Hegel ist aber bis heute wirkmächtig. Zudem hat er viele Ansichten griffig formuliert, die heute noch im Geist vieler Leute herumspuken.
Da wäre z.B. auch Napoleons Wort vom 'alten Europa', dass er transportierte, die berühmte Schlüssellochperspektive, die Ablehnung des Gedankens, aus der Geschichte lernen zu können, die stete Verschiebung des Schwerpunkts der Geschichte nach Westen und die Zwangsläufigkeit der Entwicklung. Es lohnt das Lesen schon, um zu Wissen worauf ein guter Teil der immer wieder kolportierten Vorurteile zur Geschichte beruhen.
Anderes ist bis heute aktuell. Die Gedanken zur Offenbarung, zur Macht geschichtlicher Entwicklung, auch wenn man den Geist und die Zwangsläufigkeit abziehen wird, seien genannt. Online-Recherche reicht definitiv nicht, um das Werk zu erfassen.
Das Zitat zur Geschichtslosigkeit Afrikas bezieht sich darauf, dass "primitiven" oder "Natur-" Völkern unterstellt wurde, ohne Bezug zur Vergangenheit zu leben. Bis heute spukt dieser Gedanke in den Köpfen vieler, muss also noch als relevant für die Diskussion betrachtet werden. Ganz abgesehen, dass es durchaus mündliche und schriftliche Überlieferungen gab, wurde die Vergangenheit oft einfach anders reflektiert. Ihre Verarbeitung zu Sagen und Legenden ist ja, wenn man den Rationalismus nicht als absolutes Diktum betrachtet, gar nicht mal so dumm. Man erhält:
- griffige Geschichten, die sich gut merken lassen
- dabei die gewünschten Lehren transportieren
- und sich bei Bedarf modifizieren lassen.
Sie haben nur den Mangel, dass man daraus die Vergangenheit kaum rekonstruieren kann. Aber als geschichtslos kann man so die Vergangenheit reflektierende Völker nicht betrachten.
Wer auf die Nachteile hinweist, dem sei gesagt, dass sich auch bei uns falsche Vorstellungen zur Geschichte lange halten können und Historiker häufig dem Zeitgeist oder den Mächtigen nach dem Mund reden, wenn z.B. der Europäische Gedanke auf Karl den Großen übertragen wird. Und wer kann sich von der Vorstellung freimachen, dass Marc Anton auf eine Kiste steigt, um besser gehört zu werden, obwohl es doch eigentlich nur bei Shakespeare steht. Die Sache mit Kleopatra, die sich im Teppich eingerollt zu Cäsar tragen lässt, ist m.E. auch nicht belegt. Beides hilft aber, sich an Zusammenhänge zu erinnern.
Jedenfalls ist der Hinweis auf die oft immer noch wirksame Vorstellung von der Geschichtslosigkeit Afrikas immer noch die Benennung eines aktuellen Vorurteils.