Essen in Karthago

Tuoma

Neues Mitglied
Hallo,
ich hätte mal eine Frage, über die ich wenig finde, wenn ich google. Es geht darum, was die Karthager so gegessen haben. Im weiteren Sinne geht es auch um ihre Esskultur.
Hat dazu jemand irgendwelche Informationen? Die meisten Artikel/Bücher lassen sich über die Soldaten oder Götter aus, oder auch Hausbau, aber über die Essgewohnheiten finde ich nichts.

Gruß
Tuoma
 
Da leider die historischen Quellen zu Karthago allgemein und die zum dortigen Alltagsleben im besonderen mehr als kärglich sind, befürchte ich, dass diese Frage nur schwer zu beantworten ist.
 
Vielleicht gibt es Anspielungen in Römischen Komödien? Sonst müsste man schon nach Analysen von Nahrungsresten in Amphoren und Töpfen hoffen. Wenn es da was gibt, dürfte es sich in archäologischen Veröffentlichungen verstecken.
 
Der karthargische Autor Mago schrieb ein Werk über Landwirtschaft, das leider verschollen ist. Einzelne Zitate finden sich bei römischen Autoren und sind so erhalten geblieben.

Aus der karthargischen Landwirtschaft (soweit aus den Fragmenten erschließbar) kann zumindest teilweise auf die karthargische Ernährung geschlossen werden. Zumindest die damaligen Nutzpflanzen und Nutztiere sind bekannt.
 
Da Karthago eine phönizische Gründung war, könnte ich mir vorstellen, dass die karthagische Küche der phönizischen ähnlich war. Allerdings weiß ich nicht, ob die Kochbücher der Phönizier die Zeiten überdauert haben.
 
In der Bibel ist relativ viel vom Essen die Rede. Die phönizische Küche dürfte weitestgehend dem entsprechen, was wir in der Bibel an Kulinarischem wiederfinden, die punische Küche weitestgehend dem, was wir im Mittelmeerraum vorfinden: Oliven, Wein, Weizen, Fleisch, Fisch... punische Münzen aus Spanien zeigen häufig den Thunfisch.
 
@Tuoma
Das Buch ist zwar nicht neuestens Datums, doch vielleicht kannst du im Kapitel “Die Wirtschaft“ (mit recht umfangreichem Fußnotenteil) ab Seite 483 weiterführendes bezüglich Deiner Frage finden:

Werner Huß: Geschichte der Karthager, C.H.Beck 1985
 
Der karthargische Autor Mago schrieb ein Werk über Landwirtschaft, das leider verschollen ist. Einzelne Zitate finden sich bei römischen Autoren und sind so erhalten geblieben.

Aus der karthargischen Landwirtschaft (soweit aus den Fragmenten erschließbar) kann zumindest teilweise auf die karthargische Ernährung geschlossen werden. Zumindest die damaligen Nutzpflanzen und Nutztiere sind bekannt.

Vielen Dank, aber ich hab auch gleich die weiterführende Frage, was sie denn für Nutzpflanzen und Nutztiere hatten? Weiter unten steht ja, dass es Oliven und Weizen sind. Thunfisch ist sicher auch ein guter Tipp. Gab es vielleicht irgendwelche typischen Gerichte? Phönizische vielleicht?
 
@Tuoma
Das Buch ist zwar nicht neuestens Datums, doch vielleicht kannst du im Kapitel “Die Wirtschaft“ (mit recht umfangreichem Fußnotenteil) ab Seite 483 weiterführendes bezüglich Deiner Frage finden:

Werner Huß: Geschichte der Karthager, C.H.Beck 1985

Vielen Dank, da suche ich mal in der örtlichen Bibliothek
 
In der Bibel ist relativ viel vom Essen die Rede. Die phönizische Küche dürfte weitestgehend dem entsprechen, was wir in der Bibel an Kulinarischem wiederfinden, die punische Küche weitestgehend dem, was wir im Mittelmeerraum vorfinden: Oliven, Wein, Weizen, Fleisch, Fisch... punische Münzen aus Spanien zeigen häufig den Thunfisch.

Hier sind ja schon etliche Pflanzen aufgeschrieben, danke! Gibt es auch Informationen darüber, welche Unterschiede es zu Griechen oder Römern gegeben hat?
Auch wenn Deutsche, Polen und Franzosen so ziemlich dieselben Grundnahrungsmittel zur Verfügung haben, gibt es ja heutzutage einige Unterschiede. Die hat es da sicher auch gegeben. Die Frage ist nur, welche.
 
Ganz spontan aus dem Bauch heraus, und auch ohne jegliches Magengrummeln wegen meiner Faulheit zu auch nur einem Hauch von Recherche angesichts der späten Stunde, Datteln könnten auf karthagischen Speisenkarten wesentlich präsenter gewesen sein als auf römischen - zumindest bis zum 2. Punischen Krieg.
 
Wir haben aus der antiken Küche nur wenige Nachrichten, vereinzelte Rezepte (etwa bei Cato) oder das Kochbuch des Apicius. Über alles andere müssen wir die Archäologie befragen, die ihrerseits nur beschränkte Antworten geben kann, was die Rezepte anbelangt. Die Archäologie erhält meist nur kalzinierte Knochen, also Knochen, die gegrillt oder gebraten wurden, je größer das Tier desto besser. In feuchten Milieus auch mal kleinere Knochen oder auch Kerne (Oliven, Trauben, Feigen, Koriander...) bzw. Getreidekörner zu erwarten, Muschelschalen erhalten sich einigermaßen gut, Fischknochen dagegen sind zu knorpelig, die finden sich nur unter optimalen Bedingungen im archäologischen Fundgut. Daraus lassen sich aber keine Rezepte gewinnen. Es müsste schon sehr besondere Bedingungen geben, welche die Zeit einfrören um uns Kenntnis über ein punisches Mahl zu geben über dessen Kernbestandteile hinaus. Eine Art Pompei-Ereignis, welches eine Positiv-Auswahl zuließe. Unser Problem ist ja, dass wir meist die Abfallgruben vorliegen haben, also eine Negativ-Auswahl. Oder Grabbeigaben, das wäre durchaus eine Positiv-Auswahl, obgleich zu fragen wäre, ob sie auch den früheren Alltag des Bestatteten widerspiegelte. Aber selbst bei einer Positivauswahl, also einer aus dem Leben gegriffenen Zeitblase, wie sie Pompei bietet, würde es mich wundern, wenn es Funde gäbe, die so gut sind, dass wir daraus nicht nur die Diät sondern sogar konkrete Rezepte ermitteln könnten.
 
Bei Wikipedia wird zu Garum (Liquamen) die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass diese bei den Römern überaus beliebte Fischsauce neben einer möglichen Herkunft aus dem griechisch beeinflussten Osten wegen der Namensherleitung auch aus dem westmediterranen Raum, kartagischer Macht- und Einflussbereich, stammen könnte.
 
Ganz spontan aus dem Bauch heraus, und auch ohne jegliches Magengrummeln wegen meiner Faulheit zu auch nur einem Hauch von Recherche angesichts der späten Stunde, Datteln könnten auf karthagischen Speisenkarten wesentlich präsenter gewesen sein als auf römischen - zumindest bis zum 2. Punischen Krieg.
Ich denke, dass du da richtig liegst. Angebaut in Mesopotamien seit dem 3.Jahrtausend BC, wird sie sich schnell ausgebreitet haben - die Ernteerträge von bis 50 kg pro Baum durchschnittlich sprechen für sich. Da Datteln sich gut haltbar machen (lassen), am Baum praktisch selbst trockenkonservieren, sind sie sicher früh ein beliebter Reiseproviant und unproblematisches Exportgut gewesen. Ihr Zuckergehalt im getrocknetem Zustand ist mit dem von Rosinen vergleichbar (zwischen 60 -und 70 Prozent), alleine die Süße wird sie begehrt gemacht haben - die Auswahl von Süßem war in der Antike nicht sehr groß. Dazu kommen anscheinend auch medizinische Inhaltsstoffe, die wir heute nicht mehr kennen.
Israel: Dattelpalme wächst aus 2000 Jahre altem Samen - SPIEGEL ONLINE
 
Wir haben aus der antiken Küche nur wenige Nachrichten, vereinzelte Rezepte (etwa bei Cato) oder das Kochbuch des Apicius. Über alles andere müssen wir die Archäologie befragen, die ihrerseits nur beschränkte Antworten geben kann, was die Rezepte anbelangt. Die Archäologie erhält meist nur kalzinierte Knochen, also Knochen, die gegrillt oder gebraten wurden, je größer das Tier desto besser. In feuchten Milieus auch mal kleinere Knochen oder auch Kerne (Oliven, Trauben, Feigen, Koriander...) bzw. Getreidekörner zu erwarten, Muschelschalen erhalten sich einigermaßen gut, Fischknochen dagegen sind zu knorpelig, die finden sich nur unter optimalen Bedingungen im archäologischen Fundgut. Daraus lassen sich aber keine Rezepte gewinnen. Es müsste schon sehr besondere Bedingungen geben, welche die Zeit einfrören um uns Kenntnis über ein punisches Mahl zu geben über dessen Kernbestandteile hinaus. Eine Art Pompei-Ereignis, welches eine Positiv-Auswahl zuließe. Unser Problem ist ja, dass wir meist die Abfallgruben vorliegen haben, also eine Negativ-Auswahl. Oder Grabbeigaben, das wäre durchaus eine Positiv-Auswahl, obgleich zu fragen wäre, ob sie auch den früheren Alltag des Bestatteten widerspiegelte. Aber selbst bei einer Positivauswahl, also einer aus dem Leben gegriffenen Zeitblase, wie sie Pompei bietet, würde es mich wundern, wenn es Funde gäbe, die so gut sind, dass wir daraus nicht nur die Diät sondern sogar konkrete Rezepte ermitteln könnten.

Ergänzen möchte ich, dass es sehr seltene Funde von Gebackenen gibt,
aus denen man Backrezepte nachvollziehen kann (beisp. Funde in der Saline Bad Nauheim). Im Salzbergwerk von Hallstatt wurden menschliche Exkremente konserviert, das ist natürlich eine ähnliche Ausnahmesituation wie EQs Pompeji-Ereignis. In diesen bronze - und eisenzeitlichen Bergwerken fand man auch Reste eines Gerichts, dass heute noch als traditioneller Eintopf im Alpenraum exisitiert, der Ritschert.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ritschert
Dies ist ein seltener direkter Nachweis langer Kochtraditionen, ansonsten wäre ich sehr vorsichtig, aus heutigen Rezepten Rückschlüsse auf antike Kochvorstellungen zu ziehen. Ich persönlich habe mich bisher an römischen Rezepturen versucht (Kochbuch des Apicius), zum Teil war der Geschmack vorsichtig ausgedrückt ungewöhnlich. Und wem stehen denn für ein Weinwürze Pistazienharz, Nardenblätter und geriebene geröstete Dattelkerne zur Verfügung (Rezept des Apicius zur Weinwürze 1,1)? Wer käme auf die Idee Honig mit Pfeffer für eine Weinwürze aufzuschäumen?
 
Bei Wikipedia wird zu Garum (Liquamen) die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass diese bei den Römern überaus beliebte Fischsauce neben einer möglichen Herkunft aus dem griechisch beeinflussten Osten wegen der Namensherleitung auch aus dem westmediterranen Raum, kartagischer Macht- und Einflussbereich, stammen könnte.
Der Artikel spekuliert da allerdings ein wenig. Der früheste literarische Beleg im Lateinischen stammt aus dem ersten Jhdt. v. Chr. und das Wort Garum wird sauber aus dem Griechischen hergeleitet. Was natürlich nicht heißt, dass die Karthager Garum nicht kannten. Die Garum-Fabriken, die ich aus Andalusien kenne (Málaga, Baelo Claudia, Carteia) stammen alle aus der römischen Kaiserzeit. Ob es tatsächlich solche gibt, die in die punische Zeit zurückreichen, wäre mir unbekannt.
 
Ergänzen möchte ich, dass es sehr seltene Funde von Gebackenen gibt,
aus denen man Backrezepte nachvollziehen kann (beisp. Funde in der Saline Bad Nauheim). Im Salzbergwerk von Hallstatt wurden menschliche Exkremente konserviert, das ist natürlich eine ähnliche Ausnahmesituation wie EQs Pompeji-Ereignis. In diesen bronze - und eisenzeitlichen Bergwerken fand man auch Reste eines Gerichts, dass heute noch als traditioneller Eintopf im Alpenraum exisitiert, der Ritschert.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ritschert
Dies ist ein seltener direkter Nachweis langer Kochtraditionen,
Stimmt, Carolus und ich waren ja gemeinsam in der Salzbergwerksausstellung im archäologischen Museum, da war auch Ritschert ein Thema. Das hatte ich glatt vergessen. Allerdings sind die Erhaltungsbedingungen in Salzbergwerken natürlich eine Klasse für sich.
 
Die Karthager aßen sicher die gleichen Nahrungsmittel, die später die Römer aus dieser Region importierten, wie Gerste, Weizen, Bohnen und Linsen, Feigen, Datteln und Granatäpfel sowie Oliven und deren Öl. Als Seefahrervolk wird auch Fisch aller Art auf der Speisekarte gestanden haben. Da die Karthager Wachs (punisches Wachs), welches für die Farbenherstellung begehrt war exportierten, waren sie offenbar auch Imker und nutzten sicher auch Honig in ihren Speisen.
 
Eating new species

Die Karthager aßen sicher die gleichen Nahrungsmittel, die später die Römer aus dieser Region importierten, wie Gerste, Weizen, Bohnen und Linsen, Feigen, Datteln und Granatäpfel sowie Oliven und deren Öl.

Wo bleibt das Fleisch? In der Region gibt es mindestens Ziege und Schaf, also auch Lammkeule, Hammelbraten und Kebab. Dromedar schmeckt auch.

Wildes Kleinvieh, Vögel, Hasen, Kaninchen u.w. stand sicher auf der Speisekarte. Weiter Gazelle, Springböcke, Wildschafe wie das Mufflon, Wildschwein etc..

Aber da gab es noch was, was wir Feinschmecker wahrscheinlich nie auf den Teller bekommen werden: Elefant!
 
Kaninchen haben bestimmt die Punier in Spanien gegessen. Der Klippschiefer heißt auf hebräisch und punisch Shaphan, hiervon kommt vermutlich der römische Name Hispania der zu Spanien/España geführt hat. Man vermutet, dass die Punier das Karnickel, welches auf der iberischen Halbinsel in der Antike abundant vorkam (seit der letzten Karnickelpest ist der Bestand in Spanien bedroht) mit dem Klippschiefer verwechselten und daher die iberische Halbinsel aufgrund seiner Kaninchenabundanz als "Land der Klippschiefer" bezeichneten. Noch unter Hadrian gehörte das Kaninchen zur Allegorie der Hispania.
 

Anhänge

  • imagenex.php-clas=n&miimagen=adriano-moneda-hispania-conejo.jpg
    imagenex.php-clas=n&miimagen=adriano-moneda-hispania-conejo.jpg
    30,7 KB · Aufrufe: 386
  • adriano4.jpg
    adriano4.jpg
    78,3 KB · Aufrufe: 565
  • Moneda-Adriano-Hispania.jpg
    Moneda-Adriano-Hispania.jpg
    86,6 KB · Aufrufe: 548
Zurück
Oben