Kalter Krieg und nukleare Strategie

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Tatsächlich teilten viele Bewohner der "westlichen Welt" die Vorstellung vom "Reich des Bösen" nicht, sondern sahen im Sozialismus ein echtes Alternativkonzept. Man träumte wohl einfach von einer gerechten Welt für alle, ohne Unterdrückung. Kapitalismus vermittelt sich zwar durch die Konsumoptionen sinnlich, taugt aber als Gesellschaftsutopie nicht wirklich gut.
Utopische Welten wie sie in der Science Fiction gezeichnet wurden hatten viel mit idealisierten Vorstellungen vom Sozialismus gemein:
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Der kalte Krieg war auch ein Krieg um die Köpfe und Herzen, und eine technologische Unterlegenheit hatte Symbolwert in der Frage welches das "bessere" System sei.

Matze mir fällt da auch "Don Camillo und Peppone" ein. Der katholische Priester und der Stalinist verbunden in ihrer Hassliebe.
Eine solche Ausseinandersetzung fand in einem vielgestaltigem, zerissenem, geplagten, schon wieder ausgeblutenden, und fortbleibend widersprüchlichen Europa statt.
Die USA blickten zum zweiten Mal auf eine Mutter, die sie als verrückt betrachten mussten, aus ihrer exklusiven Ferne.
Mit nur zwei Grenzen: Kanada und Mexiko.
Eine ganz andere Erlebnis-Welt als die Europas.
 
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Eines der bekanntesten mathematischen Modelle zum Rüstungswettlauf kommt von Richardson.

Er beschreibt die Bedingungen für eine Gleichgewichts-Szenario und für eine sich beschleunigende Instabilität der Rüstungin einem Modell mit 2 Teilnehmern

Interessant sind vor allem die Schaubilder und die Schlußfolgerung.

http://jfrabajante.weebly.com/uploads/1/1/5/5/11551779/arms_race_models.pdf

Allerdings: Mit Gray möchte ich schon einschränken, dass der Rüstungswettlauf durch die Poltik induziert ist und in "Out of the wilderness: Prime Time for Strategic Culture" zitiert er m.E. zutreffend Brodie:"Wheter with respect to arms control or otherwise, good strategy presumes good antropology and sociology. Some of the greatest military blunders of all time have resulted from juvenile evaluations in this department (vgl. S.2-3)

http://ftp.fas.org/irp/agency/dod/dtra/stratcult-out.pdf

In diesem Sinne sollte das Thema auch in Richtung "Strategic Cultures" gelenkt werden, um die nicht-angemessenheit dieser mathematischen Modelle und der Schelling`schen "Gametheory" zu verdeutlichen. Entsprechende Fortsetzung folgt.
 
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Eines der bekanntesten mathematischen Modelle zum Rüstungswettlauf kommt von Richardson.

Er beschreibt die Bedingungen für eine Gleichgewichts-Szenario und für eine sich beschleunigende Instabilität der Rüstungin einem Modell mit 2 Teilnehmern

Interessant sind vor allem die Schaubilder und die Schlußfolgerung.

http://jfrabajante.weebly.com/uploads/1/1/5/5/11551779/arms_race_models.pdf

Allerdings: Mit Gray möchte ich schon einschränken, dass der Rüstungswettlauf durch die Poltik induziert ist und in "Out of the wilderness: Prime Time for Strategic Culture" zitiert er m.E. zutreffend Brodie:"Wheter with respect to arms control or otherwise, good strategy presumes good antropology and sociology. Some of the greatest military blunders of all time have resulted from juvenile evaluations in this department (vgl. S.2-3)

http://ftp.fas.org/irp/agency/dod/dtra/stratcult-out.pdf

In diesem Sinne sollte das Thema auch in Richtung "Strategic Cultures" gelenkt werden, um die nicht-angemessenheit dieser mathematischen Modelle und der Schelling`schen "Gametheory" zu verdeutlichen. Entsprechende Fortsetzung folgt.

Den Schelling gibt es auch online komplett (Es erstaunt mich immer wieder wieviele Bücher und Dokumente einfach zugänglich sind)
http://elcenia.com/iamapirate/schelling.pdf

So wie ich es nach den ersten 40 Seiten zu verstehen glaube, besteht sein Bestreben darin die Spieltheorie vor dem Hintergrund der Nuklearrüstung so zu entwickeln, dass die Schlüsse der angewandten Spieltheorie als qualitätssichernde Messlatte tatsächlicher militärischer Strategien taugen.
Das Buch Schellings ist 1960 erschienen.
 
Ein Artikel über ernüchternde Planspiele bezüglich der Möglichkeiten, taktische Nuklearwaffen einzusetzen ohne dass es zur Eskalation kommt:

https://warisboring.com/no-you-cant-have-a-small-nuclear-war-67af859bb1e5#.8uh69h2mr
According to author and Defense Department advisor Paul Bracken, it was unlike any other war game in Cold War history. Whereas most other war games cast staffers from think tanks, former administration officials and pentagon employees in the roles of U.S. president or Soviet commanders, Proud Prophet involved actual U.S. national-security decision-makers, including Secretary of Defense Caspar Weinberger and the chairman of the joint chiefs.
Furthermore, “to make it as realistic as possible, actual top-secret U.S. war plans were incorporated into the game … [making it] the most realistic exercise involving nuclear weapons ever played by the U.S. government during the Cold War,” Bracken wrote.
The simulation played out around the clock for two weeks, with “hundreds of military officers participating in Washington as well as communicating over top-secret links with all the major U.S. military commands around the world.”
The result? “Many of the strategic concepts proposed to deal with the Soviet Union were revealed to be either irresponsible or totally incompatible with current U.S. capabilities and immediately thrown out.”
Chief among them were the use of limited de-escalatory nuclear strikes. Like in our hypothetical scenario above, “the idea behind these was that once the Soviet leaders saw that the West would go nuclear they would come to their senses and accept a ceasefire … they were supposed to limit a nuclear war.”
But that isn’t how it played out.
“The Soviet Union team interpreted the nuclear strikes as an attack on their nation, their way of life and their honor,” Bracken wrote. “So they responded with an enormous nuclear salvo at the United States.
 
General Sir John Hackett, ehemaliger britischer General und Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Nord, entwarf die Fiktion eines Dritten Weltkrieges, die er in seinem Buch „Der Dritte Weltkrieg“ veröffentlichte. Sie beruht auf genauer Kenntnis der Abwehrstrategien und Planspiele der westlichen Verbündeten und der Waffensysteme beider Blöcke.

John Hackett: Der Dritte Weltkrieg („The Third world war – the untold story“). Goldmann, München 1983, ISBN 3-442-06626-3.
 
Ja ,mitte der 80ziger , es beschreibt ziemlich gut einen Krieg der konventionell beginnt , dann über den Einsatz taktischer Atomwaffen zu einem begrenzten Einsatz strategischer Atomwaffen.
 
Danke Matze und QSZ,

die Frage, ob sich ein Einsatz taktischer Nuklearwaffen, also solcher die man mit Artillerie verschießen kann, zu einem ausgewachsenem nuklearen Schlagabtausch, mit den daher einhergehenden Folgen entwickeln, würde, ist ein sehr spannende.

So wie ich es verstehe, wurden diese Waffen sehr bald entwickelt im Rahmen fieberhafter und erfolgreicher Anstrengungen Nuklearwaffen zu miniaturisieren.
Die „Göttinger 18“ https://www.uni-goettingen.de/de/text-des-göttinger-manifests/54320.html legen, 12 Jahre nach Hiroshima dar: „Jede einzelne taktische Atombombe oder -granate hat eine ähnliche Wirkung wie die erste Atombombe, die Hiroshima zerstört hat. „
Falls die Herren Physiknobelpreisträger nicht ganz daneben lagen, kann man sehen was „taktische Atomwaffen“ bereits 1957 bedeuten. Das sind „Hiroshimas“, verschossen aus Kanonen.

Also könnte man annehmen, dass der Einsatz solcher Waffen, aus welchem Grund auch immer erfolgt, zu einer weiteren nuklearen Eskalation führen würde.
Nun ist es interessant zu sehen ob man etwas darüber herausfinden kann, wie das die Entscheidungsträger
der Opponenten im Kalten Krieg einschätzten.
(Was die jeweilige Gegenseite während des KK hierzu über die andere vermutete ist ein anderes Kapitel, zu dem man so viel sagen kann, dass es von bewusster Unkenntnis geprägt war.)

Die amerikanische Seite bedient sich sehr bald bei der Erkenntnisgewinnung, das ist international eine Besonderheit, nicht nur staatlicher Organisationen, sondern in großem Umfang (halb)privater Auftragnehmer (contractors).
Dazu gehört BDM https://en.wikipedia.org/wiki/Braddock_Dunn_&_McDonald
Diese erstellt im Jahre 1995 eine Studie über die Einschätzungen der Russen in der Breshniev-Zeit zu diesem Thema.
Aufbereitet wird diese von William Burr und Svetlana Savranskaya von der George Washington Universität. Candid Interviews with Former Soviet Officials Reveal U.S. Strategic Intelligence Failure Over Decades
Folgt man dem, so gingen die Russen davon aus, dass der der Einsatz taktischer Nuklearwaffen fast automatisch zu einem großen nuklearen Schlagabtausch führen würde.
„This scenario would turn any European conflict involving the use of tactical nuclear weapons into a full-blown nuclear exchange. „
 
Welchem Ziel folgte also die Entwicklung immer kleinerer Sprengköpfe ?
Das ist ja ein sehr aufwändiger Prozess.
Nach dem Atomteststopp in den Neunzigern wurde nur noch per Software-Simulation weiter entwickelt, und in den 2000ern kamen Forderungen des US-Militärs an die Politik, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen um in besonderen Fällen (stark verbunkerte Anlagen in Schwellenländern) den Einsatz von "Mini-Nukes" frei zu geben.
War die Miniaturisierung der Sprengköpfe bereits im kalten Krieg von so hohem Interesse ? Man hätte ja die Ressourcen auch anderweitig investieren können.
Falls da sehr intensiv geforscht wurde, hoffte man wohl die Sprengkraft unter die Eskalationsschwelle drücken zu können.
 
Welchem Ziel folgte also die Entwicklung immer kleinerer Sprengköpfe ?
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Matze, ich vermute,
dass technische Entwicklungen nicht zielgerichtet im Sinne der hervorbringenden Schöpfer sind,
sondern vielmehr eine Eigendynamik hervorbringen, der sich der moderne Mensch unvermeidlich stellen muss.
Jared Diamond - Arm und Reich - Seite 126, wendet diesen Gedanken bereits auf die Frühzeit an:
"Der Übergang zur Landwirtschaft ist somit ein typisches Beispiel für einen sogenannten "autokatalytischen Prozeß". Damit ist ein Vorgang gemeint, der sich in einem positiven Rückkopplungskreislauf selbst katalysiert und, einmal in Gang gesetzt, immer weiter an Geschwindigkeit gewinnt."
 
Welchem Ziel folgte also die Entwicklung immer kleinerer Sprengköpfe ?

Es ging um die Führbarkeit von atomaren “Schlägen“ im Rahmen konventioneller Kriege.

Es ging um die erfolgreiche taktische Umsetzung von shock and awe Strategien

Es ging um die Führbarkeit von asymmetrischen Kriegen und einem erfolgreichen Abschluss zu vertretbaren ökonomischen Kosten.

So stichwortartig skizziert
 
Es gibt einige Aufsätze zur Positionierung der Bundeswehr in diesen Szenarien taktischen Einsatzes von A-Waffen seit den 1950er. ME stammt die erste Studie, die hier nachhaltige Auswirkungen hatte, aus den 1950ern (taktischer Atomkrieg in Deutschland) und das setzte sich fort. Die massive konventionelle Aufrüstung stand in dem Kontext, die Schwelle für den Einsatz herabzusetzen.

Ich suche das mal heraus.
 
Welchem Ziel folgte also die Entwicklung immer kleinerer Sprengköpfe ?
Das ist ja ein sehr aufwändiger Prozess.
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War die Miniaturisierung der Sprengköpfe bereits im kalten Krieg von so hohem Interesse ? Man hätte ja die Ressourcen auch anderweitig investieren können.
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Matze, abgesehen von meiner ersten Antwort, die nicht im Widerspruch zu konkreten technischen Zielen steht,
war es natürlich auch so:
dass die Transportfähigkeit von Nuklearwaffen deren zielgerichteten Einsatz überhaupt erst ermöglicht.
Ob etwas transportabel ist, oder nicht, ist durch die Masse und die Größe bestimmt und durch das Transportmittel.
Die Miniaturisierung erschließt Transportmittel.

Spekulierte 1939 Einstein, in seinem berühmten Brief an Franklin D. Roosevelt, noch darüber, dass eine künftige Atombombe möglicherweise nur durch Schiffe transportabel sei,
wurde bereits 6 Jahre später eine solche durch ein großes Flugzeug verfrachtet.

Die Miniaturisierung ist der Schlüssel zum Einsatz.
Und das hat natürlich eine Eigendynamik.
 
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Die Miniaturisierung ist der Schlüssel zum Einsatz.
Und das hat natürlich eine Eigendynamik.

Taktische Sprengköpfe die in ihrer Wirkung nicht wesentlich von überschweren konventionellen abweichen, aber aufgrund der Energiedichte in ein Kanonenrohr oder einen Granatwerfer passen wären dann sogar weniger als Verbesserung der atomaren Waffen zu sehen als der konventionellen.

Es gab freilich auch Modifikationen in Bezug auf die abgegebene Strahlungsart, auch die Richtung der Wirkung suchte man zu steuern. Vermutlich schaute man was man alles modifizieren kann, und suchte dann erst dazu passende Einsatzzwecke. Die Neutronenbombe war nur ein Ergebnis des ganzen.
Alles in allem war das eine riesige gut bezahlte Spielwiese für Physiker, wohl immer aus der Angst finanziert dass die Konkurrenz vorher was spektakuläres aus dem Hut zieht. Eine nukleare reine EMP-Waffe stand mit Sicherheit auch auf dem Wunschzettel.
 
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Bomber Escape Time

Bomber Escape Time

Es gibt in der deutschen Sprache die Redewendung man sei „am Boden“ zerstört.
Ich nehme an das geht auf den Luftkrieg des Zweiten Weltkriegs zurück.
Dass man also überraschend die eigene Reaktionsfähigkeit verliert, indem man getroffen wurde bevor man sich erheben konnte..

Daher, so schreibt Douhet: „..habe ich immer darauf beharrt, dass der grundsätzliche Zweck einer Luftwaffe darin besteht zuallererst die eigene Luftüberlegenheit, durch die Auslöschung der feindlichen Luftwaffe, zu erobern.“ (Übersetzung durch mich)
Weiterhin, so schreibt er, müsse ein solcher Angriff in höchster Geheimhaltung vorbereitet und ohne jede Vorwarnung durchgeführt werden.
Douhet http://www.au.af.mil/au/awc/awcgate/readings/command_of_the_air.pdf Seite 49ff
Der italienische General und Militärtheoretiker Douhet schreibt das 1921.
Nach Wiki ist er, recht verkürzt, „ der Vordenker des strategischen Bombenkriegs“
(Immerhin gehört er zur Standardliterartur amerikanischer Mililtärakademien zu Zeiten des Kalten Krieges. )
Was treibt den Mann um, 1921?
Er macht sich als Militär Gedanken darüber welche strategischen Konsequenzen folgen müssten, wenn eine schnelle, buchstäblich in die Lüfte emporsteigende, Vernichtungskraft alle Grenzen überwinden könnte.
Und dieser Umstand sei besonders deshalb wichtig, weil der gerade vergangene Weltkrieg bewiesen habe, dass am Boden die ungewöhnliche Steigerung der Tötungsfähigkeit zu einer Erstarrung der Bewegung führte.

Bernard Brodie, http://www.rand.org/content/dam/rand/pubs/research_memoranda/2009/RM1013.pdf Stratege des Kalten Kriegs, würdigt Douhet Ende 1952 als einen dessen Erbe man antrete (The Heritage of Douhet), relativiert jedoch in der Rückschau auf den Zweiten Weltkrieg die Vorstellung der Erstarrung am Boden.

Nun, der Luftkrieg gewinnt mit der Atombombe eine neue Quantität und auch Qualität.
Wenn es möglich ist, dass nur ein Bomber einige Tausend in der Wirkung ersetzt, also eine ganze Großstadt zerstören kann, und sehr viel einfacher einen großen Militärflughafen, dann muss das, ganz unabhängig von jedem Ausdruck menschlichen Willens und dessen Wünschen, Reaktionen nahelegen, wenn nicht gar diktieren.

Das geht mit einer handlungsbestimmenden Zeitverkürzung einher.
Paul Bracken – The Command and Control of Nuclear Weapons – beschreibt das als zeitlich enge Kopplung („Tightly Coupled Forces“ )
Ein defekter Computerchip im Wert von 0,87 $ löst 1980 einen Fehlalarm aus der rund 100 Bomber der US-Airforce startbereit macht und ebenso das Flugzeug des Präsidenten.
Der Befehlshaber der Luftstreitkräfte in Hawaii steigt auf in die Sicherheit der Luft.
(Seite 55)
Bracken nennt das 'enge Kopplung'.

Und das trifft es sehr gut.
 
Neben Mahan hat wohl Douhet am nachhaltigsten die militärischen Doktrinen zwischen 1890 und 1945 geprägt (danach auch).

Der Einfluss des Denkens von Douhet war sicherlich in besonderem Maße auch bei englischen Politikern zu erkennen und ihrer starken Orientierung an einer Bomberwaffe vor dem WW2.

Es war Chamberlain der von einem Flugplatz in London startete, sich die Stadt ansah und die fiktive Zerstörung befürchtete, sofern es in München zu keiner Einigung kam.

Insofern war das Bedrohungsszenario, das Douhet aufgebaut hatte, bereits relevant für die Formulierung der Appeasement-Politik vor dem WW2.

Die antizipierte Bedrohung aus der Luft erzeugte den Druck, der die Verhandlungen in München aus der englischen Sicht zum Erfolg führen mußte. Ein Scheitern hätte dazu geführt, dass man zwar das Prinzip der nationalen Integrität in einem Krieg hätte verteidigen können, aber um den Preis des Verlustes dessen, was die nationale Identität von GB ausgemacht hat.

Dieser Mechanismus der Antizipierung des Umfangs der Zerstörung ist wohl der stärkste Garant für die Bereitschaft von politischen und militärischen Entscheidern, auch weiterhin den atomaren Armageddon zu verhindern.

Auch weil die finale Vernichtung aller Kriegsteilnehmer sämtliche Theoretiker des Krieges widerlegen würde, da sie alle zusammen zu entschiedensten Pazifisten hätten werden müssen, um ihre Ziele durchzusetzen und hinterher noch von der Durchsetzung zu profitieren.
 
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Da fällt mir auf:
Die Geschichte der Atombombe ist ja hier gut beschrieben worden, aber wie sieht die Geschichte der potentiellen Abwehrmaßnahmen aus, in technischer wie politischer Sicht ? Prominent geworden ist ja eigentlich nur SDI, aber das kann ja nicht alles gewesen sein. Die Option, dem Gegener die Zweitschlagsfähigkeit nehmen zu können ist natürlich ungeheuer brisant, nach wie vor.

Im konventionellen denkbaren Seekrieg ist der durch Anti-Schiffs-Raketen theoretisch mögliche Overkill mittlerweile durch ausgeklügelte Abwehrmaßnahmen wieder gedämpft, so daß die Herren Strategen ihre teuren Spielzeuge wieder unbefangener kreuzen lassen können.
 
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Der Einfluss des Denkens von Douhet war sicherlich in besonderem Maße auch bei englischen Politikern zu erkennen und ihrer starken Orientierung an einer Bomberwaffe vor dem WW2.

Es war Chamberlain der von einem Flugplatz in London startete, sich die Stadt ansah und die fiktive Zerstörung befürchtete, sofern es in München zu keiner Einigung kam.

Insofern war das Bedrohungsszenario, das Douhet aufgebaut hatte, bereits relevant für die Formulierung der Appeasement-Politik vor dem WW2.
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Bemerkenswert finde ich in dem Zusammenhang die Rede von Stanley Baldwin vom 10. November 1932 im britischen Unterhaus.
INTERNATIONAL AFFAIRS. (Hansard, 10 November 1932)

Das liest sich wie eine Zusammenfassung der Darlegungen Douhets von 1921.
(Der Vergleich der beiden Texte zeigt das klar)

Vielzitiert ist „.. Der Bomber kommt immer durch“...
„I think it is well also for the man in the street to realise that there is no power on earth that can protect him from being bombed. Whatever people may tell him, the bomber will always get through, and it is very easy to understand that, if you realise the area of space. „
(Hervorhebung durch mich)

.. 'Ich denke, auch der einfache Bürger kann gut verstehen, dass ihn keine Macht der Erde vor einer Bombadierung schützen kann. Was auch immer irgend jemand ihm sagt: Der Bomber kommt immer durch. Und das ist einfach zu verstehen, wenn man sich die Größe des Luftraums vergegenwärtigt.'
(Übersetzung durch mich)

Und das betrifft ….
Da fällt mir auf:
... aber wie sieht die Geschichte der potentiellen Abwehrmaßnahmen aus, in technischer wie politischer Sicht ? Prominent geworden ist ja eigentlich nur SDI, aber das kann ja nicht alles gewesen sein. ...
Doch, das wars. :hmpf: :hmpf:
Jedenfalls ist mir weder eine vergleichbare spätere Anstrengung bekannt die Grundproblematik zu lösen, noch eine Lösung.
Schauen wir uns noch einmal die Argumentation von Douhet und Baldwin an:
Bomber sind schnell, die Räume in denen sie sich bewegen riesig, es gibt keine Möglichkeit diese abzuwehren, und sie werden voraussehbar auch Giftgas-Bomben abwerfen.
Da hast Du bereits die Grundelemente, die später auch die Strategie bestimmen werden: Schnelligkeit, Größe des Raums, Massenvernichtungswaffen .. und Wehrlosigkeit.

Schnelligkeit: Ein Bomber im zweiten Weltkrieg erreicht eine Geschwindigkeit von ca. 500 km/h (B 29) also 140 m/s. Eine Interkontinentalrakete (ICBM) braucht ca. 8.000 m/s um überhaupt eine solche sein zu können. Das ist die rund 60-fache Geschwindigkeit.

Raumgröße: .. dann kommen die Dinger (ICBM) zudem noch relativ steil herein, auch weil aus sehr großer Höhe kommend. Geht Baldwin 1932 von einer Operationshöhe beim Bomber „at least 20,000 feet high in the air,“ also mindestens rund 6 Kilometer aus, so beträgt die Steighöhe einer ICBM ca. 1200 Kilometer.
Die Größe des Volumen des durchflogenen Raums steigt in der dritten Potenz zur Höhe des Flugkörpers.
Also hier: (1200/6)^3...siehe Formel für die Kugel, bzw. Hohlkugel...
Das macht in der Größenordnung das 10-Millionenfache aus (7 Zehner-Potenzen).
Ich denke man kann sich das überhaupt nicht vorstellen ohne in (Zehner-) Potenzen zu denken.

Und das gilt auch für nukleare Massenvernichtungswaffen, wie im Atombomben-Threat erwähnt.

Die Wehrlosigkeit ist geblieben nach dem vorläufigen Scheitern von SDI an den Naturgesetzen.
Und nun kommt nicht mehr „der Bomber immer durch“, sondern die Rakete.
Das Grundprinzip hat sich von der V2 bis heute nicht verändert.
 
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Und nun kommt nicht mehr „der Bomber immer durch“, sondern die Rakete.
Das Grundprinzip hat sich von der V2 bis heute nicht verändert.

Jetzt hab ich selber mal die Suchmaschine bemüht und bin auf Systeme beiderseits des eisernen Vorhangs gestoßen. Die sind seit den Sechzigern in Betrieb. Die Probleme mit der Zielgenauigkeit wurden offenbar dadurch gelöst dass man gegnerische ICBMs mit eigenen Nuklearsprengköpfen abzufangen hoffte ;)
Bei diesen Anlagen ging es offensichtlich darum die eigene Zweitschlagsfähigkeit im Verteidigungsfall zu erhalten, diese Rüstung war mit dem ABM-Vertrag nicht ausgeschlossen wenn ich das richtig verstehe. Die Systeme schützten nur begrenzte Areale (Raketensilos).

SDI dagegen drohte, den Sowjets die Zweitschlagsfähigkeit zu nehmen. Sprich, das, was nach einem US-Erstschlag übrig geblieben wäre hätten die futuristischen Laserwaffen theoretisch abfangen können.

Bei der ganzen Sprengkopfzählerei wird heute meiner bescheidenen Meinung nach die Rüstung in diesem Bereich zu wenig ernst genommen. Die Möglichkeiten zur Zielerfassung und -bekämpfung sind drastisch gestiegen in den letzten Jahrzehnten. Man beachte dass sich konventionelle Luftabwehr durch Reichweitensteigerung auf mehrere hundert Kilometer inzwischen zur strategischen Komponente entwickelt hat, was zur Gegenmaßnahme "Tarnkappenflugzeuge" führen musste.
 
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..Die Probleme mit der Zielgenauigkeit wurden offenbar dadurch gelöst dass man gegnerische ICBMs mit eigenen Nuklearsprengköpfen abzufangen hoffte ;)
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Matze, so wie ich es verstehe, haut das physikalisch nicht hin.
Aus zwei Gründen:
Der Volumen-Raum des Krieges wächst sehr schnell mit der Ausweitung desselben in die dritte Potenz (nach oben), während die Wirkung eines zentral gezündeten Sprengkörpers noch sehr viel weniger als linear zur Energieentfaltung ist (proportional ^2/3), und zudem im Bereich niedriger Atmosphärdichte weiter an Wirkung verliert.
 
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