber selbst skeptisch bin, und eine sprachwissenschaftliche Niete, ahne ich, dass er von Euch Berufeneren in eins oder zwei Zügen zum Einsturz gebracht wird - mir fiel assoziativ / spontan auf, dass für meine Laienohren keltisch *Korjono irgendwie Ähnlichkeit hat - das Wort leitet sich ab von *korjo, Heer, abgeleitet davon germanisch *harjaz, befindet sich in Coriovallum (Heerlen), Bernhard Maier interpretiert es vorsichtig als Heerführer. Nun waren Franken wie Arbogast weströmische Heermeister / magister militum und führende Offizere, könnte es vielleicht von Hugonen von diesen Ämtern abgeleitet sein? (jetzt habe ich mich glaube ich bis auf die Knochen blamiert....)
 
warum eigentlich nicht Hugonen nach einem unbekannten Dux francorum?

Ein Dux, der einem ganzen Volk seinen Namen gegeben hat, über den es aber null Überlieferungen gibt, keine Spur einer Legende? Schon merkwürdig.
Die wenigen (und sehr späten) Quellen wissen eigentlich nichts mit dem Namen anzufangen. Es hat den Anschein, als ob sie nur Verlegenheitserklärungen präsentieren.


mir fiel assoziativ / spontan auf, dass für meine Laienohren keltisch *Korjono irgendwie Ähnlichkeit hat - das Wort leitet sich ab von *korjo, Heer, abgeleitet davon germanisch *harjaz, befindet sich in Coriovallum (Heerlen), Bernhard Maier interpretiert es vorsichtig als Heerführer. Nun waren Franken wie Arbogast weströmische Heermeister / magister militum und führende Offizere, könnte es vielleicht von Hugonen von diesen Ämtern abgeleitet sein? (jetzt habe ich mich glaube ich bis auf die Knochen blamiert....)

Eine lautgesetzliche Entwicklung von *harjaz zu Hugo oder umgekehrt ist ausgeschlossen.

Das germanische Heer-Wort steckt in manchen Namen, z. B. Chlothar.
Im Hugo steckt es sicher nicht.
 
Danke, das beruhigt wieder.

Könnten das G Gelehrten Ursprungs sein? Wenn der Laut für Römische Ohren eineindeutig war, mögen sie sich des Zusammenhangs der Buchstaben C un G erinnert haben.

Oder ein bloßer Schreibfehler?

Das G ist weniger problematisch als das B in Guberni/Cuberni/Χυβερ[].

Ein Schreibfehler "B" statt "G" ist denkbar, der müsste dann aber mindestens drei Schreibern unabhängig voneinander unterlaufen sein.

Hatten wir diesen Link schon?

https://books.google.de/books?id=ma...Q6AEITzAH#v=onepage&q=cugerni cuberni&f=false
 
Ein Dux, der einem ganzen Volk seinen Namen gegeben hat, über den es aber null Überlieferungen gibt, keine Spur einer Legende? Schon merkwürdig.
Die wenigen (und sehr späten) Quellen wissen eigentlich nichts mit dem Namen anzufangen. Es hat den Anschein, als ob sie nur Verlegenheitserklärungen präsentieren.
Hm, findest du das ungewöhnlich? Die Genealogie des Jordanes über das gotische Königshaus der Amaler ist doch ebenso sehr legendär, mythisch und unhistorisch - ein Herkunfts - und Ursprungsmythos. Da bei den Langobarden, den Ostgoten, den angelsächsischen Königen, dem gotländischen Königsgeschlecht als Stammvater (vor weiteren legendären Königen) Gapt/Gausus/Geat/Gautr als Nebennamen von Odin auftaucht, könnte man bei Hugo eine mehr kultische Bedeutung des Namens suchen - natürlich fiel mir jetzt der Name des einen Raben von Odin ein, Hugin, aber diese Ähnlichkeit ist wahrscheinlich nur eine etymologische Verwandschaft.
 
Der Herzog soll laut den früheren Quellen Francus oder so ähnlich geheißen haben, um den Namen 'Franken' zu erklären. Hugo taucht erst in sehr späten Quellen auf. Noch dazu nicht in fränkischen, sondern sächsischen. Erst die Quedlinburger Annalen haben Hugo und den Herzog der Ursprungssagen verbunden.

Daher kann man nicht einfach einen Ursprungsmythos vermuten, um die Hugonen zu erklären.

Da der Bezug abgesehen vom Beowulf auf bestimmte Merowinger gerichtet ist, hatte ich gemutmaßt, dass es da eine Verbindung gibt. Die (als eine von mehreren Möglichkeiten vermutete) Verbindung der frühen Merowinger zum Gebiet der Cugernern ließ mich fragen, ob eine Verbindung möglich ist.

DercDiskussion ist vielleicht auch deshalb schwer zu folgen, weil wirzwischen verschiedenen damit in Zusammenhang stehenden Themen gesprungen sind.

Es hat geklingelt, schreibe später weiter.
 
Hm, findest du das ungewöhnlich? Die Genealogie des Jordanes über das gotische Königshaus der Amaler ist doch ebenso sehr legendär, mythisch und unhistorisch - ein Herkunfts - und Ursprungsmythos.

Nur haben wir bei dem "Hugo" gar nichts, keinen Mythos, keine Legende, keine noch so dürre Erwähnung in irgendeiner fränkischen Quelle, einfach nichts.
 
Zu den Cugerni kann ich folgendes beisteuern: im Link zu deren Namen von Sepiola (Namenstudien zum Altgermanischen, Post 32) führt der Autor die ältere Forschung an, und bezweifelt deren Deutung von kugernaz als Kuh - begehrend, beziehungsweise Kuhdieb, als Ableitung für den Stammesnamen. Ich habe mich gefragt, ob dies vielleicht auf einer Zweideutigkeit beruht. Nach neueren archäologischen Studien stoßen an der Lippe zwei Wohnformen enger aneinander als bisher angenommen, sind zum Teil eng benachbart. Das bekannte "germanische" Wohnstallhaus, in dem die Hausgemeinschaft zusammen unter einem Dach mit ihrem Vieh schläft (Westfälische Bucht,), und die "Keltische" Siedlungsform kleinerer Bauten ohne integrierte Viehställe (Hellwegzone, Rheinische Lössbörden). In der Hellwegzone (Soest-Ardey) sind beide Siedlungsformen vertreten. Nach einigen älteren Funden und 2015 noch unveröffentlichten archäobotanischen Forschungsergebnissen wurde spätestens seit der mittleren Eisenzeit in den Bördezonen eine differenzierte Landwirtschaft mit Wintergetreideanbau (Dinkel als Brotgetreide) betrieben (Quelle "Westfalen in der Eisenzeit, LWL, Text von Bernhard Sicherl, 2015). "Kuhliebend" und daraus spottende Ableitungen lästernder Nachbarn (wie Sodomie mit Kühen treibend, so Much) liegen meiner Ansicht nach gar nicht so fern, wie Much meinte auch ein Spottname der benachbarten Tenkterer. (Zur Landwirtschaft werde ich mich im Kelten-Ordner ausführlicher äußern).
 
im Link zu deren Namen von Sepiola (Namenstudien zum Altgermanischen, Post 32) führt der Autor die ältere Forschung an, und bezweifelt deren Deutung von kugernaz als Kuh - begehrend, beziehungsweise Kuhdieb, als Ableitung für den Stammesnamen.
Die wird nicht nur von Neumann bezweifelt, sondern hat schon von Anfang an "keinen Anklang gefunden".

Leo Weisgerber, Das römerzeitliche Namengut des Xantener Siedlungsraumes (1954, wiederabgedruckt in: Rhenania germano-celtica, 1969) schreibt:
"Die Etymologie von R. Much 'Kuhdiebe' und 'Kuhknechte' ist allgemein abgelehnt; ein Labiovelar würde keltischen Labial und germanischen Velar am besten erklären."

Das bekannte "germanische" Wohnstallhaus, in dem die Hausgemeinschaft zusammen unter einem Dach mit ihrem Vieh schläft (Westfälische Bucht,), und die "Keltische" Siedlungsform kleinerer Bauten ohne integrierte Viehställe (Hellwegzone, Rheinische Lössbörden). In der Hellwegzone (Soest-Ardey) sind beide Siedlungsformen vertreten. Nach einigen älteren Funden und 2015 noch unveröffentlichten archäobotanischen Forschungsergebnissen wurde spätestens seit der mittleren Eisenzeit in den Bördezonen eine differenzierte Landwirtschaft mit Wintergetreideanbau (Dinkel als Brotgetreide) betrieben (Quelle "Westfalen in der Eisenzeit, LWL, Text von Bernhard Sicherl, 2015). "Kuhliebend" und daraus spottende Ableitungen lästernder Nachbarn (wie Sodomie mit Kühen treibend, so Much) liegen meiner Ansicht nach gar nicht so fern

Das ist allerdings interessant. Leider ist Weisgerbers Labiovelar nicht mit Muchs Erklärung "begehrend" kompatibel.
 
"Die Etymologie von R. Much 'Kuhdiebe' und 'Kuhknechte' ist allgemein abgelehnt; ein Labiovelar würde keltischen Labial und germanischen Velar am besten erklären."
Kannst du mir das erklären? Sprachwissenschaft ist für mich wie Schlittschuhfahren - ich probiere es versuchsweise, falle kräftig auf den Hintern und bin froh, wenn ich wieder auf Skiern stehe.
Inzwischen ist es so, dass mir die klare Trennung "keltischer" und "germanischer" Ethnogenese in der sog. Kontaktzone immer schwerer fällt - man kann sich dann auf Kulturgruppen zurückziehen, eine dauerhafte Lösung ist es nicht. Da Rübekeil auch die Widersprüchlichkeit anhand der Bataver schildert ("Germanen" mit überwiegend michtgermanischen Namen in Oppida mit keltischen Ortsnamen), kann dies doch auch für eine Sprachentwicklung zu verwirrenden Ergebnissen führen.
 
Zurück
Oben